nicht auch nur den Schatten der Gefühle, die ich einst für ihn gehegt. Bist du nun ruhig?" Hetsons Arm umschlang sie fester, und wie sie sich über ihn bog. und ihre Lippen seine Stirn berührten, löste sich der starre Schmerz des Mannes in lindernde Tränen aus. Er weinte, wie er je in seiner Kinderzeit geweint, und über ihn gebeugt, sein Haupt in ihrem Arm haltend, stand die Frau. Unten im Saal schmetterte inzwischen die Musik, und die Spieler drängten sich um die Tische. Es war ein wüstes Lärmen und Treiben
, denn hier rollten die Würfel, hier rasselte das rouge et noir, glitten die Karten durch die ge übten und nur zu fertigen Finger der Spieler, und wie sie fielen, starrten glanzlose Augen in gieriger Erwartung auf die bunten, verhängnisvollen Blätter. In der Mitte des Saales, über einen der Tische ge beugt, stand eine eigentümlich malerische Gestalt — ein alter Mann, aber mit so ausdrucksvollen auffallenden Zü gen. daß. wer ihn einmal gesehen, ihn auch wohl nicht so leicht wieder vergaß. Jedenfalls floß in feinen
Adern spa nisches, vielleicht edles Blut, denn edel war offenbar die kühn geschnittene Stirn, die leicht gebogene Nase, und das rabendunkie Auge blitzte mit so viel Feuer, als ob er kaum mehr der Jahre in den Zwanzigern zähle, wie er doch wohl in den Fünfzigern trug. „Verloren, Senjor," lachte da ein Spieler, indem er einen kleinen Haufen Goldstücke einzog und auf den in der Mitte aufgehäuften Barvorrat an Münzen und Gvldstaub legte. „Sie spielen heute wieder mit entschiedenem Unglück und sollten
er. •— „aber morgen bekommt meine Tochter wieder Ho norar, —" „Tut mir leid. Sensor." sagte achselzuckcnd der Spie ler. — „das unsere ist ein Bargeldgeschäft, und wir muten auch niemanden zu. uns zu borgen. Setzen Sie den Ring da und bestilnmen Sie den Preis. Die Fassung gefüllt mir." „Ten Ring? — nein!" rief der Mann säst erschreckt und trat einen Schritt von dem Tische zurück. Der Spieler zuckte bloß mit den Achseln, und andere, die schon lange darauf gewartet hatten, näher zu dem Tisch zu kommen, drängten
Blick in das unter ihr wogende un selige Treiben nieder. Der ihr zunächst sitzende Violin spieler, ein junger Franzose, wandte sich manchmal zu ihr und suchte ein Gespräch mit ihr anzuknüpfen; aber sie hörte oder achtete nicht auf das, was er sagte. — Nur noch mehr wandte sie den Kops von ihm ab — die Helle Träne zu ver bergen, die ihr einzeln und ungesehen von den langen dun keln Wimpern niedertropfte. Die Musik schwieg, und der Kapellmeister, ein kleiner dicker Mann, offenbar ein Deut scher