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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 5 von 8
Datum: 26.06.1922
Umfang: 8
stattfind, zu der Mitteilung, daß die Un- 171 Pelle der Eroberer. Roman von Martin Andersen Nexö, Ader wie sah es nur einmal in Gutsbesitzer Kongs- j Lnqis großen Sälen aus? Da lag wohl da? Geld auf dem bloßen Fußboden, das Gold für sich und das Sil- ; der für sich; und mitten in jedem Haufen stand ein Scheffelmaß! Was bedeutete das Wort zweckdienlich, das der Verwalter benutzte, wenn er mit dem Großbauern sprach? und warum gebrauchten die Knechte .das Wort ' Schwedisch als Schimpfwort gegeneinander

, aber wie konnte nur Eisen schwimmen, es war doch so schwer? Das Wasser in der See mußte stark sein, denn im Teich sank dos Esten sofort auf den Grund. Ganz in der Mitte war der Teich grundlos, da sank man dann also weiter bis in alle Ewigkeit! Der ( alte Dachdecker hatte in seiner Jugend über hundert Klafter Stricke mit einem Anker daran hinabgesenkt, um einen Eimer herauszuholen, aber er gelangte niemals auf den Grund. Und als er den Strick wieder in die Höhe ziehen wollte, war da tief umen

, weil sie die Grundlage selber für alles Dasein war — Vater Lasse. Er war ganz ein fach >da, stand wie eine feste Mauer hinter allent, was man unternahm. Er war die eigentliche Vorsehung, die letzte große Zuflucht in Gutem wie in Bösem; er konnte alles, was er wollte — Vater Lasse war allmächtig. Und dann war da ein natürlicher Mittelpunkt in der Welt: Pelle selber. Um ihn mußte sich alles scharen, jedes Ding war um seinetwillen da — damit er damit spielen, sich davor grauen oder es für eine große Zukunft beiseite

legen konnte. Selbst die ferneren Bäume, Häuser und Steine in der Landschaft, denen er nie nahe gekommen war, nahmen Stellung ihm gegenüber, entweder freund lich gesonnen oder als Feinde. Und das Verhältnis mußte genau erwogen werden für jeden neuen Gegenstand, der in feine Sphäre hineingeriet. Klein war feine Welt, er hatte erst gerade angefangsn, sie sich zu schaffen. Eine gute Armlänge nach allen Sei ten hin war einigermaßen festes Land, draußen trieb die rohe Materie, das Chaos. Aber Pelle fand

; sie, waren wie ein Maschinenschlund, in den sich die Ma terie unablässig in wirbelnden Einzelteilen hrneinstürzte. Und in den Strudel hinter ihnen gerieten andere und wieder andere hinein — das ganze Weltall war auf der Wanderung zu ihm hin begriffen. Zwanzig neue Dinge in der Sekunde formte Pelle und schob sie von sich ab. Die Erde wuchs unter ihm zu einer .Welt, die reich war an Spannung und grotesken Formen, Unheimlichkeiten und den alltäglichsten Dingen. Er be wegte sich unsicher darin, denn da war beständig

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 6 von 8
Datum: 09.06.1922
Umfang: 8
die Mütze vor den Leuten aus Steinhof tiefer ab als vor anderen. Dies alles hatte sich im Laufe der Jahre wohl ein we nig geändert, der ärgste Stachel war von dam Aber glauben abgefchliffen. Aber die böse Luft, die über Herrensitzen liegt — über allen großen Anhäufungen von dem, was >ben Vielen gehören sollte —, lag auch schwer über Steinhof. Es war das Urteil.des kleinen Mannes, feine einzige Rache für sich und die Seinen!. Lasse und Pelle witterten schnell die drückende Lust und sahen mit den halb

des internationalen Komitees vom Roten Kreuz auf dem unteren Hof zu schaffen — ihm lag noch immer der Klang im Ohr. Trübselig, ach, so trübselig war es mit diesem ewigen Frauenweinen, als fei ein Kind ge storben oder als säße «ine mit ihrer Schande da. Und was konnte da wohl zu weinen fein, wenn man einen Hof von mehreren hundert Morgen Land hatte und in dem großen Haus mit zwanzig Fenstern wohnte „Reichtum, dos ist eine Gabe von Gott. Doch Armut, das ist eine Belohnung. Wer den Reichtum hat, Hat das Leben oft

mit' der Mit- tagsarbeit im Stall fertig und ließ sich gute Zeit. Dies war nur etwas, was er dazwischen schob. Hin und wie der sah er freilich zu den hohen Fenstern empor ' und griff mit einem Ruck zu, aber die Müdigkeit war doch am stärksten; eine kleine Nachmittagsruhe hätte gut ge tan, aber er wagte es nicht. Es war still auf dem Hot. Pelle war nach denr Kaufmann gelaufen, um für die in der Küche etwas zu holen, alle Mannsleute waren am dem Felde, um die letz!« Sommersaat unterzupfllügen. Man war weit zurück

hatte ihn geschickt. „Bist du da, du fauler Polizeispion," murmelte Laste, als er den Eleven sah, „eines schönen Tages schlag' ich dich noch tot!" Aber er nahm die Mütze tief vor ihm ab Der lange Eleve ging über den Hof, ohne ihn anzusehen, und fing an, prit den Mädchen unten im Brauhaus zu schäkern. Dos ließ er hübsch bleiben, wenn die Knechte zu Hause waren — das Gespenst! Kongstrup trat da oben auf die Treppe hinaus, er blieb eine Weile stehen und sah nach dem Wetter, dann ging er aus den Kub- stall

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 6 von 8
Datum: 07.11.1922
Umfang: 8
durch die Bildung von Steuergesellschaf ten der Industrie und des Gewerbes erzielt, wie sie schästigung, mit Garibaldi schwang es sich für sie um die ganze wunderbare Welt herum. In Pelle brannte das Blut vor Wanderlust; er wußte jetzt, was er wollte. Tüchtig werden wie Garibaldi — das personifizierte Genie, und in die großen Städte hineintraben mit Stock und Ranzen wie eine Fanfare. In ihnen allen blieben Spuren von seinem flüchtigen Besuch zurück. Sie hatten etwas in sich mit einem Ruck gesprengt

— hatten einen freieren, kühneren Geist bekommen; und sie hatten das Fach groß, wie eine Art künstlerischen Kultus, an sich vorüberziehen sehen. Das Brausen von dem Flug großer Vögel hing lange über der kleinen Werk statt mit ihrer rechtschaffenen Bürgerlichkeit. Dieser frische Luftzug um die Ohren, da? Mar der Geist des Faches selber, der über ihren Köpfen dahinzog — getragen von seinen beiden mächtigen Schwingen: Genie und Liederlichkeit. Eir^s aber blieb in Pelle al? sinnloser Brocken Zurück — das Wort Streik

sestgefahren. Vom Fleck kamen sie nicht, arbeite ten sich nur noch tiefer hinein. Pelle hatte sich oft genug darüber gewundert, wie viele Arme hier waren — warum strengten sie sich nicht an und wurden wohlhabend? Alle hat- j von den Sozialdemokraten vorgeschlagen worden seien. Redner wendet sich gegen die Phasensteuer auf Gas und Elektrizität, worin er nicht nur eine schwere Bedrückung der städtischen Bevölkerung, sondern auch eine Gefahr für viele Industrien er blickt. Er kritisiert sodann eingehend

, geschah es, um den Trost der Armen, den Branntwein, zu suchen oder sich der inneren Mis sion anzuschließen. Pelle begriff auch das nicht. Er hatte ein dunk les Gefühl von dem fröhlichen Wahnsinn, der sich aus der Not selbst erhebt als nebelhafter, aber mächtiger Traum, anS Licht zu gelangen. Auch er begriff nicht, warum das sehlschlug, mußte aber beständig dem Triebe auswärts, der in ihm lag, folgen und wieder drauflos krabbeln. Sonst aber wußte er eine ganze Menge: eine zugestopfte Fen sterscheibe

, geraten wir anderen alle ins Stocken." Der Mangel an Betriebskapital hina entnervend über ihnen, aber dann prahlten sie mir Reeder Monsens Geld — es gab doch noch reiche Leute in der Stadt! Im übrigen hielten sie sich ein jeder an den eigenen Verdiensten aufrecht, der eine hatte Schuhzeug bis nach Westindien ver- sandt, ein anderer hatte daS Brautbett für des Bürgermeisters Tochter selbst gemacht; sie behaup- teten sich als Klasse, indem sie mit Verachtung aus das Volk herabsahen. Pelle

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 6 von 8
Datum: 01.03.1923
Umfang: 8
an, sondern sie wosten ; gleichzeitig die Auswirkung des Indexes für die weitere Zukunft durch eme kautschukartige Be stimmung illusorisch machen, wie auch gleichzeitig die befristete Kündigungsklausel im Kollektivver trage aufheben, so daß es ihnen jede Stunde frei steht, den Kollektivvertrag außer Kraft zu setzen. : Man kann aus diesem Vorgehen ersehen, für was Pelle wurde in der Gießerei für einen hohen Taglohn angenommen; außerdem erhielt er das Versprechen, daß er ein Trinkgeld von fünfund zwanzig Kronen

erhalten sollte, wenn er eine ge wisse Zeit dagewesen war. „Das ist das Judas- ' geld," sagte der Werkführer grinsend. — „Und dann werden Sie, sobald die Aussperrung vorüber ist, natürlich in erster Linie bei der Arbeit berück sichtigt. Sie sind sich wohl klar darüber, daß Sie vorerst hier nicht wieder herauskommen? Wollen Sie etwas an Ihre Frau schicken, so besorgen wir ' das." Und dann wurde Pelle ein Winkel angewie sen, wo ein Strohfack lag; das war die Wohnung und das Nachtlager. In der Fabrik ging

der Hefte, fer ner Einzahlung der Mitgliederbeiträge für 1923. Ort: Gasthof „Helvetia". • Metallarbeiter Bregenz und Umgebung. Sonn tag den 4. März vormittags 9 Uhr im Vereins lokal „Helvetia"-Bregenz allgemeine Metallarbei ter-Versammlung. „Ei, ei!" dächte Pelle — „das ist ja weiß Gott der Achtstundentag. Dies ist wohl der Zukunsts staat." Gerade in dem Augenblick, als er kam, wurde eine Schicht abgelöst; sie fingen sofort an, einen Höllenspektakel zu machen, donnerten auf die Metallgegenstände los

und schrien nach Essen und Branntwein. Dann wurde aufgetragen, große Kessel mit Rindfleisch und Kartoffeln. Pelle wurde einer Abteilung von zehn Mann zugeteilt. „Iß, Kamerad!" sagten sie, „du bist wohl hungrig? Wie lange bist du arbeitslos gewesen, ehe du dich ergeben hast?" „Im dritten Monat," antwortete Pelle. „Dann mußt du aber hungrig sein. — Her mit dem Fleisch! Mehr Fleisch her!" riefen sie den Kü chenburschen zu. „Die Kartoffeln könnt ihr gern behalten! Kartoffeln haben wir unser Leben lang genug

gegessen!" — „Hier ist weiß Gott das Schla raffenland mit Buttersauce dazu! Das haben sie ja immer gesagt, daß es so werden würde: guter Lohn und wenig zu tun, eine Masse zu essen und Branntwein! Nun könnt ihr sehen, daß es gut war. daß wir ausgeharrt haben, als es darauf ankam — nun kommt der Lohn! Prost, du! Zum Teufel auch, wie heißt du denn — du da?" „Karlsen." sagte Pelle. „Prost, Karlsen! Na, und wie sieht'» denn da draußen aus? Hast du nicht meine Frau kürzlich gesehen? Die ist leicht zu kennen

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 5 von 8
Datum: 15.12.1922
Umfang: 8
für 8 Wochen. Die Forderungen aus den gewährten Darlehen des Staates sowie auf Rückzahlung der Zuschüsse, falls die gestellten Bedingungen nicht eingehalten werden, genießen ein gesetzliches Pfandrecht an der j Liegenschaft, zu deren Verbesserung die Arbeiten j vorgenommen werden. Für die Entlohnung der ! Arbeiter sind die ortsüblichen, kollektivvertrag- j 1541 Pelle der Eroberer. Roman von Martin Andersen Rexö. „Ach, halt's Maul!" sagte der Alte gemütlich, sobald er Pelle erblickte. „Ach, halt's Maul

!" Er j stellte sich in der Tür ans, stand da und gluckste, j Pelle packte ihn beim Kragen. „Wo ist meine Sonn- ! tagshose?" fragte er empört. Die alte hatte Pichet- j nteier an, die neue, wo aber war die? Pichelmeier . sah ihn verständnislos an. Seine schlaffen Züge , arbeiteten unter dem Bestreben, irgend etwas auf- j ' zugraben. Plötzlich pfiff er. „Hose sagst du. Junge? ; Was, was? Hast du wirklich Hose gesagt? — Also j du fragst mich, wo deine Hose geblieben ist? Das i hattest du gleich sagen

können! Denn, siehst du, deine Bure — die hüb' ich ja — die bah' ich ja ver setzt!" ■ „Du hast meine gute Hose versetzt?" rief Pelle und ließ ihn entsetzt los. tz „Ja, bei Gott, das Hab' ich getan! Du kannst ja selbst sehen, daß du gar nicht so hitzig zu werden brauchst. — Denn mich kannst du doch nicht aus- ; fressen. — Das klart sich immer alles von selbst auf. Ja, das tut es. — Man muß sich bloß nicht ausregen!" I „Du bist ein Schuft von einem Dieb!" schrie Pelle. „Ja. das bist du!" ^„Nee, nee. Kamerad

, man immer ruhig Blut. Smrei dir man nicht die Lunge aus. Bei mir ist nichts zu holen. Pichelmeier ist ein ehrlicher Mann, will ich dir sagen. Hier kannst du selbst .sehen! Was willst du mir dafür gel>en. was?" Er hatte den Psandzettel aus der Tasche berausge- nommen und reichte ihn Pelle totbeleidigt. Pelle fingerte nervös an seinem Kragen herum; er war ganz außer sich vor Wut. Aber was konnte das nützen? Und nun kamen Hanne und ihre ; Wcutter da drüben heraus. Hanne hatte einen s gelben Strohhut

mit breiten Bindebändern auf. ! Reizend sah sie aus; die Alte hatte den Korb über ! einen Arm gehängt. Sorgfältig schloß sie ab und ; steckte den Schlüssel unter die Türschwelle. Dam: ! gingen sie voraus. ' s Es war nicht möglich, fertig zu werden vor die- j fern Jammerlappen von Pichelmeier. Er ging um j Pelle herum mit einem unsicheren Lächeln, guckte i ihm neugierig ins Gesicht und hielt sich vorsichtig ' außerhalb seines Bereiches. „Bist du böse, wie?" j sagte er tröstend, als spreche

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 5 von 8
Datum: 01.09.1922
Umfang: 8
. Ohne Sensationen geht es in der Erlerftraße einfach nicht.) Pelle der Eroberer. Roman von Marlin Andersen Itexö. Lasses Füße traten so unsicher in der Dunkelheit, immer häufiger mußte er die Last niedersetzen. Er ward müde und atemlos, die lichten Worte erstorben ihm auf den Lippen. „Ach. wie schwer sie is!" seufzte er, „wieviel Dreck scharrt man nich' auch zujarmnen im Lause der Zeit." Und dann saß er auf der Kiste und rang nach Atem — er konnte nicht mehr. ,Ahütte ich man bloß 'ne kleine Stärkung gehabt

," sagte er matt. „Wie dunkel und traurig «s auch über Nacht is!" „Hilf mir di« Kiste auf den Nacken!" sagt« Pelle, „denn will ich sie ein Stück wagen." Lasse wollte nicht, gab aber schließlich nach, und es ging wieder vorwärts; er lief voran und meldete, wenn Grä ben und Erdwälle kamen. „Wenn Bruder Kalle uns nu nich haben kann!" sagte er plötzlich. „Das kann er gewiß — da is ja Großmut ters Bett, das !5 breit genug für uns beide." „Wer, wenn wir nu keine Arbeit kriegen? — denn lie gen

wir ihm ja zur Last!" „Wir werden schon was kriegen — es fehlt überall an Arbeitskraft." J3a, dich nehmen sie schon mit Kußhand, aber ich bin «oll zu alt, um mich auszubieten.". Lasse hatte alle Hoff nung verloren und untergrub nun auch Pelles »Nu kann ich nich' mehr!" sagte Pelle und ließ die Kiste fallen. Sie standen mit herabhängenden Armen da und starrten aufs Geratewohl in die Dunkelheit hin- ain; Laste verriet kein Der langen, wieder zuzkMeife», vnd Pelle war jetzt erschöpft. Die Nacht lag dunkel rnn

* sie her und Mächte alles jo verlassen, als flössen sie allein im Weltraum umher. „Denn müssen wir woll sehen, daß wir weiterkommen," rief Pelle aus und wollte die Kiste wieder aufnehmen; als Lasse sich nicht rührte, gab er es auf und setzte sich hin. Sie saßen mit dem Rücken gegeneinander und konnten Las rechte Wort nicht finden — es entstand eine immer grö ßere Kluft zwischen ihnen. Lasse kroch schaudernd in der Nachtkälte zusammen. Wäre er nur zu Hause in seinem guten Bett! seufzte er. Pelle

war kurz davor zu wünschen, daß er allein ge wesen wäre, er wollte sein Vorhaben schon ausführen. Der Alte war ebenso schwer mitzuschleppen wie die Kiste. „Ich glaub', ich geh wieder zurück, du!" sagte Lasse end lich kleinmütig, „ich tauge woll nich' dazu, die losen Wege zu treten. — Und du wirst auf diese Weise ja auch nie kunfirmiert! Wenn wir zurückgingen und Kongstrup bäten, daß er ein gutes Wort bei dem Paster für uns ein legt." Laste stand da und faßte an den einen Henkel der Kifte. Pelle blieb

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 6 von 8
Datum: 18.04.1923
Umfang: 8
, sondern waren auf der Stelle wie äbgehanen. Die Maschinen kosteten Geld. Pelle konnte es von Brun erhalten, der Alte hatte ihm oft genug Kapi tal angeboten. um irgend etwas anzusangen. Aber er schuldete ihm bereits Geld, und wenn nun das Kapital sein Unternehmen niederrannte? Es war aus seinem Posten und duldete dergleichen Wirk samkeiten nicht neben sich. Es war eine Unsicherheit über ihn gekommen, er hatte nicht den Mut, den «Einsatz zu wagen. Der alte Philosoph kam fast täglich, Pelle war ein Teil seines Lebens

mit allerlei Sticheleien, um Pelle aus seinem schlaf artigen Zustand zu reißen. Dann schüttelte sich Pelle ungeduldig. Don allen Seiten stichelten sie an ihm herum und wollten, daß er eine Wahl treffen sollte — und er konnte seinen Weg nicht sehen! Ja, wohl lag er im Schlummer — er merkte es selbst recht gut. Er fühlte sich wie jemand, der dem allem entrückt war. und verlangte Ruhe — sein Wesen arbeitete für ihn da draußen im Ungewissen. „Ich weiß ja nichts," sagte er halb gereizt, „was kann es da nützen

. „Lasten Sie uns jetzt sehen, ob es auch Sie befriedigen kann." Es war Darwins „Kamps ums Dasein". Pelle las wie in einem Nebel. Hier war ja der Punkt, das Ganze mächtig zusammengefaßt zu einem einzigen Satz. Es kochte in seinem Gehirn, er konnte das Buch nicht wieder hinlegen, sondern fuhr die ganze Nacht fort, darin zu lesen, verzaubert und entsetzt über die unbarmherzige Aussicht. Als Ellen verwundert mrt dem Morgemaffee herunter kam. war er mit dem Buch fertig; er antwortete

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 6 von 8
Datum: 16.01.1923
Umfang: 8
Taunenzweigen hüllte sie in einen bläulichen Dunst und ließ sie rundlich dar aus hervorglühen. Das brennende Harz verlieh dem Rauchnebel einen mystischen, berückenden Dust, und die andächtigen Gesichter glichen sum menden Seelen, die in den Wolken schwebten, eine jede über ihrem gequälten Körper. Pelle saß da und betrachtete sie, so daß ihm das Herz im Leibe blutete — das war seine Andacht. Ach, die armen, zerzausten Vögel, was Erlebten sie jetzt Großes, was ihnen eine Erstattung für alle Entbehrungen gab

du, auf die haben die Reichen Be schlag gelegt.* „Ja, da hast du recht, Jakob,* sagte Pelle, der um «den Baum herumging und die Herzen und Körbe für die Kinder abnahm, die die Süßigkeiten verteilten. „Ihr habt alle drei recht — sonderbarer weise! Der Weihnachtsbaum soll uns an Christi Geburt erinnern und auch daran, daß das Jahr nun wieder dem Licht zugeht — denn das ist ja ganz dasselbe. Und dann soll er uns daran er innern, daß wir auch Anteil an den Dingen haben sollen; Christus wurde wohl eigentlich geboren

ja doch selbst gesagt, daß Christus mit dem Licht sür die Armen gekommen ist," sagte Pelle, „und er hat es selbst ganz deutlich erklärt; das, was er wollte, das wäre, die Blinden sehend zu machen, die Toten auszuerwecken und den Ver achteten und Verschmähten wieder Ansehen zu ge ben. Also, das muß man doch wohl glauben! „Die Blinden werden sehen, die Lahmen werden gehen, die Aussätzigen werden rein, die Tauben werden hören, und die Toten werden ^uferstehen. und den Armen wird das Evangelium gepredigt werden," sagte

der Lumpensammler berichtigend. „Du verdrehst die Schrift, Pelle!" „Ich glaube aber nicht, daß er nur an die ein zelnen Verkrüppelten gedacht hat, nein — er Hai uns alle in unserem Elend gemeint, und all die Fehler, die paffen so gut aus uns. So hat der Prädikant Sort es auch anfgefaßt. und der war doch ein frommer Gottesmann. Er wartete auf das Tausendjährige Reich für die Armen uud glaubte, Christus sei schon auf der Erde, um sein Kommen vorzubereiten.* Die Frauen saßen ganz benommen da und lauschten

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 6 von 8
Datum: 24.04.1923
Umfang: 8
f —-— I Auf die Weise gab es allerlei Schererei, tue Ar- s beiter waren kurzsichtig und sahen nur von der )Han-d -bis zu ihrem eigenen Mund. Die Unge- i foitEb trug auch Schuld daran! Sie hatten kürzere .-Arbeitszeit und höheren Lohn, maßen aber nicht Vre Wirksamkeit hier mit der anderswo. Sie war -ja >das Neue und mußte ihren Träumen entsprechen i —■ und dies hier konnte, verdammt und verflucht, i nrcht zu goldenen Bergen führen, so wie Pelle es (betrieb. Er war ein wenig zu gewissenhaft, mehr (als nötig

war, wenn man von allen Seiten von ferner unfeinen Konkurrenz bedrängt wurde, j, Da waren zum Beispiel noch allerlei Menschen, (die treu an dem guten alten, mit der Hand ge- fnähten Schuhzeug festhielten und gern habbmal so spiel dafür bezahlten. Das machten sich verfchie- -dene kleine Meister zunutze: sie annoncierten mit (der Harü) genähtes Schuhzeug und lieferten die (Maße dann an die Fabrrk. Das war ein gutes ! Geschäft für Fabrik wie für Meister; aber Pelle wollte nichts mit dem Handel zu tun haben. Er ! schlug

ein Fabrikzeichen auf alles, was aus seiner I Werkstatt hervorging. j Pelle nahm dies alles mit überlegener Ruhe hin. (Mit welchem Recht konnte er Ueberblick von die- ' fen Menschen verlangen? — es war seine Sache, - sie dazu zu erziehen. Wenn sie mir willig waren, 'so war er zufrieden. Einmal bekam er sie wohl ( so weit, daß sie die Tätigkeit in Gemeinschaft über nehmen oder sie zu einem Aktienunternehmen ma nchen konnten, bis dahin hatten sie sich seinen Plä- . neu unterzuordnen! ' Etwas von einem fernen

nicht hier 'run ter und holt sich ganzes Schuhzeug. Denn wir wollen ja Geld dafür haben, so wie alle anderen; und der, der unsere Arbeit am meisten nötig hat. der hat einfach kein Geld. — Die da setzt zehn Mann auf die Straße hinaus — da hast du die ganze Geschichte'/ Er streß mit dem Fuß gegen eine der Maschinen. Pelle verteidigte seine Maschinen, aber Peter be- harrte bei feiner Ansicht. Arft hätte das Ganze umkalfatert werden müsten; so wie es jetzt ist, ist es eine Erfindung des Teufels!" sagte er heftig

. „Die Maschinen sind einen Tag oder auch zwei zu früh gekommen und wenden uns die Mündungen zu — so wie eroberte Kanonen!" „Die Maschinen machen Schuhzeug für zehnmal so viel, wie wir mit unseren Händen versorgen könnten — -das ist dock) wohl kein Unglück/ sagte Pelle. „Nur mit der Verteilung sieht es schlecht aus/ Peter Drejer zuckte die Achseln — er hatte keine Lust mehr, über die Verteilung nachzugrübeln. Wollte man etwas tun, um sie anders einzurich ten. so war er mit dabei. Es war genug darüber salbadert

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 5 von 8
Datum: 19.09.1922
Umfang: 8
einzusehen beginnen, daß sie sich ins eigene Fleisch schneiden, wenn sie auch fernerhin so eifrig für die Wahl der Klerikalen ins Innsbrucker Land haus arbeiten wie bsher?) Schuh der jugendlichen Arbeitskraft. Zu dem unter diesem Titel erschienenen Arti kel in der Samstag nummer teilt uns Herr Karl Rauter, Jahnstraße 10, mit, daß der 681 Pelle der Eroberer. Roman von Marlin Andersen Rerö. Und der Hof lag hell da im Morgenlicht mit seinem ! hohen, weißen Wohnhaus, den großen Scheunen

und allen j den kleinen Gebäuden. Jeder Fleck da unten leuchtete ! ihm so vertraulich entgegen; was er Schlimmes hatte er- i tragen müssen, das meldete sich nicht — oder trug auch mit i dazu bei, es traulich zu gestalten. Pelles Kindheit war glücklich gewesen trotz allem; ein tränengemischtes Lied an das Leben war sie gewesen. Das Weinen geht auf Tönen, ebenso wie die Freude, aus der Entfernung ver nommen, wird es zu Gesang.' Und wie Pelle hinab starrte auf die Welt seiner Kindheit, da waren es nur gute Erinnerungen

, die zu ihm hinaufflimmerten durch die Helle Luft. Alles andere war nicht, war niemals ge- j wesen. Er hatte viel Böses, Unschönes gesehen, war aber über ! alles hinweggekommen; nichts chatte ihm anhaften kön- , nen. Mit der Gier des Kindes hatte er alles verbraucht, um daran zu wachsen und zu erstarken. Und nun stand er da gesund und kräftig. — ausgestattet mit den Prophe Pelle Werkam ein Heißhunger bei dem Anblick der großen Erde, und das erste, was er tat, daß er sich auf den Hügelkamm niedersetzte

! Aon -»-rt «us liefen die Wegc des Meeres nach Schweden und j noch Kopenhagen! Dies hier war die West —, die i weite^Welt^felberk rummelte, um Dünger zu holen, an jenem hochlustigen Maientag, an dem sich Pelle aus dem Nest stürzte, ward entscheidend für d'e Lebensstellung des Jungen. Mehr konnte nicht spendiert werden für die Frage: Was soll Pell- werden? kr sckdst hatte sie sich gar nicht gestellt, er -cg bloß von dannen in den Tag hinein, den Sinn der lickten Welt ge öffnet

. Pelle ; machte sich gleich daran, die Häuser zu zählen, er hatte sie j nur auf eine Million veranschlagt, um nicht zu übertrei- ! ben, und war schon bis über hundert gekommen. Mtten im Zählen sprang er ab — was sie da unten wohl zu Mittag bekamen? Sie lebten sicher gut, die da! Ob es fein war, weiterzuessen, bis man ganz fatt war, oder legte man den Löffel auf halbem Wege hin — so wie Gutsbesitzers, wenn sie zu einem Festschmaus waren? Für einen, der immer Hunger hatte, war das eine sehr ernste

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Seite 5 von 8
Datum: 18.09.1922
Umfang: 8
ebenfalls zwei Drittel das Mitglied und ein Drittel der Arbeitgeber zu zahlen hat. Für die Arbeitslosenversicherung sind 40 Prozent des Gesamtwochenbeitrages zur Hälfte vom Ar- I 671 Pelle der Eroberer. Roman von Marlin Andersen Nexö. Aber Pelle wollte keinem Bauern dienen, das gab kein Ansehen und man kam nicht vorwärts damit. Irgend etwas Großes wollte er werden; aber hier auf dem Lande war keine Aussicht zu irgend etwas — hier konnte man fein Leben lang hinter den Kühen hergehen. Er wollre

in die Stadt — vielleicht weiter weg übers Meer nach des ! Königs Kopenhagen. „Du soll'st mitkommen, du!" sagte er. „Um so eher wer den wir reich und können uns einen großen Hof kaufen!" ,Za, ja," sagte Lasse und nickte langsam — „du red'st deiner kranken Mutter gut zu! Aber es geht nich' immer so, wie der Paster von der Kanzel predigt. Wir könnten am Ende Hungerpfoten saugen. Wer kennt woll die Zu kunft, du!" „Ach, ich will schon —!" Pelle nickte zuversichtlich. «Ich scheu

Buchdrucker hat heute nach dreistündigen Ver handlungen ein rasches Lohnabkommen geschlossen, das bis zum 7. Oktober läuft. Die Lohnzulage beträgt in der ersten und zweiten Woche 800 Mark, in der dritten Woche 1200 Mark. Infolge dieser Lohnerhöhung in Ver- Welt is nich' zum Trauen. Da draußen muß man überall j harte Haut haben." Pelle antwortete nicht. Das mit der eigenen Häuslich keit klang anheimelnd genug; und er verstand sehr wohl, daß Karnas Person das andere Ende herunterzog

. Na, sie hatte jetzt zur Ausresie alle seine Sachen nachgesehen, und eine gutmütige Person war sie immer gewesen — er hatte nichts dagegen! Es würde ihm schwer genug ankommen, von Vater Lasse getrennt zu sein, aber Pelle mußte hinaus. Hinaus! Es war, als wenn ihm der Frühling mit dem Worte um die Ohren klatschte. Hier kannte er jeden Stein in der Landschaft und jeden Baum — ja, sogar jeden Zweig an den Bäumen; hier gab es nichts mehr, was seine blauen Augen oder Klappohren anfüllen und seinen Sinn sättigen konnte Am Tage

vor dem ersten Mai waren sie beschäftigt, Pelles Aussteuer zu ordnen. Lasse lag auf den Knien vor der grünen Kiste; jedes Stück ward sorgfältig zusam mengelegt und bekam seine Bemerkungen, ehe es in den Le'nwandsack hineinkam, der Pelle als Reifekoffer dienen sollte. „Vergiß nu auch nich', daß du nich' zu lange mit deinen Strümpfen gehen mußt, ehe du sie stopfst!" sagte Lasse und legte das Stopfgarn daneben. Wer seine Sachen rechtzeitig nachsieht, spart sich die halbe Arbeit und die ganze Schande." „Ich werd

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Seite 6 von 8
Datum: 13.04.1923
Umfang: 8
, Oesterreichs, Frankreichs, Lettlands, der »Na, dann wind es wohl nicht ganz so harm los gewesen sein?" meinte Pelle lächelnd. »Ich rate den Leuten nichts weiter, als selbstän-- : dig zu denken." »Der Rat kann auch gefährlich genug sein, falls er 'befolgt wird." „Ach ja. Das Gemeine fft, 'daß mich die Polizei in meinem Beruf schädigt. Sobald ich Arbeit der 'einem Meister bekommen habe, kommt sofort ein Schutzmann und stellt es ihm anheim, mich zu ver- abschisden. Nun, das ist ja die gewöhnlich: Taktik

'«des Bestehenden! Man führt den Stoß nach idem Magen, da pflegt bei unsereinem nämlich das Herz zu fitzen." „Dann wird es dir wohl schwer, dich durchzu- , schlagen?" ureinte Pelle teilnehmend. »Ach. es geht. Von Zeit zu Zeit steckt man mich auch einmal ein, ohne gesetzmäßige Begründung: : urib wenn einige Zeit vergangen ist, werd' ich wie- , der losgelassen — das eine ebenso unmotiviert wie das andere. Man hat den Kopf verloren — das gereicht einer Maschinerie, die doch ausschließlich im Gang gehalten

, so werde ich mich nicht darein finden." »Das Verhältnis ist so ungleich", sagte Pelle und sah ihn ernsthaft an. „Niemand braucht sich in mehr zu finden, als er selbst will? Mer hier bei uns zulande fehlt etwas — die äußerste Konsequenz von uns selbst, die Selbstachtung. Darum schikanieren sie uns nach Gutdünken." Sie gingen zusammen zur Stadt hinaus. Auf ldem Bürgersteig vor einem >der großen Cafss stand ein blntarmes Weib mit einem kleinen Kind auf dem Arm, sie bot ein paar jammervolle "Stengel feil, die Blumen vorstellen

sollten. Peter Dreier machte eine stumme Bewegung von ihr hinüber nach dem Publikum 'des Cafes, sein Gesicht ver zerrte sich. »Ich habe nun nichts dagegen, daß Menschen ihr Dasein genießen", sagte Pelle. »Im Gegenteil, es freut mich, zu sehen, daß doch einige glücklich sind. Ich haste das System, nicht aber die Men schen. Das einzige wären etwa die, die uns allen nichts gönnen und erst so recht bei bem Gedanken genießen, daß andere dasitzen und Mangel leiden." »Und meinst >du. daß jemand 'da drinnen

sie stehen." Der Schutzmann war ihnen gefolgt und stand gleich zeitig auf der anderen Seite der Straße still. Pelle machte seinen Begleiter daraus aufmerksam. Peter sah gleichgültig da hinüber. »Er gleicht einem englischen Bluthund." sagte er ruhig — »ein gieriges Gebiß und kein Gehirn! Was mick am meisten quält, ist, daß wir selbst die Hunde liefern, die uns jagen sollen. Aber jetzt fangen wir bald an. unter dem Militär zu agitieren." Er sagte »Gute Nacht" und ging nach k«m Wiesenweg

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 5 von 8
Datum: 27.09.1922
Umfang: 8
vor dem Schwurgericht. • Gestern um 9 Uhr vormittags begann der auf drei Tage anberaumte Mordprozeß gegen Alois Saxinger unter dem Vorsitze des Hofrates Dr. Ratz. Die Verteidi gung hat Rechtsanwalt Dr. Klimofch übernommen. Staatsanwalt Dr. Haupt vertritt die Anklage. Alois Saxinger wird beschuldigt, am 38. November 1921 beim Gramartboden die Kellnerin Maria Fe der er, die zuletzt in einem Bozner Hoiel bedienster war, ermordet und beraubt zu haben. 731 Pelle der Eroberer. Roman von Martin Andersen Nexö. Der Hof

hier war auch wie eine große Wiege, die in dem unsicheren Mondlicht ging und ging, und als Pelle sich erst ganz dahineingegeben hatte, wollte alles das, was aus den Kindheitsjahren dort aufstieg, kein Ende mehr nehmen. Das ganze Dasein mußte vorbei und über feinen Kopf hinwackeln wie damals, und die Erde mußte sich überall, wo nur ein dunkler Flecken war, zu Ab gründen auftun. — Und das Weinen sickerte heraus — jchicksalsschwanger — und übergoß das Ganze, so daß Kongstrup wie ein begossener Pudel von dannen schlich

und die anderen böse und unregierlich wurden. Und Lasse — ja, wo war Vater Lasse? Pelle stand mit einem Sprung in der Draustube und klopfte an die Tür zu der Mägde kammer. „Bist du es. Anders?" flüsterte eine Stimme von drin nen, und dann tat sich die Tür auf, und ein Paar Arme umfaßten ihn warm und zogen ihn hinein. Pelle stieß um sich, seine Hände sanken in einen nackten Busen — es war ja wohl die blonde Marie: .Ls Karna noch hier?" sragte er. „Kann ich nich' mal mit Karna sprechen?" Sie freuten

Sommerfrischlerei sind nach seiner Aussage aus seinen „Wo is Vater Laste?" fragte Pelle nun; er hatte einen i Kloß im Halse, wenn er den Vater nur nannte. „Ja, ja, laß dir man Zeit, denn will ich dich hinbeglei ten. — Wie fein im Zeug du doch geworden bist, ich hält' dich beinah gar mch' wiedergekannt. Nich', Marie?" „Er is 'n süßen Jung — das is er immer gewesen", jagte Marie und stieß mit dem hochspannigen Fuß nach ihm — sie war wieder im Bett. „Es is derselbe Anzug, den ich immer gehabt habe", sagte Pelle

. „Ja, ja, aber dann trägst du ihn anders — da in der Stadt sehen sie ja all wie die Grafen aus. Woll'n wir denn gehen?" Pelle sagte der blonden Marie freundlich Lebewohl, es fiel ihm ein, daß er ihr viel zu verdanken habe. Sie sah ihn so sonderbar an und wollte seine Hand unter das Qberbett ziehen „Was is es denn mit dem Vater?" fragte er ungedul dig, sobald sie draußen waren. Ja, Laste, der hatte also Reißaus genommen! Er hatte es nicht aushalten können, als Pelle fort war. Die Ar beit war auch zu schwer

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 5 von 8
Datum: 11.05.1923
Umfang: 8
und völkischen Kreise, als die wahrhaft echten Deutschen, gerade sie sind es, die ihre Angestellten mit völkischen Phrasen, statt mit anständigen Gehältern befriedigen, sie sind es, die es verstanden haben, durch eigene und anderer „völkische" Aufklärung die Handelsangestellten zu „braven" Deutschen heranzuziehen — und heute, wo es gilt, eine wahrhaft nationale Tat zu 3191 Pelle der Eroberer. Roman von Martin Andersen Nexö. Pelle hatte den Kragen über die Ohren ausge schlagen, ihm war so recht wohlig zumute

, daß er so wie die großen Brückenpfeiler sein Eigentliches unter der Oberfläche hatte. So un ansehnlich er auch aufragte, ruhte er auf einer großen Unterlage; die Einsamkeit um ihn her ent schleierte ihm das und bewirkte, daß er sich mäch tig fühlte. Während man sein Unternehmen über sah, wollte er es so stark machen, daß sie mit der Stirn dagegen rannten, wenn sie erwachten. Pelle war glücklich, auf dem Lande zu wohnen, es war sein Traum, daß einstamals auch die Ar beiter wieder hier hinausziehen sollten. Die Stadt

war wie Opium, die elendesten Armen erträumten sich darin das Glück; und wenn sie erst Geschmack daran gesunden hatten, waren sie nicht mehr imstande, wieder hinauszureisen nach dem schlichten Alltag. Es lag rmmer etwas Entsetzliches hinter der Physiognomie der Stadt, als laure sie nur darauf, Menschen in das Netz zu ziehen und sie auszusaugen. Am Tage konnte dres von den vie len Lauten verschleiert werden, aber die Dunkelheit trug es an die Oberfläche. Jeden Abend, ehe Pelle zu Bett ging, mußte er hinaus

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 5 von 8
Datum: 15.05.1923
Umfang: 8
einfach unerschwinglich. Seit Jahren haben die Tiroler Ferienerholungsaktionen mit Unterstützung seitens des Bundes, des Landes und der Gemeinden erholungsbedürftige Kinder gegen mäßige Beitragsleistungsleistung der Eltern in Arkenkolonien oder Tagesheime untergebracht; die Kosten dieser Aktionen sind aber jetzt dermaßen angewachsen, daß die bewilligten und noch zu er hoffenden Subventionen bei weitem nicht zur Dek- m] Pelle der Eroberer. Roman von Martin Andersen Nexö. „Hier ist es im Grunde hübsch

und heller wohnen als an dere. Ich habe mir gedacht, die Sache so zu ord nen, daß ich vorläufig für die Grundstücke hafte, und daß der Betrieb sie dann allmählich aus seinem Ueberschuß einlöst. Das ist reichlich so praktisch, als den Ueberschuß unter die Arbeiter zu verteilen, dadurch schaffen wir Werte für unser Unternehmen. Apropos, Ueberschuß — du hast gut gearbeitet. Pelle! Ich habe mir über Nacht einen Ueberblick verschafft, es werden in diesem Jahre schon zehn tausend Kronen

. Nun, um aber auf das zurückzu kommen, worüber wir sprachen: die Prioritäts- anleihen pflegen die Kosten der Bebauung zu dek- ken, und wenn sie nach einer Reihe von Jahren «amortisiert sind, dann steht das Ganze unbelastet da." „Wem soll es denn gehören?" fragte Pelle. Er kaute im Gehen aus einem Grashalm und setzte die Beine vorsichtig vorwärts — wle ein Bauer, der aus ungepflügter Erde geht. , „Der Genossenschaft? Es muß so geordnet wer- ! den, daß die Häuser nicht übertragen und mit kei- ! nen neuen Hypotheken belastet

wir ja auch etwäs gegen dre große Arbeitslosigkeit. Dreißig Häuser — das ist doch immer ein Anfang. Und dahinter liegt ja die ganze Welt, Pelle!" „Wollen Sie die Benutzung der Wohnungen ob ligatorisch für die Arbeiter machen?" „Ja — die Genossenschaft verpflichtet. Man kann nicht halb außerhalb und halb innerhalb sein! — Nun, wie denkst du denn darüber?" „Es ist ein starker Plan!" sagte Pelle. „Wir er bauen unsere eigene Stadt hier auf dem Berge?" Das Antlitz des Alten leuchtete vor Freude

. „Es ist doch auch ein wenig Gutes an mir. wie? — In meinen Adern fließt altes GeschäsLsblut. Meine Vorfahren haben sich eine Welt zusammengezim mert, warum sollte ich geringer sein als sie? Ich sollte nur jünger sein, Pelle!" Sie gingen rund um den Hügel herum und kamen von der anderen Seite zu dem Gehöft. „Das Ganze wäre im Grunde gar nicht zu groß, wenn wir Platz haben wollen, um uns autzzudehnen", sagte Pelle, der nicht bange war, weit auszu langen, wo es sich um einen großen Plan handelte. „Ich habe eben gerade

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 5 von 8
Datum: 09.11.1922
Umfang: 8
. Halb 3 Uhr nachmittags im „Hir- schen"-Saale (Marktplatz). Rednerin: BR. Maria Bock aus Wien. Pelle der Eroberer. Rom«« von Warst« Andersen HexS. Pelle sank ganz zusammen. Er wußte, was es bedeutete, wenn ein armer Junge aufs Rathaus kam und zeitlebens gebrandmarkt wurde. Sein Gehirn suchte verzweifelt nach Auswegen. Cs gab nur einen — den Tod. Er konnte den Spann riemen, heimlich unter die Bluse stecken und in das kleine Haus hinausgehen und sich erhängen. Er ’ vernahm ein eintöniges Getöse

, das war Jeppe, der eine Ermahnungsrede hielt, aber die Worte hörte er nicht: seine Seele hatte die Wanderung in den Tod bereits angetreten. Als das Getöse mnehielt, erhob er sich geräuschlos. „Was? Wo willst du yin?" fuhr Jeppe auf. „Nach dem Hof," sprach er wie ein Nachtwandler. „Willst du den Spannriemen vielleicht mit 'rausnehmen?" Jeppe und der Meister wechselten beredte Blicke. Da trat Meister Andres aus ihn zu: „So dumm wirst du doch nich' sein?" sagte er und sah Pelle tief in die Augen. Dann machte

er sich zurecht und ging in die Stadt. „Pelle, du Teufelsjunge," sagte er, als er nach Hause kam — „nu bin ich von Herodes zu Pila tus gelaufen und Hab es so geordnet, daß du da von 'abkommst, wenn du um Verzeihung bittest. Um eins mußt du nach dem Gymnasium gehen. Ueberleg' dir aber vorher, was du sagen willst, denn die ganze Klasie soll es mit anhören." „Ich will nich' um Verzeihung bitten!" Es ent rang sich ihm wie ein Schrei. Der Meister sah ihn zögernd an: „Das is doch keine Schande — wenn man unrecht

gehandelt hat." „Ach nicht unrecht gshandelL. Sie tzabsn angefangen, und sie haben mich schon Icros^ ge hänselt." i „Aber du hast geschlagen, Pelle, und die Feinen darf man nich' schlagen; sie haben ein ärztliches Attest, das dir den Garaus machen kann. Ver kehrt dein Vater vielleicht mit dem Amtsrichter, du? Sie können dich für den Rest deines Lebens ehrlos machen — ich meine, du solltest das gerin gere Nebel wählen." Nein, Pelle konnte sich nicht entschließen. „Dann' sollen sie mich lieber

durchpeitschen!" sagte er ver bissen. „Na ja, dann findet es um drei Uhr auf dem Rathaus statt," sagte der Meister kurz, während es ihm um die Augen rot wurde. Plötzlich fühlte Pelle, wie. wehe sein Eigensinn dem jungen Meister tun mußte, der, lahm und krank, wie er war, um seinetwillen durch die ganze Stadt gerannt war. „Ja, ich will es tun," sagte er — „ja, ich will es tun!" „Ja, ja," erwiderte Meister Andres ruhig — „um deiner selbst willen also. Und dann glaube ich, daß du dich jetzt fertig machen mußt

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 6 von 8
Datum: 10.04.1923
Umfang: 8
bei der Alpinen Montangesellschaft bei« gelegt. Graz, 9. April. Gestern hat in Leoben eine Revierkonferenz stattgefunden, die den streikenden Bergleuten Steiermarks die Annahme der zwischen dem Verbände der Bergarbeiter einerseits und der das möcht'st du wohl, mein Jung!" erwiderte sie i mit dem Refrain eines Gassenhauers. „Sag mir jetzt, wo sie wohnt, Johanne," fuhr Pelle fort und nahm ihre magere Hand zwischen die seinen. „Dann bist du ein gutes Mädchen." . „Ja. des Nachts!" Pelle runzelte die Stirn

und Sahne holen konn?. Da mußt' sie mich denn hinschicken, : und da trank ich all die Sahne aus und goß Wasser ' in den Topf. Sie könnt' es nicht sehen und da schimpfte sie auf das Milchgeschäft, weil die mo- ' gelten." - „Jetzt dichtest du gewiß," sagte Pelle unsicher. > „Ich brach auch die Krumen aus dem Brot her- ; aus und ließ sie die Kruste eßen," fuhr Johanne fort und niate. : „Hör jetzt auf damit," sagte Pelle und strich ihr , über die schweißbedeckte Stirn — „ich weiß ja, daß ich dich verletzt

habe." Sie schob wütend die Hand zur Seite. „Weißt du, , was ich wohl möchte?" sagte sie plötzlich; „ich wollt', daß du mein Vater wärst!" „Würde dich das freuen?" „Ja, denn wenn du dann so recht krank und arm wärst, würd' ich dich gerade so gut behandeln. wie ^ich Großmutter behandelt Hab'." Sie lachte klanglos. ! i „Ich bin überzeugt, daß du immer nur gut gegen Großmutter gewesen bist," sagte Pelle ernsthaft. Sie sah ihn starr an, um zu sehen, ob er das wirklich auch so meinte. Dann wandte

' sie — ich Hab' es selbst gehört. Und ich lief doch 'rum und bettelte alles Essen für sie zusammen. Aber da lief ich weg!" Sie stieß die Sätze heraus und ballte das Laken krampfhaft zu sammen; die Stimme war ganz heiser. „Aber du mußt mir doch erzählen, wo sie ist! sagte Pelle eindringlich. „Ich verspreche dir auch, daß du nicht zu ihr hin sollst, wenn du es nicht selbst willst." Das Kind schwieg eigensinnig, es glaubte nicht an Versprechungen. „Ja, dann muß ich also zur Polizei gehen, um sie zu finden; gern tue

, daß du und Mutter Liebesleute gewesen seid?" ftagte sie plötzlich schadenfroh. Pelle errötete ein wenig. Die Frage überrunrpelte ihn völlig. „Ich will dir gern alles über deine Mut ter erzählen, wenn du mir dann auch alles erzählen willst, was du rveißt," sagte er und sah sie auftich- tig an. „Was willst du denn wißen?" Sie sprach in einem examinierenden Ton. „Willst du über mich in den Zeitungen schreiben?" „Liebes Kind, wir müssen doch deine Großmutter finden. Es kann ja doch sein, daß sie Hunger leidet

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