Grausame Zeiten, voll Blut und Gewaltthat, mußten vergehen, ehe das Geschlecht der Sforza das Herzogthum Mailand gewann. Sie kamen ans niedrigem, ja bäuerlichem Stamme, aber der Gründer ihrer Würde besaß doch wenigstens persönlichen Muth und zeigte, was der Glaube an einen hohen Berus vermag, bis seine Enkel wieder in den Fluch der alten Tradition versanken. Der volle Zwang des Despotismus indessen kam über Mailand erst, als Karl V. es in die Hände Spaniens übergab, in denen es bis zu Beginn
des achtzehnten Jahrhunderts verblieb. Wie man über die Herrschaft Oesterreichs dachte, die darauf folgte, ist allen Zeitgenossen bekannt; vergeblich berief man deutsche Gelehrte und Künstler, um der Stadt neuen Nimbus zu geben, — aber Mailand wollte nicht deutsch sein, es wollte nichts sein als ein Theil des einigen Italie» ! Entsetzliche Jahre vergingen, bis der Friede von Villafranca kam und der König im brausenden Jubel in Mailand einzog. Es ist wunderbar genug, daß eine Siadt, die so unwandelbar
im Kreise nationaler Entwickelung stand, doch äußerlich so wenig nationale Charakteristik zeigt. Denn Jeder, der Italien unbefangen durchzieht, wird sich gestehen, daß das italische Element in Mailand am wenigsten zu Tage tritt; das Leben, die ganze Physiognomie der Stadt hat vielmehr einen cosmopolitischen Zug, wie er jeder Großstadt eigen ist, und gar manche Straßen könnten ebenso gut in Paris sein. Am ehesten besitzen noch die neuen Wege (vor Allem die Gallerie Victor Emanuels) ein südliches Gepräge
Meisterstück emporstieg, ist das uralte Mailand; hier eint sich, wie in keiner andern Stadt Italiens, der Bürgerstolz mit cosmopolitischem Geiste. Auf dem Corso und in der Calleria begegnet sich zumeist der gesellige Verkehr, wenn die strenge Arbeit zu Ende ist und Alles Athem holend in's Freie eilt. Hier allein werden wir sofort in die iialimische Welt versetzt, an die uns weder der Bau der Stadt, noch die Haltung der Bürger sonderlich gemahnt; nur die Gesellschaft ist jenes Zauberwort, das das innerste
Wesen des Italieners mit plötzlicher Macht erweckt, und ihm Alles entlockt, was er an Geist, an Liebenswürdigkeit und Schönheit besitzt. Wer in Mailand nur die großen Comptoirs oder die Statten geistiger Arbeit betritt, der wird ernste, emsige Menschen finden, die fast mit nordischer Strenge ihre Pflichten üben; erst wenn wir des Abends auf den Corso komnien, wandelt sich das Bild, nun erst sind die Mailänder im vollen Sinne Jialicmr! Mit doppelter Raschheit fließt jetzt die Rede, in prächtigen