-Nummer der „Volks-Zeitung" 893d. > viertelst K 6.—. halbst K 12.—. — Schweiz u. übr. Ausland: m. K 2.50, vj. K 7.50, Hst K 15.—. dtr. 241 Innsbruck, Donnerstag, 17. Oktober 1912 20. Zahrg. Friedensschluss zwischen Italien und der Türkei. Innsbruck, 17. Oktober. Zwischen Italien und der Türkei wurde gestern ein Friedensvertrag abgeschlossen, der — leider! — das Morden in Tripolis nicht beenden wird. Wohl verzichtet die Türkei auf ihre nordafrikanischen Provinzen: aber dieser Verzicht
als von der Türkei unabhängige Provinzen. Womit stch natürlich die Türkei ihrer bisherigen Rechte be gibt, womit aber auch einbekannt ist, daß die Türkei auf die braunen Wüstensöhne, die bisher das Land verteidigten, keinen so bestimmenden Einfluß hat, um verlangen zu können, daß sie ihre Waffen strecken und sich der italienischen Fremdherrschaft er geben. Wohl nimmt durch den Vertrag die Türkei die Pflicht auf sich, die Araber mit einer Proklama tion aufzufordern, von weiteren Kämpfen abzu stehen
und die regulären türkischen Truppen aus beiden Provinzen zurückzuziehen, aber was bedeutet dies? Die türkischen Truppen in Tripolis sind keine Macht: sie zählen nach zuverlässigen Schätzun gen höchstens 10.000 Mann und wenn diese Truppen einen bedeutenden Teil der türkischen Streitkräfte gebildet hätten, wäre der Krieg schon längst been det. Nicht die türkischen Truppen, die von der bo denständigen arabischen Bevölkerung gebildete Miliz hat die italienischen Streikräfte bisher in Schach gehalten. Diese Araber
die beiden Provinzen erobert hat, bis der italienische Kapitalismus die Beute einsacken kann, werden noch tausende Söhne des italienischen Vol kes in den lybischen Sandwüsten verbluten. Der „Spaziergang nach Tripolis", wie die nationalisti sche Presse Italiens den Raubzug zu nennen be liebte, wird dem Eroberer, trotz des scheinbaren Friedensschlusies, noch schwere Wunden schlagen. Lybien kann zum Sudan für Italien werden. Daß die Türkei die Friedensbedingungen an nahm, die für sie den Perlust beider
nordafrikani schen Provinzen bedeuten, ist freilich begreiflich. Was hätte sie sin den dunklen Stunden, wo ihr vier Balkanstaaten, hinter denen Rußland steht, an die Gurgel fahren und wo fast alle europäischen Mächte auf den Tag warten, an dem ihre europäischen Pro vinzen aufgeteilt werden können, tun sollen, als sich den Rücken frei zu machen? Sollte sie, währen^ sie an der ganzen Nordgrenze um ihre europäische Exi stenz kämpfen muß, sich der Gefahr aussetzen, daß plötzlich im Rücken die italienischen