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Tiroler Stimmen
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Seite 2 von 6
Datum: 06.02.1909
Umfang: 6
im Beisein des Ministerpräsidenten Baron Bienerth, des Leiters des Handelsministeriums Dr. Mataja, der Landsmannminister und einer Reihe von führenden Abgeordneten der deutschen und tschechischen Parteien Versuche unternommen, die schlimme Situa tion einzurenken, die aus dem harmlosen Wörtchen „zulässig", das Dr. Mataja am Donnerstag in be zug auf die tschechische Sprache gebraucht hatte, ent standen war. Mataja sollte dadurch, daß er den Gebrauch der tschechischen Sprache im Amtsbetrieb der Postablagen

nur als „zulässig" bezeichnete, diese tschechische Sprache beleidigt haben. Er sollte nun abbitten wie ein Schuljunge, sonst Obstruktion bis aufs Messer. Natürlich war alles nur ein lächer licher Vorwand. Der eigentliche Grund war doch der Widerwille der Tschechen, die Sprachenoorlagen der Regierung in Verhandlung zu ziehen. Es kam keine Vereinbarung zustande. So mußte denn Baron Bienerth schließlich erklären, daß, da man den Skandal der lärmenden Obstruktion unmög lich andauern lassen könne, nichts erübrige

Stark (Freisoz.) griff nach der Trompete, um sie dem Bläser zu entreißen. Es kam zu einem Gedränge. Der tschechische Agrarier Spacek, ein hochge wachsener kräftiger Mann, glaubt seinen Konnatio- nalen Lisy von Stark bedroht. Er springt über drei, vier Bänke und wirft sich von oben her mitten in den Knäuel, der um die Bänke der Radikalen versammelten Abgeordneten Ein Dutzend Fäuste schlagen augenblicklich auf ihvwin. Spacek wird zu Boden gerissen und über ihn weg entbrennt eine fürchterliche Schlacht

: Fäuste ballen sich und schlagen nieder, überall hört man Gruppen von Abgeord neten, die mit hochroten Gesichtern einander unver ständliche Beschimpfungen zubrüllen. In der Gruppe der Raufenden befindet sich auch der Vorarlberger Thurnher. Man vermag nicht mehr zu unterscheiden, wer dreinschlägt und wer ab wehrt, alles ein Knäuel. Der tschechische Radikale Udrzal wurde in den Daumen gebissen, daß das Blut davonrann. Jeder schlug blindlings zu. So hat zum Beispiel Späzek von seinen Landsleuten gewiß

sich auch deut sche Agrarier. Der Agrarier Größl fungierte hierbei als Chormeister, indem er mit den Armen den Takt markierte. Kaum war dieser verklungen, stimmten die tschechischen Sozialdemokraten das tschechische Ar beiterlied „Rudy prapor" („Die rote Fahne") an. Den tschechischen Kollegen antworteten die deutschen Sozialdemokraten mit dem „Lied der Arbeit". Als es ahgesungen war, kam von der Galerie lebhafter Beifall. Erst jetzt begann sich der Saal langsam zu leeren, nach dieser ereignisreichen Sitzung

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Der Tiroler / Der Landsmann
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Seite 2 von 12
Datum: 06.02.1909
Umfang: 12
, aber der tolle Höllenspektakel, den die Tschechischradikalen ausführten, als Baron Bienerth die Sprachmvvrlage dem Hause unterbreitete, übertraf alles bisher Da gewesene. — Die Tschechen wollen eben offen bar keinen Frieden. Sie stellen maßlose For derungen und verlangen Annahme und Erle digung tschechischer Eingaben in ganz Böhmen, die innere tschechische Amtssprache und keine nationale Abgrenzung. Die Sprachenvorlage aber will das nationale Streitgebiet in Böhmen möglichst einschränken. Die tschechischen

Hetzer befürchten nun, daß dieses Gesetz den natio nalen Wühlereien, von denen sie bisher lebten, den Boden entziehen würde. Nach der Vor lage soll Böhmen in 20 Kreise, und zwar in 10 tschechische, 6 deutsche und 4 gemischte ein geteilt werden. Die jetzigen Bezirksvertretungen sollen anfgehvben und dafür Kreisoertre- trelungen eingeführt, ferner sollen als Mit telglied zwischen Bezirkshauptmannschaften und Statthaltern Kreisregierungen geschaffen werden mit einem Regierungspräsidenten an der Spitze

. Für die Aufnahme von Beamten deutscher oder tschechischer Nation wird daS Verhältnis 38 zu t»2 festgelegt. Falls die Ge setzentwürfe Gesetzeskraft erlangen, wird die ganze Bezirkseinteilung in Böhmen eine durch greifende Veränderung erfahren. Bisher be standen 224 Gerichtsbezirke, zu welchen nunmehr 14 neue errichtet werden sollen, und zwar <! deutsche und 8 tschechische: Als ein sprachig xelten nach dem Gesetzentwurfe alle jene Ge:ichtsbczirke, in welchen 60 Prozent der Bevölkerung

sich zu derselben Nationalität belennen. Bisher bestanden 100 politische Bezirke. Nun sollen 15> neu errichtet werden, und zwar 7 mit deutscher und 8 mit tschechischer Mehrheit. Von den 115) Bezirken haben dann 47 eine deutsche Mehrheit, <>8 eine tschechische Majorität. Die II-, politischen Bezirke werden in 20 Kreise zusammengefaßt, von welchen, wie oben gesagt, 6 einsprachig deutsch und 10 einsprachig tschechisch sind. — Die Deutschen find zwar nicht recht zufrieden mit dieser Vor lage, sie wird jedoch im ganzen

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