Geschichtliche und kulturgeschichtliche Wanderungen durch Tirol und Vorarlberg
die andern im Coupee sitzen bleiben; es ergeben sich für den Allein reisenden manchmal recht langweilige Stunden, aber Land und Leute lernt man sicher intensiver kennen, — Die Besitz Verhältnisse lindern sich völlig, wenn wir die ro manischen Landesteile betreten, die mit Rebe und Maulbeerbaum bestellt sind. Der Bauer in unserem Sinne, der auf eigener Scholle sitzt, existiert dort nicht ; Eigentümer des Grundes und Bodens ist der Signore, der in der Stadt oder im Herrenhaus des Dorfes wohnt. An Stelle des Bauern
tritt der Ha umana, Colono, welcher am Erträgnis des Bodens seinen bestimmten Anteil hat; in seltenen Millen ist er euch Pächter eines Gutes, eines oder mehrer Felder. Dazwischen gibt es auch eine Mittel stufe, Halbherren und Halbcoloni, die sowohl Eigengut haben, als auch Pächter und Bauleute sind. In den romanischen Landstrichen, wo Feldkultur, Wiesenbau und Viehzucht beginnt, ist der Bauer selbst KigcntUmer. aber Schuldenlast, der ärmliche Boden, der lange nicht soviel tragi wie in Nordtirol
und die durch einen unbändigen Kindersegen hervorrgerufene Übervölkerung sorgen dafür, daß der wälsch- firolbche Bauer hart arbeiten muß. Das kann er aber auch, man beobachte nur die Bebauung der Täler Judikaricns, wo jeder nutzbare Quadrettar« auf das sorgsamste ausgenutzt ist. Das Landschaftsbild wird — vornehmlich von St. Michele an — gleichfalls ein echt italienisches. Das breite, fruchtbare Talhecken erinnert in seiner intensiven Bebauung an die Ge genden der Lombardei; Maulbeerbäume und Wein, dazwischen einzelne Mais
