und den feier lichen Fürbitten des Karfreitags das Kreuz des Herrn enthüllt. Die andächtige Seele, die gewöhnt ist. Tag für Tag auf das Kreuz zu schauen, hat es schmerzlich empstinden, daß es solange nun schon verhüllt war. Nun wird der Schleier hinweggezogen, nun wer den die Wunden wieder sichtbar, nun leuchtet das Zeichen der größten Liebe wieder auf, nun vernimmt man das Wort von dem .Kreuz, an dem das Heil der Welt gehangen, und in hingebender Andacht antwortet der Chor: Venile, adoremus! Kommt, laßt
uns anbeten I So viele Betrachtungen sind über das Kreuz des Herrn schon angestellt worden. Immer wieder zeigt es sich der gläubigen Seele in einem neuen Lichte. Dieses Kreuz hat schon äußerlich auf den Gipfeln der ver schiedensten Kulturen gestanden. Die Besten des einstigen auserwählten Volkes haben sich vor ihm gebeugt. Der römische Legionär ist vor ihm in die Knie gesunken. Es ist den Sklaven der heidnischen Welt ein Trost gewesen. Der Indianer hat es ausgestellt über seinem Wigwam im Urwald
. Cs ist erschienen über den einst strahlenden Kul turen des Morgenlandes bis in den fernsten Osten hinein. Es gibt kein Zeichen in der gesamten Weltgeschichte, das auf so vielen Bannern erschienen, auf so vielen Türmen geleuchtet, in so viele Herzen eingezeichnet wäre. Mit all unfern Stimmungen und Erfah rungen ist das Kreuz des Herrn verbunden. Im größten Leid schaut man hier den Mann der Schmerzen, der mehr gelitten hat als irgendein Mensch. In den Stunden der Be geisterung betrachtet man wiederum das Kreuz
, das ein Zeichen des Sieges und des Triumphes ist. Durch das Kreuz sind wir erlöst worden, und so gibt es den Blick frei in alle Geheimnisse der Religion. Zwischen Himmel und Erde ist es aufgestellt, die wun derbare Jakobsleiter, auf welcher der Engel des großen Ratschlusses auf und nieder steigt. Dieses Kreuz hat die Heiligen begleitet in dem heroischen Kampfe ihres Lebens. Cs war den Aposteln und Missionären der teuerste Begleiter. Es ist nicht nur in der Oeffentlichkeit unserer Kirchen
, es ist auch das Sinnbild des christlichen Hauses. Das Zeichen des Kreuzes macht der Vater oder die Mutter auf die Stirn der Kinder. Mit dem Zeichen des Kreuzes wird jedes Gebet begonnen. Es ist verbunden mit unserer Arbeit, verbunden mit unserer Erholung, verbunden selbst mit den Stunden, in denen wir uns zu Tische setzen, verknüpft also mit allem Großen und mit allem Kleinen in unserem Leben. Darum spricht das Kreuz eine immer neue Sprache. Es spricht die Sprache Gottes, vermischt mit dem Echo aller Stimmungen