Freitag, 24. Mai 1918. Jahrgang 1912. Nähe seines Weibes, ihre liebende Besorgnis für ihn wohltätig zu empfinden; mit gerührtem Aus druck folgte ihr sein Auge, wenn sie sich leisen und geräuschlosen Schrittes im Krankenzimmer bewegte. Ein inniger Blick, ein schwacher Händedruck von ihm sprach Margarete zuweilen beredt seinen Dank für ihr aufopferndes Wirken aus und sie fühlte sich dadurch überreich belohnt. Leise, ganz leise pochte die Hoffnung an ihr Herz, Oskar werde genesen
mit jedem Tage mehr. In einem besonders lichten Augenblicke winkte Oskar seine Frau an seine Seite und faßte teilnehmend ihre Hand. „Arme Margarete-, sagte er mit matter Stimme, „wieviel hat du schon meinetwegen ge litten! Kannst du mir verzeihen, daß ich oft so hart und ungerecht gegen dich war und dein liebes Herz auf das bitterste kränkte?" „O still, Oskar, wie könnte ich dir etwas nachtragen, du weißt ja, daß ich dich liebe", antwortete Margarete, indem sie sich zärtlich zu ihm niederbeugte. „Ich danke
." „Wo die Liebe mitwirkt, ist kein Opfer schwer", erwiderte Margarete innig. „Ich tue nichts als meine Pflicht, wenn ich dich pflege, und zwar eine Mcht, deren Erfüllung mir Freude macht." „Jetzt werden wir wenigstens nicht durch meine. Schuld voneinander getrennt, Gott vollzieht selbst die Trennung", begann Oskar nach einer kleinen Pause wieder. „Der Gedanke, daß du mir nicht zürnst, daß ich im Frieden aus dem Leben scheide, ist mir ein süßer Trost." „Was sprichst du, Oskar, du wirst nicht sterben
, du wirst wieder genesen und für mich und unsere Kinder leben", rief Margarete schmerz lich ergriffen. Oskar schüttelte wehmütig dem Kopf. „Täusche dich nicht über meinen Zustand", sagte er ernst. »Ich fühle nur zu wohl, daß meine Kräfte mehr und mehr schwinden. Bete für mich, daß Gott mir ebenso verzeihe, wie du es getan hast. Und nun noch eins, Margarete. Ich kann mir denken, daß du uach meinem Tode unsere Kinder beide in deiner Religion erziehen willst, nun wohl, ich kann dir's uicht verargen. Tue
in ihre Herzen ein! Und nun. Margarete, reiche mir deine Hand zum Zeichen, daß du meine Bitte erfüllen wirst." »Ich verspreche dir es, Oskar", antwortete Margarete tief bewegt, indem sie wie zur feierlichen Bekräftigung ihre Hand in die seine legte. Ein friedvoller Ausdruck überflog seine Züge, er lehnte sich aufatmend zurück, faltete die Hände I Ad lag längere Zeit schweigend wie in stillem Gebete da. Ahnte er vielleicht, daß dies die letzte Engere Unterredung sei, die ihm vergönnt war, mit Margarete