Das sichtbare Erstaun» <jcuon>8 bewegte den Diener zu einem überlegenen Lächeln, und gönnerhaft fügte er hinzu: „Der Graf sah Sie vom Balkon aus, als Sie am Hotel Königshof vorübergingen und läßt Sie bitten, ihm sofort Ihren Besuch zu machen." Im Moment stand dem jungen Manne die Szene vor Augen, wie sich der glattrasu'rte, ältere, vornehme Herr mit dem ungenrein freundlichen Wesen im Vestibül des Hotels dem Notar als Kurt von Senkenberg vor- steüte. „Ich weiß nicht, was der Herr Gros
, ein Testament zu machen und über sein großes Testament zu verfügen. Wieder stieg ein heißes Interesse für die junge Frau in ihm auf, der man, wie der Gras großmütig versichert, die kostbaren Möbel schenken und auch sonst noch für sie sorgen wollte. Er sieht sie vor sich stehen als Madonnengestalt, ihr Kind auf dem Arm, die alle Gnadenakte der gräflichen Familie zurückweist, um arm und verlassen in die Welt hinauszu flüchten. „Ich weiß ja nicht, was der Herr Graf mit Ihnen sprechen will," versetzte
der Diener, „ich habe mn: den Auftrag, Sie zu ersuchen, ins Hotel zn kommen. Man kann nicht wissen, was vorliegt," fügte er hinzu, als er das Zögern Bertows bemerkte. In diesem Augenblick tauchte das Verlangen in Bertow auf, die Partei des Grafen Wellborn zu ergreifen, etwas für ihn zu tun, was ihm nützlich sein könnte. Er fühlte es heraus, daß dem Testator von seiten des Senkenberg eine Gefahr drohte. Es ergriff ihn ein freudiges Verlangen, dem hilflosen Greis zur Seite zu springen, dabei vergaß er ganz
das bleiche Gesicht seiner guten Tante und den eigenen Jammer seiner Lage. „Was der Herr Gras von mir will, wissen Sie nicht?" „Nein," versetzte der Leibdiener, „aber sehen Sie mal, es ist doch schon sehr viel, daß sich der gnädige Herr für Sie interessiert. Dies ist sonst nicht seine Art. So mancher junge Mann würde stolz daraus sein, wenn ihm Graf Senkenberg eine Audienz bewilligen wollte." Der helle Aerger klang aus diesen Worten heraus. Der Mann in der Livree fand es ganz unfaßbar, daß ein junger
Mensch zögern konnte, wenn der Gras Senken berg ihn vor sich besche.den will. „Es wird wegen der Testamentsache sein," erriet Bertow, „nun, ich habe ja ein paar Augenblicke Zeit und werde mitkommen." Die beiden gingen die schmale Gasse hinaus nach der Hauptstraße zurück. Bertow lebte sich immer mehr in die schöne Aufgabe hinein, die er sich nun gestellt. Seine Brust füllte sich niit frohem Stolz bei dem Gedanken, mit seiner jugendlichen Kraft, mit seinem juridischen Wissen, das nicht unbedeutend