Versunkene Zeit : romantische Liebesgeschichte aus Tirol
Die feine Arbeit, die Ihr da unter der Nadel habt, würde ein recht liebes Angebinde für mich fein. Ich setze den Ring dagegen. Würfeln wir!' Er schob die Würfel aus dem Schatten der Zinn kanne in den Vordergrund des Tisches. Eine leichte Röte flog über das zarte Gesicht Gisras, und ihre feinen Lippen öffneten sich, als wenn sie etwas sagen wollte. Sie blickte aber nur einen Augenblick von der Arbeit aus und schwieg dann. Der Ritter war er staunt über den zornigen Blick der braunen Augen
. „Nun, hat die Jungfer nicht Lust, die Göttin Fortuna auf die Probe zu stellen?' drängte er von neuem. „Würfelspiel ist gottlos!' sagte das Mädchen leise. „Und es ist recht gottlos von Euch, Herr Ritter, daß Ihr mich dazu verführen wollt. Fürchtet und schämt Ihr Euch nit der Sünde, heut, an einem Sonntag?' „Schau, schau, die kleine Prädikantin!' lachte der Ritter höhnisch. „Ihr müßt wohl ein Stück von dem groben Wittenberger Mönch in Euch haben, der alles weltliche Vergnügen, das bisher Pfaffen und Laien für gut
gegolten hat, auf einmal aus der Welt schaffen möcht.' „Das Würfelspiel hat nie für gut gegolten!' Dunkle Zornesröte schoß in Gisras Wangen. „Nie, Herr Ritter! Ich weiß ein altes Sprüchlein, das sicher schon lang ge golten hat, bevor der Wittenberger Doktor mit den Störchen flog.' „Ihr macht mich neugierig. Ihr wißt wohl nicht, daß das Spiel eigentlich heiligen Ursprung hat. Zu Hezar in Palästina erfand man es!' erwiderte Haimrat. Die Jungfrau hatte sich erhoben und stützte sich jetzt, den Oberkörper