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Kitzbüheler Bezirks-Bote
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Seite 10 von 16
Datum: 25.02.1906
Umfang: 16
Auf Irrwegen. Novelle von Kurt von Walfeld. (7. Fortsetzung., — (Nachdruck verboten.) In all diesem Hunten und glänzenden Treiben der elegantesten Welt der Residenz bildeten sich vorzugsweise zwei große Mittelpunkte, um welche die hin und her wogenden Gruppen sich dichter zusammendrängten. Der eine dieser Mittelpunkte war die Gräfin Helten berg. Sie lehnte in einer leicht und zierlich gebauten, ä la Daumont mit zwei prachtvollen Füchsen bespannten Viktoriachaise. Das ungemein anspruchslose

beständig von Verehrern umringt. Sie war zu Pferde aus dem Rennplatz erschienen und ritt ihren prachtvollen Apfelschimmel hier ebenso kunstvoll und anmutig wie im Zirkus. Ein Reitknecht in schwarzem Rock mit breitem Ledergürtel, schwarzem Cylinderhut und Stulpenstiefeln folgte ihr in tadelloser Haltung. Die Herren drängten sich zu ihr heran und zuweilen wurden ihr auch von den in den Wagen sitzenden Damen herab lassende und selbst freundschaftliche Grüße zugewinkt. Als sie in ihrer Nähe die Gräfin

Heltenberg erblickte, ritt sie auf ihrem zierlich courbettierenden Pferde an den Wagen derselben heran und grüßte mit tiefer Verbeugung. „Ah, da ist unsere schöne Kön gin des Sports!" rief die Gräfin, Fräulein Cora ihre Hand entgegen streckend- „hiex ist Ihr Königreich- hier müssen wir alle vor Ihnen zurückstehen. Aber damit ich doch nicht gar zu sehr in den Schatten trete, steigen Sie ein wenig in meinen Wagen, Fräulein Cora! Sie werden aus diese Weise näher an die Bahn herankommen als zu Pferde

, wenn das Rennen beginnt- ich aber werde mir einbilden, daß ein Teil der Huldigungen, die man Ihnen darbringt, auch mir gelte." Fräulein Blangini folgte sogleich dieser Einladung. Sie winkte ihren Reitknecht heran, auf dessen Schulter sich stützend, sprang sie aus dem Sattel und stieg in den Wagen der Gräfin. So waren denn die beiden Mittelpunkte des Interesses der eleganten Welt vereinigt. Die Dame der vornehmsten Gesellschaft und die Heldin des Zirkus saßen nebeneinander und noch dichtere Gruppen drängten

an die elegante Viktoriachaise der Gräfin heran. Bald aber gab die Gräfin Heltenberg das Zeichen zum Weiterfahren. Wenn ihre Pferde sich auch nur im Schritt in Bewegung setzten, so wurden die Damen doch bald von dem sie umringenden Kreise getrennt, und da die Gräfin nicht wieder halten ließ, blieb sie inmitten der bunten Bewegung aus dem Rennplätze mit Fräulein Blangini allein. „Ich möchte Ihnen einen Rat geben," sagte sie zu der Künstlerin, „vielleicht sogar eine Bitte aussprechen —" „Ein Rat der Frau Gräfin

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Unterinntaler Bote
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Seite 14 von 20
Datum: 03.06.1911
Umfang: 20
bereit, hing sie von einer Stuhllehne herab. Stirnrunzelnd ergriff die Gräfin den bedrohten Waffenrock, um ihn in Sicherheit zu bringen, Nachlässigkeit und Unordnung waren ihr ein Greuel. Als sie ihn aufhob, fiel polternd ein harter Gegenstand aus einer der Taschen auf den Fußboden. Ein Schmuck etui? Wie kam Otmar zu dem? Sie bückte sich und hob es auf. Über ein jäher Schreck erschütterte sie so, daß sie sich an der Lehne des ihr zunächst stehenden Stuhles fefthalten mußte. All mächtiger — dies Etui

kannte sie nur zu gut, unzählige Male hatte sie es in der Hand gehalten. Das diamantenbesetzte Kreuz, das es umschloß, war ja ein Lieblingsschmuckstück von ihr gewesen, nicht um alles hätte sie die altertümliche Fassung der zwar nicht großen, aber wundervoll reinen Steine verändern lassen: Papst Benedikt der Sechzehnte hatte das Kreuz vor mehr als hundert Jahren einer in den Karmeliterorden getretenen Gräfin Eichenhorst bei ihrer Weihe zur Äbtissin zugesendet. Aus deren Hinterlassen schaft

war es in den Besitz ihrer Familie gelangt; auch dies Kreuz hatte zu den Kleinodien gehört, über deren Verbleib undurchdring liches Dunkel lag. Wie um Gotteswillen war Otmar in den Besitz desselben gelangt? Auf einen Druck ihres Fingers öffnete sich das Etui, aber statt des Kreuzes lag eine Visitenkarte auf seinen verblichenen Samt polstern. „Theuerdank Goldheim und Frau." Ja, was bedeutete denn das? „Fräulein Ella Kobal zur fteundlichen Erinnerung an den Abend des . . las halblaut die Gräfin, dann lachte

sie gellend auf. Ah, ihr Kreuz war es, das Ella zum Geschenk erhalten hatte? Wie war der Geber zu dem gekommen? Das mußte er sagen! Sollte sich endlich das Dunkel lichten, dem ernstlich nach zuspüren sie bisher nicht gewagt hatte? Zitternd vor Erregung kehrte die Gräfin mit ihrem unerwarteten Fund in ihre Gemächer zurück. Was zuerst tun? Sie war so verwirrt, daß sie sich nicht einmal fragte, wie denn Otmar dazu komme, einen Gegenstand, der Ella gehörte, in der Tasche zu haben und weshalb er ihr gegenüber

geschwiegen, über etwas, was auch ihm nicht entgangen sein konnte, auch ihn befremdet haben mußte: daß sein Wappen dem Kästchen da ausgeprägt sei. An alles das dachte sie jetzt nicht, nur daran, wie sie dieses Goldheim habhaft werden könne. Ein Geräusch lenkte ihren Blick nach der Türe. Dort stand Babette, die die Posteinläufe brachte und zugleich meldete, daß Klaus von seinem Wege zu Doktor Kobal zurückgekehrt sei. Diesem ginge es besser, er werde sich sehr freuen, wenn ihn die Frau Gräfin

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Unterinntaler Bote
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Seite 12 von 18
Datum: 29.04.1911
Umfang: 18
." „Ist C; Karlisten?'' „Noch Cabecilla. bltkanern, aushäufen. Armee." „Eine vorüber?" „Bort Flusses zu ger Flinte "Also, schießen — „Das der Cabecil aber das könnten Frau Gräfin die Thcatersängcrin ivcit besser fühlen lassen als ich." Die Gräfin öffnete ihren Schreibtisch und entnahm demselben mit einem unterdrückten Seufzer ihre Geldbörse. „Du hast recht, Babette", sagte sie mit vor Zorn zitternder Stimme, „und fühlen werde ich sie's lassen, was ich von ihrer Aufdringlichkeit haltet" Förmlich eingewickelt

in ihren aristokratischen Stolz, betrat die Gräfin den Salon, in den Babette die Sängerin geführt hatte. Ah, das war stark! Ein großes Album auf dem Schoß, die Photo graphien der Eichenhorstschen Ahnengalerie enthaltend, saß der Ein dringling in so bequem ungezwungener Stellung in dem ausschließ lich von der Hausfrau selbst benützten Fauteuil, -als befinde sich die kleine Frau hier in ihrer eigenen Behausung. Jeder Zoll Dame — trotz ihrer Empörung mußte die Gräfin das zugeben. Sogar das Nichtbeachten der gebräuchlichen

Form, mit der sich zwei Gleichstehende in einer solchen Situation einander genähert hätten, sogar das geschah seitens der Sängerin in so graziöser, eleganter Weise, daß ihr Verstoß gegen die Etikette sich hierdurch in eine bestechende Courtoisie verwarrdelte. „Was für Prachtköpfe!" rief sie enthusiastisch der eintretendcn Gräfin zu, als ob sie vor allem ihrem Entzücken über das Ge sehene Ausdruck geben müsse. „Ja, unter der Obhut solcher Kämpen mußte unser Vaterlaird seiner jetzigen Größe

entgegenreifen!" Gar nichts war mehr dazu angetan, um im Herzen der Gräfin freudigen Widerhall zu wecken, als dieser Ausruf Fräulein Almaris. Die erste Begrüßungsformel einer Fremden hätte allerdings anders lauter: sollen, gewiß. Aber was anscheinend dies Nichtbeachten des gesellschaftlichen Zeremoniells verschuldete, berührte so wohl tuend das innerste Empfinden der stolzen Frau, daß sie es sicher lich verzeihlich fand, wenn man sich durch einen solchen Gegen stand zu einer Formverletzung hinreißen ließ

. Von einer Standes genossin hätte eine so liebenswürdige Art des Entgegenkommens die Gräfin sicherlich sympathisch berührt und angeheimelt; bei der Sängerin erschien ihr die Form, mit der diese sich einführte, als eine empörende Dreistigkeit. Ihr Gesicht ward womöglich mach hochmüttger, und ohne ein Wort der Entgegnung fixierte sie starren Blickes ihr Gegenüber. Blitzartig zuckte ein spöttisches Lächeln über das Gesicht der Sängerin. Sie, die Meisterin in der Kunst, jede Seelenregung in ihren Zügen zum Ausdruck

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Unterinntaler Bote
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Seite 14 von 20
Datum: 10.06.1911
Umfang: 20
178 C t e tc )e )a 3 sck än chc Ha eno m Da :gri )le, W ittid ,'ches .Han- zegev sgesö ch B Sä eleuch brauc ries ials man dir beweist, bist du auch andern schuldig!" — Herr Goldheim hatte rasch einen Schritt nach vorwärts gemacht, um möglicherweise wieder in den Besitz der verhängnisvollen Papiere zu gelangen; allein mutlos ließ er die ausgestreckten Arme wieder herabsinken, die Gräfin gab die Dokumente sicher nicht gutwillig wieder heraus. Die Almari aber perbarg mit einem lauten Schrei

ihr Gesicht an Ellas Schultern, sich an dem jungen Mädchen fest- Nammernd, als fürchte sie den Anblick von etwas Entsetzlichem. Ruhig entfaltete die Gräfin die Papiere, deren Inhalt sie mit lauter, fester Stimme vorlas. An allen Gliedern zitternd fuhr Doktor Kobal in die Höhe, als sie damit zu Ende war. Mit unnatürlich funkelnden Augen starrte er Goldheim ins Gesicht. „Sie haben von meinem Bruder den Eichenhorftschen Familienschmuck erhalten und ihm Geld darauf vor gestreckt?" „Nur auf einen Teil

desselben. Hier ist die Liste der Gegen stände, die sich in meinem Besitz befinden." „Sie besitzen die Sachen noch?" „Bis auf dieses Kreuz, Frau Gräfin." „Und Sie wußten von alledem nichts, Frau Gräfin?" rief Doktor Kobal angstvoll dieser zu. „Nicht eine Silbe," antwortete sie eisig. „Ich hätte ein so weitgehendes Vertrauen entschieden mißbilligt und es nie erlaubt, daß unser Familienbesitz fremden Personen ausgeliefert würde. Der Mißbrauch, der mit der Güte meines Gemahls getrieben worden ist, beweist ebenso

, wie der Schaden, den wir dadurch erlitten haben, daß mein Einspruch ein vollberechtigter wäre." Ein Doppelschrei beantwortete diese grausamen Worte. „Mein Vater!" schrie Ella außer sich. „Mein Vater <—!" Heftiges Schluchzen erstickte ihre Stimme. „Sie beschuldigen meinen Bruder, Frau Gräfin!" Diese zuckte nur mit den Achseln. „I ch tue das? Ich dächte, diese Papiere sprächen deutlicher, als ich's getan habe." „Und doch unterstützen Sie eine Lüge, einen Betrug, ich möchte meinen Kopf verwetten

, daß dem so ist! Zu was hätte mein Bruder solche Summen gebraucht? Er, der bedürfnisloseste Mensch von der Welt! Für seinen Herrn hat er sich das Geld geben lassen müssen, nicht für sich." „Für seinen Herrn? Glauben Sie, daß der Graf dann eine .Lüge wie diese hier niedergeschrieben hätte?" „Das glaube ich eher, als daß mein Bruder ein Dieb gewesen sein soll! Ich frage noch einmal: wozu hätte er das Geld ge braucht?" Die Gräfin wandte sich an Goldheim. „Sie wissen so vieles, mein Herr, vielleicht können Sie diese Frage

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Tiroler Post
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Seite 1 von 12
Datum: 24.06.1899
Umfang: 12
Tage, und eben war sie mit den Musik- 7 Übungen fertig, als das Kammermädchen der Gräfin von Schnellenhorst, ohne vorher angepocht zu haben, in's Schulzimmer trat. „Fräulein, Sie sollen sofort nach dein großen Saal hinüber kommen, meine gnädige Gräfin befiehlt. es!" Erna glaubte ihren Ohren nicht zu trauen. In so rücksichts loser Weise war ihr bisher noch Niemand entgegengetreten. Sie sprach kein Wort, sondern schloß das Piano und reichte Adda ein Buch, als ob die Zofe gar nicht im Zimmer wäre

. Doch diese begann nochmals, und schon mit überlauter Stimme: „Fräulein, hören Sie denn nicht, was meine Frau Gräfin Ihnen befiehlt?" Jetzt blickte die junge Lehrerin aus und sah der Sprecherin fest in die Augen. „Meine Liebe, Befehle ertheilt man nur Ihres Gleichen, die Wünsche Ihrer Herrin überbringen Sie mir in höflicher und manierlicher Weise, haben Sie mich verstanden?" „O ja! Das wäre etwas für meine gnädige Frau Gräfin, die nur an's Befehlen gewöhnt ist," ries das Mädchen jetzt fast schreiend

aus, indem sie dicht an Erna herantrat. „Wissen Sie, Fräulein, daß meine Gräfin alle für ihre Diener hält, die von ihr abhängen? und so befiehlt sie auch Ihnen, daß Sie nach dem großen Saal kommen; denn Sie sollen dort spielen und die Gäste belustigen!" Erna entgegnete mit anscheinender Ruhe: „SagenSie der Frau Gräfin, ich lasse bedauern, im Augenblick Hütte ich noch Stunde." „Das soll ich der Frau Gräfin sagen?" „Das werden Sie Ihrer Frau Gräfin sagen. Inzwischen werde ich mich erkundigen, ob der Auftrag

sie für Alles belohnte. Aber die Demüthlgnug war doch furchtbar — und wenn die absichtliche Beleidigung nicht allein von der Gräfin ailsgiiig, wenn auch er Antheil daran hatte __ wenn — O nimmer! Der Verdacht war kleinlich. Aber was wollte die Gräfin von ihr? Wollte diese kalte Frau sie in seiner Gegenwart deinüthigen? O! Ergebung ist ein Halsband mit Stacheln! -— . ~~ OT, , TT Gräfin Jda von Schellenhorst gab ein Fest und strahlte unter ihren Gästen in jugendlicher Schöne. Für jeden hatte sie das bezauberndste

Mancio! Willkommen," rief Gräfin Jda. „Doch muß ich Sie gleich schelten; denn warum so spät?" ^ „Spät?" fragte der Italiener bezüglich, indem er die Hand der Gräfin an seine Lippen zog. „So komme ich also nicht als Lästiger, sondern werde erwartet?" Gräfin Jda emzog Mancio ihre Hand und sah schnell zu Dorneck hinüber. „Ich erwarte immer gern den Gast, den ich einlade." — „Und warum habe ich so lange auf diesen Augenblick warten müssen?" — „Mein Freund!" Freund! — O theuerste Gräfin, darf

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Unterinntaler Bote
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Seite 10 von 16
Datum: 07.10.1911
Umfang: 16
, sich durch so gewichtige Fürbitten eine Unterredung mit ihp zu er zwingen — ohne den Brief der Oberin würde sie ihr augenblick lich den Rücken zugekehrt und sich entfernt haben. Vielleicht auch nicht — es lag etwas Bezwingendes in dem Blick der kleinen Dame, vor der jetzt die Gräfin mit einem kalten hochmütigen Gruß leicht das Haupt beugte — ein Ausdruck unbeschreiblicher Güte, teilnahmsvoller Trauer, vor dem die Gräfin erbebte. Sie wußte es sofort — nicht um etwas von ihr zu erbitten, war diese Frau gekommen

, sie hatte ihr ein Unglück zu melden, das sie selbst bedrohte. War es denn noch nicht genug, was sie gelitten hatte? Frau Kwistel deutete das Erbleichen ganz richtig. „Beunru higen Sie sich nicht, Frau Gräfin," sagte' sie sanft, „wir kommen als Friedensboten und bringen Ihnen eine Nachricht, die Sie freuen wird — freuen muß. Denn jedem rechtschaffenen Menschen ist es ja Genugtuung, wenn er ein Unrecht, das er, ohne es zu wollen, beging, wieder gutmachen kann — nicht wahr, Frau Gräfin?" Wohin war es mit ihr gekommen

— sie wußte, was kommen würde! Frau Kwistel beachtete absichtlich die Bewegung der Gräfin nicht, sondern sprach nach deren bejahendem Kopfnicken mit freundlicher Gelassenheit weiter. „Ich wußte, daß Sie so denken würden, ich kenne Sie ja durch Ella. Ich weiß, mit welcher Seelengröße Sie all das Schwere getragen haben, das Ihren Lebensweg verdüstert hat. Die Frau, die sich durch ihr Unglück nicht verbittern ließ, son dern in der schwersten Zeit ihres Lebens eines verwaisten Kindes annahm, wer müßte

sie nicht hochschätzen, verehren! Und das tue ich, ich, die mütterliche Freundin Ellas, die für Sie, wie es ihre Pflicht ist, nur dankbare Wertschätzung empfindet." Die Gräfin stöhnte leise auf — nein, das ertrug sie nicht! Nach dem, was sie auch Ella damals zugefügt hatte, mußte ihr diese milde Gesinnung als Barmherzigkeit erscheinen — die aber verschmähte sie — Almosen zu empfangen, war die Gräfin Eichen horst nicht fähig! Entschlossen richtete sie sich auf. „Wollen Sie nicht die Qual abkürzen, die ich leide

?" fragte sie kurz und rauh. „Ich wünsche die Beweise für das Unrecht, das ich begangen haben soll." Frau Kwistel gab Ella einen Wink. „Es ist auch zugleich ein Beweis, daß treue Anhänglichkeit an Sie und Ihr Haus, die Ihnen wertvoll sein muß, nie gewankt hat, Frau Gräfin," sagte sie sanft, „daß sie echt war, wie es Ellas Zuneigung für Sie ist. Gib der Beschützerin deiner vereinsamten Kindheit den Beweis für die Treue deines Vaters, Ella!" Tief bewegt reichte diese der Gräfin das vergilbte Blatt

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 10 von 10
Datum: 17.12.1913
Umfang: 10
Seite 10 Weihnachts-Anzeiger m h M * fragte er den Kammerherrn, als sie in den Saal zu- rücktraten. Der Brahmine seufzte und zuckte die Achseln: „Für mich ist Spiel und Tanz vorbei, das Lachen ist vor über. Die Einzige, die ich zum Tanzen fordern möchte ... die Gräfin Bonau ... ich glaubte, sie liebe mich . . . denken Sie sich meine Verzweiflung . . . unsere Häuser waren einig . . . plötzlich brickt sie gänzlich mit mir ab." „Ei, das ist das erste, was ich höre!" rief Philipp. „Mein Gott

: -da ist ein gutes Werk zu tun! und machte sich ohne Umstände zur Karmeliterin. Die Gräfin Bonau be trachtete ihn eine Weile ernst und errötend, als er ffich zu ihrer Seite niedersetzte. Sie war ein schönes Mädchen: doch bemerkte Philipp bald, sein Röschen sei noch zehntausendmal schöner. „Meine Gräfin . . ." stammelte er und geriet in Verlegenheit, als sie ihren Hellen, schwärmerischen Blick auf ihn lenkte. „Prinz," sagte die Gräfin, „Sie waren vor einer Stunde beinahe zu mutwillig." Volks-Zeitung „Schöne

Gräfin, ich bin dafür jetzt desto ernst hafter." „Desto bester; so darf ich Sie nicht fliehen, Prinz." , e Gräfin, eine Frage nur erlauben Sie mir. Sie auch in diesem Nonnenkleide aufrich tige Buße für Ihre Sünden?" „Ich habe nichts zu büßen." „Aber doch, Gräfin, Ihre Grausamkeiten . . . Ihr Unrecht gegen den lieben Brahminen, der dort drüben von Gott und aller Welt verlassen steht." Die schöne Karmeliterin schlug die Augen nieder und ward ein wenig unruhig. „Wissen Sie auch, schöne Gräfin

, daß der Kam merherr an der Freudenwalder Geschichte so unschul dig ist wie ich?" „Wie Sie, Prinz?" sagte die Gräfin und runzelte die Stirn. „Was sagten Sie mir erst vor einer Stunde?" „Sie haben recht, liebe Gräfin, ich war zu mut willig. Sie selbst sagen es ja. Nun schwöre ich, der Kammerherr mußte auf Befehl der Königin-Mutter nach Freudenwald, mußte gegen seinen Willen da hin, mußte beständig der Kavalier der ihm verhaßten Reizenthal sein . . ." „Der ihm verhaßten!" lächelte spöttisch und bitter

die Gräfin. „Ja, er haßt, er verachtet die Baronin. Glauben Sie mir, er hat gegen die Baronesse fast alle Gren- zen des Anstandes verletzt, hat sich durch sein Be- tragen vielen Verdruß zugezogen. Ich weiß es. Und das alles tat er für Sie. Nur Sie liebt er, nur Sie betet er an. Und Sie — Sie können ihn verstoßen!" „Wie kommt es, Prinz, daß Sie sich für Pilzow sc lebhaft interessieren? Sonst war's doch nicht so." „Es geschieht, Gräfin, weil ich ihn vorher nickt kannte, noch weniger seine traurige Lage

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Kitzbüheler Bezirks-Bote
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Seite 10 von 16
Datum: 11.02.1906
Umfang: 16
strickt hatte, datz er kaum zu einer flüchtigen Begrüßung der Dame des Hauses Zeit fand. Käthcheu war bis zur Schwelle des ersten Salons gekommen; sie blickte fragend aus Ferdinand. Dieser aber schien sie nicht zu bemerken. Freilich war er ja vollständig durch die Gräfin Steinhaufen in Anspruch genommen, so daß er, ohne unhöflich zu sein, die Unter haltung mit ihr nicht unterbrechen konnte. Die Herren aus dem zweiten Salon waren auf gestanden, um den Grafen und die Gräfin Steinhaufen

zu begrüßen. Als die Gräfin Heltenberg ebenfalls folgen wollte, hielt Herr von Ribenau sie zurück, indem er flüchtig seine Hand auf ihren Arm legte. „Ein Wort, Editha," sagte er leise, während er sorgsam nach dem andern Zimmer hin spähte, ob er von dort nicht beobachtet werde. Die Gräfin wendete sich um und trat ein wenig hinter die Portiere zurück. „Nun?" fragte sie überrascht und halb spöttisch. „Es ist lange her, daß wir nicht mehr die Verborgenheit vor den beobachtenden Blicken gesucht

haben." „Nicht so lange, Editha," sagte Herr von Ribenau, „daß ich vergessen hätte, was wir uns einst gewesen sind." „Und was erinnert Sie heute daran so besonders?" fragte die Gräfin. „Ich bedarf Ihrer Hilfe, Editha," erwiderte Ribenau, indem er stechend drohende Blicke nach dem ersten Salon hin schoß, „Ihrer Hilfe gegen diesen so plötzlich vom Himmel gefallenen Grafen Hilburg." „Ah, er ist gestern erst angekommen, und schon sollte er Ihre Wege gekreuzt haben!" erwiderte die Gräfin. „Sie wissen, Editha," fuhr

Ribenau eifrig fort, „daß ich Käthchen heiraten will —" „Sie? In der Tat, eine gute Partie!" sagte die Gräfin, immer ihren spöttischen Ton beibehaltend, „und es ist natürlich, daß Sie die Tante über der Nichte vergaßen." „Ich verdiene Ihre Vorwürfe nicht, Editha! Nie mals werde ich Sie vergessen, aber ich muß mich rangieren, ich kann rnich nicht länger halten. Käthchens künftiges Vermögen bietet ausreichende Sicherheit für alle meine Verpflichtungen; es ist die höchste Zeit, daß meine Ver bindung

mit ihr proklamiert wird, dann gewinne ich Frist, dann kann ich mich arrangieren, und sind wir erst verheiratet, so muß ja Rautenstein die Sache ordnen, rvozu er jetzt vielleicht nicht sehr geneigt sein möchte." „Ja, ja," sagte die Gräfin Heltenberg, „das wird er wohl müssen, obgleich er geizig ist und nicht gern etwas für andere hergibt; aber er hat ja nur die eine Tochter, und es bleibt ihm wahrlich noch immer genug übrig, und Käthchen ist nach wie vor eine der reichsten Erbinnen. Ich selbst kann Ihnen leider

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Kitzbüheler Bezirks-Bote
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Seite 11 von 16
Datum: 25.03.1906
Umfang: 16
war sehr froh, das Krankenzimmer nach einigen teil nehmenden Worten wieder verlassen zu können. Niemand redete ihn umtürlich in Betreff der Ver mutung an, welche man über den Zusammenhang seiner Tochter mit der vielbesprochenen Tagesfrage hegte, und so hatte er denn nach einigen Tagen die ganze Sache fast vergessen. Die Gräfin Heltenberg war unernrüdlich in der Pflege ihrer Nichte. So lange die Fieberhitze bei derselben an hielt, war sie nur darauf bedacht, die Vorschriften des Arztes pünktlich

zu erfüllen- sie sprach mit der Kranken, welche häufig halblaute Worte flüsterte und dann stumm und starr vor sich hinsah, niemals von der Vergangenheit, sondern suchte dtirch l ichtes, heiteres Geplauder sie von ihren Gedanken oder Phantasien abzuziehen. Auch als Käthchen schon einige Tage in voller Genesung begriffen war, verharrte die Gräfin in ihrer Zurückhaltung. Sie hatte mehrmals schon einen eigentümlich for schenden Blick des jungen Mädchens bemerkt und wartete auf Käthchens Frage. Bald

sollte ihre Erwartung sich ersiitten. „Was ist geschehen", fragte Käthchen wie mit einem plötzlichen Entschluss, „an jenem unglücklichen Tage? Du weiht wohl, als ich mit dir bei der Blangini war! O, wäre ich nicht dorthin gegangen!" „Ribenau und Hilbnrg halten eine heftige Scene mit einander " erwiderte die Gräfin im ruhigsten Ton, als r') sie von der gleichgültigsten Sache der Welt spräche. „Ich weiß, ich weiß!" rief Käthchen- „welch unseliges Mißverständnis! — Und weiter?" „Hilbnrg hat mit Verachtung

von dir gesprochen, Ribenau konnte das nicht dulden, sie haben sich ge schlagen — fast ist Ribenau getötet — die Kugel durch drang seine Mütze." „Und Hilbnrg?" fragte Käthchen atemlos. „Ribenau hat ihn durch den Arm geschossen, er läßt seine Wunde in Hilburgshausen heilen." „Verwundet — um meinetwillen!" sagte Käthchen mit unbeschreiblich schmerzvollem Ton, indem sie ihre Hände faltete und den Kopf auf die Brust finken ließ. Die Gräfin schien dies nicht zu beachten. „Und damit ist die Sache aus," sagte

sie. „Ribenau hat sich in der Tat herrlich benommen- er hat sein Leben für dich eingesetzt, ohne daß er dazu irgend eine äußere Verpflichtung hatte." „Die Sache ist aus," wiederholte Käthchen in dumpfem Ton, ohne ihren Kopf wieder aufzurichten- „ja, ja, sie ist aus! Was soll da noch kommen?" „Und doch", sagte die Gräfin, indem sie Käthchens Hand ergriff, „darf sie nicht ganz aus sein. Alles läßt sich ins Gleiche bringen, du kannst noch glücklich werden- alle Gespräche werden schnell verstummen

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Innsbrucker Zeitung
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Seite 6 von 8
Datum: 19.12.1934
Umfang: 8
des erkrankten Bundeskulturrates, Msgr. Prof. Dr. Kolb, hielt General d. R. Hermanny Hansjörg sah, daß Marlene diese Gründe nicht recht einleuchten wollten, daß ihr gegebenes Wort stärker war als seine Argumente. Da kam ihm Mich! zu Hilfe. „Nix da, Deern! Sie bleiben bei uns. Ich fahr mir Ihretwegen die Beine krumm, um Sie sehen zu kön nen und Sie wollen mir davonlausen. Ich werde Ihr Nichtkommen selbst bei der Gräfin entschuldigen, wir sind ja alte Bekannte." Die beiden älteren Damen sahen zwar ein wenig

gedankenvoll vor sich nieder, eine Frage stellten sie aber nicht. Ihre persönliche Abneigung gegen die Gräfin ließ sie die Stellungnahme der Herren schließlich be grasten. Hansjörg rauchte bei seinem Freunde noch eine Zigarre. Er erzählte ihm kurz das Vorgefallene. „Intrigantes Weib!" Der Maler blies dichte Rauch schwaden in die Luft. „So ähnlich Hab ich es mir ge dacht, doch keine Kopfschmerzen deswegen! Die Gräfin schaff ich dir vom Leib." „Wie willst du das anstellen?" „Das laß meine Sache

uns in die Lage, unermeßlich Großes zu leisten. Nach dem Zusam menbruch im Jahre 1918 mußten wir uns sagen lassen, Stadtpfarrkooperator und Katechet Anton P l a t t n e r, O. Präm., Jugend- und Kongregations-Präses. Vorortsvor sitzender des T. M. V. ab 1930. Photo: Alfons Kroiß. Am nächsten Nachmittag wollten die Freunde mit Marlene eine Motorbootfahrt unternehmen. Sie schrit ten unter Lachen und Scherzen die Stufen herunter, als Marlene ihren Namen rufen hörte. „Die Gräfin!", flüsterte sie erschrocken

. Sie hatte vormittags der Gräfin eine Karte geschickt, auf der sie sich wegen ihres Nichtkommens entschuldigte. Der Besuch Professor Altmanns gab den nötigen Vor- wand dazu. Professor Altmann drehte sich langsam auf den Stu fen herum. In seinem seinen, grauen Straßenanzug, den weichen Hut in der Hand, stand er breit und klobig vor der Gräfin. Nicht einen Schritt ging er ihr ent gegen. Marlene eilte leichtfüßig die Stufen empor. Gräfin Ployos hatte sorgfältig Toilette gemacht. Eine Dosis Rouge gab ihren Wangen

ein frisches, rosiges Aussehen. Nur die Schatten unter den Augen erzähl ten von einer schlaflosen Nacht. Marlene trug nur ein schlichtes, weißes Kleid, das in der Mitte von einem goldbraunen Gürtel Zusammen gehalten wurde, und doch trug ihre, von dem feinen Hauch der Jugend umgebene Schönheit den Sieg über die Gräfin davon. Das gestanden sich auch die Herren ein. Die Gräfin mußte die Stufen herunterkommen, wollte sie mit den Herren sprechen. Sie hatte den Pro fessor sofort erkannt. „Sieh

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Kitzbüheler Bezirks-Bote
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Seite 14 von 16
Datum: 29.11.1908
Umfang: 16
382 Gräben; kurz, er hatte nie Zeit, Inspektor Reichert, denn treu war er — unerschütterlich treu. Als aber die kleine Gräfin Jsa anfangen sollte, reiten zu lernen und der Graf nicht immer dabei sein konnte — da hatte Inspektor Reichert merkwürdigerweise mehr Zeit. Da konnte es mitunter passieren, daß die Arbeiter richtig faulenzten, denn der Inspektor konnte bei solchen Gelegenheiten ganze zwei Stunden wegbleiben. Eine so waghalsige Reiterin Gräfin Jsa war, so ausgelassen und wild „Gabriele

" unter ihrer federleichten Bürde auch tänzelte und sprang, Inspektor Reichert führte sein Fräulein immer sicher und wohlbehalten nach Hause. Und ihre aufgelösten, langen, blonden Haare spielten frei und wild um jugendfrische Wangen, ihre Augen glänzten in Jugend glück und Jugendmut und des Inspektors Wangen glühten und stürmisch klopfte sein Herz. Aber — er vergaß sich nie, nicht mit einem Blick, ge schweige einem Wort. Als Gräfin Jsa achtzehn Jahre alt war, da kam es immer seltener vor, daß der Inspektor Reichert

, ein sehr tüchtiger Mensch," versicherte Gräfin Jsa. „Hm . . . sollte aber dieser weitläufige Besitz nicht einen etwas mehr erfahrenen Inspektor erfordern . . .?" meinte dann Vetter Albert, indem er sein Monokel fester ins Auge klemmte und für sich dachte, daß dieser Reichert doch auch gar zu wenig das Aussehen eines Gutsinspek tors habe. „O, gewiß nicht! Reichert ist tüchtig, sagt Papa, und vor allem treu, unerschütterlich treu, das sagt Papa gar oft," fiel die Komtesse ein. Und mehr hatten die jungen Kavaliere

fand statt, und zu seiner Zeit auch die Hochzeit, und da durfte Inspektor Reichert mit dabei sein. Eine alte Gräfin-Witwe begegnete ihm auf der großen Treppe, als er gerade heraufging, stramm und stattlich in seinem neuen Frack. „Einer von den Brautführern, vermute ich," sagte die alte Dame und lächelte wohlgefällig. „Aber Tante, das ist ja nur der Inspektor Reichert," unterrichtete sie eine der Brautjungfern. „Na, das muß ich sagen, das ist auch wieder so eine von Vetter Hellbergs

am Kopfende — Särge für den alten Grafen und die alte Gräfin. „Sie bleiben doch wohl bei uns, Inspektor Reichert, nicht wahr?" sagte der Graf Albert, als Reichert oben gewesen war, um die Nach laßakten als Zeuge mit zu unterzeichnen. „Ich weiß wirklich nicht, Herr Graf ... ich habe ein kleines Güt chen geerbt . . . und dachte eigentlich . . ." „Ach was, Reichert, Sie werden uns doch keinen neuen Schmerz zufügen wollen!" bat Gräfin Jsa und legte ihre Hand auf seine Schulter. Der Inspektor sah

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Kitzbüheler Bezirks-Bote
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Seite 10 von 16
Datum: 02.06.1907
Umfang: 16
Nr. 22. MtzbühelerBote" IX. Jahrgang. 8 — 170 — Schwer ging ihr Atem: „Schnell, schnell Papier —" I „Gnädige Gräfin befehlen? —" fragte der alte Diener | besorgt. — „Papier — ich will eine Depesche schreiben! Man soll sofort zum Arzt senden. Wann kommt der nächste Zug von Monte Carlo —?" Alle diese Fragen stieß die alte Dame säst zu gleicher Zeit hervor. Der Diener reichte das Papier — sie wies es zurück. „Es ist ja Unsinn — Beta trifft das Telegramm ja gar nicht mehr! Es ist gut," fuhr

sie, zum Kammer diener gewandt, fort, „gut, man soll nur schnell zum Arzt senden — ich will auf mein Zimmer —!" Lisbcth geleitete sie sorgsam hinauf. Niemand wagte zu fragen, was passiert sei; in ihrer verschlossenen Art sprach sich die Gräfin nicht aus. Eine namenlose Angst schnürte Lisbeth das Herz zusammen. Der Arzt kam. — „Ich werde Cie rufen lassen," sagte die Gräfin zu Lisbeth, und dieselbe verließ leise das Zimmer. Nach einer halben Stunde kam der Arzt heraus und rief Lisbeth zur Gräfin. Die Gräfin lag

erschöpft auf der Chaiselongue — der Arzt neigte sich zu ihr herab und sagte: „Befehlen Frau Gräfin, daß ich Schwester Ursula frage?" „Eile tut not! Gewiß, gewiß!" rief die Gräfin erregt. „Schwester Ursula," begann der Doktor, „die Frau Gräfin hat eine traurige Nachricht erhalten. Der Nichte der Frau Gräfin ist auf der Reise hierher ein Kind tod krank geworden. Sie kommt mit diesem schwerkranken Kinde heute nacht ein Uhr an. Wir wissen nicht, ob es nicht eine ansteckende Krankheit ist — ich will daher

sofort gehen, um eine allein liegende Villa zu mieten, und frage Sie, ob Sie geneigt wären, die Pflege des kranken Kindes zu übernehmen? — Frau Gräfin hat Vertrauen in Sie —" „Von ganzem, ganzem Herzen gern," antwortete Lisbeth, glücklich, daß sich ein neues Feld der Arbeit für sie fand — „alle meine Sorgfalt und Kraft will ich ein- setzen, das Vertrauen der Frau Gräfin zu verdienen und zu rechtfertigen!" Ein warmer Blick der Gräfin traf sie. „So bringen Sie mich zu Bett, Ursula," — zum ersten Male

nannte sie die Gräfin bei diesem Namen, — „bringen Sie mich zur Ruhe, wenn es eine Ruhe heute für mich geben kann. — Ich werde Sie vermissen, Kind!" Zum ersten Male ein warmes Wort, eine Aner kennung! — Lisbcth fühlte es dankbar und küßte die Hand der alten, wunderlichen Dame. — Dann ging sie auf ihr Zimmer, ihre Sachen zum Mitnchmcn zu ordnen; kaum war sie fertig, meldete man ihr den Arzt. „Sind Sie bereit?" „Jawohl!" „Dann kommen Sie! Sie müssen helfen, die Betten in Ordnung bringen, die Zimmer

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Tiroler Land-Zeitung
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Seite 14 von 20
Datum: 06.08.1904
Umfang: 20
122 zerschmettert?" Dann schrie sie auf: „O Gott, steh mir bei!" Sie richtete sich im Bett halb auf und machte Anstalt, herauszuspringen." ..Isis denn möglich?" unterbrach ihn die Gräfin. „Schwester Elisabeth hat mir nichts davon gesagt." „Wozu auch? Für mich wars aber dringend nötig, und da sich ähnliches bereits wiederholt hat, mutzte ich Sie bitten, mir klaren Wein einzuschenken. Jetzt weiß ich, wie die Sache anzufassen ist." „Wie denken Sie?" „Das sollen Sie hören. Ich bin überzeugt

, daß Gräfin Cöle- stine bei ihrer weichen Natur, die sie mitunter ganz widerstandslos gemacht, gar nicht daran denkt, ein Glück der Liebe noch für möglich zu halten, aber sie ist grenzenlos beunruhigt über Grüners Geschick. Sie weiß nicht, was aus ihm geworden. Und doch würde sie keine Frage deshalb an Sie, Frau Gräfin, oder an ihren Herrn Gemahl zu richten wagen." «Sie haben recht, Herr Doktor, aber ich wage es auch nicht, mit Cölesttnen über die Sache zu sprechen." machte er nicht den Hof

, und die Kranken des Volkes behandelte er mit derselben Sorgfalt, wie die reichen Leute. Darum durfte er sich auch mitunter ein offenes Wort erlauben. Man wußte, daß er nicht schmeichelte, sondern ein Freund der Wahrheit war, und da ihm manch schöner Erfolg in seinem Berufe zur Seite stand, so wurde ihm auch nichts übel genommen. Gräfin Reifenstein befolgte sofort den Rat von Doktor Berger, nachdem sie noch mit ihrem Manne Rücksprache genommen. Frau Virkhold wurde auf das Schloß beschieden, wobei

ihr in einer ver traulichen Unterredung mit der Gräfin-Mutter mitgeteilt wurde, welche Rolle sie bei ihrem sofortigen Besuche im Krankenzimmer zu spielen habe. Die Gräfin selbst meldete die Förstersfrau bei ihrer Tochter an und bemerkte sogleich, daß sich der letzteren eine kleine Erregtheit bemächtigte. Auf die Frage, ob sie die Försterin sehen wolle, leuch teten die jetzt so matten Augen lebhafter auf, Cölestine erhob die zu sammengefalteten Hände, indem sie sich auf ihrem Lager aufrichtete ! und antwortete

: „Ach wie gern, ach wie gern!" Rahruvgrforge«. „Das dürfen Sie auch nicht. Das würde die liebe Kleine ent setzlich ausregen. Aber ich rate Ihnen, rufen Sie einmal Frau Förster Virkhold an das Krankenbett. Lassen Sie dieselbe allein mit der Kranken. Die junge Gräfin wird sicher fragen und Frau Birkhold wird, soll und mutz antworten. Ich glaube entschieden, daß dieser Besuch sehr günstig auf das Befmden Ihrer Tochter einwlrken wird." „Es wird sie aufregen, Herr Doktor." „Ganz recht, auch ausregen

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Unterinntaler Bote
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Seite 11 von 18
Datum: 29.04.1911
Umfang: 18
Beilage zum „Unterirmtaler Boten“. Nr. 17 Dcrlag der „Driidtorci Union“ Gei. m, d. ö-, 5a!l in Tirol. 1911 Oie Tochter des Intendanten. Roman von P. F. Jezma. (Nachdruck verboten.) . (Fortsetzung.) „Was ist?" fragte die Gräfin, gleichzeitig Babetten die Visit- larte abnehmend. Aber als habe sie eine Viper erfaßt, ließ sie das vlatt fallen, sobald ihre Augen den darauf verzeichneten Namen eine ist. Nein, wirklich nicht. Dann die Hofequipage vor dem Palais, ich Hab' mir nicht erlaubt, die Karte

anzusehen, ehe ich nicht die Salontüre hinter der Dame geschlossen hatte." „In den Salon haben Sie die Person geführt?" rief die Gräfin außer sich. „Das ist ja unerhört! Melden Sie ihr sofort, daß ich nicht zu sprechen bin, und sorgen Sie dafür, daß sie geht." Babette zupfte in ratloser Verlegenheit an ihrem Ärmel herum. Sie kannte ihre Herrin und war die einzige, die die Gräfin bis- Der Niesen. Vom Thunersee aus gesehen. Motograph-ie Niklas, Jnterlaken. Sckesm hatten. „Wie kann diese Person es wagen

?" stieß sie Mpört heraus. „Und Sie, Babette, mußten doch wissen, daß ich Et derartigen Leuten nicht verkehre, Sie hätten die Karte gar nicht ""nehmen, sondern gleich den Bescheid erteilen sollen, daß ich nicht kuipfange." „Halten zu Gnaden, Frau Gräfin," verteidigke sich die Kammer- ’««• „Der Portier hatte der Dame gesagt, daß Frau Gräfin zu vause wären. Und man sieht's ihr wirklich nicht an, daß sie so weilen zum Nachgeben bewegen konnte. „Ach Gott, Frau Gräfin", flüsterte sie untertänig

, „ich bin doch wohl nicht die geeignete Person zur Vertretung von Euer hochgräflichen Gnaden. Die Theater dame kommt gewiß wegen dem Konzert fürs Marienhospital. Die Frau Herzogin soll ganz Feuer und Flamme für dasselbe sein und würde es gewiß ungnädig aufnehmen, wenn sie erfährt, daß Frau Gräfin das Fräulein durch eine Dienerin abfertigen ließen, 's ist ja nichts anderes als eine Bettelei, um was sich's hier handelt. Ijährig halb- 620. »e£Cer. mg. hrung .itee's >ch in a am Salz- Ver- artei. 'vor e Zu- Par

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Tiroler Land-Zeitung
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Seite 18 von 18
Datum: 26.06.1914
Umfang: 18
104 kam auch in der Folgezeit doch immer wie der auf die Gräfin. Auch cknes Tages, als ein .neuer Gast mit an der Hotel-Tafel saß. Der horchte bei Nennung des Namens auf. „Nadecki?" forschte er nach, „Gräfin Na- decki in Nagy-Branka?" „Sv ist es!" „Oh, darüber kann ich Ihnen Auskunft geben." Voll Spannung blickten alle aus den Spre cher, einen älteren Herrn von vertrauener weckendem Aeußern. „Ich habe eine Fabrik landwirtschaftlicher Maschinen", bemerkte dieser erklärend, „und fc>te Frau Gräfin

war seit vielen Jahren meine Kundin. Ich habe sie häufiger auf ihrem Gut besucht, noch zuletzt im vorigen Monat auf meiner alljährlichen Tour durch die Donauländer. „Und sie war am Leben? Wie ging es ihr?" schwirrten die Fragen durcheinander. Ter Fabrikant strich sich gedankenvoll den Bart. „Am Leben war sie", erwiderte er, „aber sie hatte sich so verändert, daß ich sie kaum wiedererkannte. Es wird auch mein letzter Besuch auf Nagy-Branka gewesen sein. Die Gräfin wollte ihr Gut verkaufen

und hat es mittlerweile wohl schon verkauft." „Aber ihr Sohn — —?" „Ach, der — —! Wenn der nicht wäre, würden Sie die Gräfin sicher auch in die sem Jahre wiedergesehen haben. So aber mußte sie ans ihrer Scholle bleiben, um zu retten, was zu retten war. Sie ver stehen noch nicht. Dann muß ich ja etwas ausführlicher erzählen. „Die Gräfin Nadecki entstammt einem alten ungarischen Geschlecht und soll zu ihrer Zeit die größte Schönheit in den habsbnrgischen Landen gewesen sein. Die Vielumworbene vermählte

. Zwar war die Hin terlassenschaft so verworren als möglich, die Verschuldung enorm, aber es zeigte sich, daß die junge Frau einen klaren, praktischen Blick und starke Schultern hatte. Sie brachte wie der Ordnung in die heillosen Zustände auf Nagy-Branka, ihre Verwaltung des Gutes war eine so rationelle, daß steigende Erträge herausgewirtschaftet wurden. Und wenn die Gräfin nach zehnjähriger Witwenschaft noch einen Kummer hatte, so bereitete ihr den einzig und allein ihr Sohn, der immer mehr nach den: Vater artete. „So lange

war keine ganz freiwillige. Auf Nagy-Branka gehen Gerüchte von einer be wegten Aussprache, die zwischen Mutter und Sohn, gleich nach dessen Ankunft, stattge sunden. „Die Gräfin, die sich so auf das Wieder sehen gefreut hatte, soll nach dieser Aus einandersetzung völlig gebrochen gewesen sein. Sie war auch einige Zeit krank, hat sich jedoch in fieberischer Unruhe wieder aufge rafft und hat gerechnet und verfügt, um den Ehrenverpflichtungen des Sohnes gerecht zu werden. Ihr Barvermögen reichte

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Sterne und Blumen
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Seite 5 von 12
Datum: 03.05.1914
Umfang: 12
— 141 zu müssen, und führte er auch nie gar so hoch. Und du wirst mir folgen, Geliebte, mir folgen durch Arbeit und Sorge. Einrnal im Leben wird uns die Sonne wohl scheinen — oder scheint sie uns nicht schon, nicht heute an diesen! herrlichen Sommertage? Ich möchte meinen Schatz nicht eintauschen gegen den ihren, nicht gegen ein ganzes Leben voll Glanz und Reichtum. Das Zimmer der jungen Gräfin ist da droben der einzige Platz, an dem man leben kann, und sie ist gütig, die junge Gräfin

; sie hat meine Qualen erkannt, denn sie hat mir nicht ver wehrt, dorthin zu kommen.- Da habe ich an ihrem Spinett in langen Abendstunden die Freiheit erträumt, da habe ich an dich gedacht." „Still, still!" Wie ein Feuer brennt es in dem Kopf der jungen Gräfin, ihre Pulse hämmern. Es war ihr, als könne sie nicht atmen, ihre kleinen Hände umklammern krampfhaft das eiserne Geländer, sie fürchtet sonst zu fallen. Eine Weile steht sie unbeweglich und schaut mit stumpfen, fassungslosen Blicken ins Leere, dann legt

sie plötzlich die Hand über die Augen, die schmerzhaft flimmern und stechen. Da schlägt die Turmuhr fünf laute Schsiläge. Gräfin Amalia Kristina fährt auf, als wäre sie aus' einem bösen Traum erwacht, hebt stolz den feinen Nacken und geht mit macht keine Miene, ihr zu Hilfe zu kommen. Man ist ja daran gewöhnt, daß die junge Gräfin sich selbst hilft. „Patz doch auf", ruft sie streng, hebt ihre Schleppe mit der linken Hand und geht in stolzer Haltung über den Hof. .Sie sieht nicht, daß Gustav vor seiner Hunde

hütte hin und her springt, um sie wie gewöhnlich mit einer Umarmung zu begrüßen, und als der Foxterrier kokett vor ihr auf und abtändelt, be kommt er einen Hieb mit der Reit peitsche über den Rücken, daß er heu lend die Flucht ergreift — dem alten Wächter Modig, dem Liebling der jungen Gräfin, gönnt sie kaum ein gnädiges Nicken. Die Bedienten versammeln sich in den Flügeltüren und betrachten mit Verwunderung und Sorge ihre junge Herrin, und Modig sagt in bitterem Ton: „Die Gräfin — seht mal

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Unterinntaler Bote
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Seite 15 von 18
Datum: 13.05.1911
Umfang: 18
Nun, ich glaube, daß das zu bewerkstelligen wäre. Wenn Eure Liebden vielleicht —" Es verriet stets, daß der Herzog schlechter Laune sei, wenn er seine Gemahlin mit diesem feierlichen Tjjel ansprach. Die letztere fern dm unausgesprochenen Wünschen ihres Gatten, die sie aus dieser Anrede entnahm, daher stets bereitwilligst entgegen. Wieviel mehr diesmal, wo etwas zu scheitern drohte, auf das sie so große Hoffnungen gesetzt hatte. „Ich werde die Gräfin zu mir bitten lassen", sagte sie eifrig

, „ist dir das recht, Amadeus?" Galant küßte der Herzog seiner Frau zum Zeichen seines Einverständnisses die Hand. „Diese Frau Goldheim wird recht haben", sagte er dann erleichtert, „dem Wirrnis wird ein Miß verständnis zu Grunde liegen, das diese gütigen und geschickten .Hände hier zur allseitigen Befriedigung anflösen werden. Vermittle der Gräfin den Ausdruck meines Wohlwollens. Gute Nacht, Teuerste - gute Nacht, Baronin." „Glauben Sie, liebe Willmersdorf, daß die Gräfin meinen Wunsch erfüllen tvird?" fragte

gewesen sein." , „Ja, sie war recht unvorsichtig! Meinem Konzert so wenig Förderung angedeihen zu lassen, das war ja gar nicht freundlich." Der letztere Gedanke ließ ziemlich kühle Worte aus der Feder der Herzogin aufs Papier gleiten, so kühle Worte, daß sie die Freude der Gräfin Eichenhorst über das herzogliche Handschreiben beträchtlich dämpften. Und das hatte gerade auch noch gefehlt! Unangenehm, wie der Tag begonnen hatte, endete er auch. Ella hatte an die Gräfin geschrieben, daß der Zustand Dr. Kobals ein sehr bedenllicher

sei und sie deshalb die Nacht an seinem Krankenlager zubringen müsse. Wie fatal! Ernstlich krank, da half nichts, da mußte die Gräfin mrgen selbst bei dem Patienten vorsprechen. Dann, so sehr sie sich auch bemühte, sie zu vergessen, klangen ihr stets und stets Nieder die letzten Worte der Sängerin im Ohr. Die Gräfin war vielleicht die einzige Person in M..., die nichts von dem wußte, N«s sich seit der Entfernung der Sängerin aus ihrem Hause zu- getrageu hatte. Und darum zitterte sie vor Zorn

bei dem Ge danken, daß diese impertinente Person jetzt vielleicht triumphierend erzähle, wie sie die Gräfin Eichenhorst abgefertigt habe. Und nun auch noch dieser fast unfreundliche Brief der Herzogin, die Frage, Usas wohl die Ursache desselben sei, hielt die Gräfin bis weit in die Nacht munter. 9. I : Aber so peinlich auch die Stimmung der Gräfin Eichenhorst die ihres Sohnes war dies zur selben. Zeit in noch weit höherem Grade. Er hatte wie gewöhnlich bei seiner Mama ge- iWft und von dieser erfahren

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Unterinntaler Bote
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Seite 11 von 16
Datum: 29.07.1911
Umfang: 16
war wieder einmal ganz und gar die leidenschaftliche rück sichtslose Pauline Almari, die sich jetzt entschlossen der Gräfin Eichen horst in den Weg stellte und ihrer Erbitterung freien Lauf ließ. „Ich hörte von der Frau Majorin von Paur, daß Sie hier sind, Frau Gräfin, Herr Graf," begann sie, die Titel der Angeredetm mit verächtlichem Hohn betonend, „und bin gekommen, um Sie zur Rechenschaft zu ziehen. Zuerst zu Ihnen, Madame! Sie haben sich unterstanden —" Die Majorin von Paur stand

da, als ob sie träume, Otmar von Eichenhorst aber preßte den Arm seiner Mutter fest an sich, sie hierdurch zum Schweigen auffordernd. „Pardon, meine Gnä dige," näselte er hochmütig, „Sie zwingen mich dazu, Sie daran zu erinnern, daß Sie die Ehre haben, mit der Gräfin Eichenhorst, und nicht mit einer Ihrer früheren Kolleginnen zu sprechen. Der Ton, den Sie anschlagen, ist hier durchaus nicht am Platz." „Im Grunde haben Sie recht, Herr Graf," lachte Pauline Böheim schroff auf, „ein Weib, welches ein anständiges

Mädchen bei der Polizei verleumdet, müßte entweder durch eine Zwangsjacke unschädlich gemacht, oder mit der Verachtung gestraft werden, mit der rechtschaffene Menschen ehrabschneiderischen Denunzianten aus- weichen —" „Sie sind eine Frau —" stieß Otmar außer sich hervor — großer Gott! was hatte seine Mutter da getan! Totenbleich wandte sich diese an ihn. „Ich ersuche dich, mich von hier fortzuführen!" rief sie ihm mit versagender Stimme zu. Otmar schickte sich an, dies zu tun, allein die Gräfin Böheim

! trat ihm resolut in den Weg. „Nun die unqualizierbare Handlungsweise der Frau Gräfin Eichenhorst von mir nach Gebühr gebrandmarkt worden ist, habe ich gegen die Entfernung dieser hochedlen Dame nicht das geringste einzuwenden," zischte sie zwischen ihren zusammengebissenen Zähnen hervor. „Anders jedoch steht es mit Ihnen, Sie werden sich nicht entfernen, ehe Sie mir Rede gestanden haben. Sie haben Ella Pisani durch Ihre Nachstellungen kompromittiert, wie gedenken Sie das wieder gutzumachen?" Ehe

noch Otmar antworten konnte, tat dies die Gräfin Eichen horst. „Ich bitte dich inständig, Otmar," rief sie ihrem Sohn mit vor boshafter Genugtuung funkelnden Augen zu, „dir von dieser Dame mitteilen zu lassen, in welcher Weise die Rehabilitierung des Fräuleins durch dich bewerkstelligt werden könnte —" ! „Wenn an einen Ehrenmann eine solche Frage gerichtet wird, kann er sie nur durch einen Heiratsantrag beantworten!" erwiderte Pauline Böheim mit ruhiger Energie. Die Gräfin Eichenhorst lachte höhnisch

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Unterinntaler Bote
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Seite 11 von 16
Datum: 19.08.1911
Umfang: 16
es dem Kutscher, die Tiere zum Stehen zu bringen. „Was ist geschehen?" rief die Gräfin zu seinem Sitz hinauf, gleichzeitig die Wagentüre aufreißend und samt Ella in den Weg hinausspringend. „Ein Pferd muß mit seinem Reiter durchgegangen sein — wenn er's in der Gewalt gehabt hätte, könnte er unmöglich so blindwütig aus dem Seitenweg heraus in unsre Pferde hineingerast sein — die drei Tiere waren ja nur ein wirrer Knäuel." „Ist unfern Pferden etwas geschehen?" „Ich weiß nicht, Frau Gräfin, ich wage

es nicht, die Zügel aus der Hand zu lassen." „Und das durchgegangene Pferd?" „Das ist auf und davon — sein Reiter flog in die Büsche, daß alles krachte —" „Um Gotteswillen, Ella, halte meinen Schirm, daß ich die Wagenlaternen anzünden kann — das hätten Sie längst tun sollen, Friedrich." „Gerade wollte ich's tun, Frau Gräfin." „Wir müssen den Verunglückten suchen, Ella — He, Posten, hierher!" schrie sie plötzlich laut in die Dämmerung hinaus, in der ein langsam dahertrottender Wachtposten soeben

unter einer Gasflamme sichtbar ward und sofort eilig dem an ihn ergangenen Ruf Folge leistete. „Ein durchgehendes Pferd ist in die meinen hineingerast und hat dabei, wie mir mein Kutscher meldet, seinen Reiter abgeworfen!" rief sie dem Manne zu, als er herangekommen war. „Wo war's Friedrich?" „Ein gut Stück hinter uns, Frau Gräfin, beim letzten Seiten weg." „Nehmen Sie eine meiner Wagenlaternen mit, wir folgen Ihnen. Sie, Friedrich, kehren um und kommen uns nach." „Soll ich nicht erst die Pferde — ?" „Die stehen

, Arges wird Ihnen somit nicht widerfahren sein, der Verunglückte geht vor." f Der Wachtmann war schon mit einer der helleuchtenden Wagen- löteriten der bezeichneten Stelle zugetrabt. Bei derselben ange- wmmen, sprang er vom Pferd und stieß im nächsten Augenblick einen lauten Schrei aus, der Ella und die Gräfin zur größten Eile antrieb. Ehe sie noch ihr Ziel erreicht hatten, hallten schon die schrillen Hilfssignale durch die Luft, mit denen der Wachtposten seine Kameraden herbeirief. „Ein Offizier

!" rief er den Damen entgegen. „Der scheint genug gekriegt zu haben. Wenn ich nur etwas zu einem Notverband hätte, ich möchte ihn nicht umdrehen, ehe ich den Ritz da verstopft habe." Entsetzt starrteu Ella und die Gräfin auf die vor ihneu liegende regungslose Gestalt, deren Kopf die Wagenlaterne hell beleuchtete. Das Gesicht des Verunglückten war der Erde zugekehrt, zwischen den Haaren seines Hinterkopfes rieselte das Blut aus einer schnittartig klaffenden Wunde. Eilig reichten die Damen dem Wachtmann

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Unterinntaler Bote
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Seite 10 von 16
Datum: 22.07.1911
Umfang: 16
denn diese unerhörte Verdächtigung des armen Grafen her?" Die Gräfin lachte kurz und bitter auf. „Wahrscheinlich von ihm selber!" sagte sie mit schneidender Schärfe. „Er wird die Miene des Siegers mit berechneter Absichtlichkeit deutlich zur Schau getragen haben." „Das ist eine abscheuliche Verleumdung! Er kann das nicht getan haben, denn er denkt nicht im Traum daran, Ella die Cour zu machen. Es gibt nichts Harmloseres, als den Verkehr zwischen den beiden." „Hier, das will ich allenfalls glauben. Sind Sie davon

drängen wollte. Warum hatte sie so töricht gehandelt und Tante Kwistel nichts von ihren Begegnungen mit Otmar erzählt! Nun ward sie bitter dafür gestraft! „Setzen wir uns," fuhr drüben traurig die Gräfin Böheim fort, „lassen Sie mich Ihnen alles erzählen, was ich weiß, und uns dann beraten, wie wir Ella helfen können. Sie erinnern sich wohl, daß mein Gemahl Goldheim sein Erscheinen zur Eröffnung der Jagd gnädigst versprochen hatte, vor acht Tagen haben wir sie ausgesucht. Ihr Schloß ist voll Gäste

einen Besuch abzustatten. Als wir bei ihm eintrafen, fanden wir dort, als den Gast seiner Gemahlin, die Frau Gräfin Eichenhorst." „Graf Otmars Mutter?" „Ja. Sie ist die einzige, die diesen Namen trägt. Das Eichen- horstsche Stammschloß liegt unweit der Sprinzensteinschen Besitzung, was ich nicht wußte." Die Sprechende unterbrach sich und lachte schadenfroh auf. „Unser Erscheinen versetzte nun allerdings die Frau Gräfin in eine sehr peinliche Situation." „Weshalb?" „Ach ja so, davon wissen

nur einen Tag dauern werde, rmd ergaben uns deshalb in unser Mißgeschick, von dessen Pein lichkeit übrigens niemand etwas ahnte. Nicht einmal mein Gatte, der sich der größten Liebenswürdigkeit gegen die Gräfin befleißigte. Daß er es dieser dadurch ermöglichte, hie und da einen kleinen ver gifteten Pfeil auf mich abzuschnellen, war freilich durchaus uicht uach nieinenl Geschmack und verstärkte die Empfindungen, die mich für die liebenswürdige Frau Gräfin beseelen, um ein Erkleckliches. Ich zitterte

ich doch den Vorschlag, zu Goldheims zurückzu kehren und die Biberjagd auf eine günstigere Zeit zu verschieben. Allein, davon wollten die Sprinzensteins nichts hören, und auch mein Gemahl erklärte kurz abweisend, daß es eine Rücksichtslosig keit sein würde, den Pferden unsers Gastgebers bei solchem Wetter die Fahrt nach der ziemlich entlegenen Eisenbahn zuzumuten. Die Gräfin Eichenhorst stieß bei dieser Auseinandersetzung einen tiefen Weor Sch welche Fluch r goner ii hätten gemacht

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Unterinntaler Bote
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Seite 9 von 16
Datum: 21.01.1911
Umfang: 16
i Nr. 3 verlsg der „Druckerei Union“ Gef. m. b. Hs» in Tirol. 1911 Die Tropfen. Novelle von M. Herbert. (Forlsetzung.) (Nachdr. Verb.) Gräfin Höllenstein wandert ruhelos in ihrem Zimmer auf und Mer, ihr langes schwarzes Kleid fegt den Boden, mit seiner Schleppe die Majestät der königlichen Gestalt noch er höhend. Sie hat die Türen geschlossen, denn sie muß al lein sein. Sie ist gewöhnt, alle Unannehmlichkeiten, alle Kämpfe allein durchzufechten. „Es geht dann am besten und am schnellsten

," pflegt sie zu sagen. Aber heute geht es uicht schnell, und doch handelt es sich nur um den Brief eines armen Handwerkers, eines Menschen, der gar nicht Mzählt in der Gesellschaft und der froh wäre, wert be funden zu werden, die Schuhe uer gräflichen Familie auszu bessern. , „Gnädigste Gräfin", Meibt er mit ungelenker Handschrift auf grobem, ver übtem Papier, „die Dia- >uantostropfen habe ich mei nem Lenerl gewissenhaft ge geben Es steht ja auch in »«-Weisung, daß sie gegen Es gut sind - aber das Eibi

ist doch heute Nacht an er Diphtheritis gestorben, ° es hat so schrecklich ge= JJ®- ~~ Wenn Sie das Kind Aen hätten! Meine Haare ? über Nacht weiß gewor- weiß ja, daß es M ^ Wrlle ist, wenn ein ick r- ^rbt, und doch möchte fragen: „Sind die ^amantostropfen heilkräf- hätten aä neulich, sie Sf a L !ci « c Heilkraft, und 9e«en^ a S u war auch da- ick ^er Ihnen glaub' Si>> Gräfin, schreiben Ulir nur ein Wort. N a^hr unglücklicher ^ "'tstock, Schuhmacherm.^ Havanna-Auslese. Nach dem Dieser Brief

ist nicht der erste seiner Art, und Gräfin Ziska hätte viel zu tun, wollte sie solche Reklamationen beachten und beantworten. Gräfin Ziska hat bei der Durchsicht der traurigen, kleinen Epistel kopfschüttelnd und mitleidvoll gesagt: „Ja, mein Gott, für den Tod ist kein Kraut gewachsen! Diese Leute meinen, man müsse ihnen helfen, aber wenn die Stunde geschlagen .hat, die Gott bestimmt hat, dann nützt eben kein irdisches Mittel mehr." Sicherlich, das war eine gute, vernünftige und ganz wahrhaftige Ansicht

, und doch heute wollte sie nicht standhalten. Zweifel, Unruhe und eine große quälende Angst überfluteten die sonst so ruhige Seele der Gräfin Ziska, aber der Brief trug nicht al lein die Schuld, alte Erinne rungen waren übermächtig emporgestiegen. Sie lehnte sich in einen Sessel und dachte nach. Sie batte eine Stunde unfreiwil liger Gewissenserforschung. Ihr Herz legte vor sich selbst Generalbeichte ab. Wie in per Todesstunde stand Gewese nes, verschmerzt und verges sen Geglaubtes vor ihr auf. Gräfin Ziska

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