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Der Arbeiter
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Seite 6 von 12
Datum: 23.12.1915
Umfang: 12
zuckt, dagegen nur mit tiefer Ergriffenheit dem einsamen heiligen Abend entgegensieht, war feiner Familie nie näher gestanden als jetzt in der Trennung. So werden viele durch den Krieg die Liebe zu Heimat und Herd neu erobern, die tiefer- lliegenden Quellen der seelischen Weihe des Fa milienlebens neu entdecken. Darin liegt ein Weih- uachtssegen des Krieges, eine Bethlehemgnade. Sein Christkindl. Mine Weihnachtserzählung van Julius Gütz. Der Reservekorporal Vinzenz Mooslacher stapfte mit feinem

verwundeten Bein schlverfällig durch den schon arg dunklen Hausflur. Und eine kleine Weile lang blieb er noch unschlüssig vor dem Spitalstore stehen und ließ sich, die graue, sinkt einem Zweiraiserbildchen aus Email ge schmückte Soldatenkappe in den Nacken zurück- gefchoben, die frische Winterluft um seine Stirne .Wehen. ; < Man sah es ihm dabei deutlich genug an und ohne daß er selbst noch etwas hätte sagen brauchen: in einer besonders rosigen Laune Bfc* ffand er sich keinesfalls. Vinzenz Mooslacher tour

, wie man dies wienerisch zu sagen pflegt, heute -einmal ganz gründlich schief gewickelt . . . Da war ihm nach langem Bitten endlich Wusgang bewilligt worden, auf den er sich schon so sehr gefreut hatte. Und nun, da diese heißer seh Uten Stunden schlugen, hatte ein unvorausseh barer Umstand alle gute Laune und eine noch vor kurzem vorhandene Freude zerstört. Dieser Um stand war eigentlich, genau genommen, eine ro senrote, gar nicht erwartete Feldpostkarte ge- ^wefen, und dem Reservekorporal Vinzenz Moos- -lacher gerade

vorhin, bei der eingelangten Nach- unttagspost von der blassen, diensteifrigen Spi- stalsschwester aufs Bett gelegt worden. Der über raschte Adressat begann natürlich sofort den er sichtlich eilig und mehrfach wie in Hieroglyphen- sformen hingeritzelten Inhalt dieser seltsamen -Karte zu studieren. Sie trug das Datum des 10. ^Dezember und war so allem Anscheine nach auf -den erdenklichsten Urnwegen in das Wiener Rote -Kreuz-Spital gewandert. Vinzenz Mooslacher hatte zuerst einen Ju belruf ausgestoßen

. Ein Gruß von seinem Re- gimente war das, ein Lebenszeichen von den streuen Zugskameraden. Fast alle hatten sich auf der Karte unterschrieben. Der Zugsführer Gre- stich, die Korporale Ertl und Schramm, der Ge streite Stöhr, dann der Linktaler Schanerl, der !Wasserburger Edi, der Kronika, der Brandt, der 'Haßmann — ja, und ganz oben, richtig und wirklich sogar der Leutnant auch! . . . „Lieber Vinzenz!" schrieb der Zugssührer, „wir senden Dir alle die schönsten Grüße. Und es ist uns sehr leid

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Alpenländer-Bote
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Seite 22 von 24
Datum: 22.03.1914
Umfang: 24
Vater senkte tief und sagte: „Gott erbarme sich meines unglücklichen Sohnes)" Zwei Jahre waren indes verstrichen. Vinzenz war Vater geworden und seine innere, gute Natur, die nur durch ein ver borgenes, aber schweres Leckren gewaltsam niedergedrückt wurde, machte sich zuweilen in tausend zättlichen Worten und Liebkosungen gegen sein Kind Luft. So saß er cm einem Sommerabende mit seiner Familie vor der Türe seiner Wohnung und fing mit den Armen sein Kind aus, das an der Hand seiner Mutter

auf ihn zukam und heute zum erstenmal den Namen: „Vater" stammelte. Vinzenz, stolz und außer sich vor Freude, überhäufte seinen Sohn mit Liebkosungen, und die atte Mutter, die ihren Sohn so glücklich sah, konnte sich in ihrer Freude darüber nicht fassen und rief: „Gott sei Lob und Dank! Unser Vinzenz ist glücklich l" Aber Vinzenz schauderte bei diesen Worten seiner Mutter, setzte sein Kind wieder auf die Erde und sprach mit halberstickter Stimme: „Ich glücklich? Das werde ich nie. Dieses Kind

, aber das Übel verschlimmerte sich. Menschliche Wissenschaft ist ohnmächtig gegen die Hand Gottes. Agnes lag an der Wiege auf ihren Knien, mit der einen Hand unterstützte sie das Köpflein ihres Söhnleins, in der anderen hielt sie ihren Rosenkranz und brachte Gebet rmd ihre Tränen Gott zum Opftr dar. Vinzenz aber schritt in größter Aufregung durch das Zimnler, ballte die Hände, schlug sich vor die Stirn, wägend seine alten Ettern in tiefster Betrübnis sich in eine Ecke zurückge zogen hatten. Aus einen Schrei

von Agnes stürzten sie zur Wiege; das arme Kind zuckte in den heftigsten Krämpfen. Bei diesem Anblicke stürzte Vinzenz aus dem Hause, kam aber nach wenigen Augen blicken wieder zurück. „Der Arzt will nicht mehr kommen", sagte er mit Bilterkeit, „es ist keine Hoffnung mehr, das Kind muß sterben, er hat es mir gesagt — dieser Mann mit seinem gefühl losen, eisernen Herzen, mir, der ich meinen letzten Blutstropfen vergießen möchte, um es zu retten!" Bei diesen Worten warf er sich über die Wiege und benetzte

mit heißen Tränen das bleiche Gesicht seines Kindes. „Vinzenz", sagte sein Vater mit Ruhe und Würde, „der, welcher es gegeben hat, ist Herr, es auch zu nehmen; wir müssen uns seinem heiligen Willen unterwerfen". „Vinzenz", sagte ihm seine Frau mit unbeschreiblicher Sanftmut und mit Vertrauen, „der, welcher es gegeben hat, kann es auch erhallen. Lasset uns beten!" „So betet denn", rief der verzweifelte Vater, „Ihr, die Ihr noch beten könnt, die Ihr noch liebt, die Ihr noch glaubt! Betet! Betet

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Tiroler Land-Zeitung
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Seite 14 von 16
Datum: 25.12.1915
Umfang: 16
geblendet. All die wochenlange' Zeit, die er zwi schen den Spitalsmauern hatte zubringen müs sen, kanl ihm jetzt klar und deutlich zum Bewußt sein. Ein dichter Strom von Passanten umgab Vinzenz Mooslacher. Allerlei' Leute, die Ge schäfte betraten, aus solchen kamen. Und wieder aridere, die vor den festlich erleuchteten Schau fenstern der geschmückten Läden standen, ange lockt von dem farbenbunten Bilde und dem stark strahlenden Licht, das bis auf bte. Straße hin auszulaufen schien

bildeten die Musik dieser abend lichen Großstadtstraße. Summender Gongschlag, Klingeln und Pfeifen. Dann ein chaotisches und unverständliches Stimmengewirr, das taktweise Ausklappern vieler Schritte — und da, knapp vor Mooslacher, das laute hartnäckige Rusen eines Hausierers: „Christbaumkerzen — sehr billig! Ein Dutzend nur 10 Heller!" Wieder blieb der Reservekorporal Vinzenz Mooslacher jäh stehen und schüttelte verwundert, beinahe ungläubig seinen Kops. Wie schnell doch dieses furchtbare Jahr

vergangen! Es kam ihm oor, als wäre ganz vor kurzem erst Sommer ge- vesen, jener klirrende und wassenstarrende Som mer, in dem er, der Mooslacher Vinzenz, blühende Rosen aus seiner Kappe, mit dem Re giment ins Feld gezogen. Und doch: Heute schrieb man den 21. Dezember, in drei Tagen war der heilige Abend. Langsam schritt der Soldat weiter . . . Aber auf seiner Stirne zogen sich böse Falten und verdorssen sank die Unterlippe herab. Es waren keine fröhlichen Gedanken, die den Ver wundeten bewegten

für die Einladung!" begann er. Doch der Offizier schnitt ihm' jede weitere Rede ab mit warmen, gütigen Worten: „Lassen Sie das, Mooslacher! Uns beiden tut das Sitzen besser als das Stehen." Und mit einem freundlichen Lächeln fügte er noch hinzu: „Wir sind ja alle zwei jetzt ein paar invalide Kameraden!" Und Vinzenz Mooslacher tat auch bald dem dunkelroten Vöslauer, den der Oberst auf den Tisch bringen ließ, alle Ehre und kam immer besser ins Erzählen. Wie es damals gewesen sei am Dnjesterübergang

und der Mooslacher Vinzenz wurde immer redseliger. Er zeigte sogar die Feldpostkarte, die er heute nach mittags erhalten hatte. „Herr Oberst, diese glücklichen Kameraden!" Ein düsterer Schatten flog über Moos lachers vordem noch frohes Gesicht . . . Aber da ertönte die erst-mahnende Stimme des Obersts nehmen ihm. „Mooslacher, schauen Sie mich an! Glauben Sie, ich wäre nicht auch lieber bei meinem Re giment?" ... In gehobenster Stimmung verabschiedete sich später der Korporal mit pflichtschuldigen Dankesworten

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Tiroler Post
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Seite 10 von 16
Datum: 24.12.1915
Umfang: 16
geblendet. All die' wochenlang^ Zeit, die er zwi schen den Spitalsmauern hatte zubringen müs sen, kam ihm jetzt klar und deutlich zum Bewußt sein. Ein dichter Strom von Passanten umgab Vinzenz Mooslacher. Allerlei Leute, die Ge schäfte betraten, aus solchen kamen. Und wieder andere, die vor den festlich erleuchteten Schau fenstern der.geschmückten Läden standen, ange lockt von dem farbenbunten Bilde und dem stark strahlenden Licht, das bis auf die Straße hin- auszulaufen schien. Spaziergänger

die Musik dieser abend lichen Großstadtstraße. Summender Gongschlag, Klingeln und Pfeifen. Dann ein chaotisches und unverständliches Stimmengewirr, das taktweise Aufklappern vieler Schritte — und da, knapp vor Mooslacher, das laute hartnäckige Rusen eines Hausierers: „Christbaumkerzen — sehr billig! Ein Dutzend nur 10 Heller!" Wieder blieb der Reservekorporal Vinzenz Mooslacher jäh stehen und schüttelte verwundert, beinahe ungläubig seinen Kopf. Wie schnell doch dieses furchtbare Jahr vergangen! Es kam

ihm vor, als wäre ganz vor kurzem erst Sommer ge wesen, jener klirrende und waffenstarrende Som mer, in dem er. der Mooslacher Vinzenz, blühende Rosen auf seiner Kappe, mit dem Re giment ins Feld gezogen. Und doch: Heute schrieb man den 21. Dezember, in drei Tagen war der heilige Abend. Langsam schritt der Soldat weiter . . . Aber auf seiner Stirne zogen sich böse Falten und verdorssen sank die Unterlippe herab. Cs waren kerne fröhlichen Gedanken, die den Ver wundeten bewegten — keine glücklichen und hoff

!" begann er. Doch der Offizier schnitt ihm jede weitere Rede ab mit warmen, gütigen Worten: „Lasten Sie das, Mooslacher! Uns beiden, tut das Sitzen besser als das Stehen." Und mit einem freundlichen Lächeln fügte er noch hinzu: „Wir und ja alle zwei jetzt ein paar invalide Kameraden!" Und Vinzenz Mooslacher tat auch bald dem dunkelroten Vöslauer, den der Oberst auf den Tisch bringen ließ, alle Ehre und kam immer besser ins Erzählen. Wie es damals gewesen sei am Dnjesterübergang, wo er seine Verwundung

erhalten. Der Oberst hörte mit Interesse den Bericht, doch auf einmal stutzte er, als käme ihm etwas in Erinnerung. „Mooslacher, ist mir damals nicht eine Mel dung zugegangen, eine Meldung von Ihrem Kompaniekommandanten?" fragte er. Der Korporal bejahte. „Gut! Und in der ist doch auch gestanden, daß Sie, Mooslacher, sich durch besondere Tap ferkeit ausgezeichnet hätten!" Der Offizier bemerkte das abermalige Er röten und stumme Nicken des Soldaten. Eine zweite Flasche Wein kam und der Mooslacher Vinzenz

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Außferner Zeitung
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Seite 10 von 16
Datum: 25.12.1915
Umfang: 16
geblendet. All die wochenlange Zeit, die er zwi schen den Spitalsmauern hatte zubringen müs sen, kanl ihm jetzt klar und deutlich zum Bewußt sein. Ein dichter Strom von Passanten umgab Vinzenz Mooslacher. Allerlei Leute, die Ge schäfte betraten, aus solchen kamen. Und wieder andere, die vor den festlich erleuchteten Schau fenstern der geschmückten Läden standen, ange- lockt von dem farbenbunten Bilde und dem stark strahlenden Licht, das bis auf die Straße hin auszulaufen schien. Spaziergänger

die Musik dieser abend lichen Großstadtstraße. Summender Gongschlag, Klingeln und Pfeifen. Dann ein chaotisches und unverständliches Stimmengewirr, das taktweise Aufklappern vieler Schritte — und da, knapp vor Mooslacher, das laute hartnäckige Rufen eines Hausierers: „Christbaumkerzen — sehr billig! Ein Dutzend nur 10 Heller!" Wieder blieb der Reservekorporal Vinzenz Mooslacher jäh stehen und schüttelte verwundert, beinahe ungläubig seinen Kopf. Wie schnell doch dieses furchtbare Jahr vergangen! Es kam

ihm oor, als wäre ganz vor kurzem erst Sommer ge wesen, jener klirrende und waffenstarrende Som mer, in dem er, der Mooslacher Vinzenz, blühende Rosen auf seiner Kappe, mit dem Re giment ins Feld gezogen. Und doch: Heute schrieb man den 21. Dezember, in drei Tagen war der heilige Abend. Langsam schritt der Soldat weiter . . . Aber aus seiner Stirne zogen sich böse Falten und verdorssen sank die Unterlippe herab. Es waren keine fröhlichen Gedanken, die den Ver wundeten bewegten — keine glücklichen

für die Einladung!" begann er. Doch der Offizier schnitt ihm jede weitere Rede ab mit warmen, gütigen Worten: „Lasten Sie das, Mooslacher! Uns beiden tut das Sitzen bester als das Stehen." Und mit einem freundlichen Lächeln fügte er noch hinzu: „Wir lind ja alle zwei jetzt ein paar invalide Kameraden!" Und Vinzenz Mooslacher tat auch bald dem dunkelroten Vöslauer, den der Oberst auf den Tisch bringen ließ, alle Ehre und kam immer besser ins Erzählen. Wie es damals gewesen sei am Dnjesterübergang

_ und der Mooslacher Vinzenz wurde immer redseliger. Er zeigte sogar die Feldpostkarte, die er heute nach mittags erhalten hatte. „Herr,Oberst, diese glücklichen Kameraden!" Ein düsterer Schatten flog über Moos lachers vordem noch frohes Gesicht . . . Aber da ertönte die erst-mahnende Stimme des Obersts nehmen ihm. „Mooslacher, schauen Sie mich an! Glauben Sie, ich wäre nicht auch lieber bei meinem Re giment?" ... In gehobenster Stimmung verabschiedete sich später der Korporal mit pflichtschuldigen Dankesworten

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Schwazer Bezirksanzeiger
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Seite 10 von 16
Datum: 25.12.1915
Umfang: 16
geblendet. All die wochenlange- Zelt, die er Zwi schen den Spitalsmauern hatte zubringen müs sen, kanr ihm jetzt klar und deutlich zum Bewußt sein. Ein dichter Strom von Passanten umgab Vinzenz Mooslacher. Allerlei Leute, die Ge schäfte betraten, aus solchen kamen. Und wieder anbere, die vor den festlich erleuchteten Schau fenstern der geschmückten Läden standen, ange lockt von dem farbenbunten-Bilde und dem stark strahlenden Licht, das bis auf die Straße hin- auszulaufen schien. Spaziergänger

die Musik dieser abend lichen Großstadtstraße. Summender Gongschlag, Klingeln und Pfeifen. Dann ein chaotisches mü> unverständliches Stimmengewirr, das taktweise Aufklappern vieler Schritte — und da, knapp sor Mooslacher, das laute hartnäckige Rufen eines Hausierers: „Ehristbaumkerzen —- sehr billig! Ein Dutzend nur 10 Heller!" Wieder blieb der Reservekorporal Vinzenz Mooslacher jäh stehen und schüttelte verwundert, beinahe ungläubig seinen Kopf. Wie schnell doch dieses furchtbare Jahr vergangen! Es kam

ihm oor, als wäre ganz vor kurzem erst Sommer ge wesen, jener klirrende und waffenstarrende Som mer, in dem er, der Mooslacher Vinzenz, blühende Rosen auf seiner Kappe, mit dem Re giment ins Feld gezogen. Und doch: Heute schrieb man den 21. Dezember, in drei Tagen war der heilige Abend. Langsam schritt der Soldat weiter . . . Aber auf seiner Stirne zogen sich böse Falten und verdorssen sank die Unterlippe herab. Es waren keine fröhlichen Gedanken, die den Ver wundeten bewegten — keine glücklichen

gehorsamst für die Einladung!" begann er. Doch der Offizier schnitt ihm jede weitere Rede ab mit warmen, gütigen Worten: „Lassen Sie das. Mooslacher! Uns beiden tut das Sitzen besser als das Stehen." Und mit einem freundlichen Lächeln fügte er noch hinzu: „Wir sind ja alle zwei jetzt ein paar invalide Kameraden!" Und Vinzenz Mooslacher tat auch bald dem dunkelroten Vöslauer, den der Oberst auf den Trsch bringen ließ, alle Ehre und kam immer besser ins Erzählen. Wie es damals gewesen sei

Wein kam und der Mooslacher Vinzenz wurde immer redseliger. Er zeigte sogar die Feldpostkarte, die er heute nach mittags erhalten hatte. „Herr Oberst, diese glücklichen Kameraden!" Ein düsterer Schatten flog über Moos lachers vordem noch frohes Gesicht . . . Aber da ertönte die erst-mahnende Stimme des Obersts nehmen ihm. „Mooslacher, schauen Sie mich an! Glauben Sie, »ich wäre nicht auch lieber bei meinem Re giment?" ... In gehobenster Stimmung verabschiedete sich später der Korporal

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Zeitungen & Zeitschriften
Alpenländer-Bote
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Seite 23 von 24
Datum: 22.03.1914
Umfang: 24
zu bleiben. „Er ist stolz geworden", sagten die Dorf bewohner und gingen fort. „Nein, er ist unglücklich", sagte die Mutter mib fing zu weinen an. Der Vater schwieg. — Es verstrichen mehrere Tage. „Vinzenz, sagte endlich der Vater", „Dein Müßiggang taugt nichts. Auf unserem Acker wuchert das Unkraut, nimm die Hacke und begib Dich an die Arbeit!" Vinzenz fing an zu arbeiten und wurde bald wieder der fleißigste Arbeiter im Dorfe; aber er wuttie nicht, was er früher gewesen, auch der glücklichste

und fröhlichste. Umsonst sangen die Lerchen über seinem Haupte; ihn selbst hörte niemand singen. Umsonst entfaltete der Frühling feine Pracht, der Sommer seinen Segen; Vinzenz säte ohne Hoffnung, erntete ohne Freude. Es war so, wie die Mutter richtig gesagt hatte: Er war unglücklich. Woher mochte wohl dieses Unglück kommen? Das mußte ein tiefes Geheimnis sein. Niemand konnte es aus ihm herausbringen; nur bemerkte man, daß er nicht in die Kirche ging, und daß an Festtagen seine Versttmmung größer war. Einst

sprach sein alter Vater zu ihm: „Du mußt heiraten; wir beide sind betagt und bedürfen der Hülfe. Laß uns an der Seite einer guten Schwiegertochter mit Dir glücklich sein!- Vinzenz schüttelte den Kopf, doch sagte er später: „Euretwegen mag es geschehen, wählt Euch aber selbst Eure Tochter; mir aber sprecht nicht mehr vom Glück!" Dann eilte er schnell zur Türe hinaus. Die alten Eltern saßen stumm neben einander vor Leid und Sorge über ihren un glücklichen Sohn. „O möchte er doch Agnes heiraten", sagte

endlich unter Tränen die arme Mutter; „mit den Schritten diese- Engels würde der Segen Gottes wieder in unser Haus kommen und das Glück ihm Nachfolgen!" Vinzenz heiratete wirklich die Agnes; ste war die Perle des Dorfes und eine Ehre für die ganze Umgebung. Ihr Einttitt in das Haus schien wirklich eine Umwandlung darin hervorgerufen zu haben. Vinzenz schaute nicht mehr so wild und düster aus seinen Augen, und die Eltern waren voll Freude und hofften alles Glück von der unerschöpflichen Sanftmut

und zarten Sorgfalt ihrer neuen Tochter. Agnes ertrug den Trübsinn ihres Mannes mit unermüdlicher Geduld und setzte ihr ganzes Vertrauen auf Gott und seine süße Mutter Maria. Wenn bisweilen Vinzenz sich wieder stumm und niedergeschlagen in eine Ecke finster zurückzog und sein Gesicht in den Härrden verbarg, dann nahm sie ihren Spinn rocken, setzte sich zu ihm, fing zu plaudern an oder sang auch ein munteres Lied, wie ste es früher immer bei der Arbeit gewohnt gewesen war. Dabei blieb aber etwas seltsam

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Lienzer Nachrichten
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Seite 4 von 4
Datum: 06.08.1918
Umfang: 4
? ott dem Hllmädtfigen hat es in feinem unerforfdilidten Raffdiluffe gefallen, den hoduuürdigen Herrn Leopold Cifendle Benefiziat zu 5t. Hlichael, ehern. Stadtpfarrkooperator, Präfes des kath. Arbeiter vereines, des Jugendhortes und der 5t. Vinzenz-Konferenz am 30. Juli imermartet fdmell, im 39. Cebensjahre, zu Prägraten, nach einem überaus tatenreichen Geben zu fidi zu berufen. Die Leiche des teuren Verblichenen wird am 2. Huguit nach Lienz überführt und am Samstag, den 3. Huguft, um 4 Uhr

Nachmittag auf dem ftädtifdien friedhofe beigefetzt. Die feierlichen Seelengotfesdienfte finefen am Montag, den 5. Huguft, um 7 Uhr früh in,der Stadtpfarrkirche ftatt. Die Seele des Verdorbenen wird dem frommen Gebete der Gläubigen empfohlen. Lienz, am 1. Huguft 1918. In tieffter Trauer: - .Oie Unverwandten. Oer Klerus der Sfadfpfarre. Kranzfpenden werden zu Gunften der St. Vinzenz-Konferenz dankend abgelehnt. erfüllen hiemit die traurige Pflicht, Nachricht zu geben vom Linscheiden ihres hoch verdienten

Mitgliedes, des hochwürdigen Äerrn Leopold Eisendle Benefiziat zu St. Michael, Präses des kath. Arbeitervereines und der Vinzenz-Konferenz welcher am 30. Juli 1918, ganz unerwartet seiner arbeitsreichen volksfrermdlichen, Gott und den Mitmenschen gewidmeten Tätigkeit entrissen und in ein besseres Jen seits abberufen wurde. Die kath. Presse und Vereine verlieren an dem Verewigten ihren eifrigsten Förderer und Mitarbeiter. Seine reichen Verdienste und sein Andenken werden unvergeßlich bleiben. Er ruhe

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Lienzer Nachrichten
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Seite 10 von 16
Datum: 24.12.1915
Umfang: 16
bildeten die Musik dieser abend lichen Großstadtstraße. Summender Gongschlag, Klingeln und Pfeifen. Dann ein chaotisches urw unverständliches Stimmengewirr, das taktweise Aufklappern vieler Schritte — und da, knapp oor Mooslacher, das laute hartnäckige Rufen eines Hausierers: „Ehristbaumkerzen — sehr billig! Sin Dutzend nur 10 Heller!" Wieder blieb der Reservekorporal Vinzenz Mooslacher jäh stehen und schüttelte verwundert, beinahe ungläubig seinen Kopf. Wie schnell doch dieses furchtbare Jahr

vergangen! Es kam ihm vor, als wäre ganz vor kurzem erst Sommer ge wesen, jener klirrende und waffenstarrende Som mer, in dem er, der Mooslacher Vinzenz, blühende Rosen auf seiner Kappe, mit dem Re giment ins Feld gezogen. Und doch: Heute schrieb man den 21. Dezember, in drei Tagen war der heilige Abend. Langsam schritt der Soldat weiter. . . Aber auf seiner Stirne zogen sich böse Falten und verdorssen sank die Unterlippe herab. Es waren keine fröhlichen Gedanken, die den Ver wundeten bewegten

gehorsamst für die Einladung!" begann er. Doch der Offizier schnitt ihm jede weitere Rede ab mit warmen, gütigen Worten: „Lassen Sie das, Mooslacher! Uns beiden tut das Sitzen bester als das Stehen." Und mit einem freundlichen Lächeln fügte er noch hinzu: „Wir sind ja alle zwei jetzt ein paar invalide Kameraden!" Und Vinzenz Mooslacher tat auch bald dem dunkelroten Vöslauer, den der Oberst auf den Tisch bringen ließ, alle Ehre und kam immer bester ins Erzählen. Wie es damals gewesen sei

Wein kam und der Mooslacher Vinzenz wurde immer redseliger. Er zeigte sogar die Feldpostkarts, dis er heute nach mittags erhalten hatte. „Herr Oberst, diese glücklichen Kameraden!" Ein düsterer Schatten flog über Moos lachers vordem noch frohes Gesicht . . . Aber da ertönte die erst-rnahnende Stimme des Obersts nehmen ihm. „Mooslacher. schauen Sie mich an! Glauben Sie, ich wäre nicht auch lieber bei meinem Re giment?" ... In gehobenster Stintmung verabschiedete sich später der Korporal

! Wie in allen anderen, brennt auch in dem Spitale, in dem sich der Mooslacher Vinzenz be findet, ein strahlender, dicht behängter Christ baum. Die Schwestern verteilen die Liebesgaben und bei allen Soldaten sieht man heute nur frohe und zufriedene Gesichter. Am glücklichsten aber schaut der Reservekorporal Vinzenz Mooslacher drein, in seinen Augen schimmert es feucht vor lauter Seligkeit . . . Er kann den Blick nickt von der glitzernden Auszeichnung, wenden, die ihm vorhin der Kom mandant des Spitales mit einer feierlichen

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Tiroler Land-Zeitung
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Seite 13 von 16
Datum: 25.12.1915
Umfang: 16
, Wie es im Weihnachtsliede So troftverheißeud steht. Laß fromm dis Menschen handeln, Wie du es, Herr» gelehrt, Laß alle friedlich wandeln Zur Krippe, lichtverklärt! Brixen. I. K r n v o g l. Eine Weihnachtserzählung von Julius Götze Der Reservekorporal Vinzenz Mooslacher stapfte mit seinem verwundeten Bein schwerfällig durch den schon arg dunklen Hausflur. Und eine kleine Weile lang blieb er noch unschlüssig vor dem Spitalstore stehen und ließ sich, die graue, mit einem »Zweikaiserbildchen aus Email ge schmückte

Soldatenkappe in den Nacken Zurück geschoben, die frische Winterlust um seine Stirne wehen. Man sah es ihm dabei deutlich genug an und ohne daß er selbst noch etwas hätte sagen brauchen: in einer besonders rosigen Laune be fand er sich keinesfalls. Vinzenz Mooslacher war, wie man dies wienerisch zu sagen Pflegt, heute einmal ganz gründlich schief gewickelt . . . Da war ihm nach langem Bitten endlich Ausgang bewilligt worden, auf den er sich schon so sehr gefreut hatte. Und nun, da diese heißer sehnten

Stunden schlugen, hatte ein unvorausseh barer Umstand alle gute Laune und eine noch vor kurzem vorhandene Freude zerstört. Dieser Um stand war eigentlich, genau genommen, eine ro senrote, gar nicht erwartete Feldpostkarte ge wesen, und dem Reservekorporal Vinzenz Moos lacher gerade vorhin, bei der eingelangten Nach mittagspost t>on der blassen, diensteifrigen Spi talsschwester aufs Bett gelegt worden. Der über raschte Adressat begann natürlich sofort den er- * sichtlich eilig und mehrfach

wie in Hieroglyphen formen hingeritzelten Inhalt dieser seltsamen Karte zu studieren. Sie trug das sDatum des 10. Dezember und war so allem Anscheine nach auf den erdenklichsten Umwegen in das Wiener Rote Kreuz-Spital gewandert. Vinzenz Mooslacher hatte zuerst einen Iu- belrus ausgestvßen. Ein Gruß von seinem Re- gimente war das, ein Lebenszeichen von den treuen Zugskameraden. Fast alle hatten sich auf der Karte unterschrieben. Der Zugsführer Gre- lich, die Korporale Ertl und Schramm, der Ge freite Stöhr

, dann der Linktaler Schanerl, der Wasserburger Edi, der Kronika, der Brandt, der Haßmann — ja, und ganz oben, richtig und wirklich sogar der Leutnant auch! . . . „Lieber Vinzenz!" schrieb der Zugsführer, „wir senden Dir alle die schönsten Grüße. Und es ist uns sehr leid, daß Du nicht mehr bei uns bist. Auch der Herr Leutnant sagt oft und oft: Ewig schade, daß unser Korporal Mooslacher nicht mehr da ist! Also, schau dazu und komm bald wieder in unfern Zug — pumperlg'snud natürlich. Wir hätten alle die größte

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Tiroler Post
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Seite 9 von 16
Datum: 24.12.1915
Umfang: 16
, Wenn er zum Heiland fleht, Wie es im Weihnachtsliede So trostvetheißend steht. Laß fromm die Menschen handeln, Wie du es, Herr, gelehrt, Laß alle friedlich wandeln Zur Krippe, lichtverklärt! Brixen. I. K r a v o g l. Sein Christkindl. Eine Weihnachtserzählung von Julius Götz. Der Reservekorporal Vinzenz Mooslacher stapfte mit seinem verwundeten Bein schwerfällig durch den schon arg dunklen Hausflur. Und eine kleine Weile lang blieb er noch unschlüssig vor dem.Spitalstore stehen und ließ sich, die graue

, mit einem Zweikaiserbildchen aus Email ge schmückte Soldatenkapsie iu den Nacken zurück geschoben, die frische Winterlust um seine Stirne wehen. Man sah es ihm dabei deutlich genug all und ohne daß er selbst noch etwas hätte sagen brauchen: in einer besonders rosigen Laune be fand er sich keinesfalls. Vinzenz Mooslacher war, wie man dies wienerisch zu sagen Pflegt, heute einmal ganz gründlich schief gewickelt . . . Da war ihm nach langen! Bitten endlich Ausgang bewilligt worden, auf den er sich schon so sehr gefreut

hatte. Und mm, da diese heißer sehnten Stunden schlugen, hatte ein unvorausseh barer Umstand alle gute Laune und eine noch vor kurzem vorhandene Freude zerstört'. Dieser Um stand war eigentlich, genau genommen, eine ro senrote, gar nicht erwartete Feldpostkarte ge wesen, und dem Reservekorporal Vinzenz Moos lacher gerade vorhin, bei der eingelangten Nach mittagspost von der blassen, diensteifrigen Spi talsschwester aufs Bett gelegt worden. Der über raschte Adressat begann natürlich sofort den er sichtlich eilig

und niehrfach wie in Hieroglyphen formen hingeritzelten Inhalt dieser seltsamen Karte zu studieren. Sie trug das Datum des 10. Dezember und war so allein Anscheine nach auf den erdenklichsten Umwegen in das Wiener Rote Kreuz-Spital gewandert. Vinzenz Mooslacher hatte zuerst einen Ju- belrus ausgestvßen. Ein Gruß von seinem Re giments war das, ein Lebenszeichen van den treuen Zugskameraden. Fast alle hatten sich auf der Karte unterschrieben. Der Zugssührer Gre- lich, die Korporale Ertl und Schramm

, der Ge freite Stöhr, dann der Linktaler Schanerl, der Wasserburger Edi, der Kronika, der Brandl, der Haßmann — ja, und ganz oben, richtig und wirklich sogar der Leutnant auch! . . . „Lieber Vinzenz!" schrieb der Zugssührer, „wir senden Dir alle die schönsten Grüße. Und es ist uns sehr leid, daß Du nicht mehr bei uns bist. Auch der Herr Leutnant sagt oft und oft: Ewig schade, daß unser Korporal Mooslacher nicht mehr da ist! Also, schau dazu und komm bald wieder in unfern Zug — pumperlg'sund natürlich

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Außferner Zeitung
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Seite 9 von 16
Datum: 25.12.1915
Umfang: 16
als ihre Verlustzahl, die im östlichen Dolomitenabschnitt während des Monats Oktober allein auf 10.000 bis 12.000 Mann geschätzt wird, die fast alle auf das Verlustkonto des Col di Lana kommen. Weit stiller als im nordöstlichen Abschnitte des Dolomitengebietes ging es in dessen südwest lichen! Teile zu. Aber auch hi>er zeigte sich bei den Italienern m Oktober sine erhöhte Angriffslust Sein Christkindl. Eine Weihnachtserzühlung von Julius Götz. Der Reservekorporal , Vinzenz Mooslacher stapfte mit seinem verwundeten

Bein schwerfällig durch den schon arg dunklen Hausflur. Und eine kleine Weile laug blieb er noch unschlüssig vor dem Spitalstore stehen und ließ sich, die graue, mit einein Zweikaiserbildchen aus Email ge schmückte Soldatenkappe in den Nacken zurück- geschoben, die frische Winterluft um seine Stirne wehen. Man sah es ihm dabei deutlich genug an urrd ohne daß er selbst noch, etwas hätte sagen brauchen: in einer besonders rosigen. Laune be fand er sich keinesfalls. Vinzenz Mooslacher

war, wie man dies wienerisch zu sagen pflegt, heute einmal ganz gründlich schief gewickelt . . . Da war ihm nach langem Bitten endlich Ausgang bewilligt worden, auf den er sich schon so sehr gefreut hatte. Und nun, da diese heißer sehnten Stunden schlugen/hatte ein unvorausseh- barer Umstand alle gute Laune und eine noch vor kurzem vorhandene Freude zerstört. Dieser Um stand war eigentlich, genau genommen, eine ro senrote,. gar nicht erwartete Feldpostkarte ge wesen, und hem Reservekorporal Vinzenz Moos lacher gerade

vorhin, bei der eingelangten Nach mittagspost von der blassen, diensteifrigen Spi talsschwester aufs Bett gelegt worden. Der über- ! raschte Adressat begann natürlich sofort den et- ‘ sichtlich eilig und mehrfach wie in Hieroglyphen formen hingeritzelten Inhalt dieser seltsamen j Karte zu studieren. Sie trug das Datum des 10. | Dezember und war so allem Auscheiue nach auf j bert erdenklichsten Umwegen in das Wiener Rote Kreuz-Spital gewandert. Vinzenz Mooslacher hatte zuerst einen Ju belruf

ausgestyßen. Ein Gruß von seinem Re- gimente war das, ein Lebenszeichen von den . treuen Zugskameraden. Fast alle hatten sich auf der Karte unterschrieben. Der Zugsführer Gre- • lich, die Korporale Eril und Schramm, der Ge freite Stöhr, dann der Linktaler Schauer!, der Wasserburger Edi, der Kronika, der Brandl, der Haßmann — ja, und ganz oben, richtig und wirklich sogar der Leutnant auch! . . . „Lieber Vinzenz!" schrieb der Zugsführer, „wir senden Dir alle' die schönsten Grüße. Und es ist uns sehr leid

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Schwazer Bezirksanzeiger
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Seite 9 von 16
Datum: 25.12.1915
Umfang: 16
, Wenn er zum .Heiland flöht, Wie es im Weihnachtsliede So trostverheitzend steht. Laß fromm dis Menschen handeln, Wie du es, Herr, gelehrt, Latz alle friedlich wandeln Zur Krippe, lichtverklärt! Brixen. I. Kravogl. Sein Christkindl. Eine Weihnachiserzählung von Julius Götz, Der Reservekorporal Vinzenz Mooslacher stapfte mit seinem verwundeten Bein schwerfällig durch den schon arg dunklen Hausflur. Und eine kleine Weile lang blieb er noch unschlüssig vor dem Spitalstore stehen und ließ sich, die graue

, mit einem Zweikaiserbildchen aus Email ge schmückte Soldatenkappe in den Nacken zurück geschoben, die frische Winterluft um seine Stirne wehen. Man sah es. ihm dabei deutlich genug au und ohne daß er selbst noch etwas hätte sagen brauchen: in einer besonders rosigen Laune be fand er sich keinesfalls. Vinzenz Mooslacher war, wie man dies wienerisch zu sagen Pflegt, heute einmal ganz gründlich schief gewickelt . . . Da war ihm nach langem Bitten endlich Ausgang bewilligt worden, auf den er sich schon so sehr gefreut

hatte. Und nun, da diese heißer sehnten Stunden schlugen, hatte ein unvorausseh barer Umstand alle gute Laune und eine noch Var kurzem vorhandene Freude zerstört. Dieser Um stand war eigentlich, genau genommen, eine ro senrote, gar nicht erwartete Feldpostkarte ge wesen, und dem Reservekorporal Vinzenz Moos- lacher gerade vorhin, bei der eingelangten Nach mittagspost von der blassen, diensteifrigen Spi- talsschwester aufs Bett gelegt worden. Der über raschte Adressat begann natürlich sofort den er sichtlich eilig

und mehrfach wie in Hieroglyphen formen hingeritzelten Inhalt dieser seltsamen Karte zu studieren. Sie trug das Datum des 10. Dezember und war so allem Anscheine nach auf den erdenklichsten Umwegen in das Wiener Rote Kreuz-Spital gewandert. Vinzenz Mooslacher hatte zuerst einen Ju belruf ausgestvßen. Ein Gruß vou seinem Re- gimente war das, ein Lebenszeichen von den treuen Zugskameraden. Fast alle hatten sich auf der Karte unterschrieben. Der Zugsführer Gre- lich, die Korporale Ert! und Schromm

, der Ge freite. Stöhr, dann der Linktaler Schauer!, der Wasserburger Edi, der Kronika, der Vrandl, der Haßmann — ja, und ganz oben, richtig und wirklich sogar der Leutnant auch! . . . „Lieber Vinzenz!" schrieb der Zugsführer, „wir senden Dir alle die schönsten Grüße. Und esust uns sehr leid, daß Du nicht mehr bei uns bist. Auch der Herr Leutnant sagt oft und oft: Ewig schade, daß unser Korporal Mooslacher nicht mehr da ist! Also, schau dazu und komm bald wieder in unfern Zug — pumperlg'sund natürlich

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Lienzer Nachrichten
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Seite 9 von 16
Datum: 24.12.1915
Umfang: 16
dunklen Hausflur. Und eine kleine Weile lang blieb er noch unschlüssig vor dem Spitalstore stehen und ließ sich, die graue, mit einem Zweikaiserbildchen aus Email ge schmückte Soldatenkappe in den Nacken zurück- geschoben, die frische Winterlust um seine Stirne wehen. Man sah es ihm dabei deutlich genug an und ohne daß er selbst noch etwas hätte sagen brauchen: in einer besonders rosigen Laune be fand er sich keinesfalls. Vinzenz Mooslacher war, wie man dies wienerisch zu sagen pflegt, heute

einmal ganz gründlich schief gewickelt . . . Da war ihm nach langem Bitten endlich Ausgang bewilligt worden, auf den er sich schon so sehr gefreut hatte. Und nun, da diese heißer sehnten Stunden schlugen, hatte ein unvorausseh barer Umstand alle gute Laune und eine noch vor kurzem vorhandene Freude zerstört. Dieser Um- stand war eigentlich, genau genommen, eine ro- j senrote, gar nicht erwartete Feldpostkarte ge wesen, und km Reservekorporal Vinzenz Moos lacher gerade vorhin, bei der eingelangten

Nach mittagspost von der blassen, diensteifrigen Spi talsschwester aufs Bett gelegt worden. Der über raschte Adressat begann natürlich sofort den er sichtlich eilig und mehrfach wie in Hieroglpphen- formen hingeritzelten Inhalt dieser seltsamen Karte zu studieren. Sie trug das Datum des 10. Dezember und war so allem Anscheine nach auf den erdenklichsten Umwegen in das Wiener Rote Kreuz-Spital gewandert. Vinzenz Mooslacher hatte zuerst einen Ju belruf ausgestoßen. Ein Gruß von seinem Re- gimente

war das, ein Lebenszeichen von den treuen Zugskameraden. Fast alle hatten sich auf der Karte unterschrieben. Der Zugsführer Gre- lich, die Korporale Ertl und Schramm, der Ge freite Stöhr, dann der Linktaler Schanerl, der Wasserburger Edi, der Kronika, der Brandl, der Haßmann — ja, und ganz oben, richtig und wirklich sogar der Leutnant auch! . . . „Lieber Vinzenz!" schrieb der Zugsführer, „wir senden Dir alle die schönsten Grüße. Und es ist uns sehr leid, daß Du nicht mehr bei uns bist. Auch der Herr Leutnant sagt oft

und oft: Ewig schade, daß unser Korporal Mooslacher nicht mehr da ist! Also, schau dazu und komm bald wieder in unfern Zug — pumperlg'sund natürlich. Wir hätten alle die größte Freude." Der engen, kleinen Schrift Grolichs war dann noch ein Postskriptum Wasserburgers Zu gefügt: „Denk Dir, Vinzenz — ich und der Haß mann sind gestern zu Gefreiten ernannt wor den! ... . Der Reservekorporal Vinzenz Mooslacher, an den alle diese aus fernem Schlachtengetöse dringenden Freundesworte gerichtet waren, fühlte

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Tiroler Stimmen
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Seite 1 von 6
Datum: 07.05.1912
Umfang: 6
ohne Zustellung L mit Zuftellnug K mit Post , . , K HLAULHriOt ohne Zustellung L mit Zustellmiig L mit Post - . . K L*— IM Z5ö- 3« km s>— 7M 9 *—■ Vk— L44S 18 *— MNKKZNK KNMMerK 10 Hellem ZWMLZE NStzMH-N ASS^NM^SZE^AU LsS W- MtzH MkSLEHSS m£$Z§mz KEamütisnerr find psrtsfreL. >4. W Zchrmm listÜUS Morgen 8 Mai 1 Mich^cL Erschein, 1 mi §f 7, tti 1912. P. Vinzenz Maria Gredler. Am Sonntag den 4. Mai starb in Bozen, wie bereits mitgeteilt wurde, der hochverdiente emer. Gymnasialprofessor und Direktor P. Vinzenz

Vereine. Mit P. Vinzenz Gredler ist wohl eine der markan testen Erscheinungen, einer der bedeutendsten Männer Tirols dahingeschieden. Dieser als Schulmann wie als Gelehrter so hervorragende Mann wurde am 30. September 1823 in Telss im Oberinntal geboren; schon in den Kinderjahren hatte ihm der Tod seine liebevoll sorgende, fromme Mutter Judith, geborene Müller aus Reutte, entrissen; fortan habe ihn jedoch „die göttliche Vorsehung aus ihre Arme genommen und ihn wunderbar geleitet", pflegte P. Vinzenz

aber wurde in ihm der Sinn für die Beobachtung der Natur, der den späteren Gelehrten so sehr auszeichnet, geweckt; kein Pflänzchen, kein Tierchen war dem scharfen Auge des jungen Gredler entgangen. Im Jahre 1835 brachte sein Vater den zwölf jährigen „Naz" an das Gymnasium der Franziskaner nach Bozen, wo sein älterer Bruder P. Vinzenz Maria bereits' als Professor wirkte. Nach Vollendung der Gymnasialstudien trat Gredler am 16. August 1841 in das Noviziat der nordtirolischen Franziskanerprovinz

, das sich damals unter der Leitung des berühmten P. Peter Singer in Salzburg befand, ein, wo er aus Wunsch seines Vaters den Klosternamen seines in zwischen verstorbenen Bruders, Vinzenz Maria, erhielt. Am 11. Oktober 1846 wurde P. Vinzenz zum Priester geweiht, er konnte daher noch im Jahre 1911 sein llebzigjähriges Ordens- und sein fünfundfechzigjähriges Priesterjubiläum feiern. P. Vinzenz Maria war der Senior aller in Tirol lebenden Priester. Im Jahre 1848 kam dann der junge, talentierte Ordenspriester

als Professor an das k. k. Gymnasium in Hall, wurde aber schon nach einjähriger Tätigkeit an das Gym nasium der Franziskaner nach Bozen versetzt, wo derselbe als Professor und später als Direktor durch volle 51 Jahre bis zum Jahre 1900 in der ausgezeichk- netsten Weise wirkte. Bereits im Jahre 1852 hatte P. Vinzenz als einer der ersten nach der Neuorganisa tion der Gymnasien an der k. k. Universität zu Inns bruck die Lehramtsprüfung aus Naturgeschichte und ans der deutschen Sprache mit ausgezeichnetem

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Volksblatt
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Seite 5 von 12
Datum: 25.05.1912
Umfang: 12
25. Mai 1912 Tiroler LoUSblau Seite d ?. Vinzenz Maria Gredler f. Einen einzig gearteten Mann wie ?. Vinzenz behält die Welt,besondersseineTausendevon Schülern, in warmer, dankbarer Erinnerung. Ehrende Nach rufe wurden ihm allseitig geweiht. ?. Vinzenz war ein Mann voll Gottesfurcht, kindlich fromm, aber ohne Mensche-nsurcht. Was feine sanguinisch-cholerische Natur für Rechterkannte, wurde ausgeführt. Die Opposition stählte seinen Geist, seine Kraft. So herzlich wohlwollend, freund- lich

er sich hier nicht; seine zweite Heimat wurde und blieb ihm Bozen. Hier lebte er seit 1849/50 bis zu seinem Tode. Als er einmal bei Hall die Südseite des Jnntales in Begleitung des ?. Flavian Orgler, dem er intim befreundet war und mit dem er über 20 Jahre die Zierde des Bozner Gymnasiums bildete, hinanstieg, warf er einen Blick auf die Stadt und Umgebung und äußerte sich: „Es ist nicht zu leugnen, Hall und seine Nähe ist doch ein verflucht schönes Nest.' Eine eigene Fügung brachte es zuwege, daß gerade ?. Vinzenz

jener Franziskaner ist. der auf dem herrlichen Grabmonument dieses Ordens in Hall zum Himmel pilgert! ?. Vinzenz lehrte gewöhnlich in der 6. Klasse Naturgeschichte und Deutsch. Als Klassenlehrer führte er beim Maiausfluge seinen Kurs in die Umgebung von Bozen; das Sarntal liebte er besonders. Ein solcher Ausflug war ein geistiger Hochgenuß. Die deutschen Unterrichtsstunden des geistreichen Vinzenz zogen aller Aufmerksamkeit an; am wärmsten streifte er seinen Lieblingsdichter Goethe, besonders Iphigenie

. Hier entfaltete er seinen Schön heitssinn, feine künstlerische Feinheit. ?. Vinzenz liebte in den deutschen Arbeiten eine kurze, aber zutreffende Ausdrucksweise, Selbständigkeit der Auf« sassung. Das Führen von Tagebüchern nahm er als Hausarbeiten an. Kam in den Arbeiten etwas recht Drolliges vor, so konnte er recht herzlich lachen. Eine komische Schülererziehung zum Schillerschen Texte: „Wo das Strenge mit dem Zarten, wo Starkes sich und Milde paarten, da gibt es einen guten Klang' erregte lange

bestätigte es, daß dieser Plan sehr gut war. Das Privatgymnasium hatte einen äußerst schwierigen Stand; aber die Provinz verzagte nicht im Kampfe für das Gute und das Beste, was sie tun konnte, war, sie stellte als Direktor an die Spitze den Willensstärken, un beugsamen ?. Vinzenz. Nur dieser stahlharte Mann allein vermochte es, das neue Pflänzchen am Leben zu erhallen und zur Frucht zu bringen. Der damalige LandeSschulinspektor Krischet sagte dem ?. Vinzenz offen ins Gesicht: „Ich sehe es sehr ungerne

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Tiroler Stimmen
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Seite 7 von 8
Datum: 16.09.1911
Umfang: 8
, da jeder Mensch darüber ein strenges Gericht bestehen muß. Ein Mittel, die Gegensätze in der Liebe zum eigenen Ich und zum Nächsten etwas auszugleichen, sind die Vinzenz-Kon ferenzen. In der innigen Wechselwirkung zwischen Gottes und Nächstenliebe erhalten unsere Liebesroerke einen unendlichen Wert und die Erfüllung des zweiten Hauptgebotes wird leichter und ausdauernder be werkstelligt ! Die höchst zeitgemäßen Vinzenz-Konferenzen wer ben daher allen Katholiken, welchen die möglichst gute Erfüllung

dieses Hauptgebotes am Herzen liegt, bestens empfohlen. Im letzten „Herz-Jefn-Send- boten"-Hefte (August) findet sich ein Aussatz: „Vom protestantischen Logenmeister zum ka tholischen Vizekönig und Präsidenten des Vinzenz-Vereines", welcher Aufsatz wohl allgemeiner Beachtung, besonders aber fü^ die Viuzenzbrüder und solche, die es werden wollen, wert ist. Der Genannte ist der kürzlich verstorbene Lord Ripon, ehemaliger Großmeister der Logen Englands, Konvertit, Vizekönig von Indien und Präsident des Vinzenz

-Vereines. Einige Stellen aus einer Ansprache, welche er bei einer Generalversammlung der Vinzenz-Vereine in Bombay hielt, sind besonders für uns überaus lehrreich : „Als ich mit dem hohen Amte eines Vize- lvnigs von Indien betraut wurde, machte ein Ge danke mir den Wechsel schwer: ich konnte in dieser Stellung nicht mehr aktives Mitglied des St. Vinzenz-Vereines sein. Damit will ich aber nicht sagen, daß irgend ein Amt, und mag es auch das höchste sein, mit der Ehre eines Mitgliedes' des St. Vinzenz

diesem Vereine ziehen können, gesprochen hatte, schloß er mit den Worten: „Es wird für mich eine Quelle großer Freude sein, wenn ich nach England zurückkehren und dort meine Stelle als tätiges Mitglied des St. Vinzenz-Vereines wieder anfnehmen kann!" Lord A s q u i t h, der jetzige englische Minister präsident, stellte in: Parlamente Lord Ripon das Zeugnis aus: „Unter allen jetzt lebenden Unter tanen Großbritanniens gibt es keinen, der sich um sein Vaterland so hohe Verdienste erworben hätte wie Lord Ripon

." Möge, dieses herrliche Beispiel allseits Nach ahmung finden und besonders die besseren Stände sich mehr an dem so zeitgemäßen Werke der Vinzenz- Konferenzen beteiligen. Vor allem wären wohl die Vermischtes. * (Welche höchste Temperatur seiner Umgebung vermag der Mensch zu ertragen?) Während der nun überwundenen Hitzeperiode ist vorstehende Frage häufig aufgeworfen worden. Um sie richtig zu beantworten, muß man scharf unterscheiden zwischen hohen Tem peraturen bei sehr trockener

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Alpenländer-Bote
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Seite 21 von 24
Datum: 22.03.1914
Umfang: 24
28 Vinzenz war von bet heftigen Aufregung erschöpft in eine Erschlaffung versunken und bemerkte das Weggehen seiner Frau nicht. Agnes eilte unterdessen, so schnell sie konnte, der Gnadenkapelle zu. „O Gott", betete sie auf dem Wege, „gib doch dem armen Sünder den Frieden wieder und meinem unschuldigen Kinde die Gesundheit! Ach, vielleicht ist es schon zu spät; kaum fühle ich noch sein Herzchen schlagen. Aber Maria hilft", tröstete sie sich wieder und eilte weiter. Eben öffnete der greise

. Da stieß sie einen lauten Schrei aus. Mit beiden Händen hob sie ihr Kind zum Bilde empor, damit es zum Dank der Gnaden mutter zulächle; dann überließ sie sich ihrer Freude, drückte es an ihre Brust, überhäufte es mit ihren Küssen und benetzte es mit ihren Tränen. Doch plötzlich machte eine schmerzliche Erinnerung ihre Freude wieder verstummen. „Vinzenz", rief sie und faltete die Hände. „Maria, laß' Dein Werk nicht unvollendet! Dir hast den Sohn gerettet, rette nun auch den Vater! Gib ihm mit der Reue

wehrte ihr sanft mit den Worten: „Dieses Glück gebührt dem Vater; wir wollen alle zusammen es ihm bringen!" — Gefolgt von den beiden Eltern, näherte sie sich dem unglücklichen Sünder. „Blick auf", sagte sie zu ihm, „und siehe, was Gott für Dich getan hat! Zum Zeichen seiner Versöhnung hat er Deinen Sohn geheilt!" Vinzenz erwachte wie aus einem Traume; sein feuchter Blick hing starr an seinem Kinde, das die Händchen nach ihm ausstreckte und seinen Hals umklammerte. — Einen Monat später wurde eine Dank

- meffe in der Waldkapelle gefeiert und neben der glücklichen Mutter kniete der mit Gott wieder versöhnte Vinzenz. „Was soll ich der Muttergottes zum Opfer bringen?" sagte Agnes. „Andere würden ihr goldene Kreuze, silberne Kerzen und andere Kleinodien schenken; ich will ihr das schöne Haar meines Kindes zum Opfer reichen, das Abzeichen seiner Mutter". Die goldenen Löckchen des Knaben sielen unter der Scheere und Mnzenz selbst hing sie an den Mauern des Heiligtums auf. Seit jenem Tage war der Segen

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Der Arbeiter
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Seite 6 von 12
Datum: 20.10.1912
Umfang: 12
daran gewöhnt, sie im Mittelpunkt der seltsamsten Abenteuer zu sehen. Der Lehrling Vinzenz Korber nun ist ge radezu eine Zierde seines Standes, weniger frei lich die Freude des Meisters und der Meisterin, deren Ansichten über d-ie Rechte und Pflichten eines Schusterbuben von den seinigen bedenklich abweichen. In den zahlreichen lebhaften Diskus sionen, die ans derartigen Meinungsverschieden heiten entstehen, ist zwar immer der Vinzenz der leidende Teil; trotzdem aber hat er noch immer

und einer sehr gefühlvollen Musik, bei deren Klängen es sich einfach famos marschierte. Vinzenz war sehr vergnügt; aber wo das Ver gnügen am höchsten^ ist bst Misterm am nächstem Gerade war der Leichenzug aus den Fried hof einmarschiert, als der Vinzenz bei einer zu fälligen Umdrehung dicht in seiner Nähe die Mei sterin erblickte. Noch ein Glück, daß er sie früher ! erblickte, als sie ihn! Rasch drehte er sich um und I verschwand in seiner Angst hinter der nächsten : Türe. Es war die Totenkammer, in der er Zu- \ flucht

wußte er, daß ärztliche Intervention unbedingt nötig sei, und so brachte er den Burschen rasch ins nächstgelegene Krankenhaus. Dort erzählte er die Geschichte des Scheintoten. Der diensthabende Arzt machte große Augen und noch größere, als er den Auferstandenen un tersuchte und keine Spur einer Krankheit bei ihm fand. Er fragte nun scharf und Vinzenz Korber gestand. Und als er zu Ende erzählt hatte, gab es einige Schein- und Halbtote — vor Lachen. Man sah davon ab, mit dem falschen Scheintotm

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