, wie er wollte, und kein Vorwurf kam über ihre Lippen. Eines Nachts aber hörte er sie weinen, seitdem kam er immer nach Feierabend heim. — — — Fast ein Jahr war vergangen, seit Dora Eggers Ballet teuse geworden. Eines Abends saß Martin nach dem Abendessen am offenen Fenster. Er hatte ein Buch in der Hand, kam aber mit dem Lesen nicht recht vorwärts. Durchs Fenster flutete die weiche, warme Luft des schönen Sommerabends, dmchhaucht von dem Dufte des Jasminstrauchs im Garten. In der Ferne sang eine Nachtigall. Nun war Martin
nur ein einfache ', gewiß nicht empfindsamer Mensch, aber ihm ward doch seltsam weich zumute, und plötzlich stand Doras Bild vor seinem inne en Auge. Er aber schämte sich der Weichheit; unmutig stand er auf und ging in dem kleinen Zimmer auf und ab. Seine Mutter hatte, während sie fleißig strickte, ihn von ihrem Platze am andern Fenster aus beobachtet; man sah, daß sie sich mit Gedanken beschäftigte, die nicht leicht über ihre Lippen wollten. Endlich faßte sie Mut. „Martin, ich möchte etwas mit dir besprechen
," begann sie, zaghafter doch, als sonst ihre Art war. „Ja, Mutter, was ist's?" Sie zögerte eine Weile, ehe sie fortfuhr. „Sieh, mein Junge — ich wollte es dir schon immer sagen: ich werde alt, und es könnte sein, daß ich dich bald verlassen müßte —" „Bist du krank, Mutter?" unterbrach der Sohn sie erschreckt. „Nein, nein, Martin, ich bin so weit ganz gesund, doch alte Leute müssen mit dem Tode rechnen, und ich möchte dich nicht gern allein zurücklassen. Martin — meinem Vetter seine Grete nähme
dich sicher." Martin hatte der alten Frau aufmerksam zugehört — bei den letzten, rasch gesprochenen Worten fuhr er heftig auf. „Nein, Mutter, das kann ich nicht," erwiderte er schroff und ging aus dem Zimmer. Die Alte ließ ihn, kam auch nicht wieder auf ihren Wunsch zurück. * * * In den nächsten Tagen war Martin still und wort karg; am Sonntag stand er frühzeitig auf. Schweigend aß er das Frühstück, trat dann ans Fenster und starrte hinaus. Plötzlich drehte er sich um. „Da du's gerne willst, gehe
. Es hing nur an einem Faden. Die Grete tat ganz recht, sich die Sache zu überlegen; ja, ich hätt's ihr kaum verdacht, wenn sie gar nicht wollte, nachdem ich ihr erzählte, daß ich —" „Na ja," fiel die Mutter hastig ein, als er stockte. „Nun ist alles gut. Heirate nur bald, damit ich —" ihr fehlte plötzlich der Atem, und sie lehnte sich an die Wand. „Mutter, was ist das?" rief Martin erschreckt. „Ick geh' sofort zum Doktor." Sie hielt ihn fest.