Jahren der unbekannte Spender nicht ein einziges Mal den Tag ausgelassen und vergessen hat." „Verdi altert nicht" / von Eduard Franz Giuseppe Verdi befand sich in den letzten Jahr zehnten seines schaffensreichen Lebens viel auf Rei sen, um die Ausführungen seiner Werke auf den europäischen Bühnen selbst zu leiten. In München, wo man am diKtigen Hoftheater seine» „Rigoletto" neueinstudiert hatte, kam er in folge großer Zugsverspätungen erst nach Beginn des ersten Aktes an. Der Schließer
, der ihn persönlich nicht kannte, schob ihn rasch in eine Loge, die bereits von einer einzelnen Dame besetzt war. Da Verdi hinter der Frau zu sitzen kam, konnte er sie ungestört betrachten. Sie war — obgleich nicht mehr sehr ganz jung — eine ausgesprochene Schön heit. Ihr reiches blondes Haar und ihr feines, eben mäßiges Gesicht zeichneten sich gegen die hellerleuch tete Bühne deutlich ab, und der Meister wurde nicht müde, diese? anmutige Bild in sich aufzuneh men. — Während der großen Pause kamen
sie wie von selbst miteinander ins Gespräch, wobei sich zeigte, daß die Dame ein gepflegtes Italienisch sprach. Verdi erfuhr, daß ihr Gatte, ein angesehener Münch ner Arzt, im letzten Augenblick zu einem Patienten gerufen worden war, so daß ihr keine andere Wahl geblieben, als entweder auf die Vorstellung zu ver zichten, oder allein ins Theater zu gehen. Als be geistert« Verehrerin Verdisiher Musik, so erzählte sie in ihrer ungezwungenen Art, habe sie natürlich das letztere getan. „Es ist sehr schade, daß der große Meister
nun gar nichts Neues mehr von sich hören läßt", klagte sie. „Ich kenne fast alle sein« Werke auswendig: die stürmischen Jugendjchöpfungen .Ernani'. .Macbeth', .Rigoletto'. .Troubadour', ebenso wie die gedanken tieferen seiner Reifezeit — .Traviata', .Maskenball', .Macht des Schicksals', ,Don Carlos' und schließlich ,Aida'. Doch seit siebzehn Jahren hat er nichts Neues mehr geschaffen, obwohl er — davon bin ich fest überzeugt — dazu gewiß noch fähig wäre." „Verdi ist alt geworden, Signora", antwortete
, und rühme mich, einigen Einfluß auf ihn zu haben." „Sie sind sein Freund? Welch ein glücklicher Zu- fall!" Die anmutig« kleine Frau löste ein Medaillon von ihrem schlanken Hals. „Bitte, geben Sie ihm das, und sagen Sie ihm, es sei von einer Frau, die fest daran glaubt, daß er noch Großes schaffen könnte, wenn er nur wollte." „Gestatten Sie, daß ich Ihnen im Namen meines Freundes Verdi dafür diese schöne Hand küsse", er widerte galant der alt« Mann an ihrer Seite. — „Still!" rief sie, mit dem Finger