Johanna Maria vom Kreuze und ihre Zeit : ein Lebensgemälde aus dem siebzehnten Jahrhundert
mich nieder, köstliches Blut des Erlösers? du redest mir mit tausend Zungen in die Seele: ,Vertraue auf mich, der stirbt, um dir das Leben zu gebend O neige dich zu mir herab, du mein Heil, mein Leben, mein einziger Heiland! daß ich dich, den entstellten, gemarterten Liebling, umarmen kann! „Maria, die leidenvolle, umfaßt den Stamm des heiligen Kreuzes, mit einem Strom von Thräuen ihn benetzend. Sie bricht iu laute Seufzer aus: ,O kostbares Kreuz, geschmückt mit Blut und Frucht meines Leibes
! ich bete dich an, denn an dir hängt der Erlöser der Welt! O Kreuz, sei nicht grausam, beuge deine hochstrebenden Aeste, und gib mir in die Arme meinen liebvollsten Sohn, Fleisch von meinem Fleische, Blut von meinem Blnte! Freilich ist er an dir angenagelt mit Nägeln, aber er ist mir fester genagelt in's tiefste Herz! Ich habe ihn genährt mit der Milch der Mutter, du tränkst ihn mit Essig und Galle! O mein Sohn! o mein Sohn! O mein Blut! o mein Blut? Das Kreuz kann mir meinen Sohn nicht geben, er mnß
sterben darauf für das Heil der Welt! O so nimm wenigstens auch mich auf dich hinauf, o Kreuz! an deine weitausgebreiteten Arme, laß mich geopfert sein mit ihm! Doch du bist Holz, du kannst es nicht, ich mnß hier einsam und verlassen stehen. So möge mich am Fuße des Kreuzes der tiefste Schmerz, die heißeste Liebe ganz verzehren und vernichtend O Maria! deine Worte schneiden in mein Herz wie ein Schwert, ich danke dir, daß du mich theilnehmen lassest an deinen Thränen, an deinem Jammer. Dein Sohn