Geschichten aus den Bergen ; 2 (Reclams Universal-Bibliothek ; 2696)
54 Geschichten aus den Bergen. II« Dirndl fortgebracht den harten Winter Über. Weil der Bogelbirene (Vogelbeerbranntwein) der alten Wab'n nicht besonders gut geraten sein soll im Herbst, wollte der Dorf- Wirt, dem seine Kronenthaler in den Kopf gestiegen sind, keinen nehmen, wenigstens nicht um den früher bezahlten Preis, und mit dem Speikhandel war's diesmal auch nicht viel. Die Krauterhandler im benachbarten Marktstecken sagten, der Speik wachse eh (ohnehin) umsonst und fürs Klauben (Suchen
) werden sie nicht mehr so damisch zahlen, daß der Geldbeutel ein Loch kriegt. Wenn der Herr Pfarrer sich nicht des alten Weibleins erbarmt und ihr ein größeres Quantum Bogelbirenen abgenommen hatte, war's gar traurig worden in der Keuschen oben. Schier eingeschneit droben strickten die zwei Weiberleut fleißig Spenser und verdienten sich auf diese Art das kärgliche Brot den bösen Winter über. Biel schaute mit dieser 'Arbeit auch nicht 'raus, denn der Kramer war ein „Rnach" (habgierig) und einer alten Wab'n
'was abz'drucken, ist „keine Sünd nicht". Wie alles, geht auch der Winter vorüber und seine Not, und im „Auswärts" schwellen die Bäche und die Menscheu herzen. Allmählich schwindet der Schnee von den Halden, immer höher hinauf muß er zurückweichen, und wenn die Bergspitzen nur mehr eine weiße Zipfelmütze tragen, dann sprießen unten im Thale schon die Frühlingsblümlein und die Erl- und Birkenstauden stecken ihre grünen Spitzen aus. Blüht daun auch der Enzian, dann läßt auch der Speik nicht mehr lang
auf sich warten. Wabi hat, die Kräuterkraxen (Korb am Rücken zu tragen) am Buckel, den ersten Aussteg zur Speikfuche unternommen. Jetzt erhitzt vom Steigen, sehen die Wangen des Madels blühend rot ans, aber daß sie eingefallen sind den Winter über, das sieht man auch. Und das Köpferl, so nett, grad zum Neinbeißen, trägt die Wabi gesenkt, gar nimmer das lustige Dirndl von früher. Aber tapfer schreitet es in seinen schweren, derbgmageltrn Bergschuhen aufwärts, und es ist ein