I Bill* 332 Ute ungleichen Brüder. Von O. von Briefen. (Nachdruck verboten.) Jktt einer der schönsten Gegenden Mitteldeutschlands lebte ein alter Bauer namens Rondorf auf seinem großen und schuldenfreien Hofe, den er mit seinen beiden Söhnen Leopold und Ernst bewirtschaftete. Auf der weiten Welt gab es wohl kein ungleicheres Bruderpaar, wie diese zwei jungen Leute, die im Alter von 21 und 22 Jahren standen. Leopold, der ältere, war körperlich unansehnlich und ein falscher, hinter listiger
Charakter, während Ernst ein hochgewachsener, kräftiger Mann war, ein höchst sympathisches Gesicht hatte, aus welchem Geradheit, Treue und Ehrlichkeit sprachen. Auch in der Schule hatte sich Leopold durch Faulheit war, auf den Weg nach Hamburg, begleitet von den Segenswünschen des gesamten Dorfes, mit Ausnahme des Bruders, der ihm beim Abschiede höhnisch zurief, er werde dereinst wohl als völliger Lump zurückkehren. Ernst zuckte auf diese mehr als unfreundlichen Abschiedsworte nur die Achseln, drehke
, wo es anging, zu schaden suchte. Namentlich verdächtigte er ihn bei jeder Gelegenheit dem Vater gegenüber und beabsichtigte, diesen um jeden Preis gegen denselben ein zunehmen. Während das ganze Dorf nichts von Leopold wissen wollte, war der alte Vater leider so schwach, dessen Einflüsterungen ein offenes Ohr zu leihen. Die Folge war, daß mehrmals Zerwürfnisse in der Familie eintraten, unter denen einzig Ernst zu leiden hatte. Dies sollte sich, als der alte Rondorf plötzlich starb, am auffallendsten
bei der Eröffnung des Testaments Herausstellen, nach welchem Leopold nicht allein das Gut, sondern auch den größten Teil des baren Geldes erhielt, seinem Bruder aber nur 5000 Mark zufielen. Alle Welt riet dem Zurückgesetzten, das Testament anzufechten. Dieser aber stand davon ab aus Pietät für den Vater und ließ die Sache auf sich beruhen. Zugleich erklärte er aber, nicht in der Heimat bleiben zu wollen, sondern nach Australien auswandern zu wollen. Diesen Ent schluß führte er auch sofort aus und machte