zum Schloß. Es war für die Gattin des beim Fürsten so angesehenen Künstlers nicht schwer, durch die Schar der Läufer, Lakaien und Pförtner bis in das Borzimmer des Herzogs einzu dringen, in welchem der Kammerherr die Dame höflich, wenn auch erstaunt, empfing. Sie kannte ihn wohl, es war Graf Karl Friedrich Hahn, der große Musik- und Theaterfreund. „Ich bitte Sie, Herr Graf Hahn, verschaffen Sie mir eine Unter redung mit Seiner Hoheit, ich komme vom Kranrenbett meines Mannes, des Kapellmeisters Westenholz
wir ja aus aller Verlegenheit; hoffentlich wohnt der Künstler nicht zu weit, die Zeit drängt, und ich hätte vor der Aufführung noch gern eine Orchesterprobe.' „Eure Hoheit, der Kapellmeister ist hier,' erwiderte die klare, klangvolle Frauenstimme, „und ist bereit, sofort eine Probe abzu halten, wenn Eure Hoheit das wünschen.' „Hier? Hier in Ludwigslust?' fragte Friedrich Franz I. und trat schnell auf die junge Frau zu, deren reizende, vorher so bleiche Züge nun eine dunkle Röte überzog. „Ja, Euer Hoheit — hier steht
er — ich bitte Euer Hoheit, gnädigst gestatten zu wollen, daß ich an Stelle meines Mannes die Oper dirigiere. Wir haben stets zusammen studiert, was er kann — ich kann es auch, ich kann auch die Oper leiten, denn — ich will es.' Herzog Friedrich Franz und Graf Hahn sahen sich voller Uber- raschung an, der Fürst ließ sich in einen der tiefen Sessel fallen, beiden Herren schien die Zunge zuerst gelähmt. „Das wollten Sie wagen, Madame Westenholz?' „Ja, Euer Hoheit, ich wage nichts, was ich nicht unter nehmen
!' dachte Marie. In der herzoglichen Loge erklang das Aufstoßen des Marschallstabes, die Herrschasten erschienen: Kaiser Paul von Rußland und Herzog Friedrich Franz, der jugendliche Erbprinz mit seiner kindlichen Gemahlin, die noch kaum siebzehn Jahre zählte, Erbprinzessin Helene — und die Fülle anderer fürstlicher Gäste und des glänzenden Gefolges. Marie Westenholz sah es kaum, sie hielt den Taktstock in der Rechten, die Augen starr auf die Partitur gerichtet. In einer Seitenloge erschien Graf Hahn