Die Glockensprache. Friedrich Wilhelm I. von Preußen hatte im Jahre l 72s den Magister David Faßmann (geboren zu Wiesental im sächsischen Erzgebirge) als „Spaßmacher' in seine Dienste genomnien. Seine Aufbabe bestand darin, dem König die Zeitungen vorzulesen und im Tabakskollegium als Stichblatt des königlichen Witzes zu dienen. Ein mal mußte Laß mann seinen Herrn ins Magde- burgische begleite», wo in einem Dorfe das probeläuten der vom König geschenkten drei neuen Turmglocken stattfand
, „versuche Er 'mal, mit dem Grtsschulzen anzu binden,' sagte Friedrich Wilhelm gut gelaunt zu Faßmann, „will mal sehen, ob Sein Witz dem Bauernwitz gewachsen ist.' Die drei Glocken hatten nach einander ihr Geläut hören lassen, und Faßmann sagte zu dem Schulzen: .Weiß Er auch, was die kleinste, am schnellsten bimmelnde Glocke ruft?' „Nein,' sagte der Drtsschulze, sich hinter die Vhren kratzend» „Nun sie ruft,' entgegnete Faß- niann mit hoher Stimme das Ge bimmel nachahmend: „Sind Bauern, sind Lauern
, „Lr k>at's meinem Magister redlich heim gezahlt. Nehm Er für seine Weis heit diesen Talerl' Friedrich!!. wurde einst die Bestätig»,ig eines kandrats sehr empfohlen, den die Behörden einstimmig gewählt hatten. Lr las die zum Lobe des Ge wählten vorgelegten Berichte, nurde aber etwas nachdenklicher und ernster; der Name des Mannes rief unangenehme Erinnerungen in ihm wach. — „Also den soll ich Euch als kandrat be stätigen?' fragte der König sinnend. — „Die Familie ist Ew. Majestät gewiß bekannt
; sie hat viele treffliche und verdienstvolle Männer auszuweisen,' bemerkte der Minister. — „Dann macht dieser aber eine wenig ruhmvolle Ausnahme,' erwiderte Friedrich. — Der Minister stutzte nnd bat de» Monarchen um Mit teilung seiner Bedenken. — „Die soll Er gleich haben, und ich hoffe. Er wird gestehen, daß ich meine Leute lenne,' gab Friedrich zur Antwort. Dann befahl er einem seiner Kammerhusarsn, aus der Registratur des Kammergerichts gewisse Akten zu holen. Nach einigen Stunden wurden sie dem Könige
vorgelegt, er blätterte sie durch, zeigte auf ein Blatt nnd sagte: ..Sehe Er her, dieser Mann hat mit seiner leiblichen Mutter um eine linse Acker einen langwierigen Prozeß gefübrt und hat um dieser Lumperei willen seine Mutter auf dem Krankenlager einen Eid schwören lassen. Wie kann ich einem solchen Kerl mit so bösem Herzen das Wohl meiner Untertanen an vertrauen?' — Mit jedem Wort war Friedrich erregter geworden, und schließlich rief er: „Fort init dem Schuft, ich will nie wieder von ibni bören