Durch Nacht zum Licht : ein Zeit- und Sittengemälde aus dem Anfange des neunzehnten Jahrhunderts
IDS „So ist es, brach Karl nach einiger Zeit das Schweigen, Wt euch die Liebe nicht quälen, denn sie ist gar bitter; ihr Änfang scheint wohl süß, das Ende aber betrachte: muß man sich scheiden, dann kommt Jammer und Klage.', , „Und scheiden muß ich, fiel Anton rasch ein; hätte nicht gedacht, daß das alte. Volkslied an mir zur Wahrheit werden sollte, das ich als Knabe so oft sang: > „Ach Scheiden, ach Meiden, du schneidendes Schwert, Hast mir mein junges Herz versehrt!' „Tröste dich, entgegnete
Karl nachdenklich, mit dem Spruche: Scheid nicht mit Leid, Gott weiß die Zeit, Die Wiederkehr bringt Freuds' „Nein, nein, Bruder; der Spruch paßt nicht für mich; wenn sich liebende Menschen scheiden, mögen sie den Balsam des Wiedersehens auf ihre Herzen gießen, aber wenn Liebe und Lieblosigkeit sich trennen, da gibt es kein Wiedersehen!' „Und wer ist denn die Grausame, die dich so innig an- geZogen, um dich nur um sd schmerzlicher wieder Zurückzustoßen?' frug Karl. „ Du kennst
sie; es ist Friederika I ' „Unsere Kranke ? Des Mosterrichters Tochter? rief Karl, bis in die Lippen erblassend, mkd erhob sich rasch, seinen Bruder mit ängstlich forschendem Auge messend. „Ja, sie ist es, bestätigte Anton, indem er verwundert setnem Bruder in das leichenfahle Antlitz sah. Aber was ist dir, Karl, du Zitterst, du scheinst furchtbar ergriffen? Sollte das nur Mitleid mit meiner hoffnungslosen Liebe sein? fuhr er nach einer Pause voll Argwohn und Mißtrauen fort. Ich kann es nicht glauben
, daß dich mein Geschick mehr erschüttert, als mich selbst!' „Es ist wahr, entgegnete Karl mit abgewandtem Gesichte und sichtlicher Verlegenheit, deine Mittheilung hat mich sehr überrascht. Sonst ist es nichts! Du darfst versichert sein. Es ist wahr, ich nehme Antheil an dem Mädchen, natürlich nur weil sie unser Gast ist, sie mag gut, recht gut sein, ihre Erscheinung hat etwas Wehmüthig- Inniges, es liegt ein gewisser Zauber über ihr, sie zieht auf den ersten Blick an, und man kan» sich nicht wieder von ihrem Bilde