. Es war ein Sextembertag, mehr als xin Jahr nach dem verschwinden Ruhdorss. „wie meinst du das, mein Kleines?" fragte Onkel Tobias und klopfte die blühende Wange seiner Nichte. „Das Wort „merkwürdig" ist mir nie bei Börner eingefallen. Dir etwa, Hermann?" Auch nicht? Ein gescheiter Kerl ist er, und arbeiten kann er für zehn, aber merkwürdig — wieso denn?" „Ihr unterhieltet euch gestern abend im Konzert sehr lebhaft", sagte Hermann mit einem Blick auf die Schwester. „Ja, er besitzt Geist und Witz. Ulan ist immer
angeregt in seiner Nähe." „Fast kommt es mir vor, als ob der Mann sich um dich bemühte, Kleine", sagte der Onkel neckend. „Meinst du?" lachte Hermine übermütig. „was du meinst, darum handelt es sich", versetzte Onkel Tobias und kniff Hermine ins Ohr. „Magst du den Menschen überhaupt leiden?" „Ja, das eben weiß ich nicht, und darum nenne ich ifyt gerade merkwürdig." „Fräulein von Wallrad hatte gar nichts für Börner übrig", warf Hermann ein. Hermine lächelte schelmisch. „Das mußte eigentlich entscheidend
für das Urteil über den armen Buchhalter sein, nicht wahr?" „Du weißt, kleine Schwester, daß ich persönlich an ihm nichts weiter als seine kaufmännischen Eigenschaften geschätzt habe, lange, ehe ich Fräulein von Wallrad kannte", antwortete Hermann etwas verlegen, „wenn ich auch nichts auf die Gerüchte über fein nicht ganz einwandfreies Leben geben will, so verursacht mir der Gedanke an nähere Beziehungen mit ibm Unbehagen." „Höre, Junge, das ist Torheit", sagte Onkel Tobias stirn runzelnd
. „wenn du weiter nichts Ungünstiges von ihm weißt, dann — Schwamm drüber, bis du Beweise hast. Man soll keinem Menschen unrecht tun, und mir wäre es, offen ge standen, lieb, wenn wir ihn zum Teilhaber im Geschäft machen könnten, wer weiß, wie bald ich die Augen schließe. Es wäre mir eine Beruhigung, die Firma in festen, tüchtigen Händen zu wissen, am liebsten in deinen, lieber Neffe, und in denen von Herminens etwaigen Gatten." Hab's doch geahnt", dachte Hermann ärgerlich. „Also solche Pläne trägt der Alte mit sich herum, Hol's
der Kuckuck." „Na, was meinst du dazu, kleine Maus?" fragte Onkel Tobias neugierig. „Ich? Hm! Einstweilen gar nichts", entgegnete Hermine und warf die Lippen auf. „Ich denke vorläufig nicht ans Heiraten." „wenn er aber ernste Absichten hat?" „Dann wird es unsere erste Pflicht sein, sein Privatleben zu prüfen", sagte Hermann. „Ach, damit wird es ziemlich in Ordnung sein", meinte Onkel cr,obias zuversichtlich. „Ein tüchtiger Mensch, wie der, wird immer angefeindet, zumal er unser Vertrauen besitzt