Zur Problematik der Heiligkeit der Veträge : eine Studie über die clausula rebus sic stantibus im Völkerrecht.- (Schriften des Instituts für Sozialforschung in den Alpenländern an der Universität Innsbruck ; 7)
im Dreibundvertrage geradewegs. Als der Weltkrieg ausbrach, gab die italienische Regierung der Deutschen Regierung auf die Frage nach ihrer Stellungnahme folgende Antwort: ..Der von Österreich unternommene Krieg und die Folgen, die sich daraus ergeben können haben einen Angriffszweck. Sie stehen daher im Widerspruche mit dem rein defensiven Charakter des Dreibundvertrages. Unter diesen Umständen wird Italien neutral bleiben' 1 ). Gleichzeitig telegraphierte der italienische König an Kaiser Franz Joseph
am 2. August 1914 : „Ich brauche nicht zu versichern, daß Italien, das jede Anstrengung zur Aufrechterhaltung des Friedens gemacht hat und alles, was es kann, tun wird, um zu seiner Wieder herstellung beizutragen, gegenüber seinen Verbündeten eine herzliche freund schaftliche Haltung beobachten wird, gemäß dem Dreibundvertrage, seinen aufrichtigen Gefühlen und den großen Interessen, die es zu betreuen hat' 2 ) Italien anerkannte demnach unmittelbar nach Ausbruch des Krieges den Drei bund als noch in Kraft
befindlich wie auch seine Pflicht zur Neutralität Damit übereinstimmend machte es im Verlaufe des Winters und Frühjahrs 1914—1915 auch Ansprüche auf Grund des Artikels VII des Dreibundver trages geltend. Nach diesem Artikel sollten sich Österreich-Ungarn und Italien über beabsichtigte Änderungen des status quo auf dem Balkan, welche durch zeitweilige oder dauernde Besetzung etwa stattfinden würden, gegenseitig verständigen und für alle territorialen und anderen Vorteile aus einer solchen Änderung
des status quo kompensieren. Italien nahm nun die militärischen Operationen Österreich-Ungarns gegen Serbien zum Anlasse, Tim Kompen sationen zu fordern. Österreich-Ungarn machte dagegen geltend, daß von einer Besetzung Serbiens im Sinne des Artikels VII des Dreibundvertrages nicht die Rede sei. Andererseits sei auch für die von Italien 1911—1912 vor genommene und noch immer andauernde Besetzung des Dodekanes und fü r jene Valonas die Kompensationsfrage noch immer offen. Trotzdem erklärte sich Österreich
-Ungarn bereit, sich in einen Gedankenaustausch über die Kompensationsfrage mit Italien einzulassen. Die Verhandlungen zwischen Österreich-Ungarn und Italien zogen sich bis zum 4. Mai 1915 hin und führten *) American Journal of International Law VIII. Ergänzungsband 368. 2 ) Diplomatische Aktenstücke, 12.