. 'V'**! Nr. 145. Innsbruck. Dienstag 88. Juni 1898. 27. Jahrgang. Eduard Herbst -j-. Eduard Herbst ist gestorben, der Begründer, der Altmeister, der Bannerträger der deutschen Partei in Oesterreich, der geistesgewaltige, redegewandte, scharf sinnige Parlamentarier, der unermüdliche, uner schrockene, begeisterte Kämpfer für Freiheit und Fortschritt, der verdienstvolle, hochgeschätzte und viel- bewunderte Gelehrte. Herbst hat nicht von .kleinen Anfängen begonnen; als eine bedeutende Individualität
, bis zum Fanatismus leidenschaftlichen Liebe eingedenk ist, mit welcher Herbst an diesem Oesterreich hing. Er war ein Deutscher um Oesterreichs willen,. int Dienste des alten, auf den Fundamenten Josefs und Maria Theresias ruhenden Reiches trug er das Banner des Fortschritts und dort, wo das Schwert seiner Beredsamkeit scharfe Hiebe führte, fühlte er sich als Ritter von Oesterreich. Schon die Anfänge der konstitutionellen Aera führten ihn, den Mann der Theorie, den Strafrechtslehrer, auf den Plan der Gesetzgebung
. Es war ein volltönender Dreiklang deutschen Geistes, der damals im böhmischen Landtag wie im Reichsrath ans den Reden der Führer Herbst, Brinz und Hasner heraus vernommen wurde. Herbst war der erste, der damals das aus dem Grabe aufge tauchte Gespenst des böhmischen Staatsrechts zurück in die Gruft verwies, indem er zuerst die Moder lappen an das Tageslicht zog und darthat, daß jenes Staatsrecht die Sonne des Tages zu ertragen außer Stande sei. Sein seltenes Wissen, die Fähig keit, die schwierigsten Materien
partei als eine Brücke bezeichnen will, welche vom deutschen Volksthume zum österreichischen Staatsge danken führte, dann war Eduard Herbst einer der mächtigsten Pfeiler dieser Brücke, die von der slavi- schen Hochfluth fruchtlos umbraust und bis zum heutigen Tage nicht unterspült wurde. Herbst war ein schlichter, einfacher Mann mit bürgerlicher Lebensführung und Gesinnung. Er war mit der liberalen Ueberzeugung ganz verwachsen, ein Freund des maßvollen Fortschrittes, ein Schützer der Verfassung
, daß er die Bildung des Ministeriums Pretis nicht mit voller Kraft unterstützte. Die Zeit wird kommen, wo diese Legende, welche auf dem Rufe Herbst's wie ein dunkler Schatten ruhte, zerstört sein wiro. Herbst hat bis zum Grabe geschwiegen, aber es leben Manche, welche das Geheimniß kennen und wissen, daß er die Berufung des Grafen Taaffe nicht verschuldet hat. Er hatte dem Kaiser die Ernennung eines Beamten-Ministeriums mit Pretis. an der Spitze empfohlen, Pretis jedoch wollte ein parla mentarisches Ministerium