lieft eigene heitere Geschichten? 21: Bunte Unterhal tungsmusik Zürich, 19.55: Bunter Abend. Das Opfer àes Vaters Zeitbild von Heinz Ulrich. Der lange Saal lag noch im Dunkeln. Nur in dem kleinen Verschlag, in dem der Faktor saß und mit Paul Fischer sprach, brannte eine einzige Lampe. Es war noch sehr früh. Zudem war der Himmel draußen tief von Grau bedeckt. Ein schwacher, Heller Streifen dicht über den hohen Mauern der Häuser ringsum verhieß schon den Morgen. Die Setzkästen standen tot und stumm
einer eine Viertelstunde früher kam, weil ihn schlechter Schlaf zu früh aus dem Bett getrieben hatte. Paul Fischer war zum erstenmal so früh gekom men, und er setzte sich nicht, sondern ging zu dem Faktor hinein. Sie begrüßten sich, wie so alte Ar- deitskameraden einander begrüßen, trocken und mit einer genau ausgewogenen Herzlichkeit. Paul war älter als der Faktor, der Tag seines fünfzigjährigen Ehrenfestes war herangekommen, und damit der Tag seines Ausscheidens. Vom Chef war ihm eine kleine Rente zugesichert worden
, denn wenn er auch nur seiner Arbeit lebte, diese Stimme hatte er noch nie gehört, diese alte, trostlose, zerbrochene, zitternde Stimme, die dennoch die seines Kameraden war. Aber noch mehr erschrak er, als er in fein Gesicht sah, das genau so fremd, so leer, so zerbrochen war, wie die Stimme. „Paul', rief er und vergaß alle Würde. Paul schob ihm ein Schreiben hin, einen Brief, in dem stand, daß der Sohn in seinem Geschäft verhaftet worden war, daß in seiner Kasse fast zwanzigtau send Mark fehlten, daß er zwar leugnete
, seine Schuld aber wahrscheinlich sei. Paul hatte den Brief abends zu Hause vorge funden, noch über dessen wichtiges Aussehen mit der Tochter gescherzt, ihn dann schließlich atemlos und mit verschwimmenden Augen gelesen, den Schreck vor seiner Tochter verborgen, so gut es ging, und hatte keine Minute Schlaf gefunden. Er bat darum, weiterarbeiten zu dürfen, so lange, bis des Sohnes Unschuld bekannt — und er glaubte daran —oder so lange, bis diese Schuld bezahlt war. Man ließ ihm die Stelle. Er tat
, schattenhelles Lächeln, das mehr sagte als alle dankbaren Worte. An einem hellen Vormittag stürzte der Bote, der aus der Schriftleitung kam. mit einer Notiz in den Saal, die er im Maschinensaal abzugeben hatte, und kielt sie dem ersten Setzer, der ihm be gegnete, vor die Augen. Der las und rief nach Paul. Alle umdrängten den Zettel. Nur Paul blieb an seinen Tisch gelehnt stehen und schloß die Augen. Er wußte nicht, was das war, daß jetzt kam, aber er wußte, es mußte etwas Gutes sein oder ein Ende