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Sterne und Blumen
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Seite 2 von 8
Datum: 10.10.1915
Umfang: 8
Burg Hohenzollern. (Jum 500;ährigen KohenzoLkern-Jubtkäum 1915.) (Nachdruck verboten.) n der großen Zeit des gewaltigsten Völkerringens, das die Welt je gesehen, kann das Haus Hohen- zollern ein denkwürdiges Zubiläum feiern. Es war im Zahre (4((5, als der zollernsche Burggraf Friedrich VI. in den Besitz der Mark Brandenburg gelangte, die ihm Kaiser Sigismund aus Dankbarkeit und Hochachtung klamation des neuen deutschen Reiches. Bis zum Zahre (888 stand Kaiser Wilhelm I. an der Spitze

der Regierung; dann bestieg sein Söhn Friedrich als schwer leidender den Thron, um ihn bereits nach drei Monaten seinem ältesten Sohne ein zuräumen, der als wilhem II. fortfährt, über die Macht und Größe des Reiches zu wachen, und den ein ganzes Volk in Oie vurg hohenrollern. zuwendete. Die Grundlage zur Macht und Größe des Hohen- zollern-Geschlechtes in Brandenburg legte Friedrich Wilhelm, der große Kurfürst ((64(0—(688), dessen Sohn Kurfürst Friedrich III. am (8. Januar (70( in Königsberg zum König

von Preußen gekrönt wurde. Friedrich, der erste König Preußens, starb im Zahre (7(3, und es folgte König Friedrich Wilhelm I., der Soldatenkönig und einzige Sohn Fried richs I., der bis zum Zahre (74(0 regierte. Unter König Friedrich II. ((74(0—(786) wurde dem Lande unter anderem das Herzogtum Schlesien mit der Grafschaft Glatz einverleibt. Auch Friedrich Wilhelm II. ((786—(797) und Friedrich Wilhelm III. ((797—(84(0) sorgten nach Kräften für die Weiterentwickelung des Landes. Der Sohn Friedrich Wil helms

III., Friedrich Wilhelm IV., gab dem Land eine neue Verfassung. Zm Zahre (857 erkrankte er an einem Gehirn- leiden, und da er selbst kinderlos war, übertrug er die oberste Leitung der Staatsgeschäfte seinem Bruder, dem Prinzen Wilhelm von Preußen. Am (8. Oktober (86( wurde Wil helm I. in Königsberg zum König von Preußen gekrönt, und am ( 9 . Dezember (870 erklärte er sich zur Annahme der deutschen Kaiserwürde bereit. Zn dem prunkvollen Königs schlosse zu Versailles erfolgte am (8. Januar

|: wiederum ziemlich verfallen, und erst Friedrich Wilhelm IV. 8 von Preußen ließ sie wieder nach dem alten Grundriß auf bauen. Mit ihren Zinnen, Erkern und Türmen gewährt der festungsartige, auf der Spitze des Berges weithin sichtbare Bau einen reizvollen, interessanten Anblick.

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Kitzbüheler Bezirks-Bote
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Seite 10 von 16
Datum: 11.09.1910
Umfang: 16
Trinkgeld, däs die Damen ihm vorweg gegeben, genügte zu einem Leben voller Wonne für ihn, zu reich lichen Quantitäten Brannttvein. Und die Hoffnung auf die große Summe Geldes, die ihm ja sicher war, erfüllte ihn mit der Freude, die eben nur ein Bettler empfinden kann, der auf der Straße einen Beutel Goldes findet. In dem Gefühl der zu erwartenden Wohlhabenheit wagte Janson, sein Inkognito öfter als sonst abzulegen und sich ohne Maske dreist in das Menschengewühl zu mengen. Da sah Wilhelm Griep

ihn denn an einem Sonntag abend stark angetrunken in einem vielbesuchten Vergnügungs lokal in Gemeinschaft einiger jener Großstadltypen, die der Kenner meist nicht verkennt und die dem allzu arglosen Provinzler gefährlich zu werden pflegen. Ganz unauffällig nähert er sich der Gruppe, die ein recht lebhaftes Gespräch über das nahe bevorstehende Schützenfest führt, von dem man sich gute Beute verspricht. Wilhelm vertieft sich scheinbar in eins der fettigen Witzblätter, die da herumliegen und läßt die Leute

, die ihm übrigens auch gar feine Beachtung weiter schenken, sein Gesicht nicht erkennen. „Na, Schlüsserl, du wirst heim müssen, sonst beginnt das gefährliche Quasselstadium wieder bei dir," spricht der eine. „Bitte, ich rede nie ein unbedachtes Wort," lallte Janson, der mit „Schlüsserl" also gemeint ist. Dennoch fügt er sich und wankt in Begleitung zweier Kerle aus dem Lokal. Ganz wie zufällig erhebt sich auch Wilhelm, um den dreien in einiger Entfernung zu folgen. Wohin deren Weg führen würde, hatte er recht

wohl geahnt, nämlich in den berüchtigtsten, fast nur vom Abschaum der Menschheit bewohnten „Stadtteil der Schande", wie er im wahrsten Sinne des Wortes genannt wurde. Mord und Totschlag, Ueberfälle und Gewalttätigkeiten waren da nichts Seltenes. Es gehörte immerhin ein Teil Courage dazu, in dieser späten Stunde den drei Kerlen dorthin zu folgen. Aber ein kühnes Herz hatte Wilhelm ja vom Vater, für den er alles tun mußte, geerbt. Schon als junger Bursche scheute er kein Nonkontre mit Wilderern

sind. Hier eine Rauferei mit großem Radau, da weiter ab eine Messerstecherei. Und nirgend sieht Wilhelm einen Polizisten. Hier ladet man ihn höflich ein, in einem der Kelter das größte Wunder der Neuzeit anzustaunen, dort droht ihm ein Trunkener mit der Schnapsflasche. Sicher und furchtlos schreitet er weiter, immer die drei Leute im Auge behaltend. Nun biegen dieselben in eine noch unheimlichere, kotige und moderige Seitengasse sin, in der kein Licht leuchtet. Hätte Janson nicht das große Wort geführt

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 12 von 16
Datum: 27.04.1912
Umfang: 16
. Im mer und überall, wo sie sich sehen ließ, wich man halb scheu, halb bewundernd vor ihr zurück und schaute der stattlichen, weitaus schreitenden Gestalt nach, die so sicher, so selbstbewußt durch die Straßen schritt. Jeder im kleinen Fabrikort kannte sie; ob reich oder arm, vor Marie Förster, der Frau des Arbeiters Karl Wilhelm Förster, neigte sich feder. Der Mann verdiente mit seiner Hände Arbeit in der großen Fabrik gerade eben das Notdürf tigste für seiner Familie Unterhalt und seine Frau tat

du, Marie?" fragte ihr Mann. „Es ist ein Brief gekommen, Wilhelm!" entgeg- nete sie. „Von wem?" „Von meinem Kind — — —" Der Mann stöhnte auf. Er wußte alles. Nichts hatte sie ihm damals verschwiegen, offen und ehr lich alles gestanden. Genau so war es ihr gegan gen, wie so vielen armen Mädchen in der Stadt, die mit kargem Lohn, der ihnen das Notwendigste nicht gibt, sich durch das harte Leben bringen sollen. Ein sunger Mann hatte sich ihr genaht, viele Verspre chungen waren über seine Lippen gekommen

!" hatte sie dabei gesagt. Und nun war das Wort der Verzweifelten wahr geworden. Wahr, wie alles, was das harte Leben gibt und lehrt. Als Karl Wilhelm Förster mit seinen ehrlichen braunen Augen um sie anhielt, hatte sie ihm alles offenbart. „Das ist vorbei, Marie!" hatte er ruhig ent gegnet. „Nicht ganz, Wilhelm! Das Kind lebt!" „Aber nicht für dich — für — — den — an dern — —" „Aber wenn der Tag käme, wo es sich an mich, an seine Mutter, wendete — —" „Dann — — fa dann — —" Karl Wilhelm Förster hatte den Satz

— entreißen ließ — — Ich habe niemand sonst auf der ganzen, weiten Welt, der sich des Kin des annähme — —" So stand in den: Brief. Und ruhig und bedäch tig, wie es seine Art war, hatte Karl Wilhelm För ster jedes Wort gelesen. „Was wirst du tun, Marie?" fragte er. Da war über die düsteren Züge der Frau ein Sonnenstrahl gehuscht; ihre Gestalt, die seit dem Empfang des Briefes ganz in sich zusammengesunken war, hatte sich aufgerichtet und langsam und fest hatte sie. ent gegnet: „Das Kind holen, Wilhelm

!" Karl Wilhelm Förster aber hatte sein tapferes Weib an sich gezogen und es schweigend geküßt. Sie holte den Knaben. Schon zwei Tage danach war sie mit ihm wieder da. Ein feines, zierliches Kind, blauäugig und blondlockig, so stand der Knabe, der Reinhold hieß, vor dem erwartungsvoll dreinschauenden Karl Wilhelm Förster. „Willst du bei uns bleiben, Reinhold?" fragte er. Scheu und schüchtern sah sich der Knabe in dem bescheidenen Zimmer um. „Hier?" fragte er und aus seinen Zügen sprach eine geheime

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Unterinntaler Bote
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Seite 11 von 20
Datum: 01.11.1913
Umfang: 20
er. „Sie sind ruiniert! Ist das das Schlimmste, was Sie mir zu sagen haben?" fragte Griffiths mit durchbohrendem Blicke, und der Aktienhändler fühlte, daß er alles wußte. „Ich bin sehr unglücklich gewesen — und sehr tadelns wert," sagte Barly, „schrecklich tadelnswert. Herr Griffiths, ich kann nur auf Ihre Milde vertrauen." „Meine Milde! Mein Erbarmen! Ich bin kein Menschenfreund!" rief Wilhelm wild, „ich bin ein Ge schäftsmann, und Sie haben mich betrogen!" „Herr," sagte der Aktienhändler

, welcher in diesem schlimmsten Augenblicke etwas Mut fand, „Sie verweigerten mir mein eigenes Geld; ich benutzte eine Ihnen gehörige Summe, um mich bei diesem .unglücklichen Unternehmen zu beteiligen. Gott weiß, daß es nicht wegen mir geschah, sondern wegen — wegen anderer; und ich glaubte, es bald zurückzuerstatten. Sie können jetzt unser Geld einbehalten. Sie können mich in das Gefängnis bringen, wenn Sie wollen. Ich — ich bin auf alles gefaßt. O meine Bella, meine arme Bella! Meine armen Mädchen!" Wilhelm

. Die Welt ist hart gegen die Unglücklichen, aber Barly war zu niedergeschlagen und teil nahmslos, um Bitterkeit gegen die Welt zu fühlen. Wilhelm verurteilte in tatkräftiger Jugend das Ge schehene härter als der unglückliche Schuldige, welcher in unüberlegter Schwäche gehandelt. „Wie konnten Sie das tun?" rief der junge Mann ent rüstet, indem er in schneller, plumper Weise in: Zimmer auf und ab ging und dabei an Tische und Stühle stieß. „Wie konnten Sie das tun?" wiederholte er. „Ich erfuhr es gestern

zufällig. Was ich Ihnen sagen kann, muß Ihnen Ihr Gewissen schon gesagt haben. Wie konnten Sie es tun?" Wilhelm blieb vor Zorn am Fenster stehen. Trotz seiner Wildheit und seines Grimmes tat ihm der arme, schwache alte Mann leid, dessen Schicksal er in der Hand hielt. Draußen war die Rosenpracht des Gartens; der von Barly abgebrochene Zweig lag auf dem Kieswege — ein paar Rosen aus den Hunderten, welche auf ihren kräftigen Stän:n:en aufbrachen, blühten und welkten. Der Rosen zweig glich dem Unrechte

gerechtfertigt vor uns nach Hause?" Der arme Wilhelm war seiner Belinda nicht weniger würdig, weil er bei dem Gedanken an sie errötete, sanfter blickte und Beschämung wegen seiner giinstigen Verhältnisse und seines hohen Ansehens fühlte. Wann war er in Ver suchung gewesen? War er nicht im Reichtum geboren? Und doch besaß der alte Barly in seiner Not einen Schatz, für welchen Wilhelm gern sein Veruiögen, sein Ansehen, alle seine Rosen und — was mehr wert war — seines Herzens treue Ergebenheit angeboten hätte

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Lienzer Nachrichten
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Seite 1 von 12
Datum: 29.01.1915
Umfang: 12
weniger als Jahresfrist, im Spät winter 1914, stand am unteren Stadtplatz an Me Hausmauer sich nachlässig lehnend, ein jugendlicher Arbeiter, Wilhelm mit Namen. Es mar ein Werktag, Montag, um die Mittag stunde. Wilhelm trug aber Feierlagskleider. Das Gesicht war finster, sein Blick trüb und Zeigte inneren Schmerz. Wie zufällig — es gibt aber keinen Zu- fall kommt der Präses des Jugendhortes an diese Stelle, sieht den jungen Mann und erkennt sofort: Da ist etwas nicht in Ord nung. Der Wilhelm

- kampfschiffe der beiden Seemächte, vor allem jene Deutschlands, waren bis dahin noch nicht in Tätig keit getreten und so konnten englische Großsprecher noch immer sich der Ucberlegenheit ihrer Flotte gegenüber der deutschen Seemacht rüsten und höhnen, daß sich letzteres nicht getraue, sich zum Kampfe Zu stellen und sich lieber aus Furcht vor der englischen Flotte verkrieche. zu erzählen, Wilhelm sei ein Spieler gewor den; er sei fast immer in einer verrufenen Kegelbahn. Die Erkundigungen ergaben

, daß dies leider auf Wahrheit beruhte. Wie ent setzlich der jugendliche Arbeiter jedoch in die ser Spielhölle von der Leidenschaft gefesselt war, das sollte dieser Tag zeigen. Wilhelm schien überrascht, als er den Hortleiter auf ihn zukommen sah. Er konn te und wollte auch vielleicht nicht mehr ent weichen. „Wilhelm, wie geht es?" Keine Antwort. „Haft du heute Feiertag? Keine Antwort. Die Augen blickten noch finsterer auf den Boden. „Hat dich der Meister entlassen?" „Nein, ich bin selbst gegangen." „Warum

, war, daß Wilhelm versprach, heute noch nicht von Lienz sortzugehen. So schieden sie voneinander; Wilhelm kaum freundlicher als vor dem Zusammentreffen. Nachmittags suchte der Hortleiter so fort die Wohnung des Meisters auf, um sich dort zu erkundigen. Der Meister hatte keine Ahnung gehabt, wo Wilhelm war und wollte soeben gehen, um Erkundigungen einzuziehen. Er war froh, von Wilhelm etwas zu hören,

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Tiroler Land-Zeitung
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Seite 16 von 18
Datum: 19.06.1914
Umfang: 18
. Wilhelm jedoch, der sich aus dem Wagen beugte, sah im Vorüberfahren, wie die Büsche sich teilten und Eduard den Kopf daraus hervorstreckte. Derselbe drückte die Lippen zusammen und riß sie wieder auseinander, wie man wohl zu tun pflegt, wenn man einen Kuß in die Ferne senden will. Wilhelm aber verstand ihn besser: das Zeichen bedeutete ein B. den Anfangsbuchstaben des Namens, den sie sich zum Losungswort erkoren hatten. Schöne Stunde, wirst du jemals wieder kehren, durch den nie veraltenden Zauber

dieses Namens heraufbeschworen? Zugleich aber war Wilhelm noch Augen zeuge eines weiteren Schauspiels geworden. In der Lücke des Gebüsches war eine lange, knöcherne Hand erschienen, die dem armen Eduard eine wohlbemessene Ohrfeige gab. Der Wagen war längst vorbeigerollt, und Wilhelm lehnte schwermütig wieder in sei ner Ecke. Er gedachte der arithmetischen Genauigkeit seines Freundes, und bange Ahnungen erfüllten seine treue Seele. Ob sein Vater die Erscheinung gleichfalls ge sehen habe, wußte

, das ihm von der künstleri schen Bearbeitung durch die Ferne keinen Begriff gab, und mit einer Beschreibung, an die er nicht denken konnte, ohne daß ihm ein Stich durch das Herz ging. Inzwischen brachte er den ersten AbeUd, den er wieder im häuslichen Kreise verlebte, so heiter zu, als seine Erschöpfung von der Reise es nur gestatten wollte. Er mußte seiner Frau von dem glücklichen Examen, das Wilhelm gemacht, ifrfF von der schmei chelhaften Aufnahme bei den Verwandten in der Residenz so viel erzählen

sich denken, daß der Vater jetzt zur Mutter hinabgehen werde, um feilt gepreß tes, gekränktes Herz bei ihr auszuleeren. Wilhelm konnte der Versuchung nicht widerstehen, sich zu vergewissern, wie der Pfarrer von B... bürg in der sonst von beiden Seiten jeden Morgen so sehnlich er warteten optischen Begrüßungsstunde sich verhalte. Er holte daher das Fernrohr und blickte hinab. Der Pfarrer von B ... bnrg stand so gleich mütig wie immer an seinem Fenster und sah herauf, als wenn nichts vorgesallen wäre

. Bei näherer Rekognoszierung entdeckte Wilhelm jedoch, daß der Wegelagerer an seinem Fernrohr eine sonderbare Vorrich tung angebracht hatte, welche an der einen Seite ein gutes Stück weit über dasselbe herausragte. Wilhelm sah genauer hin und zerbrach sich den Kopf, doch wurde er seiner Sache inimer gewisser und konnte zuletzt nicht mehr zweifeln, daß es ein — Scheu leder war. Er hatte Verstand genug, um sich zu sagen, daß niemand im Ernste daran denken könne, einem Fernrohr durch eiu,r Augenklappe

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Außferner Zeitung
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Seite 27 von 32
Datum: 25.10.1913
Umfang: 32
er. „Sie sind ruiniert! Ist das das Schlimmste, was Sic mir zu sagen haben?" fragte Grifsiths mit durchbohrendein Blicke, und der Aktienhändler fühlte, daß er alles wußte. »Ich bin sehr unglücklich gewesen — und sehr tadelns wert," sagte Barly, „schrecklich tadelnswert. Herr Grifsiths, ich kann nur aus Ihre Milde vertrauen." „Meine Milde! Mein Erbarmen! Ich bin kein Menschenfreund!" rief Wilhelm wild, „ich bin ein Ge schäftsmann, und Sie haben mich betrogen!" ..Herr," sagte der Aktienhändler

, welcher in diesem schlimmsten Augenblicke etwas Mut fand, „Sie verweigerten mir mein eigenes Geld; ich benutzte eine Ihnen gehörige Lumme, um mich bei diesem unglücklichen Unternehmen zu beteiligen. Gott weiß, daß es nicht wegen mir geschah, sondern wegen — wegen anderer; und ich glaubte, es bald zurückzuerstatten. Sie können jetzt unser Geld einbehalten. Sie können mich in das Gefängnis bringen, wenn Sie wollen. Ich — ich bin auf alles gefaßt. O meine Bella, meine arme Bella! Meine armen Mädchen!" Wilhelm hatte schweigend

gegen die Unglücklichen, aber Barly war zu niedergeschlagen und teil nahmslos, um Bitterkeit gegen die Welt zu fühlen. Wilhelm verurteilte in tatkräftiger Jugend das Ge schehene härter als der unglückliche Schuldige, welcher in unüberlegter Schwäche gehandelt. „Wie konnten Sie das tun?" rief der junge Mann ent rüstet, indem er in schneller, plumper Weise im Zimmer aus und ab ging und dabei an Tische und Stühle stieß. »Wie konnten Sie das tun?" wiederholte er. „Ich erfuhr es gestern zufällig. Was ich Ihnen sagen

kann, muß Ihnen >U)r Gewissen schon gesagt haben. Wie konnten Sie es tun?" . Wilhelm blieb vor Zorn am Fenster stehen. Trotz seiner Wildheit und seines Grimmes tat ihm der arme, schwache alte Mann leid, dessen Schicksal er in der Hand hielt. Draußen war die Rosenpracht des Gartens; der von Barly abgebrochene Zweig lag aus dem Kieswege — ein püar Rosen aus den Hunderten, welche auf ihren kräftigen Stämmen aufbrachen, blühten und welkten. Der Rosen zweig glich dem Unrechte, welches Barly seinem Verwandten

zugefügt — ein kleiner Verlust bei großem Reichtum. Wilhelm blickte vom Fenster weg und sah zufällig int Spiegel seine eigene kräftige, breite Gestalt mit glänzenden, weißen Zähnen und schwarzem, buschigem Haar neben dem zitternden, grauen, alten Mann. Fühlt man sich llicht manch mal int Leben angesichts der Unglücklichen und Kummer vollen beschämt? Sind wir mit der Schaustellung unserer Tugend auf dem Markte Pharisäer und fragen wir uns verzagt: „Geht dieser Mann gerechtfertigt vor uns nach Hause

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Tiroler Post
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Seite 15 von 20
Datum: 31.10.1913
Umfang: 20
." „Meine Milde! Mein Erbarmen! Ich bin kein Menschenfreund!" ries Wilhelm wild, „ich bin ein Ge schäftsmann, und Sie haben mich betrogen!" ..Herr," sagte der Aktienhändler, welcher in diesen! schlimmsten Augenblicke etwas Mut fand, „Sie verweigerten mir mein eigenes Geld; ich benutzte eine Ihnen gehörige Summe, um mich bei diesem unglücklichen Unternehmen zu beteiligen. Gott weiß, daß es nicht wegen mir geschah, sondern wegen — wegen anderer; und ich glaubte, es bald zurückzuerstatten

. Sie können jetzt unser Geld einbehalten. Sie können mich in das Gefängnis bringen, wenn Sie wollen. Ich — ich bin auf alles gefaßt. O meine Bella, meine arme Bella! Meine armen Mädchen!" Wilhelm hatte schweigend zugehört. Er winkte Herrn Barly, ihm in die Bibliothek zu folgen. Barly folgte ihm und wartete demütig auf sein Urteil. Er stand im vollen Sonnenlichte, welches durch das Fenster strömte. Sein halbkahler Kopf war gebeugt und sein Haar stand im Sonnenschein zu Berge. Seine Augen vermieden das Licht und irrten

über die Eiseneinsassung des Kamins und über das Holzwerk des Zimmers. Er war entehrt — ja. Bankerott — ja. Sein sechzigstes Lebensjahr hatte ihn in diese Schande und Not gebracht. Die Welt ist hart gegen die unglücklichen, aber Barly war zu niedergeschlagen und teil nahmslos, um Bitterkeit gegen die Welt zu fühlen. Wilhelm verurteilte in tatkräftiger Jugend das Ge lächene härter als der unglückliche Schuldige, welcher in unüberlegter Schwäche gehandelt. ...«Wie konnten Sie das tun?" rief der junge Mann ent rüstet

, indem er in schneller, plumper Weise im Zimmer auf und ab ging und dabei an Tische und Stühle stieß. «Wie konnten Sie das tun?" wiederholte er. „Ich erfuhr E gestern zufällig. Was ich Ihnen sagen kann, muß Ihnen Zw Gewissen schon gesagt haben. Wie konnten Sie es tun?" Wilhelm blieb vor Zorn am Fenster stehen. Trotz mner Wildheit und seines Grimmes tat ihm der arme, Mache alte Mann leid, dessen ^Schicksal er in der Hand hielt. Draußen war die Rosenpracht des Gartens; der .von oarly abgebrochene Zweig lag

auf dem Kieswege —_ ein Rosen aus den Hunderten, welche auf ihren kräftigen Stämmen aufbrachen, blühten und Melkten. Der Rosen zweig glich dein Unrechte, welches Barly seinem Verwandten zugefügt — ein kleiner Verlust'bei großem Reichtum. Wilhelm blickte vom Fenster weg und sah zufällig im Spiegel seine eigene kräftige, breite Gestalt mit glänzenden, weißen Zähnen und schwarzem, buschigem Haar neben deru zitternden, graüen, alten Mann. Fühlt man-sich nicht manch mal im Leben angesichts der Unglücklichen

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Außferner Zeitung
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Seite 14 von 20
Datum: 18.10.1913
Umfang: 20
, um uns zu besuchen. Ich sage aus Gewohnheit der „junge" Herr Griffiths, obgleich er jetzt Wohl über dreißig Jahre alt fein mag und sein Vater vor zehn Jahren starb. Als ich bei einem Windstoß und Regen die Tür öffnete, sah ich, daß Wilhelm Griffiths mit bloßem Kopf im Regen stand und in jener Winternacht die Klingel zog. „Sie sind noch auf?" fragte er. „Ich flehe Sie an, kommen Sie zu meiner Mutter! Sie liegt in einer Ohn macht; ihre Kammerjungfer ist weggegangen und der Arzt kommt noch nicht. Ich dachte

, Sie würden Hilfe wissen." Und dann zeigte er den Weg durch den dunkeln Garten, indem er mir voräuseilte. Als ich die arme Dame sah, wußte ich, daß sie keine Ohn macht hatte, sondern einen Schlaganfall, von welchem sie sich vielleicht erholen würde; ich konnte es nicht vorher sagen. Für den Augenblick war wenig zu tun; die Dienstmädchen waren jung und erschrocken; der arme Wilhelm bedurfte Worte des Trostes und der Ermutigung. Insofern konnte ich nützlich sein. Wir bracht.en die Frau zu Bett und nahmen

ihren Putz ab; sie war in einer Abendgesellschaft gewesen und gleich nach ihrer Rückkehr umgefallen; Wilhelm hatte sie sprach los im Bibliothekzimmer gefunden. Erschrocken und niedergeschlagen suchte der junge Mann uns behilflich zu sein; aber er war so nervös, daß er über uns stolperte, die Stühle und Flaschen umwarf und nichts leisten konnte. Sein gutmütiges rundes Gesicht war bleich, und aus seinen Augen sprach die Angst. Ich war gerührt über die Bestürzung des jungen Mannes, denn Frau Griffiths

Heller, vergraben es, gehen ihrer Wege und überlassen ihren Wohltäter bettelarm seinem Schicksal. Wilhelm hatte solche Summen per Liebe nie sein nennen können. Die arme Frau Julie Griffiths schenkte alles, was sie zu geben hatte, den besten Teil ihres geringen Liebevorrats dem Gatten, welcher sie nicht liebte, und ihrem zweiten Sohne, dessen ganzes Leben ein Kummer für seine Eltern gewesen. Als er starb, konnte sie es dem armen Wilhelm nie vergeben, daß er am Leben blieb und seines Vaters Freund

, seine rechte Hand und einziger Erbe war. Der verstorbene Hugo hatte eine wahre Mutter an ihr gehabt; Wilhelm, welcher lebte und ihren Befehlen geduldig nachkam, war stiefmütterlich von ihr behandelt worden; je doch hätte die opferfähigste Mutter nicht aufmerksamer von ihrem Sohne behandelt werden können. Bei größerer Liebe zu ihr und größerer Einigkeit mit ihr wäre seine bange Be trübnis jetzt vielleicht geringer gewesen, und er hätte den Anblick ihres Leidens, ihres Kampfes gegen die Ohnmacht besser

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Außferner Zeitung
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Seite 1 von 20
Datum: 30.01.1915
Umfang: 20
Feuilleton. Die jugendlichen Arbeiter und die Spielsucht. Eine wahre Geschichte aus Lienz. Bon weniger als Jahresfrist, .im Spät winter 1914, stand am unteren Stadtplatz an eine Hausmauer sich nachlässig lehnend, ein jugendlicher Arbeiter. Wilhelm mit Namen. Es war ein Werktag, Montag, um die Mittag stunde. Wilhelm trug aber Feiertagskleider. Das Gesicht war finster, sein Blick trüb und zeigte inneren Schmerz. Wie zufällig — es gibt aber keinen Zu fall — kommt der Präses des Jugendhortes an diese Stelle

, sieht den jungen Mann und erkennt fofort: Da ist etwas nicht in Ord nung. Der Wilhelm ist ihm wohlbekannt. Er ist Mitglied des Jugendhortes und hotte dort wegen seiner Mangel- und fehlerhasten Jugenderziehung dem Präses viel Arbeit, Kummer und Sorge, aber auch Freude ge macht. Seit Monaten jedoch war er nicht mehr erschienen. Die Hortmitglieder wußten Flotten stattgefunden. Der durch die Erkundungs fahrt eines größeren englischen Geschwaders in der Nähe von Helgoland am 28. August des Vorjahres

werden, da auch sie nicht die Bestimmung hatten, die feindlichen Seestreitkräfte aufzumchen und sich ibnen im Kampfe zu stellen. Die Groß kampfschiffe der beiden Seemächte, vor allem jene Deutschlands, waren bis dahin noch nicht in Tätig keit getreten und so konnten englische Großsprecher noch immer sich der Ueberlegenheit ihrer Flotte gegenüber der deutschen Seemacht rüsten und böbnen. daß sich letzteres nicht getraue, sich zum Kampfe zu stellen und sich lieber aus Furcht vor der englischen Flotte verkrieche. zu erzählen, Wilhelm

sei ein Spieler gewor den; er sei fast immer in einer verrufenen Kegelbahn. Die Erkundigungen ergaben, daß dies leider auf Wahrheit beruhte. Wie ent setzlich der jugendliche Arbeiter iedoch in die ser Spielhölle von der Leidenschaft gefesselt war, das sollte dieser Tag zeigen. Wilhelm schien überrascht, als er den Hortleiter auf ihn zukommen sah. Er konn te und wollte auch vielleicht nicht mehr ent weichen. „Wilhelm, wie geht es?" Keine Antwort. „Hast du heute Feiertag? Keine Antwort. Die Augen

verborgen lag. Das mußte heraus, sonst war eine Rettung unmöglich. Was der Hort leiter erreichte, war, daß Wilhelm versprach, heute noch nicht von Lienz fortzugehen. So schieden sie voneinander: Wilhelm kaum freundlicher als vor dem Zusammentreffen. Nachmittags suchte der Hortleiter so fort die Wohnung des Meisters auf, um sich dort zu erkundigen. Der Meister hatte keine Ahnung gehabt, wo Wilhelm war und wollte soeben gehen, um Erkundigungen einzuziehen. Er war froh, von Wilhelm etwas zu hören.

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Tiroler Post
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Seite 14 von 20
Datum: 17.10.1913
Umfang: 20
starb. Als ich bei einem Windstoß und Regen die Tür öffnete, sah ich, daß Wilhelm Griffiths mit bloßem Kopf im Regen stand und in jener Winternacht die Klingel zog. „Sie sind noch auf?" fragte er. „Ich flehe Sie an, kommen Sie zu meiner Mutter! Sie liegt in einer Ohn macht; ihre Kammerjungfer ist weggegangen und der Arzt kommt noch nicht. Ich dachte, Sie würden Hilfe wissen." Und dann zeigte er den Weg durch den dunkeln Garten, indem er mir vorauseilte. Als ich die arme Dame sah, wußte

ich, daß sie keine Ohn macht hatte, sondern einen Schlaganfall, von welchem sie sich vielleicht erholen würde; ich konnte es nicht vorher sagen. Für den Augenblick war wenig zu tun; die Dienstmädchen waren jung und erschrocken; der arme Wilhelm bedurfte Worte des Trostes und der Ermutigung. Insofern konnte ich nützlich sein. Wir brachten die Frau zu Bett und nahmen ihren Putz ab; sie war in einer Abendgesellschaft gewesen und gleich nach ihrer Rückkehr umgefallen; Wilhelm hatte sie sprach los im Bibliothekzimmer

, unweibliches Wesen! Ob sie daran denken mochte, als sie kalt und steif dalag und uns mit verglasten Augen anstarrte? Die Zahlungen, Schulden und Rückerstattungen der Neigung sind jederzeit schwer zu berechnen. Manche geben einen ganzen Schatz der Liebe für einen Stein hin; andere verhandeln ihre Neigung gegen Interessen; - noch andere nehmen alles bis zum letzten Heller, vergraben es, gehen ihrer Wege und überlassen ihren Wohltäter bettelarm seinem Schicksal. Wilhelm hatte solche Summen der Liebe nie

sein nennen können. Die arme Frau Julie Griffiths schenkte alles, was sie zu geben hatte, den besten Teil ihres geringen Liebevorrats dem Gatten, welcher sie nicht liebte, und ihrem zweiten Sohne, dessen ganzes Leben ein Kummer für seine Eltern gewesen. Als er starb, konnte sie es dem armen Wilhelm nie vergeben, daß er am Leben blieb und seines. Vaters Freund, seine rechte Hand und einziger Erbe war. Der verstorbene Hugo hatte eine wahre Mutter an ihr gehabt; Wilhelm, welcher lebte und ihren Befehlen

sich beruhigend aus. Wilhelm wachte die ganze Nacht und legte Holzscheite aus das Feuer im Ankleidekabinett neben dem Schlafzimmer, in welchem Frau Griffiths lag. Zuweilen ging ich zu ihm und sah, daß er am Kamin saß, seinen großen Kopf mit dem wirren Haar schüttelte und murmelte; „Die arme Seele, die arme Mutter!" Zuweilen schlich er auf den Zehen herein, aber seine Gegenwart schien die Kranke zu beun ruhigen, und ich mußte ihn bitten, zurückzugehen. Einmal, als ich zu ihm ging und einige Minuten

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Schwazer Bezirksanzeiger
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Seite 1 von 12
Datum: 30.01.1915
Umfang: 12
lischen Welthandels bestanden. Und dieser Ausgabe haben sie sich durch mehr als drei Monate hindurch aufs erfolgreichste entledigt. Aber auch in den Gewäsiern der Nordsee hatte bisber kein ernster Kampf zwischen den feindlichen Feuilleton. Die jugendlichen Arbeiter und die Spielsucht. Eine wahre Geschichte aus Lienz. Bon weniger als Jahresfrist, im Spät winter 1914, stand am unteren Stadtplatz an eine Hausmauer sich nachlässig lehnend, ein jugendlicher Arbeiter. Wilhelm mit Namen. Es war ein Werktag

, Montag, um die Mittag stunde. Wilhelm trug aber Feiertagskleider. Das Gesicht war finster, sein Blick trüb und zeigte inneren Schmerz. Wie zufällig — es gibt aber keinen Zu fall — kommt der Präses des Jugendhortes an diese Stelle, sieht den jungen Mann und erkennt sofort- Da ist etwas nicht in Ord nung. Der Wilhelm ist ihm wohlbekannt. Er ist Mitglied des Jugendhortes und hatte dort wegen seiner Mangel- und fehlerhaften Jugenderziehung dem Präses viel Arbeit. Kummer und Sorge, aber auch Freude

Großsprecher noch immer sich der Ueberlegenbeit ihrer Flotte gegenüber der deutschen Seemacht rüsten und böbnen. daß sich letzteres nicht getraue, sich zum Kampfe zu stellen und sich lieber aus Furcht vor der enalischen Flotte verkrieche. zu erzählen. Wilhelm sei ein Spieler gewor den; er sei fast immer in einer verrufenen Kegelbahn. Die Erkundigungen ergaben, daß dies leider auf Wahrheit beruhte. Wie ent setzlich der jugendliche Arbeiter jedoch in die ser Spielhölle von der Leidenschaft gefesselt

war, das sollte dieser Tag zeigen. Wilhelm schien überrascht, als er den Hortleiter auf ihn zukommen sah. Er konn te und wollte auch vielleicht nicht mehr ent weichen. . „Wilhelm, wie geht es?" Keine Antwort. „Hast du heute Feiertag? Keine Antwort. Die Augen blickten noch finsterer aus den Boden. „Hat dich der Meister entlassen?" „Nein, ich bin selbst gegangen." „Warum, war er grob gegen dich?" „Nein. Der Meister war immer gut mit mir, auch seine Frau war gut." „Weiß dein Meister, wo du bist und warum du fort

auf und davon in die Fremde, ins Ungewisse. Aber alle Worte prallten ab an seinem Widerstande. Um keinen 'Preis wollte er zum Meister zu rück. Nicht schwer war es, zu bemerken, daß hier in dieser jungen Brust ein Geheimnis tief verborgen lag. Das mußte heraus, sonst war eine Rettung unmöglich. Was der Hort leiter erreichte, war, daß Wilhelm persprach, heute noch nicht von Lienz fortzugehen. So schieden sie voneinander: Wilhelm kaum freundlicher als vor dem Zusammentreffen. Nachmittags suchte der Hortleiter

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Tiroler Post
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Seite 3 von 12
Datum: 29.01.1915
Umfang: 12
in vorderster Linie stünden, sei es gefährlich, zu den Oesterreichern überzu- > gehen. Die Kämpfe in der Bukowina. z. Budapest, 27. Jänner. „Az Est" meldet: Der Rest der bei Kirlibaba Zurückgeworfenen russischen Truppen zog sich über Lucina und chen Weg zurück. Die ernsten Gespräche en deten schon in einer gemütlichen Plauderei über die Zukunft, als sie nahe an der Werk- stütte des Meisters standen. Fast erschrak Wilhelm. „Wilhelm, komm, wir gehen zum Mei- ! ster!" Da bäumte sich der jugendliche Stolz, ver

bunden mit Angst und Scham noch einmal auf. Wilhelm wollte zurück. „Ich kann nicht! Ich muß fort von Lienz!" Mit Mühe nur gelang es, den Zögernden weiter zu bringen. Dieser kleine Widerstand hatte sich ein zweites und drittes Mal wieder holt, ehe sie zum Tore des Hauses gelangten. Dort schien es überhaupt nicht mehr möglich, den Wilhelm über die Schwelle zu bringen. Es war der letzte Kampf, aber auch der Sieg. Endlich klopfte der Präses an die Zim mertüre. Die Frau Meisterin öffnete, sah den Burschen

Monate Lehrzeit zu schenken, gewiß ein großes Opfer, dessen Größe Wilhelm begriff. Das freute ihn und gab ihm Mut. Der Präses lud ihn ein, wieder fleißig in den Jugsndhort zu kom- ' men. Dort habe er alles, was er sich wünsche: Güte Freunde, Gelegenheit zur Unterhaltung, leidenschaftsloses Spielen und zur Fortbil dung. Wilhelm hatte ein gutes Herz, er nahm alles dankbar an, reichte, ohne ein Wort zu sprechen, dem Meister und seinem Präses die Hand, um gleich daraus das Zimmer zu verlas sen

. Ueberrascht und etwas besorgt schauten sich Meister und Hortleiter an, ließen aber dem Wilhelm freie Bahn. Kurze Zeit darauf, als sie das Zimmer verließen, kam ihnen auch schon Wilhelm entgegen. Er trug sein Ar- heitskleid, eine blaue Schürze und hatte die Hemdärmeln zurückgestülpt. Frisch und munter sprang er über die Stiege hinunter in die Werkstätte und bald hobelte er lustig dar aus los. Wilhelm war gerettet. Wilhelm hielt sein Wort. Er wurde wie der ein eifriges Vereinsmitglied und blieb

ein fleißiger Arbeiter; die Spielhölle hat er nicht mehr gesehen. Der Meister schenkte ihm zwei Monate Lehrzeit. Mit Gesellenbrief und gu ten Zeugnissen wanderte Wilhelm in die Schweiz, wo er jetzt noch als Tischlergeselle arbeitet. Meisterstücke der guten Leitung und der Tapferkeit der Truppen gelten werden. Der Deutsche Kaiser muß sein Verdienst für be sonders groß halten, wenn er auch ihm jetzt das gibt, was er dem Retter von Ostpreußen und dem Sieger über die Russen gegeben hat. Feldmarschall v. Bülow

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Außferner Zeitung
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Seite 3 von 20
Datum: 30.01.1915
Umfang: 20
in der Bukowina. z. Budapest. 27. Jänner. „Az Est" meldet: Der Rest der bei Kirlibaba zurückgeworfenen russischen Truppen zog stich über Lucina und chen Weg zurück. Die ernsten Gespräche en deten schon in einer gemütlichen Plauderei über die Zukunft, als sie nahe an der Werk statte des Meisters standen. Fast erschrak Wilhelm. „Wilhelm, komm, wir gehen zum Mei ster!" Da bäumte sich der jugendliche Stolz, ver bunden mit Angst und Scham noch einmal auf. Wilhelm wollte zurück. „Ich kann nicht! Ich muß fort

von Lienz!" Mit Mühe nur gelang es. den Zögernden weiter zu bringen. Dieser kleine Widerstand hatte sich ein zweites und drittes Mal wieder holt, ehe sie zum Tore des Hauses gelangten. Dort schien es überhaupt nicht mehr möglich, den Wilhelm über die Schwelle zu bringen. Es war der letzte Kampf, aber auch der Sieg. Endlich klopfte der Präses an die Zim mertüre. Die Frau Meisterin öffnete, sah den Burschen und wollte bereits einen unpassen den. aber verzeihlichen Empfang bereiten. Es stand

- marschall befördert. Es ist das zweite Mal. während dieses Krieges, daß eine solche Er nennung erfolgt. Der erste Generalfeldmar schall war Hindenburg und jetzt wird auch Bülow zu dieser hohen Würde befördert. Ge neralfeldmarschall v. Bülow hat bei der Offensive der Deutschen nach Frankreich glänzende Siege errungen, die in der Kriegs geschichte für " immerwährende Zeiten als sprach, wenn er ausharre, ihm zwei Monate Lehrzeit zu schenken, gewiß ein großes Opfer, dessen Größe Wilhelm begriff. Das freute

ihn und gab ihm Mut. Der Präses lud ihn ein, wieder fleißig in den Iugendhort zu kom men. Dort habe er alles, was er sich wünsche: Gute Freunde. Gelegenheit zur Unterhaltung, leidenschaftsloses Spielen und zur Fortbil dung. Wilhelm hatte ein gutes Herz, er nahm alles dankbar an, reichte, ohne ein Wort zu sprechen, dem Meister und keinem Präses die Hand, um gleich darauf das Zimmer zu verlas sen. Ueberrascht und etwas besorgt schauten sich Meister und Hortleiter an, ließen aber dem Wilhelm freie Bahn

. Kurze Zeit darauf, als sie das Zimmer verließen, kam ihnen auch schon Wilhelm entgegen. Er trug sein Ar beitskleid, eine blaue Schürze und hatte die Hemdärmeln zurückgestülpt. Frisch und munter sprang er über die Stiege hinunter in die Merkstätte und bald hobelte er lustig dar auf los. Wilhelm war gerettet. Wilhelm hielt sein Wort. Er wurde wie der ein eifriges Bereinsmitglied und blieb ein fleißiger Arbeiter; die Spielhölle hat er nicht mehr gesehen. Der Meister schenkte ihm zwei Monate Lehrzeit

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Lienzer Nachrichten
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Seite 3 von 12
Datum: 29.01.1915
Umfang: 12
- ( gehen. Die Kämpfe in der Bukowina. z. Budapest, 27. Jänner. „Az Est" meldet: Der Nest der bei Kirlibaba zurückgeworfenen russischen Truppen zog sich über Lucina und chen Weg zurück. Die ernsten Gespräche en deten schon in einer gemütlichen Plauderei über die Zukunft, als sie nahe an der Werk statte des Meisters standen. Fast erschrak Wilhelm. , - „Wilhelm, komm, wir gehen zum Mei ster!" Da bäumte sich der jugendliche Stolz, ver bunden mit Angst und Scham noch einmal aus. Wilhelm wollte zurück

. ..Ich kann nicht! Ich muß fort von Lienz!" • , .Mit Mühe nur gelang es, den Zögernden fester zm bringen. Tiefer kleine Widerstand; hatte sich ein zweites und drittes Mal wieder holt^, ehe sie zum Tore dee Hauses gelangten, ^ort schien es überhaupt nicht mehr möglich, M Wilhelm über die Schwelle- zu bringen. war der letzte Kampf, aber auch der Sieg. Endlich klopfte der Präses an die Zim- Nrtüre. Die Frau Meisterin öffnete, sah den ^urschen und wollte bereits einen unpasfen- oen, aber verzeihlichen Empfang bereiten

. Es ist das zweite Mal während dieses Krieges, daß'eine solche Er nennung erfolgt. Der erste Generalselümar- j schall war Hindenburg und jetzt wird auch Bülow zu dieser hohen Würde befördert. Ge- neralfeldmarschal! v. Bülow hat bei der Offensive der Deutschen nach Frankreich glänzende Siege errungen, die in der Kriegs geschichte für immerwährende Zeiten als sprach; wenn er ausharre, ihm zwei Monate Lehrzeit zu schenken, gewiß ein großes Opfer, dessen Größe Wilhelm begriff. Das freute ihn und gab ihm Mut

. Der Präses lud ihn ein. wieder fleißig in den Jugsndhort zu korn men. Dort habe er alles, rvas er sich wünsche: Gute Freunde, Gelegenheit zur Unterhaltung, leidenschaftsloses Spielen und zur Fortbil dung. Wilhelm hatte ein gutes Herz,, er nahm alles dankbar an. reichte, ohne ein Wort zu sprechen, dem Meister und seinem Präses die Hand, um gleich daraus das Zimmer zu verlas sen. Ueberrafcht und etwas besorgt schauten sich Meister und Hortleiter an, ließen aber dem Wilhelm freie Bahn. Kurze Zeit daraus

, als sie das Zimmer verließen, kam ihnen auch schon. Wilhelm entgegen. Er trug sein Ar- bertskleid, eine blaue Schürze und hatte die Hemdärmeln zurückgestülpt. Frisch und munter sprang er über die Stiege hinunter in die Werkstätte und bald hobelte er lustig dar auf los. Wilhelm war gerettet. Wilhelm hielt fein Wort. Er wurde wie der ein eifriges Vereinsmitglied und blieb ein fleißiger Arbeiter; die Spielhölle hat er nicht mehr gesehen. Der Meister schenkte ihm zwei Monate Lehrzeit. Mit Gesellenbrief und gu ten

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Alpenrosen
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Seite 1 von 4
Datum: 18.03.1916
Umfang: 4
vor Jahren gestorben waren, hatten in Jnnsbruck-Wilten ein Handelsgeschäft betrieben, das nach deren Tod verkauft worden war. Ein alter Freund seines Vaters verwaltete für Hans, der nun ganz allein in der Welt stand, das kleine Vermögen, und bei ihm hatte der junge Student während des Mi'.telschulstudiums ge wohnt, ohne freilich bei dem alten Jung gesellen und seiner noch älteren Wirtschaf terin eine Heimat zu finden. Wilhelm Gantenbach, der Sohn eines Lan desgerichtsrates, hatte ebenfalls weder El tern

noch Geschwister mehr und nur iveit- läufige Verwandte, zn denen er in keinem näheren Verhältnis stand. Tie Gleichheit dieser Lehensschicksale brachte die beiden ernst veranlagten Studenten ein ander bald nahe, da sie überdies auch noch bei derselben Wirtin wohnten. Aus dem täg lichen Verkehr wurde eine herzinnige Freund schaft, ein Verhältnis, das die sonnige Stu dentenzeit überdauern sollte, eine Freund schaft fürs Leben — bis zum Tod. Wilhelm Gantenbach und Hans Rusatscher waren bald unzertrennlich

sie die Ferien und auf die sen gemeinsamen Berggängen schlossen sie sich zusammen, wie selten zivei Menschen. Tie einzige Trennung in all diesen Jahren waren jene Wochen, in denen die beiden, Hans Rusatscher in Oesterreich und Wilhelm Gantenbach in Deutschland ihre Wafs-vn- übungen machen mußten. Hans Rusatscher hatte als Einjähriger bei den Tiroler Kaiser jägern gedient und war nun als Reserve offizier zu einem böhmischen Regiment ver seht worden. Wilhelm Gantenbach hatte sein Einjähriges Jahr

von Bendler kam ihnen zuvor. Eines Abends saß er mit Hans Rusatscher und Wilhelm Ganteubach, nachdem sich die Da men bereits zur Ruhe begeben hatten, noch bei einem Glase funkelnden Tirolers, und dabei machte er ihnen den Vorschlag, in seine Fabrik einzutreteu. Der scharfe und feinsinnige Menschenkenner halte schnell ge sehen, daß er es mit zwei charaktervollen, strebsamen Menschen zn tun habe und solche Leute konnte er immer brauchen. Tie Freunde ivaren freudigst überrascht und nahmen das Anerbieten

mit herzlichem Tanke an. Damit war ihre heimliche Sorge ge- wichen, und sie gaben sich mit umso größe rer Freude diesen schönen, unvergeßliche., Ferienwochen hin. Gemeinsam mit der Fa milie Bendler machten sie tagtäglich größere und kleinere Ausflüge, und langsam keimte neben der herzinnigen Freundschaft zn ein ander im Herzen der Freunde noch ein an deres Gefühl, ohne dem ersten Abbruch z» tun. Gleich einer zarten, köstlichen Knospe sproßte die Liebe, die erste Liebe. Wilhelm Ganteubach sah im Wachen

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Lienzer Nachrichten
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Seite 10 von 16
Datum: 17.10.1913
Umfang: 16
Griffiths, obgleich er jetzt Wohl über dreißig Jahre alt sein mag und fein Vater vor zehn Jahren starb. Als ich bei einem Windstoß und Regen die Tür öffnete, sah ich, daß Wilhelm Griffiths mit bloßem Kopf im Regen stand und in jener Winternacht die Klingel zog. „Sie sind noch auf?" fragte er. „Ich flehe Sie an, kommen Sie zu meiner Mutter! Sie liegt in einer Ohn macht; ihre Kammerjungfer ist weggegangen und der Arzt kommt noch nicht. Ich dachte, Sie würden Hilfe wissen." Und dann zeigte

er den Weg durch den dunkeln Garten, indem er mir vorauseilte. Als ich die arme Dame sah, wußte ich, daß sie keine Ohn macht hatte, sondern einen Schlaganfall, von welchem sie sich vielleicht erholen würde; ich konnte es nicht vorher sagen. Für den Augenblick war wenig zu tun; die Dienstmädchen waren jung und erschrocken; der arme Wilhelm bedurfte Worte des Trostes und der Ermutigung. Insofern konnte ich nützlich fein. Wir brachten die Frau zu Bett und nahmen ihren Putz ab; sie war in einer Abendgesellschaft

gewesen und gleich nach ihrer Rückkehr umgefallen; Wilhelm hatte sie sprach los im Bibliothekzimmer gefunden. Erschrocken und niedergeschlagen suchte der junge Mann uns behilflich zu sein; aber er war so nervös, daß er über uns stolperte, die Stühle und Flaschen umwarf und nichts leisten konnte. Sein gutmütiges rundes Gesicht war bleich, und aus seinen Augen sprach die Angst. Ich war gerührt über die Bestürzung des jungen Mannes, denn Frau Griffiths war ihm keine zärtliche Mutter

und überlassen ihren Wohltäter bettelarm seinem Schicksal. Wilhelm hatte solche Summen der Liebe nie sein nennen können. Die arme Frau Julie Griffiths schenkte alles, was sie zu geben hatte, den besten Teil ihres geringen Liebevorrats dem Gatten, welcher sie nicht liebte, und ihrem zweiten Sohne, dessen ganzes Leben ein Kummer für seine Eltern gewesen. Als er starb, konnte sie es dem armen Wilhelm nie vergeben, daß er am Leben blieb und seines Vaters Freund, seine rechte Hand und einziger Erbe

war. Der verstorbene Hugo hatte eine wahre Mutter an ihr gehabt; Wilhelm, welcher lebte und ihren Befehlen geduldig nachkam, war stiefmütterlich von ihr behandelt worden; je doch hätte die opferfähigste Mutter nicht aufmerksamer von ihrem Sohne behandelt werden können. Bei größerer Liebe zu ihr und größerer Einigkeit mit ihr wäre seine bange Be trübnis jetzt vielleicht geringer gewesen, und er hätte den Anblick ihres Leidens, ihres Kampfes gegen die Ohnmacht besser ertragen können. Sogar der Schmerz kommt

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Lienzer Nachrichten
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Seite 15 von 20
Datum: 31.10.1913
Umfang: 20
des andern. „Ich bin ruiniert", sagte er. „Sie sind ruiniert! Ist das das Schlimmste, was Sie mir zu sagen haben?" fragte Griffiths mit durchbohreudeur Blicke, und der Aktienhändler fühlte, daß er alles wußte. „Ich bin sehr unglücklich gewesen — und sehr tadelns wert," sagte Barly, „schrecklich tadelnswert. Herr Griffiths, ich kann nur auf Ihre Milde vertrauen." „Meine Milde! Mein Erbarmen! Ich bin kein Menschenfreund!" rief Wilhelm wild, „ich bin ein Ge schäftsmann, und Sie haben mich betrogen!" ...Herr." sagte

Mädchen!" Wilhelm hatte schweigend zugchört. Er winkte Herrn Barly, ihm in die Bibliothek zu folgen. Barly folgte ihm und wartete demütig auf sein Urteil. Er stand im vollen Sonnenlichte, welches durch das Fenster strömte. Sein halbkahler Köpf war gebeugt und sein Haar stand im Sonnenschein zu Berge. Seine Augen vermieden das Licht und irrten über die Eiseneinfassung des Kamins und über daL Holzwerk des Zimmers. Er war entehrt — ja. Bankerott — ja. Sein sechzigstes Lebensjahr

er. „Ich erfuhr es gestern zufällig. Was ich Ihnen sagen kann, niuß Ihnen Ihr Gewissen schon gesagt haben. Wie konnten Sie es tun?" Wilhelm blieb vor Zorn am Fenster stehen. Trotz seiner Wildheit und seines Grimmes tat ihm der arme, schwache alte Mann leid, dessen Schicksal er in der Hand hielt. Draußen war die Rosenpracht des Gartens; der von Barly abgebrochene Zweig lag auf dem Kieswege — ein paar Rosen aus den Hunderten, welche auf ihren kräftigen Stämmen anfbrachen, blühten und welkten. Der Rofen- zweig

glich dem Unrechte, welches Barly seiueni Verwandten zugefügt — ein kleiner Verlust bei großem Reichtum. Wilhelm blickte vom Fenster weg und sah zufällig im Spiegel seine eigene kräftige, breite Gestalt mit glänzenden, weißen Zähnen und schwarzem, buschigem Haar neben dem zitternden, grauen, alten Mann. Fühlt man sich nicht manch mal im Leben angesichts der Unglücklichen und Kummer vollen beschämt? Sind wir mit der Schaustellung unserer Tugend auf deni Markte Pharisäer und fragen wir uns verzagt

: „Geht dieser Mann gerechtfertigt vor uns nach Hause?" Der arme Wilhelm war feiner Belinda nicht weniger würdig, weil er bei dem Gedanken an sie errötete, sanfter blickte und Beschämung wegen seiner günstigen Verhältnisse und seines hohen Ansehens fühlte. Wann war er in Ver suchung gewesen? War er nicht tut Reichtum geboren? Und doch besaß der alte Barly in seiner Not einen Schatz, für welchen Wilhelm gern sein Vermögen, sein Ansehen, alle seine Rosen und — was mehr wert war — seines Herzens treue

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Unterinntaler Bote
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Seite 9 von 20
Datum: 15.11.1913
Umfang: 20
mit einigen Rosen in ihrer Schürze die Stufen zur Vorhalle hinauf und rannte fast gegen Wilhelm, der früher als sonst nach Hause gekommen war. Das Mädchen stand errötend da mnd sah lieblicher als je aus. Der junge Mann blieb ebenfalls stehen und betrachtete Bella mit so ausdrucksvollen, bewundernden Blicken, daß sie noch tiefer errötetg und hastig in ihr Zimmer eilte. Gleich dar auf rief die Hausglocke zum Abend essen, und sie mußte, ob sie wollte oder nicht, wieder hinuntergehen. Wilhelm be nahm

glauben, daß sie recht gehört hatte. Sie war erschrocken, bestürzt; aber sie folgte dem Impulse des Augen blickes und antwortete ernst: „Nein, Wilhelm!" Er war weder zornig, noch erstaunt. Der arme Bursche hatte es schon lange gewußt und nichts anderes erwartet. Er seufzte nur, sah sie noch einmal an und verließ dann das Zimmer. Bella blieb auf der Stelle stehen, wo er sie verlassen hatte — die Kerzen brannten, die lange Tafel glänzte, die Gardinen wehten am offenen Fenster. Es war gleich

, bis an die Türe ge klopft wurde und Wilhelm gegen seine Gewohnheit in das Zimmer trat. Er sah sehr blaß, traurig und nieder geschlagen aus. „Ich wünschte Ihnen einige Worte zu sagen, Fräulein Belinda", sagte Wilhelm, nachdem er ins Zimmer seiner Mutter eingetreten war; „lassen Sie mich hoffen, daß keine Veränderung eintritt, und daß Sie bei uns bleiben, als ob nichts geschehen wäre. Du warntest mich, Mutter, aber ich konnte nicht anders. Gute Nacht! Das ist alles, was ich zu sagen hatte." >rne und Inserate

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Tiroler Land-Zeitung
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Seite 17 von 20
Datum: 29.05.1914
Umfang: 20
zu unterscheiden. „Wilhelm," sagte der Pfarrer von A... berg zu seinem Sohne, den er heute zum letzten Male begleitete: „sag/ mir ehrlich, ob dir das Herz nicht klopft. Ein Exami nator hat es doch weit besser, als ein Exa minand, denn jener ist auf die Fragen vor bereitet und dieser nicht. Sieh, ich traue dir zwar sehr viel zu, aber — der Mensch mag noch so vieles wissen, alles weiß er nicht. Hast du nie daran gedacht, daß just eine Frage an dich kommen könnte, in der du — nicht zu Hause bist?" „Freilich

," sagte Wilhelm mit Gleichmut. „In diesem Fall gedenke ich die Rede auf einen verwanden Gegenstand hinüber zu spielen, denn es kommt nicht daraus an, daß man alles weiß, sondern darauf, daß man womöglich keine Antwort schuldig bleibt. Ter Vater klopfte den Sohn auf die Schul ter. „Wilhelm," sagte er freudig bewegt, „an deiner Karriere Hab' ich keinen Zweifel mehr." Mit diesen Worten schieden sie vor der Schwelle des Gymnasiums. Im Hinaufsteigen sah sich Wilhelm auf der Treppe unversehens

von dem schwärzlichen Aufschößling aus P... bürg angeredet, der ihm sagte, sein Vater lasse den Herrn Pfarrer von A... berg bitten, sich doch ja heut' abend in „der W in Garten" einzufinden. Wilhelm erwiderte ihm ebenso verwundert als erfreut, der seinige habe keinen sehn licheren Wunsch, als endlich einmal mit dem Herrn Pfarrer von P ... bürg zusammen zutreffen, und erzählte, wie die Bemühungen, dieses Glückes teilhaftig zu werden, bis jetzt vergeblich geblieben seien. — Er fragte ihn, wo denn der Herr Vater

logiere. „Bei Verwandten auf dem Lande in der Nähe," antwortete Eduard und fügte hinzu, erst heute werde sein Vater von den Ab haltungen frei, die ihn bisher verhnchert haben, den Abend in der Stadt zuzubringen. „Sie dürfen auch nicht wegbleiben," sagte Wilhelm zutraulich zu ihm. „Mein Vater wird mich gleichfalls mitnehmen." Eduard sagte .zu, so weit es von ihm abhänge, und die Türe des Prüfungssaales schloß sich hinter ihnen. Vom Sechseläuten-Umzug in Zürich: Diogenes in der Tonne, phot. u.urenn

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