Forschungen und Mitteilungen zur Geschichte Tirols und Vorarlbergs ; 3. 1906
Das Tiroler Freistiftrecht. g Kärnten bestehenden Freistiftrechte in Kaufr echte, d. h. in erbliche und veräußerbare Besitzrechte an gegen Erlag eines Siebentels ihres Schätzungswertes 1 ). Wäre nun gewiß eine derartige Umgestaltung •des Freistiftrechtes auch für die Freistiftgiiter in Tirol eine sehr schätzenswerte Wohltat gewesen, so hinderte eine Ausdehnung dieses Patents auf Tirol die in demselben enthaltene Bestimmung, daß der in das Freistiftgut eintretende Erbe in keiner Weise verhalten
sei, anderweitigen Erben des Freistifters eine Abfindung aus dem Frei- .stiftgut zuzugestehen. Diese Benachteiligung der Erben zu Gunsten des Gutsübernehmers •konnte in Kärnten gleichwohl zu keiner berechtigten Beschwerde An- laß geben, da bisher ja überhaupt ein Erbrecht am Freistiftgut hier unbekannt gewesen war. In Tirol aber hätte die Durchführung dieser ' Patente eine unbillige Härte mit sich gebracht. Hier war zur Zeit der Publikation jener Patente das Nachfolgerecht eines der Söhne
in das Freistiftgut unbedingt anerkannt, und bestand die allgemeine Übung, den weichenden Söhnen eine Abfindung aus dem Freistiffcgute anzuweisen. Letztere wären also durch die Patente zu Gunsten des Anerben benachteiligt worden 2 ). Während unter Maria Theresia ein Übergreifen der Agrarreform auf Tirol nicht beobachtet werden kann 3 ), hat der rege Geist Kaiser Josef II. auch hier ein Feld für seine Tätigkeit gesehen. Die Be mühungen des Kaisers zur Beseitigung der Roboten blieben auch auf Tirol
an. dieser Stelle ■die Ansicht; »Wenn das Gut gleich einem Lehen von der Verlassenschaft ab gesondert und dem Besitzer frei überlassen würde, bliebe fast allemal für die übrigen Kinder gar kein Erbteil mehr übrig, welches meines Erachtens in Tirol auf die Bevölkerung, auf das .Konskriptionswesen und auf den Ackerbau selbst nachteilige Folgen erweisen würde.« Nach Hörmanns Dafürhalten würden die nachgeborenen Söhne, die von ihrem Vater nichts zu erwarten haben, frühzeitig ■an Auswanderung denken