Tirol und Vorarlberg : statistisch und topographisch, mit geschichtlichen Bemerkungen ; in 2 Theilen ; 2, 2, 2
14 Kreis an der Etsch. obwohl ein Wirthshaus, doch ein Muster christlicher Zucht und Sit ten. — Hofer hatte einen robusten, ziemlich hohen Körperbau mit breiter Brust und starken Waden, eine angenehme, freundliche Ge sichtsbildung mit kleinen, aber lebhaften Augen, mit tothm, ziemlich vollen Backen und einer etwas kleinen stumpfen Nase. Er besaß un ter den starken Männern des Thales eine ■ ausgezeichnete Körperstärke. (Der Verfasser, von St. Leonhard gebürtig, und schon als Knabe mit Hofer
bekannt, hatte mehrmals Gelegenheit, dessen Kraftproben zu bewundern). Seine Stimme war weich und wohlklingend ; sein Gang aufrecht, langsam und würdevoll; sein ganzes Wesen anziehend und Zutrauen erweckend. — Eines Tages wurde er beim fröhlichen Schmause von einem seiner Freunde im neckenden Tone gefragt : ob er nicht Lust hätte, den Bart sich wachsen Zu lassen gleich dem Bettler (es war eine häßliche Gestalt), der eben, um ein Almosen zu sammeln, eintrat. Hofer erwiederte mit scheinbarem Ernste
die Scherzfrage bejahend, und cs kam Zur Wette. Der Gegner rechnete darauf, daß ihm seine Anna den entstellenden Bart nicht dulden würde. Hofer aber bemerkte lä chelnd, daß er nicht unter dem Pantoffel stehe, und nahm die Wette an. Ein Paar Ochsen war der Preis. Diesen sollte der Sandwirth gewinnen, wenn er den Bart nach einem Jahre noch trüge, oder im entgegengesetzten Falle verlieren: Hofer gewann ; er trug den Bart nach einem Jahre, und trug ihn dann mit Selbstgefallen sein Leben lang. Unstreitig KOhte
der große,' fast schwarze Kinnbart, der breit und dicht auf die' Brüst herabwallte, des Mannes Ansehen und Wür de, — nicht unwichtig für die große Rolle, die er in der Folge zu spielen hatte. — Die Italiener nannten ihn gewöhnlich Bavhona. — In dm Kriegen von 1796 bis 1805 zeigte Andreas Hofer immer den größten patriotischen Eifer. Meistens zog er als Hauptmann an der Spitze seiner Paffeirer gegen den Feind. Das liebe Vaterland war ihm über alles. Es bedarf wohl keiner Schilderung, wie sehr dem guten
Hofer das Herz blutete, als Tirol in Folge des Presburger-Friedens (26, De zember 1805) unter die barerische Herrschaft verwiesen wurde. Doch nicht er allein; das ganze Volk trauerte tief. bestürzt ob dieser Ver weisung. Semem alten Fürstenhause, unter dessen Regierung es fünsthalbhundert Jahre zufrieden und glücklich gewesen, auf einmal entfremdet; von feinem Kaiser, an dem eS mit kindlicher Liebe hing, wie vom Vaterherzen losgeriffen; seines Namens, vielleicht auch seiner Einheit beraubt