, den 17. Februar t88S. 23. Zahrgmig. »«>« Aas Kompromiß. Meran, 16. Februar. Compromisse sind sonderbare Erscheinungen des politischen Lebens. Zwei streitende, in ihren poli tischen Zielen uneinige und entgegengesetzte Parteien schließen einen Bund um ihren Anhängern die Wahl zu sichern; beide Parteien suchen dabei eine dritte ihnen feindlich entgegenstehende Partei zu schädigen, da ihnen deren Vernichtung mit anderen politischen Mitteln nicht gelingt. Die compromittirenden Par teien wollen dieses Bündniß
als einen Act politischer Weisheit betrachtet sehen, indem sie sagen: Wir er höhen die Macht unserer Partei, ohne von unseren Grundsätzen auch nur das Geringste zu opfern. Fragen wir uns ehrlich, ist diese Art von Bündniß- schließerei moralisch? Nein, gewiß nicht, allein da es in der Politik angeblich keine Moral gibt, so verschlägt der Mangel der moralischen Grundlage bei solchen politischen Abmachungen nichts! Für die Acte des StaatSlebenS bedürfte es somit bei solchen Anlässen keiner Moral. Es mag
vor handen, daß diese beiden Parteien ihre Verbindung lösen; der praktische Vortheil, den sie anS derselben > schöpfen, scheint ihnen allein Ausschlag gebend zu sein, er läßt sie über die große Kluft hinüberspringen, welche sich ob der inneren Gegensätze der politischen Ziele gähnend austhut. Die Italiener bilden eine durchaus nationale Partei, die es sogar soweit ge bracht hat, den international fühlen sollenden ka tholischen Cierus in sich einzubeziehen. Die tiroler Clericalen sind vom Nationalismus
ebensoweit ent fernt, als sie in den: römisch-geistlichen Unterwürfig- keitsgefühle stecken. Die Italiener sind im gewissen Sinne liberal, soweit es eben die Beimischung ihrer Partei durch geistliche Elemente zuläßt. Man sollte also meinen, es gäbe auch nicht einen Punkt der Uebereinstimmung zwischen Beiden, und doch existirt für sie ein gemeinsamer Gegenstand, der sie zur Ver einigung treibt: Der Haß und die Furcht vor uns deutschen Liberalen. Wir, diese anscheinend winzige Minderheit, diese wenigen
dieselben um das Schäflein, das sie dabei in's Trockene zu brin gen hoffen, wahrlich nicht! Man gesteht zwar jv, daß im Lager der autonoinistischen Partei der Jta>< liener eine starte anticlericale Strömung herrsche, allein man beruft sich zur Rechtfertigung der Fort setzung der Compromißpolitik auf die Unversöhnlich- keit, niit welcher deutsche Abgeordnete, wie Angerer und ein Wildauer, gegen den Cianischen Wahlre- sormantrag sprechen. Als ob unsere Partei dem Tauschgeschäfte die Wege hätte ebnen sollen