Nr. 99. „Bozner Zeitung (Südtiroler Tagblatt.)' Donnerstag, den 3V. April 18W. Are Parteiorganisation der Deutschen in Oesterreich. Von Prosessor Dr. Emil Pstrsche (Prag). (Schluß.) Man könnte sich heute vielleicht verleiten lassen, auf eine Besserung der deutschen Parteiverhältnisse zu hoffen, wenn man sieht, daß die UnHaltbarkeit des gegenwärtigen Zustan des gar nicht mehr ernstlich bestritlen wird, wenn selbst die „Neue Freie Presse' eine Reform der deutschliberalen Partei, eine Umwandlung
', wenn in ihr dieselben Personen, namentlich, die. mihrischen Groß grundbesitzer, sich wieder zusammenfinden werden. Und trotzdem wird die Persvnenfrage gar nicht berührt! Das muß höchst bedenklich machen, das regt den Verdacht an, daß der ganze Reformvorschlag nichts ist, als ein Scheinmanöver, welches den gegenwärtigen Zustand möglichst erhalten und eine wirk liche und naturgemäße Besserung der deutschen Parteiverhält nisse verhindern soll. Eö läßt sich als wahrscheinlich voraussehen, daß alle Kräfte, welche cm der Existenz
der „Vereinigten Linken' inte- ressirt sind, für diesebe auck bei den kommenden ReichSrathS- wablen eintreten werden. Die Regierung, der liberale Groß grundbesitz, gewisse Finanzkreise, die Wiener liberale Presse und so manche Berufspolitiker, deren Bequemlichkeit. Eitelkeit oder Eigennutz bei dem gegenwärtigen Austande ihre Rech ming finden, sie alle werde» zusammenwirken, damit in den deutschen Parteiverhältnissen womöglich jede entschiedene Aen derung vermieden werde. Man dürfte allerdings kaum wagen
für die „Vereinigte Linke' direkt einzutreten, aber man wird das schon bewährte und von der „Neuen Freien Presse' be reitS eingeleitete Kunststück versuchen, daß die Wahlen in den deutschen Stadt und Landbezirken auf Grund eines neuen entschiedener gefaßten Programmes gemacht werden, daß aber die Frage der parlamentarischen Gruppirung den Gewählten vorbehalten bleiben soll. Mit den Gewählten hofft man dann leichteres Sviel zu haben, als mit den Wählern, und diese Hoffnung ist durch die Erfahrung
nur zu sehr begründet. So ergeben sich für die Deutschen Oesterreichs traurige Aussichten. Bei den kommenden Wahlen wird in den deutschen Bezirken ein verbitterter Kampf entbrennen, der das gegen seitige Verständnis erschweren, der die Möglichkeit der Einig keit der Deutschen und der Entstehung einer großen „Deutschen Partei' auf lange hinaus vernichten wird. Und was das Traurigste ist, die weiten Kreise unter den Deutsche», welche sich nicht aktiv am politischen Leben bethelligen, welche aber an ihrem BolkSthum