II. Dogen des Tiroler „Ionntags-Me" Nr. 46. Bozen, Sonntag, 14.November 1888. Auch ein Keweröekapilel. In einem Wiener Blatte erschien kürzlich vom angesehenen Journalisten I. H. Wehle unter dem Titel: „Weh' dem, der arbeitet!" ein Aufsatz, in welchem der genannte Autor die prak tischen Folgen des neuen Gewerbegesetzes so recht handgreiflich illustrirt. Der betreffende Artikel knüpft an eine Thatsache an, nämlich an die heldenhafte That des Wiener Genossenschafts-Aus schusses der Sonn
ist eine Stube in Otta kring. Die oben erwähnte „Frauensperson" sitzt umgeben von ihren Hilfsarbeiterinnen, fleißig und gesetzwidrig das Gewerbe des Sonn- und Regen- schirmmachens betreibend. Von Zeit zu Zeit richtet sie sich auf, blickt besorgt durch daö Fenster auf die Straße, horcht auf jedes Geräusch und verräth überhaupt alle Symptome, welche mit der gesetz widrigen Ausübung einer Arbeit verbunden sind, zu welcher man keine andere Bcfugniß besitzt, als jene, sich auf ehrliche Weise sein Brod zu verdie
nen. Die Thür öffnet sich, die Magd stürzt herein mit dem Schreckensruf: „Frau, geschwind, ver stecken Sie Alles, sie kommen!" Alle fahren in die Höhe, die Frau erhebt sich todeöbleich, aber gefaßt. Stöcke, Griffe, Zwingen, sowie alle sonstigen Behelfe und Werkzeuge der unbefugten Sonn- und Regenschirm-Erzeugung werden schnell verborgen, der Tisch wird klar ge macht und nun sitzen sie alle mit der unschuldigsten Miene mit Karten in den Händen, als hätten sie zeitlebens kein anderes Geschäft
betrieben, als das des Altimo-Ansagens und des Pagat-Abfangens. Als die Gestrengen der Genossenschaft der Sonn- und Regenschirmmacher erscheinen, sind sie in diese von der Gewerbeordnung nicht verbotene Beschäf tigung so vertieft, daß sie deren Eintritt nicht zu bemerken scheinen. Aber die Gestrengen sind keine heurigen Hasen, sie wissen, daß sich die Verbrecher gegen die Gewerbe-Ordnung, wie es im Gesetz heißt, „hinter einem falschen Schein" zu verber gen pflegen, daß sie Müßiggang heucheln
." „Wie alt sind Sie," fragte der sehr Gestrenge. „Siebzehn Jahre." „So jung und schon eine verbotene Sonn- und Regenschirmmacherin," sagt tieferschüttert der Ge strenge. „O Zeit, o Menschen, o arme, aus den Fugen gerathene Gesellschaft." Die Frau sieht, in welcher Gefahr sie schwebt. Rasch entschlossen, tritt sie zu den beiden Gestren gen und flüstert ihnen einige Worte zu. Sofort ändert sich ihr Benehmen, ihre Züge werden mil der, ihre Stimmen gedämpfter und ruhiger. Beide lüften den Hut, den sie bisher