Nr. 167 „Bozner Nachrichten', den 25. Juli 1920. Seite 5 Wo Schweiz «. die Schweizer. Kennen Sie die Schweiz? möchte ich jeden SchjweizreiseNden fragen; es gwt die ser Spezies mehr denn je.' die uns eine zweifelhafte Kenntnis zutrafen. — Nein, Sie-kennen sie nicht. Noch weniger kennen Sie Ken Schweizer. Trotz Schokolade, Kondensmilch, Gottftied Keller, Alpenhotel, Davos, St. Moritz und einer unsentimen talen Fremden-JNdustrie. die den Gast ge schäftsmäßig nach dem Nutzen abschätzt wie eine Wäre
, die -mit einem oftmals durchaus anständigen Gegenwert vergütet wird,ohne daßder leiseste Zweifel offen bleibt, was man von demost anrüchigen Vaterlands flüchtling, der -die Schweiz mit seiner Ge genwart beehrt, zu halten pflegt. Speku lation aus Sympathie scheitert an dem nüch ternsten Geschäftsstandpunkt, dem! Leid wesen jener Vielzuvielen, die im Kriege bei den Schweizer Fleischtöpfen Zuflucht und Erholung suchten und nun erzählen, wie sie darunter gelitten hätten, wie sie von der Konjunktur abhängig
gewesen und je nach dem die. Entente Äder die Mittelmächte eine sieghafte Phase hatten, finsteren oder freundlichen Gesichtern begegnet seien, gute -oder schlechte Behandlung erfahren hätten und nun 'das gastliche Land verleugnen, wie sie früher das eigene Vaterland verleugnet hatten. Hinter all diesen Zerckegriffen steht die eigentliche Schweiz, die jenseits der Hotels uNd FrnNdenpensionen beginnt, hermetisch verschlossen, und das Verschlossenste der Schweizer Bürger, die Schweizer Gesell schaft. Der Fremde kommt nW hinein
. Und wer nicht hineinkommt, weiß nichts . von den konstruktiven zusammenhaltenden Kräften, die «das Rückgrat des Schweizer- tmns bildeten und das Geheimnis seiner Standfestigkeit in den Stürmen der Zeiten und besonders in den Gefahren des Welt krieges und des Nachkrieges enthalten. Es ist leicht zu sagen: Geschäftsgeist, Aus nutzung der Konjunktur. Gewiß, Geschäft über alles, des Schweizers zweite Natur.bis in die feinsten Familienbeziehungen hinein, in Liebe und Heirat, die nicht ohne ge schäftliche
Erwägung geschlossen zu werden pflegt; aber das erklärt noch lange nicht alles, nicht das Wesentlichste und Tiefste. Denn neben dem Geschäftssinn besteht noch ein anderes: Heimatliebe, Liebe zur Scholle, so daß eine Schweizerin auf die Anrede: „Sie sind 'doch Schweizerin!' sehr betont erwidern konnte: „Ich bin Graubündne- rin!' Zuerst der Stamm, die engere Hei mat, dann erst die Schweiz. Freilich, wenn's ums Ganze geht, um die Freiheit, dann sind alle Schweizer e i n Mann. Die Kriegszeit