Über die Gleichberechtigung der Nationalitäten in Österreich
Einleitung. Es gehört unter die eigeuthimlichsteu Erscheinungen unserer Zeit, daß die Idee der Rationalität, welche im vorigen Jahr hundert fast vergessen zu sein schien, nun wieder in den Vor dergrund getreten ist, und einen größern Einfluß auf alle Staa ten ausübt, als dies in Europa vielleicht je der Fall war. Bei ruhiger Betrachtung muß sich jeder überzeugen, daß der Begriff der Rationalität nie so schwache Grundlagen in den Verhältnissen der Völker gehabt hat als eben
jetzt. Alle jene Ursachen, wodurch nationelle Individualitäten auf recht erhalten werden können, haben theils ganz zu wirken aufge- hört, theils sehen wir sie im natürlichen Entwicklungsgänge der Welt täglich schwächer werden. Die mächtigste von allen, die Verschiedenheit der Racen, wodurch der nationalen Absonderung eine physische Grundlage gegeben wird, hat in Europa — das -kleine Volk der Juden ausgenommen — alle Bedeutung verloren. Durch die Völkerwanderungen, und mehr noch, durch das Christen thum
, welches mit dem Begriffe einer allgemeinen, nicht an eine Nationalität gebundenen Kirche zugleich den Grundsatz einer gesetzlichen Ehe zwischen allen christlichen Völkern aufstellen mußte, ward derRacenunterschied in Europa fast gänzlich aus getilgt. Das Recht des Connubiums, welches den einzelnen Staaten im Alterthume, theils als Mittel gedient, um sich auch von den nächsten Nachbarn abzuschließen, theils von ihnen da ll »