Seite 34. „Der Bergfried" Nr. 9. K Die Moosbacher. Erzählung von Wolfgang Kem 1 er. Nachdruck verboten. Sowohl Dr. Dernbach als auch feine Schwester waren sehr erfreut, als Arnold Winter erschien. „Ach. das ist hübsch, Herr Doktor", rief Lllian Dern bach, während ein leises Rot ihre Wange färbte, „ge rade sagte ich zu Rudolf, ob Herr Dr. Winter nicht bald wieder einmal kommen wird." „Eine alte Geschichte, gnädiges Fräulein, wenn man den Winter nennt, kommt er gerennt!" Lilian lachte
. „Den Winter lasse ich mir gefallen, nicht aber den anderen, den grausigen mit Schnee, Eis und Kälte. t err Doktor, heute ist großes Konzert im Saale des entrai-Hotels. Wir waren gerade im Begrisie, uns zurechtzumachen. Wir wollen dort nachtmahlen. Hal ten Sie mit?" „Es wird mir ein Vergnügen sein." „Schön, Rudolf, ich überlasse dir unseren Gast, in einer halben Stunde bin ich fertig. Aus Wiedersehen!" Lilian war pünktlich. Es war kaum eine halbe Stunde vergangen, da betrat sie in einem dunkelroten
Seidenkleide, das mit Goldstickereien verziert war, das Zimmer, in dem die Herren warteten. Ueber einen Sessel war der pelzverbrämte Abendmantel geworfen, den, als sie nach ihm griff, schnell Dr. Winter nahm und um ihre Schultern legte. Dabei traf ihn ein Blick aus Lilians rätselhaften Augen, ein Blick, der ihn wie ein elektrischer Funke durchzuckte. Vor dem Hause wartete der bestellte Kraftwagen und wenig später sahen sie in Friedrichsfelds größtem und schönstem Saale. Die bessere Gesellschaft der Stadt
er schien fast vollzählig, und als der Dirigent des städti sch.>n Orchesters den Taktstock hob, um das Konzert zu beginnen, war der Saal fast bis auf den letzten Platz besetzt. Dernbachs und Arnold Winter hatten in der Mitte des großen Raumes, nahe de m Orchester einen guten Tisch gefunden, von dem sie den ganzen Saal und die Galerien überblicken konnten. Lilian Dernbach, die zum erstenmale die Friedrichs felder Gesellschaft nahezu vollständig beisammensah, war sehr neugierig. Sie kannte zwar schon
eine Menge Menschen, immerhin gab es für sie noch viel zum fra gen. Arno.d Winter gab ihr Auskunft, dabei konnte er unschwer feststellen, daß Lilian vielleicht nicht die schönste, aber weitaus eleganteste Dame im Saale war. Und er saß an ihrer Seite in dem durch elektrische Lampen blendend erleuchteten Raume unter Menschen jener Stände, zu denen auch er gehörte. Wieder ka men ihm Gedanken, wie sehr er sich in Schwarzbach, nur seinem aufreibenden Berufe lebend, vergraben hatte. In einer Umgebung