34.327 Ergebnisse
Sortieren nach:
Relevanz
Relevanz
Erscheinungsjahr aufsteigend
Erscheinungsjahr absteigend
Titel A - Z
Titel Z - A
Zeitungen & Zeitschriften
Tiroler Land-Zeitung
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/OBEWO/1903/03_01_1903/OBEWO_1903_01_03_15_object_8027178.png
Seite 15 von 16
Datum: 03.01.1903
Umfang: 16
„Und du einundzwanzig." „Dann bist du kein Kind mehr," bemerkte Wilhelm naiv. „Und du auch nicht," entgegnete Klärchen, ihm lachend in die Augen schauend. „Wir waren immer so gute Nachbarn." „Gewiß." Die Wartburg. „Nun spielen wir nicht mehr Krieg!" „Nein, wir sind zu alt dafür," und das Mädchen lachte herz lich, als es das sagte. „Hast du wohl einmal an mich gedacht, Klärchen?" „Und du an mich?" Wieder schwiegen beide eine Weile und unwillkürlich faßten sie sich bei der Hand

, während sie sich ansahen. „Klärchen!" „Wilhelm!" „Unsere Freundschaft soll be stehen !" „Gewiß." „Für alle Zeiten!" „Für immer." Wilhelm schaute ihr sinnend nach und ging dann langsam in seine Wohnung zurück. „Mit wem sprachst du un ten?" fragte seine Mutter. „Mit Nachbars Klärchen. Sie ist wieder zu Hause." „So?" Mehr sprach Frau Revers nicht an diesem Abend. Drei Herzen klopften unruhig in dieser Nacht im alten Hause — zwei junge und ein altes. III. Ein Jahr später. Es ist Abend. Wieder blüht die Sp ringe

; sie hat beinahe ausgeblüht, nur noch einzelne Blümchen haf ten an den dünnen Stengeln. Wieder stehen Nachbars Klärchen und Wilhelm an der Mauer, aber sie sagen kein Wort. Wilhelm hält Klärchen sanft um fangen und ihr Köpfchen ruht an seiner Brust. Klärchen schluchzt. Wilhelm drückt sie fester an sein Herz und bringt endlich die Worte hervor: „Begreifst du nun wohl, Klärchen, warum es nicht sein darf?" „Nein, nein!" schluchzte das Mädchen. „Sie weiß nichts davon, Liebste! Sie ahnt

nicht, daß zwischen uns ein Verhältnis besteht. Ach Gott, Klärchen, schluchze doch nicht so, es bricht mir das Herz! Habe Mitleid mit mir; du weißt nicht, was ich leide. Ach, Mutter ist in der letzten Zeit so schwach geworden; sie hat meine Hilfe so nötig. Ich fühle es, sie kann mich nicht mehr entbehren; es würde ihr Tod sein." Klärchen schaute mit Tränen in den Augen zu Wilhelm auf und seufzte. Wilhelm fuhr sanft init der Hand über ihre Locken und flüsterte: „Aber ich werde dich lieben, Klärchen, so lange ich lebe

; und — wirst du noch manchmal an mich denken?" „Ja, Wilhelm, ja!" „Und wenn du später vielleicht ..." — hier stockte Wil helms Stimme — „wenn du später mit einem anderen glücklich sein wirst, dann . . ." Das Mädchen schlug plötzlich ihre Arme um seinen Hals und berührte seine Stirne mit den Lippen. „Wenn du mit einem anderen glücklich sein wirst, denke dann auch an mich, — wie an einen gestorbenen Freund." „Glücklich?" flüsterte Klärchen, „das kann ich nur mit dir sein!" „Mache mir den Abschied nicht so schwer, Liebste

1
Zeitungen & Zeitschriften
Unterinntaler Bote
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/UIBO/1904/10_06_1904/UIBO_1904_06_10_7_object_8315684.png
Seite 7 von 12
Datum: 10.06.1904
Umfang: 12
. Das Blatt schreibt: Im Dampfer verkehr zwischen Europa und New Jork stehen die Leistun gen der deutschen Schnelldampfer unübertroffen da. Schon seit Jahren ist es trotz aller Anstrengungen keiner andern Nation möglich geworden, den Schnelligkeitsrekord der deut schen Dampfer zu brechen. Erst jüngst konnte wieder von dem Rekord eines deutschen Dampfers berichtet werden, näm lich der Beförderung von Passagieren und Post durch den Schnelldampfer „Kaiser Wilhelm II." des Norddeutschen Lloyd von New Jork

nach Plymouth, einschließlich der Eisen- bahnfahrt nach London, in 5 Tageil. 23 Stunden und 39 Minuten, was die schnellste Reise für die Winterroute be- beutet. Jnterressant ist die Zusammenstellung der Jahres leistung der deutschen Schnelldampfer, nämlich der drei Schnelldampfer des 'Norddeutschen Lloyd „Kaiser Wilhelm II." „Kronprinz Wilhelm" und „Kaiser Wilhelm der Große", u. des Schnelldampfers der Hamburg-Amerika-Linie „Deutsch land". Im vergangenen Jahre hat für die ausgehende Fahrt nach New Jork

„Kaiser Wilhelm II." die beste Durch schnittsleistung .aufzuweisen, indem der Durchschnitt seiner 9 Fahrten von Southampton nach New Jork 6 Tage 12 Stun den, und 43 Minuten beträgt; ihm folgt der „Kronprinz Wilhelm" mit 6 Tagen, 14 Stunden, dann mit vollständig gleicher Durchschnittsleistung die beiden Dampfer „Deutschland" und „Kaiser Wilhelm der Große", nämlich 6 Tagen, 14 Stunden und 20 Minuten. Auf der einkommenden Fahrt dagegen hat „Kaiser Wilhelm der Große" die beste Durch schnittsleistung

aufzuweifen, der die Strecke New Jork— Plymouth durchschnittlich in 5 Tagen, 19 Stunden und 17 Minuten zurückgelegt hat. Dieser . Dampfer ist auch der einzige, welcher bei seinen sämtlichen 11 Fahrten des Jah res 1903 für die Fahrt von New Jork nach Plymouth nie volle 6 Tage gebraucht hat, während „Kaiser Wilhelm II." unter 9 Fahrten zweimal, und „Kronprinz Wilhelm" unter 11 Fahrten dreimal über 6 Tage, „Deutschland" unter 7 Reisen dreimal über 6 Tage brauchten. In der Jahres

durchschnittsleistung für die eingehende Fahrt folgt auf „Kaiser Wilhelm den Großen" der Schnelldampfer „Kron prinz Wilhelm" mit 5 Tagen, 20 Stunden und 33 Minu ten, und endlrch „Deutschland" mit 6 Tagen, 2 Stunden und 1 Minute. Die schnellsten Einzelreisen im Jahre 1903 haben die Dampfer „Deutschland" und „Kronprinz Wilhelm" aufzuweisen, indem sie eine ausgehende Reise in 6 Tagen und 20 Minuten, bezw. 40 Minuten und eine einkommende Reise in 5 Tagen 14 Stunden und 25 bezw. 8 Minuten zurücklegten. (Eröffnung des Grundbuches

2
Zeitungen & Zeitschriften
Tiroler Land-Zeitung
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/OBEWO/1903/03_01_1903/OBEWO_1903_01_03_14_object_8027177.png
Seite 14 von 16
Datum: 03.01.1903
Umfang: 16
nimm ein Beispiel an mir!" Dann legte er den Arm um ihre Schulter, küßte sie auf die runzelige Wange und erwiderte: „Keine Not, Mutter! Sie sind noch jung." Dann schüttelte sie -wohl ihr Haupt, aber schwieg und war glücklich, innig glücklich; denn sie wußte ja, warum er so spät noch arbeitete. Oft sah die alte Frau ihn an, während sie strickte und Wilhelm, über seinen Stein gebeugt, schweigend zeichnete; tausenderlei Ge danken kamen ihr dann in den Sinn, wenn ihr Blick das kleine Zimmerchen

musterte. Da hatte er krank gelegen, ihr Liebling, da in der dunklen Bettstelle mit den grünen Gardinen. Dort vor dem Fenster hatte er zum erstenmal wieder gesessen, als er besser war. Ueber der Kommode hing seine erste Zeichnung, gegen über dem Schornstein die allerersten Proben seiner Eravierkunst. Alles redete zu ihr von ihm, und jedes einfache Möbel hatte für sie eine Geschichte. Bisweilen ruhte ihr Auge auf einem kleinen photographischen Porträt, das auf dem Schränkchen stand, worin Wilhelm

seine Habseligkeiten barg. Es war das Porträt eines jungen, frischen Mädchens — Nachbars Klärchen. Sie hatte es Wilhelm geschenkt, als sie sich zum erstenmal hatte photographieren lassen. Klärchen und Wilhelm waren als Kinder sehr viel zusammen gewesen. Sie hatten gelacht, gespielt und einander geneckt, bis Klärchen vierzehn Jahre alt war und die elterliche Wohnung verließ. Der Korbmacher, ihr Vater, hatte ein Haus voll Kinder und nicht mehr als sein tägliches Brot. Es war daher seines Erachtens nur billig

, daß die Aelteste „unter die Leute" ging. Wilhelm weinte viele Tränen, als sie fortging; aber es waren echte Jugendtränen: sie trockneten ebenso rasch als sie flössen und hinterließen keine Spuren. Wenn Frau Revers dieses Mädchenporträt betrachtete, fühlte sie etwas Fremdes, etwas Wunderliches. Sie wußte eigentlich selbst nicht, was; aber es kam ihr beinahe so vor, als wenn sie Klärchen nicht so recht leiden möchte. Warum, das wußte sie selbst nicht. Das Mädchen hatte sich immer freundlich und herzlich

, indem er seiner Spielgenossin zu gut war. Vielleicht lag ein gewisser Egoismus in Frau Revers übergroßer Liebe zu ihrem Sohne. Sie wollte ihn allein haben — ihren Wilhelm — und doch, wieviel Selbstaufopferung hatte sie an den Tag gelegt, wie oft hatte sie bewiesen, daß sie allein in seinem Glück auch das ihrige fand. Wunderbares Mutterherz, wer kann dich ergründen? Fast schien es, als wenn er ihre geheim sten Gedanken verstehe; denn wenn sie bei einander saßen, sah er bisweilen plötzlich von seiner Arbeit auf und nickte

3
Zeitungen & Zeitschriften
Tiroler Land-Zeitung
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/OBEWO/1903/10_01_1903/OBEWO_1903_01_10_22_object_8027201.png
Seite 22 von 22
Datum: 10.01.1903
Umfang: 22
V. Und Frau Revers hatte leider beim offenen Fenster gesessen, — sie hatte alles, Wort für ‘ Wort, gehört. Unwillkürlich war ein Schrei von ihren Lippen gekommen, als sie Frau Müller sagen hörte: „Sie gönnt ihren Jungen keiner anderen." Sie wollte aufstehen, aber sie konnte nicht; wie festgenagelt blieb sie auf ihrem Stuhle sitzen und hörte alles. Das war es also! Auf einmal ging ihr ein Licht auf. Schon seit Monaten hatte sie sich wegen ihres Wilhelm Unruhe gemacht. Sie bemerkte sehr gut

in den großen Stuhl, den Wilhelm ihr einst geschenkt hatte. Als Wilhelm Revers am Abend nach Hause kam, klang ihm lein freundliches „Tag Wilhelm! Tag Junge!" entgegen. Seine Mutter saß ineinander gesunken, mit dem Kopfe auf der Brust, in dem Stuhl, und als er sie in seine Arme nahm und das schwere Haupt zu sich emporhob, sah er Schaum auf ihren Lippen und zwei große, glasige Augen, die ihn regungslos anstarrten. Schwer und röchelnd ging noch ihr Atem. Mit Hilfe einiger Nachbarinnen wurde sie zu Bett

hineinschaute, kam Frau Revers noch eben zum Bewußtsein; die Frau des Korbmachers war gerade ha, um nach ihr zu sehen. „Kennst du mich, Mutter?" fragte Wilhelm, über das Bett sich vrobeugend. Leise strich sie mit ihrer Hand über sein Haar, sprechen konnte sie nicht, sie brachte nur unverständliche Laute hervor. „Und mich — kennt Ihr mich?" fragte Klärchens Mutter, dem Bett sich nähernd. Moissans elektrischer Öfen. Einen Augenblick sah die Kranke sie mit matten Augen an. Sie versuchte zu sprechen, konnte

aber nicht. Ueber ihre bleichen, eingefallenen Wangen rollten ein paar dicke Tränen, und mit zitternder Hand zeigte sie auf die Gegenstände, welche auf Wil helms Schränkchen standen. Die Frau begriff nicht, was sie wollte; sie nahm ein Döschen, das darauf stand, und reichte es ihr. Mit einer ungeduldigen Bewegung zeigte Frau Revers von neuem. Wieder brachte man ihr nicht, was sie wünschte. Endlich nahm Wilhelm Klärchens Porträt und fragte: „Meinst du das, Mutter?" Die Sterbende nickte, richtete sich plötz

-i lich halb auf, drückte das Porträt in Wil helms Hand und zugleich an seine Brust. Dann umfaßte sie ihren Sohn mit Aufbie tung all ihrer letzten Kraft; ihr Kopf sank an sein Herz, und da seufzte sie den letzten Atem aus. „O Gott," schluchzte Wilhelm, „sie hat alles begriffen!" -i- * * Ein halbes Jahr später blühte die Springe wieder; die gute, alte Sonne hat doppelt warm und erquickend aus das Bäum- chen herabgeschienen und es so geliebkost/ daß es zwei Blütendolden trug. Wilhelm schnitt

4
Zeitungen & Zeitschriften
Tiroler Post
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/TIPOS/1903/03_01_1903/TIPOS_1903_01_03_11_object_7991291.png
Seite 11 von 12
Datum: 03.01.1903
Umfang: 12
''Dann "bist"du ^ke^n^Kind mehr," bemerkte Wilhelm naiv. ^Und du auch nicht," entgegnete Klärchen, ihm lachend m die Äugen schauend. , „ Wir waren immer so gute Nachbarn. "Gewiß." Die Wartburg. ..Nun spielen wir nicht mehr Krieg!" ,,Nein, wir sind zu alt dasür," und das Mädchen lachte herz lich, als es das sagte. „Hast du wohl einmal an mich gedacht, Klärchen? '.'.Und du an mich?" t Wieder schwiegen beide eine Weile und unwillkürlich faßten sie sich bei der Hand, während sie sich ansahen

. „Klärchen!" „Wilhelm!" „Unsere Freundschaft soll be stehen !" j . „Gewiß." „Für alle Zeiten!" „Für immer." Wilhelm schaute ihr sinnend nach und ging dann langsam in seine Wohnung zurück. „Mit wem sprachst du un ten?" fragte seine Mutter. „Mit Nachbars Klärchen. Sie ist wieder zu Hause." „So?" Mehr sprach Frau Revers nicht an diesem Abend. Drei Herzen klopften unruhig in dieser Nacht im alten Hause — zwei junge 'und ein altes. III. Ein Jahr später. Es ist Abend. Wieder blüht die Sp ringe; sie hat beinahe

ausgeblüht, nur noch einzelne Blümchen haf ten an den dünnen Stengeln. Wieder stehen Nachbars Klärchen und Wilhelm an der Mauer, aber sie sagen kein Wort. Wilhelm hält Klärchen sanft um fangen und ihr Köpfchen ruht an seiner Brust. Klärchen schluchzt. Wilhelm drückt sie fester an sein Herz und bringt endlich die Worte hervor: „Begreifst du nun _ wohl, Klärchen, warum es nicht sein darf?" . Nein, nein!" schluchzte das Mädchen. .^ "Sie weiß nichts davon, Liebste! Sie ahnt nlcht

, daß zwischen uns ein Verhältnis besteht. Ach Gott. Klärchen, schluchze doch nicht so. es bricht mir das Herz! Habe Mitleid m.t mrr; du we.stt nicht, was ich leide. Ach. Mutter ,|t m d°r^l°ht-n Zeit so schwach geworden; sie hat meine Hüfe so notig. Ich suhle es, sie kann mich nicht mehr entbehren; es würde ihr Tod sein. Klärchen schaute mit Tränen in den Augen zu Wilhelm auf und seufzte. Wilbelni fuhr sanft mit der Hand über ihre Locken und flüsterte. Aber ich werde dich lieben, Klärchen, so lange ich lebe

nicht anders." Ich weiß es, Wilhelm, aber es ist so hart! ,,Klärchen, verurteile mich nicht. Gott weiß, was U1) ^Das Mädchen antwortete nicht und ließ mutlos ihr Köpfchen an seine Schulter sinken Der Wind blies die wenigen Blüten der Springe ab und streute sie auf ihre Locken , Und während dies unten auf dem kleinen Hofraum stattfand, sah Frau Revers in ihrem Zimmer und dachte an Wilhelm; sie hörte ihn die Treppe herauf- steiaen und öffnete die Türe mit den Worten: „junge, wie kommst du heute so spät; ich begann

5
Zeitungen & Zeitschriften
Unterinntaler Bote
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/UIBO/1901/19_04_1901/UIBO_1901_04_19_1_object_8313590.png
Seite 1 von 10
Datum: 19.04.1901
Umfang: 10
. Donlierstag, 25. April. Marens Ev. Montag, 22. April. Soter und Cajus. Freitag, 26. April, f Cletus Pr. Dienstag, 23. April. Adalbert. Samstag, 27. April. Peregrinus. Politisches. Der deutsche Kronprinz in Wien. Sonntag den 14. April um halb 9 Uhr vor mittags traf der deutsche Kronprinz Friedrich Wilhelm in Wien auf dem Nordwestbahnhose ein. Kaiser Franz Joses war mit den Erzh erz o g e n vorher dort angekommen, um den hohen Gast zu empfangen. Kronprinz Friedrich Wilhelm begab sich nach intimster

Begrüßung in Begleitung unseres Kaisers in die Hofburg. Noch vormittags empfieng unser Kaiser den deutschen Kronprinzen und stattete ihm mittags seinen Gegenbesuch ab. Nachmittags stattete Friedrich Wilhelm den Mitgliedern des Kaiserhauses Besuche ab und empfieng deren Gegen besuche. Kaiser Franz Josef hielt abends beim Galadiner in der Hofburg einen Toast, worin er den Kronprinzen, den Sohn seines treuen Freundes Kaiser Wilhelm herzlichst in seiner Residenz will kommen hieß und die freudige Hoffnung

Kronprinz legte auch namens des deutschen Kaisers Wilhelm prachtvolle Kränze an den Särgen der Kaiserin Elisabeth, des Kronprinzen Rudolf und des Erz herzogs Albrecht nieder. Gestern erfolgte die Rückkehr des Kronzprinzen Friedrich Wilhelm nach Deutschland. Reue Herren haus Mitglied er. Zu Herren hausmitglieder aus Lebensdauer wurden folgende Herren ernannt: Dr. Anton Dovrak, Pro fessor am Conservatorium in Prag, Dr. Emil Frieda, Professor an der böhmischen Universität in Prag, Hofrath Dr. Theodor

6
Zeitungen & Zeitschriften
Tiroler Post
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/TIPOS/1903/03_01_1903/TIPOS_1903_01_03_10_object_7991290.png
Seite 10 von 12
Datum: 03.01.1903
Umfang: 12
Seite 8. Prabl z. B. Schwan Komplette Molkei 176—50p Kom Aktien-Gesellschaft Niederlage für die Alj Vorletst« nimm ein Beispiel an mir!" Dann legte er den Arm um ihre Schulter, küßte sie auf die runzelige Wange und erwiderte: „Keine Not, Mutter! Sie sind noch jung." Dann schüttelte sie wohl ihr Haupt, aber schwieg und war glücklich, innig glücklich; denn sie wußte ja, warum er so spät noch arbeitete. „ c Y Oft sah die alte Frau ihn an, während sie stuckte und Wilhelm, über seinen Stein gebeugt

. , , Bisweilen ruhte ihr Auge auf einem kleinen photographischen Porträt, das auf dem Schränkchen stand, worin Wilhelm seine Habseligkeiten barg. Es war das Porträt eines jungen, frischen Mädchens — Nachbars Klärchen. Sie hatte es Wilhelm geschenkt, als sie sich zum erstenmal hatte photographieren lassen. Klärchen und Wilhelm waren als Kinder sehr viel zusammen gewesen. Sie hatten gelacht, gespielt und einander geneckt, bis Klärchen vierzehn Jahre alt war und die elterliche Wohnung verlieh. Der Korbmacher

, ihr Vater, hatte ein Haus voll Kinder und nicht mehr als sein tägliches Brot. Es war daher semes Erachtens nur billig, daß die Aelteste „unter die Leute" gmg. Wilhelm weinte viele Tränen, als sie fortging; aber es waren echte Jugendtränen: sie trockneten ebenso rasch als sie flössen und hinterließen keine Spuren. Y r J Wenn Frau Revers dieses Mädchenportrat betrachtete, fühlte sie etwas Fremdes, etwas Wunderliches. Sie wußte eigentlich selbst nicht, was; aber es kam ihr beinahe

von Eingang zur Hölloch-Grotte im Muotatal (Schwyz.) Wilhelms Herzen erobert hätte; als wenn er seine Mutter beeinträchtigte, indem er seiner Spielgenossin zu gut war. Vielleicht lag ein gewisser Egoismus in Frau Revers übergroßer Liebe zu ihrem Sohne. Sie wollte ihn allein haben — ihren Wilhelm — und doch, wieviel Selbstaufopferung hatte sie an den Tag gelegt, wie oft hatte sie bewiesen, daß sie allein in seinem Glück auch das ihrige fand. Wunderbares Mutierherz, wer kann dich ergründen? Fast schien

eine Veränderung in ihr stilles, einförmiges Leben brachte. — _ Nachbars Klärchen war wieder nach Hause gekommen. Die Familie in einer anderen Stadt, wo sie vier ^ahre gedient hatte und wobei sie bis zur Bonne gestiegen war, war ins Ausland ge zogen. Wilhelm wußte nichts davon, und so stand er eines Abends ihr plötzlich gegenüber. War das Klärchen? Er konnte seinen Augen kaum trauen. Wie schön war sie geworden! Wie floß das volle, dunkelblonde Haar ihr so lockig um die blühenden Wangen, wie lachten die blauen

7
Zeitungen & Zeitschriften
Kitzbüheler Bezirks-Bote
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/ZDB-3077611-9/1904/21_02_1904/ZDB-3077611-9_1904_02_21_14_object_8417892.png
Seite 14 von 16
Datum: 21.02.1904
Umfang: 16
Wochinger. 1. Besitzstand an Schiffsmäterial. A. Linienschiffe. Völlig verwendungsbereit: 13 (Sachsen, Bayern, Württemberg, Baden, Oldenburg, Kaiser Friedrich HI., Kaiser Wilhelm ll., Kaiser Wilhelm der Große, Kaiser Karl der Große, Wittelsbach, Wettin, Zähringen, Mecklenburg — als veraltet gelten: Sachsen, Bayern, Württemberg und Baden). In kurzem verwendungsbereit*): 5 (Kaiser Barbarossa — dieser vorübergehend im Dock —, Weißenburg, Kurfürst Friedrich Wilhelm, Brandenburg, Wörth — die letzteren

4 noch im Umbau begriffen). Im Ausbau: 5 (Schwaben — der Beendigung der Probefahrten nahe —, Braunschweig, Elsaß, Hessen, Preußen). Auf Stapel: 2 („M“ und „N“). B. Ehemalige Küstenpanzer schiffe Verwendungsbereit: 6 (Beowulf, Frithjof, Hlldebrandt, Heimdall, Hagen, Odin). Im Umbau*): 2 (Siegfried, Aegir). C. Panzerkanonenboote. Verwendungsbereit:' 11 (sämtliche gelten jedoch als veraltet und von minimalem Gefechtswert). D. Gro ße Kreuzer. Verwendungsbereit: 12 (König Wilhelm, Kaiser, Deutschland, Kaiserin

der betr. Reedereien mit dem Rnchskanzlerarnte bereits im Bau hiezu vorbereitete und im Mobilmachungsfall dem Marine- amte zur Verfügung stehende Dampfer). a) Schnelldampfer über 18 Seemeilen Geschwindigkeit. Vom Norddeutschen Lloyd: 6, darunter Kaiser Wilhelm II. und Kronprinz Wilhelm mit 25, Kaiser Wilhelm der Große mit 24 Seemeilen Maximalgeschwindigkeit. Von der Hamburg-Amerika-Linie: 4, darunter die Deutschland mit 25 Seemeilen Maximalgeschwindigkeit. b) Dampfer mit 15—18 Seemeilen

. Vom Norddeutschen Lloyd: 12. Von der Hamburg-Amerika-Linie: 5. I. Schiffe ohne Gefechtswert. Schulschiffe: 16. Spezialschifse: 7 (hierunter die Gefechtswert besitzende kaiserl. Pacht Hohenzollern und das Stationsschiff Loreley in Konstantinopel mit 3 Geschützen). Hafenschijse: 3. *) Ter Umbau der Brandcnburgllassr und der noch regierenden ehemaligen KMenpanzerschiffe wird bis Ende März vollzogen sein. 2. Schiffe im ständigen Dienst. K. Aktive Schlachtflotte. Flaggschiff Kaiser Wilhelm II., zugleich Flaggschiff

des I. Ge- schwaders. Tender: Kleiner Kreuzer Blitz, Schylschiff Grille. I. Geschwader: Linienschiffe Kaiser Friedrich III., Kaiser Wilhelm der Große, Kaiser Karl der Große, Wittelsbach, Zähringen, Wettin, Mecklenburg. II. Geschwader: Ehemalige Küstenpanzerschiffe Hildebrandt, Beowulf, Frithjof, Odin. Ausklärungsschiffe: Große Kreuzer Prinz Heinrich (Flaggschiff), Viktoria Luise, Friedrich Karl. Kleine Kreuzer Amazone, Ariadne,' Frauenlob, Niobe, Medusa, Arkona. Torpedoflotille

8
Zeitungen & Zeitschriften
Tiroler Post
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/TIPOS/1903/10_01_1903/TIPOS_1903_01_10_10_object_7991310.png
Seite 10 von 12
Datum: 10.01.1903
Umfang: 12
blieb sie auf ihrem Stuhle sitzen und hörte alles. Das war es also! Auf einmal ging ihr ein Licht auf.'Schon seit Monaten hatte sie sich wegen ihres Wilhelm Unruhe gemacht. Sie bemerkte sehr gut, daß er litt, viel litt; und das Herz zog sich ihr zusammen, wenn sie an seinen Vater dachte, der auch lang sam dahingesiecht war. Hundertmal hatte sie gefragt: „Fehlt dir etwas, mein Junge? Bist du nicht wohl?" Aber immer war seine Antwort gewesen: „Es ist nichts, liebe Mutter, es wird wohl vorübergehen

möchte," da hatte sie ein Gefühl, als wenn das Herz ihr brechen wollte. Das Blut stieg ihr mit Gewalt zu Kopfe; sie wollte aufstehen, griff mit den Händen um sich, schnappte nach Luft und fiel zurück in den großen Stuhl, den Wilhelm ihr einst geschenkt hatte. * , * >? Als Wilhelm Revers am Abend nach Hause kam, klang ihm kein freundliches „Tag Wilhelm! Tag Junge!" entgegen. Seme Mutter saß ineinander gesunken, mit dem Kopfe auf der Brust, in dem Stuhl, und als er sie in seine Arme nahm

hat, was ich heute Mittag sagte! Du lieber Gott, wie ein Mensch nur so was Sündhaftes sagen kann!" „Kennst du mich, Mutter?" fragte Wilhelm, über das Bett sich vrobeugend. , , Leise strich sie mit ihrer Hand über sein Haar, sprechen konnte sie nicht, sie brachte nur unverständliche Laute hervor. „Und mich — kennt Ihr mich?" fragte Klärchens Mutter, dem Bett sich nähernd. Karawane bei Port Salb. Am folgenden Tage gegen Mittag, als die Sonne so warm und fröhlich in das kleine Fenster hineinschaute, kam Frau Revers

es ihr. Mit einer ungeduldigen Bewegung zeigte Frau Revers von neuem. Wieder brachte man ihr nicht, was sie wünschte. Endlich nahm Wilhelm Klärchens Porträt und fragte: „Meinst du das, Mutter?" Die Sterbende nickte, richtete sich plötz lich halb auf, drückte das Porträt in Wil helms Hand und zugleich an seine Brust. Dann umfaßte sie ihren Sohn mit Aufbie tung all ihrer letzten Kraft; ihr Kopf sank an sein Herz, und da seufzte sie den letzten Atem aus. „O Gott," schluchzte Wilhelm, „sie hat alles begriffen!" Ein halbes Jahr

später blühte die Springe wieder; die gute, alte Sonne hat doppelt warm und erquickend auf das Bäum chen herabgeschienen und es so geliebkost, daß es zwei Blütendolden trug. Wilhelm schnitt sie vorsichtig ab und brachte sie mit Klärchen auf das einfache Grab seiner Mutter. „Sie hielt immer so viel von Blumen," sagte er leise, während er sie auf den ^tein legte. „Ach, nun ist sie hingegangen, Klär chen!" — Und in den hohen Bäumen des Kirch hofes saß ein kleiner Vogel, der wetzte seinen Schnabel

9
Zeitungen & Zeitschriften
Unterinntaler Bote
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/UIBO/1904/01_04_1904/UIBO_1904_04_01_3_object_8315552.png
Seite 3 von 12
Datum: 01.04.1904
Umfang: 12
sind, welche den Papst zu ermorden beabsichtigen. Kaiser Wilhelm in Neapel. Die Dacht „König Albert" ist mit Kaiser Wilhelm an Bord am 24. März in Neapel eingelaufen und mit Salut schüssen der italienischen Eskadre und unter Hurrah- rufen der Matrosen empfangen worden. Sobald der „König Albert" Anker geworfen hatte, erschienen der deutsche Botschafter und die Vertreter der ita lienischen Behörden an Bord, um den Kaiser zu begrüßen. Der Botschafter, sowie der hiesige deut sche Konsul wurden dem Dejeuner bei Kaiser

Wil helm beigezogen. — Infolge der stürmischen See ist die „Hohenzollern" bisher noch nicht in See gesto chen. Die Schiffe der italienischen Eskadre werden abends illuminiren. Kaiser Wilhelm begab sich dann an Bord der „Hohenzollern", auf welcher er seine Reise fortsetzen wird; bei der Ankunft auf derselben wurde der Kaiser von der Bemannung mit einem dreifachen Hurrah begrüßt. Der Präfekt und der Bürgermeister machten dem Kaiser ihre Aufwartung. Der Bürgermeister lud den Kaiser

ein, einer Galavorstellung beizuwoh nen. Kaiser Wilhelm dankte für die Einladung, erklärte jedoch, dieselbe mit Rücksicht auf die Trauer aus Anlaß des Todes des Herzogs von Cambridge nicht besuchen zu können. Kaiser Wilhelm sandte an König Viktor Emanuel folgendes Telegramm: Empfange meinen innigsten Dank für Deine herzliche Depesche, die ich in dem Momente, da ich in den schönen Hasen von Neapel einfuhr, empfan gen habe. Der warmen Gastfreundschaft gedenkend, die mir im vergangenenen Jahre in Rom von Dir, der Königin

und dem italienischen Volke zuteil wur de, schätze ich mich glücklich, Dich wiederzusehen. Dein aufrichtiger Freund und treuer Bundesgenosse Wilhelm. Auch fand eine Begegnung der beiden Monar chen in Neapel statt. Vom Kriege. Ein Bericht des Admirals Togo teilt über die Seeschlacht bei Port Arthur mit: Am 22. manövrierte die vereinigte Flotte wie beabsichtigt war. Zwei Abteilungen von Tor pedobootzerstörern bewegten sich vor Port Arthur vom 20. ds. nachts bis 22. ds. morgens. Obgleich unsere Torpedobootzerstörer

10
Zeitungen & Zeitschriften
Tiroler Land-Zeitung
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/OBEWO/1908/14_11_1908/OBEWO_1908_11_14_2_object_8032485.png
Seite 2 von 16
Datum: 14.11.1908
Umfang: 16
. Studentische Dummheiten. An der Wiener Univervisiät kam es am 10. November wieder zu großen Schlägereien zwischen deutsch-nationalen und jüdisch-nationalen Studenten. Die letzteren hatten schon zeitig die Rampe besetzt und wollten den deutsch-nationalen Studenten den Eintritt verwehren. Da die Polizei zu schwach war, kam es zu einer großen Prügelei, wobei die Steinballustrade herab gestürzt wurde. Ungefähr fünfzig Studenten beider Parteien erhielten Verletzungen. F. W. Kaiser Wilhelm If. Letzte Woche

ist auch zu uns die Kunde gedrungen, daß sich vor nehmlich das deutsche Reich in einer politischen Aufreg u n g befindet, die über das normale Maß weit hinauswogt. Es wurde in diesen Spalten hierüber schon berichtet, doch scheint es zweckmäßig, noch einmal mit schlichten Worten die Sachlage zu behandeln. Also sagen wir es kurz und bündig heraus: Der deutsche Kaiser Wilhelm 11. hat, als er voriges Jahr im Spätherbst zu seiner Erholung in England aus Schloß High Cliff wohnte, einem eng lischen Politiker, man sagt

des Artikels Und dann er schienen die kaiserlichen vertraulichen Mitteilungen in der englischen Zeitung „Daily Telegraph", aber auch nicht im Wortlaut, sondern im Auszug. Was steht nun darinnen? Ganz können wir es hier nicht wieder geben, dazu fehlt es uns an Raum, aber es genügt, die markantesten Stellen zu wissen, und die sind, daß der deutsche Kaiser Wilhelm li. bekannt gab, daß er, in: Gegensatz zur Majorität der Deutschen, ein warmer Freund Englands sei, daß er diese Freundschaft auch schon praktisch

betätigt, indem er den E n g l ü n d e r n einen F e l d z u g s p l a n gegen die B u r e n a u s- gearbeitet und übersandt und daß er, als Frankreich und R u ß l a n d zur Zeit des Burenkrieges an Deutschland mit dem Ansinnen herangetreteu, mit vereinten Drohungen Englands Politik zu durchkreuzen, er jede Einmischung rundweg abgelehnt habe. Man sieht, Kaiser Wilhelm hat da Aeußerungen gemacht, die zunächst dem Zwecke dienen sollten, England zu beweisen, welch wertvollen und aufrichtigen Freund

es in der Person des deutschen Kaisers habe. Nun kommt aber die Kehrseite der Medaille: In Frankreich und in Rußland sieht man in der Preisgabe des Geheimnisses, daß man Deutschland zu einer Aktion gegen England zu gewinnen versuchte, einen uner hörten Vertrauensbruch. In Deutschland ist man voll zorniger Erregung, daß Wilhelm II., als der Träger der Kaiserkrone, die deutsche Politik derart bloßgestellt, und in den Millionen Deutschen, die zu Zeiten des Burenkrieges gegen die Engländer als Unterdrücker

11
Zeitungen & Zeitschriften
Tiroler Land-Zeitung
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/OBEWO/1903/10_01_1903/OBEWO_1903_01_10_21_object_8027200.png
Seite 21 von 22
Datum: 10.01.1903
Umfang: 22
tonlos. — „Ich glaube, daß ich eifersüchtig bin auf deine Liebe, mein Junge. Ich kann mir gar nicht vorstellen, daß du mich verlassen könntest. Wir sind immer beieinander gewesen; es ist gerade, als wenn wir nie von einander könnten, mein Junge! Ich habe nie daran gedacht, dast es je geschehen könnte." „Das weist ich, Mutter." „Bist du heiser, Wilhelm? Nimm dich doch in Acht; es ist so zugig auf dem Platze. Ach, mein Junge, wer hat dich so lieb wie ich? Wenn ich dich missen müstte

, würde ich —" Wilhelm legte seine Hand auf der Mutter Mund und um faßte sie plötzlich stürmisch mit beiden Armen. Sein Haupt senkte sich auf ihre Schulter, und mit inniger Zärtlichkeit streichelte die alte Frau ihm Haar und Wangen. Als er sein Angesicht wieder erhob, war es bleich und ruhig; aber zwei große Tropfen glänzten im Lampenlicht. Die Mutter sah sie nicht. IV. „Und ich sage Euch, Frau Müller, dast es so ist und nicht anders," sagte eine der Nachbarinnen von Revers, während beide auf dem Höfchen

Seifenschaum an ihrer Schürze abgeputzt hat, und fährt fort: „Seht Ihr, Frau Müller, so ungefähr vor anderthalb Jahren habe ich es gemerkt, als Korbmachers Klärchen zurückkam." „Ei! Ei!" „Wilhelm Revers war früher so ein stiller Kamerad, nicht wahr?" „Nun ja." „Aber als Klärchen kam, war es gerade, als wenn er auf lebte, und ich Hab' oft gesehen, daß sie einander hier unten ab warteten. Jeder Mensch ist einmal jung gewesen, nicht wahr, Frau Müller! Also darüber nichts — ich sah ganz gut, wie sie einander

jedesmal so freundlich taten. Und Klärchen ist ein braves Mädchen — das ist sie, und es ist auch nicht das — (mit den Fingern schnalzend) darauf anzumerken." „Nein, da habt Ihr recht, es ist ein nettes, anständiges Mädchen." i . ' * | | i j : i [*( M „Nun also, das ist so, wie es ist; ich dachte bei mir selbst: die beiden werden ein Paar, und die Frau vom Korbmacher dachte es auch; sie sagte noch zu mir: Frau Müller — sagte sie — ich würde gar nichts dagegen haben, denn Wilhelm Revers

Zeit sehr herabgekömmen; vor zwei Monaten hatte sie so etwas wie einen Schlaganfall. Sie wird keine Ahnung da von Haben, daß ihr Sohn so viel von Klärchen hält. Es ist auch sonderbar von Wilhelm, daß er nicht redet, Frau Carels; man würde sagen: viel Liebe, wenig Lust! Nein, da war mein Hans zu seiner Zeit ganz anders; der hält' mich nicht laufen lassen, wenn er auch hundert Mütter gehabt hätte." „Das sagte ich von meinem Hubert auch noch neulich zu der Frau vom Korbmacher, als wir darauf

12
Zeitungen & Zeitschriften
Tiroler Post
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/TIPOS/1906/02_02_1906/TIPOS_1906_02_02_16_object_7994330.png
Seite 16 von 20
Datum: 02.02.1906
Umfang: 20
, unter halte dich .. . nicht immer ins Forsthaus... und nur ins ForsthauS hinauf. Em echter Lehrer gehört geradeso wie der Pfarrer ins Volk hinein... So hat es wenigstens dein Vater gehalten .." „Wie gerne möchte ich unter die Leute, hätte Wilhelm seiner Mutter sagen mögen, wie gerne möchte auch ich mit dir manchmal ein Stündlein verplaudern, aber —Finchen wartet. „Vielleicht werde ich bald unter die Leute gehen, Mutter," sagte Wilhelm, „vielleicht mehr, als dir lieb ist." Er dachte an seinen letzten

in Verbindung gebracht, die in letzterer Zeit über die Beilegung des Konfliktes mit Ungarn und der Krone und der ungarischen Koalition geführt werden. zusehen," fährt Wilhelm fort, „ich kann nicht dulden, daß die Eltern der mir anoertrauten Kinder verdorben werden und vielleicht die Kinder selbst auch. Ehe es soweit kommt, cruß ich diesem Treiben entgegentreten, weiß schon, von wo der Wind pfeift..." „Kind," sagte seine Mutter, „ich verstehe nicht, wovon du sprichst." „Lass' es einstweilen gut

sein, erwiderte Wilhelm, „wirst bald genug alles erfahren. Wird nicht lange mehr dauern, bis der Kampf losgeht.... Dann werde ich unter das Volk gehen, wie du meinst." Wilhelm reichte seiner Mutter die Hand. „Sei nicht böse, Mutter, wenn ich heute ins Forsthaus gehe. Sieh', der Schneefall hat auf gehört, es wird ein herrlicher Gang durch den Winterwald sein." „Nun, so gehe," sagte Frau Bräunig. Und Wilhelm ging. Frau Bräunig blickte ihm eine Weile durch das Fenster nach, dann wandte sie sich um und ein tiefer

, der die zartesten und duftigsten Blüten seiner Lyrik zeitigen sollte. Mit der Geliebten seines Herzens, Luise Wieathus-Fischer, gründete er in Koburg eine traute Häuslichkeit. 1826 über nahm er eine Professur der orientalischen Sprachen in Erlangen, 1841 berief ihn König Friedrich Wilhelm IV. in gleicher Eigenschaft nach Berlin. Anfang 1848 zog er sich auf seine ländliche Besitzung Neusetz zurück. Hier starb er nach einem glücklichen Lebensabend, den er mit vielseitigem poetischen Schaffen ausfüllte

, als, laste ein Ge heimnis auf seinem Herzen das nach Befrei ung rang. Sie merkte dies aus seiner Ver schlossenheit, seiner Niedergeschlagenheit und Einsilbigkeit, aus seinem ganzen Wesen. Wohl wußte Frau Bräunig, daß Wilhelm so ganz anders geraten, daß er mehr Jnnen- mensch war, der nicht so leicht seine Seele bloßlegte, der alles, Schmerz, Kummer, Sorgen, Freuden, ganz besonders seine Liebe in sich verbarg, aber ihrem Mutterauge war es doch nicht entgangen, daß es in seinem Innern stürmte

13
Zeitungen & Zeitschriften
Kitzbüheler Bezirks-Bote
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/ZDB-3077611-9/1900/19_08_1900/ZDB-3077611-9_1900_08_19_13_object_8415049.png
Seite 13 von 14
Datum: 19.08.1900
Umfang: 14
MIXex Cer. 3u unseren Bildern. Ike Äbsabrt des für Ghina bestimmten deutschen ^anzergeschwaders. Das für China bestimmte deutsche Panzergeschwader, bestehend aus den Linienschiffen „Kurfürst Friedrich Wilhelm" (Flaggschiff), „Brandenburg", „Weißenburg" und „Wörth" mit dem kleinen Kreuzer „Hela", verließ am Vormittag des 9. Juli den Kieler Hafen, um durch den Kaiser Wilhelm-Kanal die Fahrt anzutreten. Kaiser Wilhelm, wie Prinz und Prinzessin Heinrich beobachteten die Ausfahrt von Bord

des bisherigen Flaggschiffes des Ostseegeschwaders „Kaiser Wilhelm II." aus. Schon am frühen Morgen begann Kiels prächtiger Spazierweg, die Düsternbroker Allee, sich mit dichten Schaaren zu beleben, und nicht minder zahlreich war die Menge der Schaulustigen an der Holtenauer Schleuse und bei der Levens auer Hochbrücke des Kaiser Wilhelm-Kanals. In gemessenen Ab ständen von einander lagen die mächtigen Panzer auf der Föhrde, bis Punkt 8 Uhr sich das erste der nuelaufenden Schiffe, die „Hela", in Bewegung

setzie. Ihre Mannschaft sowie die der Schiffe, an denen die „Hela" vorbeisahren mußte, standen in Parade an Bord. Ein dreimaliges Hurrah brachte die Mannschaft der „Hela" ihrer seits aus, als sie das Kaiserschiff passirte, auf dessen Kommando brücke der Kaiser, die Hand salutirend an die Marinemütze gelegt, stand, neben ihm die Prinzessin Heinrich, hinter ihm der Prinz. In halbstündigen Pausen folgten nun die Linienschiffe „Wörth", „Weißenburg", Brandenburg" und „Kurfürst Friedrich Wilhelm", wobei

sich noch viele der Anwesenden zu retten, doch war dies nur Wenigen möglich. Zwar wurde versucht, die vier großen Schiffe sofort los zu machen und in den Hudsonfluß hineinzu schleppen. Indessen gelang es nur den Schnelldampfer „Kaiser Wilhelm der Große" ohne wesentlichen Schaden durch die über menschlichen Anstrengungen seines Kapitäns und seiner Mann schaft zu retten. Die Dampfer „Saale", „Main" und „Bremen" konnten nicht sofort losgemacht werden und blieben daher dem Ansturm des Feuers ausgesetzt

14
Zeitungen & Zeitschriften
Tiroler Post
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/TIPOS/1906/11_01_1906/TIPOS_1906_01_11_17_object_7994271.png
Seite 17 von 20
Datum: 11.01.1906
Umfang: 20
einbiegt, den Wilhelm wandert? Bald ist auch diese kleine Strecke zurückgelegt, hinter dem Schul lehrer versinkt der Wald, ein breiter Wiesenfleck vor ihm und drüben das Forsthaus. Wie ein Würfel hebt sich das ForsthauS von dem dunklen Grunde ab, den der hinter dem Haufe wieder ansteigende Wald bildet. Ein schmaler Pfad läuft gleich einem braunen Bande mitten durch den Wiesenfleck und bringt Wilhelm bis knapp an den kleinen Garten der um das HauS ein längliches Viereck bildet

natürlichen Laube zusammen gewachsen ist. Wilhelm tritt bis an die Gartentüre heran. Er ist entschlossen, heute mit Finchen zusammenzutreffen. Fest drückt er die Klinke nieder und befindet sich nun knapp vor der Eingangstür. Ehe er eintritt, hält er einen Augenblick an. Da klingt vom Blumengärtchen her in reichen sanften Tönen die Melodie eines Liedes an sein Ohr, er lauscht, bis das Lied zu Ende ist. Rasch schlägt er dann das Gebüsch auseinander, er kann sich nicht länger halten und drückt

sich, in seinem Ungestüm des Weges nicht achtend, durch, so daß er sich mitten im Garten befindet. „Aber, aber," dröhnt ihm eine tiefe, schwere Stimme jetzt entgegen, „Ihr tretet mir ja alle Blumen zusammen. Ist das auch eine Art!" Eine große Gestalt mit rotbraunem Barte, der bis zur Brustmitte reicht, mit einem Paar gutmütig blickender Augen — es ist Förster Frohberg — kommt auf ihn zu. „Verzeiht," entschuldigt sich Wilhelm etwas verwirrt und versucht ein paar zusammen - getretene Blumen wieder aufzurichten. „Laßt

entgegen. „Hält' Euch bald nicht erkannt." „Gott zum Gruße, Förster," begrüßt ihn Wilhelm und drückt ihm herzlich die dargebo tene Hand, und dann fügt er bei: „Ich wollt' nur ein wenig Nachfrage halten, wie es Euch und Finchen geht." „Schön, daß Ihr gekommen seid," sagte mit unverkennbarer Freude Frohberg. „Und dann wollte ich mich gleich als neuer Schullehrer von Mariensee vorstellen." „So?" erstaunte sich der Förster, „als Schullehrer? Wohl als Nachfolger Eures verstorbenen Vaters?" Wilhelm bejahte

. „War ein braver Mann, Euer verstorbener Vater, eine gute Seele. Hat etwas vom Fache verstanden. Hat erziehen können. Schad' um ihn. Denke oft an ihn. Haben manch vergnügtes Stündlein mitsammen verplaudert, manch Schöppchen mitsammen geleert. Denk' oft an ihn . . . war ein braver Mann." Wtlhem wurde es weich um das Herz, als der Förster so über seinen Vater sprach. Sie waren beide bei der Laube angekommen, wo Finchen saß und von wo Wilhelm vor einer Weile ihr Lied entgegeugeklungen war. Finchen richtete beim

15
Zeitungen & Zeitschriften
Tiroler Post
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/TIPOS/1906/11_01_1906/TIPOS_1906_01_11_18_object_7994272.png
Seite 18 von 20
Datum: 11.01.1906
Umfang: 20
ist? Unseres alten Schullehers Brüunig Sohn, Wilhelm. Weißt du, derselbe, der dich immer beim Zopfe riß, wenn ihr aus der Schule ginget." „ . . . und der mich immer beschützte, wenn mir seine Kameraden keine Ruhe gaben." Finchen stand auf, eine leichte Röte schoß ihr ins Gesicht, um ihre Lippen lief ein feines Beben, als erinnere sie sich an etwas — an die Szene, als Wilhelm in die Stadt mußte, um zu studieren, und er sie fragte, ob sie ihm gut sei. „Willkommen, Wilhelm," meint sie mit silberheller Stimme

, „willkommen nach so langer Zeit." Als Wilhelm seine Hand in die ihre legte, da fühlte er, wie diese zitterte. Bald saßen die drei im traulichen Gespräche beisammen. „Du warst so lange fort," nimmt Finchen das Wort. „Berta, deine Schwester, hat mir heute morgens, als ich mit dem Vater zur Kirche ging, erzählt, daß du nach Mariensee gekommen bist." „Vor zwei Jahren, als mein, Vater starb, war ich das letztem«! daheim," erwidert der Schullehrer. »Ja, ja, ich erinnere mich, dich damals gesehen zu haben. Zwei

Jahre! Ja, so lange bin ich schon blind." Wilhelm hörte, wie sich ein schwerer Seufzer aus der Brust des Försters rang. „Du Arme," bemitleidete er sie. „Arm? . . . nein, nein, gar so arm bin ich nicht," gegenredet ihm Finchen. „Ich bin ja sonst gesund und frisch. Ich füge mich in mein Geschick und glaube, daß ich doch noch einmal sehen werde. Ja, ja, Wilhelm, das hoffe ich. Und diese Hoffnung hält mich auf recht, läßt mich vergessen, daß ich ein blindes, unglückliches Geschöpf bin. Und dann arbeite

ich auch." „Du arbeitest?" fragt Wilhelm und blickte sie erstaunt an. „Ich müßte ja sonst vor Langweile sterben. Du weißt ja, daß ich die Blumen liebe. Ich beschäftige mich oft stundenlang mit meinen Blumen. Schwache Stückchen binde ich an kleine Hölzchen oder ich ordne die Beete. Und das ist meine größte Freude. Und wenn ich sie auch nicht, sehe, so fühle ich, daß sie gedeihen. Und habe ich sonst nichts anderes zu tun, so streif' ich durch den Wald. Ich seh' ihn nicht, kann mich an seiner Herrlichkeit nicht erfreuen

, aber ich höre die tausend Märchen, die der Wald sich erzählt. Siehst du, so vergesse ich alles." „Es ist ein Glück für die Arme, daß sie sich so dareinschickt," sagt jetzt der Förster, und ein eigener Glanz leuchtet aus seinen Augen. Wilhelm wußte im ersten Augenblicke nicht, was er sagen sollte. In seinem Innern be wunderte er Finchen, die mit einem solchen Heldenmute ihr Unglück ertrug. Sie kam ihm vor, wie ein Geschöpf aus einer andern Welt. Er hatte vor ihr niedersinken und ihr danken mögen

16
Zeitungen & Zeitschriften
Tiroler Post
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/TIPOS/1906/16_02_1906/TIPOS_1906_02_16_17_object_7994371.png
Seite 17 von 20
Datum: 16.02.1906
Umfang: 20
die Feilscher und Händler aus dem Tempel gejagt". „Herr Lehrer, Ihr wollt . . . ?" „Ich Will . . ich muß ..." kam es aus des Lehrers Munde und ein eigen Leuchten ging über sein Gesicht. Wilhelm war wie umgewandelt. Treu und gewissenhaft ging er seinen Pflichten als Lehrer nach. Nirgens und gegen niemand äußerte er sich weiter über sein Vorhaben. Eine stille Heiterkeit lag aus seinem Antlitze; er war lebens froher geworden, seitdem er in das Leben ge treten war. Oester denn je fand er sich im Gemeinde

- gasthause ein, ging unter das Volk, mischte sich in die Gespräche der Holzhauer und Wald arbeiter. Man staunte in Mariensee über den plötzlichen Sinnesumschlag des Lehrers, man weilte gerne in seiner Gesellschaft, man begann ihn ob seines einfachen leutseligen Umganges zu achten und zu lieben. Damit legte der Lehrer den Grund zu seiner Popularität. Frau Bräunig selbst konnte sich das Wesen ihres Sohnes gar nicht erklären. Was wohl der Grund seines plötzlichen Sinnesumschlages war? Wilhelm ging

nicht nur äußerst selten in das Forfthaus hinauf, weshalb sie zuversichtlich hoffte, daß sich Wilhelm auch bezüglich Finchens von einer Anschauung leiten lassen werde, die sich mit der ihrigen deckte. Seine frühere Gin Zspk für fchwerkranke Iln- peiivare in Tirol. Der Landesverband „Barmherzigkeit" hat das vom hochwürdigen Herrn Benefiziaten AloiS Brigl in Girlan erbaute und für wohl tätige Zwecke bestimmte „Jesuheim" erworben und geht nun daran, es zu einem Asyl für schwerkranke Unheilbare zu gestalten

nach der Verheiratung mit dem Schulgehifen Willner nach Sankt Oswald übersiedelte, wohin Willner als Schullehrer versetzt worden war. Droben im Forsthause war es, seitdem sich Wilhelm von Finchen losgerissen hatte, stille und einsam geworben. Das arme Mädchen empfand es doppelt schwer, daß der Schullehrer so selten hinkam, umsomehr, als sie sich an seine öfteren Gesuche gewöhm und sich auch jedesmal, wenn er ging, auf sein nächstes Kommen gefreut hatte. Wilhelm war ihr teuer und wert geworden, ihm konnte

sie bitterlich. Wie oft sehnte sie sich nach Wilhelm, denn war er bei ihr, dann war alles gut. Manchmal war es ihr, als müsse er kommen, jeden Augenblick zur Tür eintreten, mit hoch- Anfragen, Anmeldungen und Spenden find zu richten an den Landesverband „Barmherzig, keit" in Innsbruck. „Was habe ich doch für ein kostspieliges Vorurteil gehabt, dass ich erst jetzt Ceres-Speise-Fett (ans Kokosnüssen) in der Xüche verwende!“ So muss sich manche Hausfrau schon beim ersten Versuche, den sie damit macht, gestehen

17
Zeitungen & Zeitschriften
Tiroler Post
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/TIPOS/1903/13_05_1903/TIPOS_1903_05_13_1_object_7991665.png
Seite 1 von 8
Datum: 13.05.1903
Umfang: 8
" nicht, wie die sozialdemokratische „Volkszeitung", zu den „in kapitalskräftigen Kreisen gelesensten Blättern" gehört, und da hatte er Recht. Feuilleton. Kaiser Wilhelm in Monte Castno. „Nicht wie ein protestantischer König, sondern wie ein katholischer Imperator zog Kaiser Wilhelm II. in Rom ein", so berichten jubelnd deutsche Blätter. In der Tat, Kaiser Wilhelm hat etwas Ottonisches an sich. Er, der mächtigste Herrscher Europas, ist nach Rom gefahren zum Papste, der ihn herzlich ausgenommen hat. Ein Stück Mittelalter

um Be suche zu machen. Aber immerhin: Er zog nach Rom; der ultramontane Drang, der den Deutschen wesentlich ist — auch Goethe vermochte ihm nicht zu widerstehen — hat den mächtigen lutherischen Kaiser des mächtigen Deutschreichs nach Rom geführt. Hin zu Rom, so spricht die Fahrt des Repräsen tanten der deutschen Lutheraner, während hohlköpfige Windbeutel, die vom Wesen des Deutschtums keine Ahnung haben, ihr blödes „Los von Rom" durch die deutschen Gaue heulen. Kaiser Wilhelm II. zog wie ein katholischer

Imperator in die vatikanische Burg. Aber noch mehr als das: Kaiser Wilhelm stattete dem heiligen Berge am Garigliano, dem ehrwürdigen, durch die Geschichte und Kunst geweihten Heiligtume Benedikts Monte Casino einen Besuch ab. Der deutsche Kaiser bei den Benediktinermönchen von San Germano! Darüber allein ließe sich ein Buch von Betrachtungen schreiben. Hier hat 528 der heilige Benediktus von Nursia seine Heimstätte aufgeschlagen, hier steht die Wiege der katholischen Orden, wo einst ein Tempel

des Apollo und der Venus geweihten Haine Zeugen römischen Götzendienstes waren. Kaiser und Könige, Staatsmänner und Gelehrte, Fürsten der Kirch- und der Welt, waren hier in den Mauern des Erz klosters zu Gaste. Welche Traditionen! Und nun Kaiser Wilhelm II. mitten unter den Mönchen von Monte Casino! Beuron am Laacher See sah Kaiser Wilhelm schon in seinen Mauern. Es ist nur natürlich, daß er nun auch das ehr würdige Urkloster der Söhne des heiligen Benediktus besuchte. Wie Beuron, so ist auch Monte

19
Zeitungen & Zeitschriften
Tiroler Post
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/TIPOS/1906/20_04_1906/TIPOS_1906_04_20_16_object_7994562.png
Seite 16 von 20
Datum: 20.04.1906
Umfang: 20
Herrmann, der seit der glücklichen Wendung der Dinge in Mariensee wieder der alte geworden war und einen guten Teil des Weges mit Wilhelm und Finchen geplaudert hatte, ist ruhig geworden und lehnt behaglich in der einen Ecke des Wagens, während sich Wilhelm und Finchen dem wunderbaren Ein drücke hingeben, den diese Stunde in ihnen hervorruft. Stumm in die Betrachtung des herrlichen Landschastsbildes versunken, schweifen ihre Blicke über dasselbe hin und in jedem von beiden erwachen Erinnerungen

vor ihr. Der Wagen hält. Hurrah!- und Hoch!- Rufe brausen aus freudigen Kehlen ihnen jetzt entgegen und reißen sie aus ihren Sinnen. Der alte Pfarrer, welcher während der Fahrt eingenickt war, hebt erschrocken sein auf die Brust gesunkenes Haupt empor und blickt wie verwirrt um sich her. Wilhelm hört nicht die freudigen Zurufe, sieht nicht das Hut- und Tücherschwenken, aus allen den Vielen hat er sein Mütterlein zuerst herausgesehen. Finchen dagegen blickt wie scheu umher — es find lauter Fremde, die sie sieht

, die um sie her sind. Pfarrer Herrmann entsteigt als erster dem Wagen. Wilhelm hat sich erhoben, und so im Wagen stehend, über alle Anwesenden ragend, nimmt er die Begrüßungsworte des OrtSvorsteherS hin. In herzlichen Worten dankt er für den schönen Empfang und bringt dann, den Hut schwenkend, ein Hoch auf die Heimat aus, in das alle begeistert einstimmen. Dann entsteigt auch er dem Wagen und hilft Finchen auS demselben, die heute ob der glücklich gelungenen Operation Gegenstand gro ßer Neugierde

und Bewunderung ist. „Mutter!" „Mein Kind!" Lange lag Wilhelm in den Armen seiner Mutter. Und als er sich wieder aus ihren Armen gelöst hatte, führte er ihr, einen tiefen, innigen, wie bittenden Blick auf fie werfend, Finchen zu. Und die Mutter versteht diesen Blick und umarmt und küßt auch Finchen. Und nun drängen sich alle an Wilhelm heran und drücken ihm die Hand und be stürmen ihn mit Fragen und geben in herz lichen Worten ihre Freude über seine Heim kunft kund. Und dann geht es heim .... heim in daS neue

SchulhauS ... in ein neues Leben. Und als der Abend niederfinlt, da nimmt Wilhelm Finchen bei der Hand und führt fie hinaus vor den Ort, die Höhe hinan, wo er so oft und so gerne geweilt, wenn er in das Forsthaus hinaufgewandert war. Dort stehen nun beide und blicken auf ihre Heimat nieder, schweigend, mit trunkenen Augen und selig- keitSdurchwobenem, andachtsvollem Herzen. Er hat seinen Arm zärtlich um ihren Leib ge schlungen, sie hat ihr Köpfchen an seine Brust geschmiegt. So stehen sie lange, lange

20
Zeitungen & Zeitschriften
Tiroler Post
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/TIPOS/1906/05_01_1906/TIPOS_1906_01_05_9_object_7994247.png
Seite 9 von 16
Datum: 05.01.1906
Umfang: 16
Streben, neuen Zielen zu begeistern. Wilhelm stieg wieder hinab ins Gärtchen vor dem Hause, wo bereits der Tisch gedeckt war und aus weißen Kannen und Schalen der Kaffee dampfte. „Sag, Wilhelm, hast du heute noch etwas vor?" fragte ihn die Mutter, nachdem sie den Kaffee eingenommen hatten. Wilhelm verneinte. „Hast recht! Ruh' dich aus von der Reise. Können uns mittlerweile tüchtig ausplaudern," fiel seine Schwester ein, „wir haben dich ja ohnedies solange nickt gehabt." „Du?" wendet sich Frau Bräunig

an das Mädchen, „ich dächte doch, du hättest dich mit Herrn Willner versprochen, einen Spaziergang zu machen. Die Schule wird ja bald zu Ende sein." Und zu Wilhelm gewendet meinte sie: «Herr Willner, unser Schulgehilfe, ist ihr Bräutigam." „Ei ei, seht einmal Schwester Berta an!" sagte dieser lächelnd, „also verliebt? . .. oder gar schon verlobt?" Berta errötete leicht. „Er ist ein guter, braver Junge," bestätigte die Mutter. „Ich freue mich, seine Bekanntschaft zu machen," entgegnete Wilhelm und meinte

er sich dem neuen Schulmeister vor, welcher ihn herzlich begrüßte. Während nun Berta sich für den beschlossenen Spaziergang zurecht machte, besprachen die beiden Lehrer einige sie interessierende Standesfragen. Bald darauf kam Berta. „Wir werden uns tüchtig ins Zeug legen," meinte Wilhelm zu Willner und schüttelte kräftig seine Rechte, „um aus den uns anver trauten Kindern tüchtige Menschen, gute Staats bürger zu machen. Wir werden noch weiter darüber reden." Frau Bräunig und ihr Sohn waren nun allein. „Sag

', Wilhelm," nahm seine Mutter das Den ersten Vortrag hielt der Abgeordnete Dr. Schöpfer, der die Frage beantwortete, ob die Politik die Bauern etwas angehe und sie sich darum kümmern sollen. Er zeigte aus einer Menge von Beispielen (Grundsteuer, Hausklaffensteuer, Petroleumsteuer, Salzpreise, Eisenzölle, Bodenverschuldung rc.), daß in der Politik die wichtigsten bäuerlichen Angelegen heiten behandelt und darüber Gesetze beschlossen werden. Bei allen angeführten und vielen anderen Gegenständen sei

in Ordnung zu kommen." „Wird Willner hier bleiben?" frug Frau Bräunig etwas besorgt, „der Arme ist ganz weg, seitdenl er erfahren, daß du hier Schul leiter wurdest." „Weshalb?" frug Wilhelm. „Weil er nun fort muß von hier." „Wir werden ja sehen. Vielleicht setze ich durch, daß er hier bleibt." „Er, Berta und nicht zuletzt ich wären dir vom Herzen dankbar." Draußen auf der Straße, hart am Garten zaun vorbei, ging ein kleiner buckliger Mann

21