Seite 6 Seit «g Donnerstag, den 28. Dezember 1933 Nr. 29? Die Not der Tiroler Wir halben im Lande unter 320.000 Einwohnern min- bestens 15.000 Arbeitslose, darunter eine unheimliche Zahl solcher, die keinerlei Unterstützung beziehen. Unter letzte ren sind die zahlreichen Zwergbauern und ganz Besitzlose in den Gemeinden Hochsilzen, Freberbrunn, Waidring, Erp° fendorf, Kösten. Walchsee. St. Johann. Die Holzarbeit ist in dem Gebiete Kitzbühel, Kirchberg, Westendorf,, Kelchs au und Hopsgarten fast
Derdienstmöglichkeit in die Bezirke. .Seit Jahren hat die Krise auch diese wenige Industrie har^ ! erfaßt. ; Hunderten von Bauarbeitern, die feit Jahrzehnten aus dem Pitztal und Oberinntal nach der 'Schweiz und nach Frankreich jeden Sommer, oft jahrelang, als Bauarbeiter ,auswanderten, ist diese Derdienstmöglichkeit genommen. Die prachtvollen Hotelpaläste im benachbarten Graubün- chen stehen halb leer. Im Engadin braucht man keine Ti°. .roler Bauarbeiter mehr, aber auch eine große Anzahl von ^ Tiroler Mädeln
, die durch ihre Väter oder Brüder in den .Graubündner Hotels als Wäscherinnen. Serviermädchen. Büglerinnen oder Hausmädchen lohnenden Sommer- oder Wrnterverdienst gefunden hatten, muffen daheim bleiben. So wie für die Tiroler Auswanderer nach Graubün den, steht es natürlich auch für jene vielen, die nach Süd srankreich. Nizza, Cannes, Mentone vorwiegend als Stuk kateure und Gipser zogen. Man braucht dort korrke Tiroler Gipser und Bauarbeiter mehr und in der Hotelerie bekam. Bauern und Arbeiter Men nur noch wenige
, die über außerordentliche Beziehun gen verfügen. Aufenchaltsbewilligung und Verdienst. Die Bauarbeiter von Pians, Strengen, Pettneu, St. Anton, die gerne in den Schweizer Kantonen Turgau, St. Gallen und in Winterthur Arbeit suchten und fanden, sind daheim. Die Verdienstlosigkeit dieser Tiroler Bauarbeiter und Hotel angestellten, die aus dem Auslande ihre Ersparungen heimbrachten, bringt große Armut in viele Tiroler Ge meinden. Der magere Bodenertrag und die Einnahmen aus der Viehzucht vermögen die meist kinderreichen
weiter, um dort dem Wintersport zu huldigen. Landeck hatte von den fremden Gästen allerdings keinen großen Vorteil, da sich die meisten der Fremden uni Autos sofort an ihren eigentlichen Bestimmungsort begaben, Gelegentlich der unvermeidlichen Zugsverspätungen konnte man die interessante Entdeckung machen, daß Oesterreichei außer der anerkannten Gemütlichkeit manchmal auch noch über die Eigenheit verfügen, ihr eigenes Land bei den Frem den zu diskreditieren, indem sie bestrebt sind, den Fremden diese Verspätungen