durch Willfährigkeit und Zugeständnisse zu beschwören. Vergebens die Offenheit, mit der das deutsch-österreichische Bündnis mitge teilt wurde; vergebens die Duldsamkeit, mit der es Deutschland ertrug, von Osten und We sten zwischen zwei Feinde eingeklemmt zu sein; vergebens die Freundschaftsbeteuerungen auch dann noch, als England dem Zweibunde bei trat und die Gefahr ins Ungemessene wuchs. Nur Rußland zuliebe, das hat Fürst Bülow selbst zugestanden, hat Deutschland darauf ver zichtet, mit England ein Bündnis
zu schließen. Lieber wollte es mitansehen, daß seine Küsten bedroht und der Gegner gestärkt werde, als daß es das Amt aus sich genommen hätte, Rußland zu reizen und durch ein Eintreten für englische Interessen abzustoßen. Jetzt emtet Deutschland den Dank für all diese Opfer. Jetzt legt Rußland, wie der Reichskanzler sagt, die Fackel an das Haus, um den entsetzlichsten Krieg, der jemals stattgefunden hat, zu eröffnen. Das geht aus dem Depeschenwechsel zwi schen Kaiser Wilhelm und dem Zaren hervor
. Diese einzigartige Dokumentensammlung be weist, daß der Konflikt zwischen Deutschland und Rußland zu gleicher Zeit der Gegensatz zwischen zwei Weltanschauungen und zwei Kul turkreisen ist, zwischen der Ehrlichkeit, die bei nahe überströmend sich äußert, und der grin senden Verschlagenheit, der das Wort nur dazu ! dient, um den Gedanken zu verbergen. Man ! wuß nur lesen, mit welcher Inständigkeit der ^ Zar Kaiser Wilhelm bittet, er möge im Na- ! men der alten Freundschaft Rußland helfen, ! er möge um Gottes
haben. Der Zar bezeichnet den Krieg, den Oesterreich-Un garn zur Sicherheit seiner Existenz zu führen gezwungen ist, als einen schmählichen Krieg, er sagt, er teile die ungeheure Entrüstung, die darüber in Rußland herrsche. Und nun muß die Entwicklung an der Hand des Kommen tars verfolgt werden, welchen der Reichskanz ler diesem Depeschenwechsel gegeben hat. Wäh rend der Zar in Berlin um Vermittlung bit tet, mobilisiert Rußland seine Streitkräfte ge gen Oesterreich. Trotzdem setzt Deutschland
mobilisiert. Wenn die Vermittlung Deutschlands scheitern sollte, so lautet die für alle Zeiten denkwürdige An klage, werde die ganze Schwere der Entschei dung auf den Schultern des Zaren ruhen; sie haben die Verantwortung für Krieg oder Frie den zu tragen. Am 30. Juli antwortet der Kaiser von Rußland, daß die Mobilisierun gen nur zur Verteidigung dienen, und zugleich sind in seinem Telegramm die süßesten Schmei cheleien für Kaiser Wilhelm enthalten: wie hoch der Zar seine Vermittlerrolle anschlage