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Lienzer Nachrichten
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Seite 7 von 16
Datum: 18.05.1934
Umfang: 16
ein, „man brauchet wohl das und dies und muß es oft bitter missen, wo nichts ist, hat gar der Kaiser das Recht verloren." Äes Fremden Augen haben nun Ruhe ge funden, dort im Winkel, aber eine seltsame Gier steigt in ihnen auf, wie ein Glütlein so heiß. „Woher habt ihr den Florian, Bauer?" Der Bauer ist ganz verbohrt in sein Machl- werk. „Woher? daß Gott Herbarm, das ist hart zu sagen, mein Vater Vaters-Vater hat schon drum gewußt." „Altes Stückl." „Ja, älter, wie wir all' zusammen da." „Hm, ein recht nettes

jugendliche Gestalt hat den rechten Fuß ein wenig zurückgestellt, die linke Schulter etwas erhoben, die vornehm ver haltene Gebärde des gotischen Stils ein Prachtstücklein für den Liebhaber. „Ich geb' einen schönen Grööner Florian dazu," sagt der Fremde, will des Bauern eisiges Schweigen brechen. „Go redet doch was!" „Was gebt Ihr noch dazu?" spöttelt der. „Ja, Herrschaft noch einmal, geb' ich euch halt 1000 Schilling!" Das ist die Skulptur noch immer unter Brüdern wert, rechnet er bei sich selber

und er ist ja nicht gekommen, die Leute zu drücken. „Ist mir nit seil." Gin schwerer Schnaufer geht durch die Stube. „Ja, Sepp, nit einmal die Feuerassekuranz öerzahlen wir, und sein schon zweimal gefor dert!" mahnt das Weib verzagt. -„Bei unferm St. Florian hat's keine Not!" „Bauer, seid doch gescheit, ein Grödner schützt euch gleich gut wie der?" „Meint ihr? — Bauern aber sein dumm geschloten worden, solange die Welt steht." „Ich geb noch 500 Schilling drauf!" „Ich mag nit, — und ich kann a nit!" Gequält kommt

dies Wehren von seinen Lip pen. Die Bäuerin nimmt ihr Jüngstes auf den Arm und geht still und traurig aus der Stu be, draußen rennen noch Kinder über die La be, sie heißt sie stille sein, bald verlaufen sie sich draußen auf dem Anger. Der älteste Bub wie erzürnt, nimmt aus seiner Geldtasche et was heraus. Des Bauern Aggen drohen ihn an, ja hat denn der noch nit genug an seiner Peinigerei? „Liebe Leute, seid mir nicht bös, ich habe schon viel reden gehört von eurem Florian, aber ich kanns nun verstehen

Ihre Wäsche strahlend weiß! Durch ihre Allverwendbarkeit ist sie so sparsam! dafür ist sie auch nicht, aus aller Gorge wären sie, aber das tut ihr Bauer nit, der hängt sein Herz daran. Sie könnten sich wohl einen billigen schnitzen lassen, wegen dem bleibt der Gl. Florian immer der gleiche. „Möchtet ihr ihn mir nicht einmal näher zeigen, herunterheben, ich möcht euch bitten, Bauer." Angern tut er's, langsam, umständlich, schweigsam, daß er innerlich in Aengsten und Aerger bangt, sieht

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Zeitungen & Zeitschriften
Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 3 von 8
Datum: 26.06.1934
Umfang: 8
geleistet werden. Der als Leiche ge borgene Klicpera wurde vor allem nach Thaur gebracht und dort vorläufig in der Leichenkapelle aufgebahrt. Die Beerdi gung des tödlich Abgestürzten wird wahrscheinlich weder in Thaur noch in Innsbruck, sondern in der Heimat des Toten stattfinden. Der arme Sünder Florian Em Roman des Lebens. Don WalterKloepffer Copyright by Wilhelm Goldmann, Verlag Leipzig, durch Dr. Präger. Presiedienst, Wien 32 Es ist, als ob das ganze Sanatorium sich zum Nett sein verschworen hätte

. Die Exzellenz erzählt Witze und bringt Illustrierte, Dvktor Schneider rückt mit kleinen Liebesgäben an, der Gärtner Busch schmuggelt ein Schüs- selchen zuckerbestreute Erdbeeren ins Krankenzimmer, und sogar Gottesauge, diese über Wolken thronende Persön lichkeit, murmelt undeutliche Segenswünsche. Dreimal im Tage werden jetzt die feuchten Verbände gewechselt. Hände und Arme sind schon ganz ordentlich. Aber das Gesicht! Wenn ich nur wüßte, was mit meinem Gesicht los ist, sinniert Florian. So oft

er einen Spiegel verlangt, wird ihm das unter allerlei Vorwänden ver weigert. Endlich bricht der Tag an, an dem Florian endgültig seinen Kopfverband loswerden soll. Er harrt voll ban ger Erwartung. Aber statt des Pflegers tritt unverhofft die Suwarin ins Zimmer, mit einem weißen Aerztekittel angetan und den .Knaben Musch an der Hand führend. Es war nicht ganz leicht für sie. bis zu Florian vorzudrin gen. Denn der Fall Musch ist allmählich bis unter die Sa- natorinmgäste gesickert und hat einen Rattenschwanz

von Tratsch und Gewisper gezeitigt. Aber die Suwarin ist stolz wie eine Königin durch die Korridore geschritten. Nun ist sie also im zweiten Stock und streckt Florian die Hand hin. „Ach Sie, Fräulein Suwarin. ach, wie schön —!" „Sie wundern sich ein wenig, nicht wahr? Ich wollte mich schon längst nach Ihnen umsehen, aber die spannen mich ja so schrecklich ein. Doktor Flix hat Ihnen meine Grüße bestellt? Wir haben uns verlobt." „Ich weiß es und freue mich. Ich gratuliere." „Musch, gib «dem guten Onkel

eine schöne Hand. Ge rade heute haben wir in der Charite so viel zu tun, aber ich habe mich dennoch freigemacht. Ahnen Sie: warum? Weil ich bei Ihnen sein möchte, Florian, gerade jetzt, gerade in dieser Stunde, wo Sie stark sein müsien —" „Stark?" „Wir werden den Verband abnehmen", sagt die Suwa rin und wickelt sachlich-behutsam eine Binde ab. „Die Ver brennungen waren sehr tiefgehend und haben gewisse Nar ben hinterlassen. Natürlich bleibt das nicht so rot. Das wis sen Sie ja selbst. Sie müssen

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Lienzer Nachrichten
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Seite 15 von 20
Datum: 22.12.1933
Umfang: 20
Wiedehopf, weil er dreißig Jahre im Grabe gewesen war. Geschichten vom sparsamen f>err florian. Sparsamkeit ist eine Tugend. Kann man eigentlich zu tugendhaft sein? Ich weiß es nicht, aber vielleicht ist Herr Florian ein biß chen zu sparsam,- jedenfalls ist er der spar samste Mann der Welt. Einmal war Herr Florian zum Kaffee ein- gelaöen, unö es kam eine wunderschöne Dotte auf den Tisch, groß wie ein Wagenrad und lecker, als käme sie geradewegs aus dem Schlaraffenland

. Aber sie war noch nicht an geschnitten unö Herrn Florian kam die Ehre zu, dies zu tun. „Wo soll ich sie denn an- schneiden!" fragte er freundlich. „Wo sie wol len!" antwortete der Gastgeber. Da stand Herr Florian auf, wickelte die Torte in Papier, nahm sie unter den Arm unö ging zur Tür. „Aber wo wollen sie denn hin?" riefen alle erschrocken. „Ach", sagte Herr Florian, „ich will die Torte bei mir zu Hause anschneiden!" Als Herr Florian in einem Gasthaus über nachtet hatte, mußte er dem Zimmermädchen am andern Morgen ein Trinkgeld

geben. „Hier", sagte er, „haben Sie etwas für eine Tasse Kaffee?" und drückte ihr etwas in die Hand. Das Zimmermädchen sah nach. Es war ein Stück Zucker. * Einmal war Herr Florian recht verzweifelt. „Du liebe Zeit," sagte er, „wo soll das hin aus? Sitzt man, so nutzt man die Hosen ab, steht man, so geht's über die Sohlen, unö liegt man, so nutzt man wieder das Bettuch ab — wie soll eS da der Mensch zu etwas bringen?" * Herr Florian hat eine Glatze. „Seien Sie froh", sagte ein Herr zu ihm, „öa sparen

Sie doch die Anschaffung vn Kamm und Bür ste!" — So sehen sie aus!" antwortete Herr Florian ärgerlich. „Dafür brauche ich viel mehr Seife, wenn ich mir das Gesicht wa sche!" b Herr Florian erschien abends mit seinem Auto (denn das mutz er für seinen Beruf haben) vor einem Gasthaus unö fragte nach dem Preis für ein Zimmer. „Fünf Schilling?" „Anerhört teuer? Und das Frühstück?" „Ein Schilling fünfzig!" „So. Unö die Garage kostet wohl auch etwas? " „Nein, die kostet nichts!" Herr Florian überlegte einen Augenblick

. „Wissen Sie was: Dann lassen Sie mir das Frühstück in die Garage bringen. Ich wer de im Wagen schlafen!" Einmal lief Herr Florian mit mächtigen Sätzen neben der Straßenbahn her. Keu chend fragte er den Schaffner: „Was kostet eine Fahrt von hier bis zum Bahnhof?" „30 Groschen!" war die Antwort. Weiter trabte er neben dem Wagen her. An der nächsten Haltestelle fragte er: „Unö wie teuer ist die Fahrt von hier aus?" „35 Groschen!" „Was? Unmöglich!" „Nein, durchaus nicht?" Sie laufen ja in der falschen

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 4 von 8
Datum: 11.06.1934
Umfang: 8
, verschärft durch einen Fasttag Vier Ist ein ganz armer Teufel, denkt Florian. Genau so arm wie ich. Hat eine Dummheit gemacht, keine Schlech tigkeit, und muß sie nun ausfresien. „Beruhigen Sie sich, Herr Professor. Ich glaube nicht, daß die kommt. Berlin ist doch weit, viel weiter als Mün chen oder Würzburg. Wie soll das Frauenzimmer auf Berlin verfallen? Sie sehen zu schwarz, lassen Sie sich das doch ausreden, Herr Wunderlich", versichert Florian eifrig. „Meinen Sie?" „Natürlich. Hier findet

Sie kein Mensch. Hier ist schon mancher untergekrochen, dem sie auf den Fersen waren."*' „Sie sind ein guter Kerl, Florian. Hoffentlich haben Sie recht", murmelt Wunderlich, ein bißchen getröstet. 21 . Florian geht mit einem Pack Postsachen von der Ver waltung hinüber in den Frühstückssaat. Es ist eine feiner Obliegenheiten, die Morgenpost den Adressaten an ihre Plätze zu legen. Er hält mitten in seiner Beschäftigung betroffen inne. Eine Ansichtskarte, an den Staatsanwalt Meier zwo gerichtet, jagt ihm Schauer

über die Haut. „Lieber Kollege, in Erwiderung Ihrer frld. Urlaubs grüße wünscht Ihnen auch weiterhin gute Erholung Ihr ergebener Landgerichtsrat Reßl." Nach kurzer Ueberlegung muß sich Florian sagen, daß diese Karte aus L. ganz unbedenklich ist. Dennoch gewinnt er seinen Gleichmut nicht zurück. Das ganze Konvolut tra gischer Geschehnisse, das bisher verdrängt in einem Winkel feines Bewußtseins lag, wälzt sich plötzlich in den Vorder grund und steht drohend und peinigend gegen ihn auf. Negine. Hattst

werden und daher in die Genossenschaftsvertragsgebühr nicht einzübeziehen seien. Die Gebühr sei vielmehr nur von den Geschästs- der da, ausgelöst und an die Oberfläche geschwemmt von einer simplen Ansichtskarte. Ein Mensch, der Sachen wie Florian auf dem Gewissen hat, wird nicht pausenlos und immerzu von Erinnyen bedrängt, und das ist gut so, weil sonst jeder Sünder zwangsläufig überschnappen müßte. Aber zuweilen, bei besonderen Anlässen, schiebt sich die Vor stellung von Tat und Adnexen so zwingend

vor das gei stige Auge, daß keine Kraft und kein Willen ausreicht, sie zu ignorieren. Niedergedrückt und zerstreut versieht Florian seinen Dienst, zersetzt und entnervt von fruchtlosen Erwägungen. Nur so ist die schreckeneinflößende Begegnung zu verstehen, die Florian am selben Tag mit Polizeileuten hat. Das trägt sich folgendermaßen zu: Florian tritt aus seinem Zimmer, schlendert den Kor ridor entlang und will die Treppe hinunter. Plötzlich sieht er den Verwalter mit zwei Schupoleuten verhandelnd

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 3 von 12
Datum: 19.05.1934
Umfang: 12
Sünder Florian Ein Roman des Lebens. Von Walter Kloepffer Copyright by Wilhelm Goldmann, Verlag Leipzig, durch Dr. Präger, Pressedienst. Wien 2 „Aber, Florian, was hast du denn? Hab' ich etwas Un geschicktes gesagt?" hört er eine besorgte Stimme neben sich fragen. „Ihr Mädels seid zu dumm, ihr könnt euch nicht hinein denken in uns . . . laß nur, ich will nicht gestreichelt sein," brummt er und löst sich von der Birke wie von einem treuen, verläßlichen Freund. Hansi folgt ihm mit gerunzeltem Stirn

- chen. Sie begreift Florian nicht. Was hat er nur? Was ist denn in ihn hineingesahren? Sie ist ein Geschöpf mit unerweckten Sinnen, und ihr Begehren reicht über harmlose Zärtlichkeiten nicht hinaus. Sie kann sich nicht vorstellen, daß Florian unter einem Zustand leidet, den sie selbst ver schuldet hat. „Andere sind mit Dreiundzwanzig schon verheiratet," sagt Florian plötzlich. „Ich kenne einen jungen Buchbinder neben uns. der ist sogar ein Jahr jünger und hat schon zwei Kinder. Denk mal

worten gibt. Was den Oberlehrern mit ihren wehenden Voll bärten und ihren haarscharfen Grundsätzen ein absolut kla rer Fall ist, bereitet Florian zum Beispiel heftige Kümmer nis. Er nuckelt unglücklich an einem Grashalm herum und wagt seine Freundin nicht anzusehen. Ihr Parfüm verur sacht ihm Kopfschmerzen, ihre warme Nähe Beklommenheit. Er kommt sich ziemlich verworfen vor und schlägt sich mit Wunschsünden herum. Hansi hingegen beginnt zu ahnen, worum es sich dreht, worauf diese Wunderlichkeit

Florians, dieses Pendeln zwischen wilden Ausbrüchen und verbocktem Schweigen, zurückzusühren ist. . Sie muß sich erst zurechtsin- den, möchte fragen, laboriert an Hemmungen und streichelt schließlich — eine Verlegenheitsgeste — Florians verstruwel- ten und blonden Wirbel, der sich keinem Kamm fügen will. „Ihr Männer seid komisch," sagt sie und bohrt die Spitze ihres Schirmchens ins Moos. Wenn Florian ausblicken würde, könnte er die seine Röte unter ihrem Haaransatz wahrnehmen. „Was heißt komisch

? Das ist halt so eingerichtet. Blöd eingerichtet. Die Viecher zum Beispiel haben's bedeutend leichter als wir Kronen der Schöpfung. Nimm mal so einen Frosch an. Ach, Gott, ich weiß selber nicht, wqrum mich das heute so anpackt. Du bist eben zu hübsch, Hansili. Vielleicht ist's auch dieses vertrackte Wetter," seufzt er und läßt seinen Kops in ihren Schoß fallen. „Du mußt mir Zeit lasten, Florian," begütigt das Mäd chen und bändigt die unruhigen Hände des Geliebten mit sanfter Gewalt. Es sieht mit großer

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 4 von 8
Datum: 30.05.1934
Umfang: 8
selig, wird viel leicht ein bissel weit sein, aber es geht schon. Schauens, ich bin ganz allein, mein Andres, mein Sohn, ist fort. Im Ruhr gebiet. Sie kriegen auch eine Mark, eine von den neuen, die mein Andres geschickt hat. Sie kommen, wenn es dunkel ist, ich Hab keinen Hund, oder wenn Sie wollen, leg ich alles vors Fenster — " Florian dreht sich langsam um, die Augen voll Wasser, streichelt die verrunzelte Hand der Alten und murmelt er schüttert: „Du Mutter!" 11 . „Legierte Reissuppe, Klops

, ein Bier", macht eine Mark. Fürwahr, man kann eine Mark, jene Mark der alten Frau, nicht besser anlegen, denkt Florian, zahlt, streckt die Beine untern Tisch und schanzt Prinz einen Knochen zu, der aus einem herrenlosen Teller liegt. Er ist satt, er ist so zufrieden, als ein Mensch in seiner Lage nur sein kann. Er empfindet diese Schnaufpause wie ein Gnadengeschenk des Himmels. Seit jener Flucht aus München hat er gelernt, seine Wünsche ans ein Minimum zu reduzieren. Ein Bett zum Beispiel

oder ein warmes Mittagessen kann schon der Inbegriff aller Se ligkeit sein. Er hat sich die Kunst angeeignet. Freude auch in winzigen und unscheinbaren Diu?" aufzuspüren. Sein Ent weichen aus Waldschwärze und Verdrecktheit ging über alle? Erwarten gut, er bekam die versprochenen Kleidungsstücke, die Mark, ja sogar ein altes Rasiermeffer. Die Wirtin, so um den „achten Monat" herum, erschlägt eine Fliege, gähnt und setzt sich zu Florian, der der einzige Gast ist. „Was haben Sie denn für einen Beruf

?" „Fliesenleger." „Aha, die gekachelten Wände bei den Metzgern und so?" „Auch. Schöner Ort hier, nicht?" „Aber schlechte Geschäfte. Jeder zweite läuft stempeln. Wo das noch hin soll!" Die Frau steht auf, mal einen Be nediktiner trinken. Das Kleine gibt heute wieder gar keine Ruhe. Nach einem Likör ist es immer bester. Florian holt sich die Zeitung heran. Steht nichts drin. Todesanzeigen, Schlachtpartien, eine Kälberkuh zu verkaufen. In den großen Blättern wird seine Geschichte mit Regine schon gestanden

haben. Florian, eben noch von Sonne gestreift, sieht wieder Wolken, nichts als Wolken. In seiner Brust pickt eine dumme Angst. Er erhebt sich, ruft den Hund und sagt Mahlzeit gegen die Küchentür hin. Aus dem Marktplatz des kleinen Fleckens steht ein Kriegerdenkmal. Auch eine Linde ist da, die obligate Dorf linde sentimentaler Romane, eine Bank, ein Brunnen, alles wie es sich gehört. Florian blinzelt nach der Kirchenuhr und überlegt: Jetzt liest Professor Helmreich über Hygiene. Das Gesicht

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 3 von 8
Datum: 07.06.1934
Umfang: 8
. Auch der Zustand des Bankiers ist hoffnungslos. Da Gruljie größere Geldsummen an Bauern zu verleihen pflegte, glaubt man, daß einige der Der arme Sünder Florian Ein Roman des Lebens. Von WalterKloepffer Copyright by Wilhelm Goldmarm, Verlag Leipzig, durch Dr. Präger. Pressedienst, Wien 17 „Sie sind ein sonderbarer Mensch. Herr Florian. Oder soll ich sagen, ein seltener? Sie sind jung. Sie sind gesund, und dennoch wollen Sie sich in eine Situation begeben, die, die — die Sie vielleicht nicht ganz abschätzen

können? Wenn ich mich nun irre?" „Dann irren Sie eben. Dann müssen Sie sehen, wie Sie aus der Sache herauskommen." „Und Sie?" „Gott, ich! Ich bin dann eben erledigt. An mir liegt nicht viel. Mein Leben war bisher eine so beschmissene An gelegenheit, daß ich — na ja. reden wir nicht davon, Fräu lein Suwarin." „Ich will es mir überlegen, Florian." „Ist gut", sagt der und denkt: Sv sind die Frauen zimmer! Erst machen sie große Töne, und dann müssen sie es sich überlegen. Während er seinen Laboratoriumskittel auszieht, kommt

die Russin zu ihm heran. „Sagen Sie. Florian, haben wir uns nicht schon wo gesehen? Früher? Mir ist es so. Ich wollte Sie das schon immer fragen." „Wüßte nicht, wo. Ich glaube. Sie irren. Fräulein Suwarin." „Mag sein. Ich gehe jetzt zu den Höhensonnen. Wenn man nach mir fragen sollte, wissen Sie Bescheid. Guten Tag. Florian!" „Guten Tag. Fräulein Suwarin!" Angriff abgeschlagen — denkt Florian erleichtert. Was Schuldner, die mit den Verhältnissen im Haus vertraut waren, den Raubmord verübt

befindlichen 31 Verunglückten als die für ein Gedächtnis hat! Aber sicher war sie ihrer Sache halt doch nicht. Und das andere? Florian, was hast du da für eine Geschichte angerichtet. Bietet sich der Mensch als Versuchskarnickel an! Ist mir so herausgerutscht. Falsch! Es ist mir nicht herausgerutscht, ich habe es mir zuvor überlegt, allerdings nur ein paar Sekunden lang. In die sen Sekunden ist mir durch den Kopf gegangen, daß ich meine Mutter und Hansi menschlichem Ermessen nach nie wieder sehen

werde, daß ich mit Regine die größte Torheit meines Lebens verbrochen habe und daß der Mensch jede Torheit bezahlen muß. Das ist wie mit einem Konto. Hat man es überzogen, dann muß man eben eine neue Einlage machen. Und Florian freut sich ein wenig, seines undeutlich gefühlte Schuld gegen Gesetz und Sitte auf eine so einfache und saubere Formel gebracht zu haben. 17. In Florians Wärterzimmer, das sich im selben Stock wie die Zimmer von Flix, von Fräulein Suwarin und von jenen drei Patienten befindet, hängt

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 4 von 8
Datum: 18.06.1934
Umfang: 8
zeigen, daß sie imstande ist, die Einführung der Gehilfenschutzkarte zu er reichen, dann werden alle zur Gewerkschaft gehen. Ueber den Plan, eine Interessengemeinschaft des Servierperso- Florian schleicht die Wände entlang. Eigentlich ist die ser Woprschalek ein fabelhast anständiger Kerl, voraus gesetzt, daß man die Marke geklaut hätte. Aber so, wo man unschuldig wie ein Baby ist —! Man könnte ja die ganze Geschichte mit der Polizei seelenruhig an sich herankommen lassen, wenn man die Polypen

nicht aus anderen Gründen fürchten müßte. Diese Drohung mit der Polizei irritiert Florian über alle Maßen, und er verflucht den Trottel, der 'grüne statt rote 9-Kreuz-Marken fabrizierte. , Plötzlich fällt dem ziemlich niedergkschmetterten Pfleger Florian jene unscheinbare Balkonszene ein, jenes nichtige Erlebnis - — hat nicht Meier zwo eine grüne Marke mit einem Neuner darauf in seine goldene Uhr gelegt? Hat . er nicht? Freilich hat er. Oh, ich Simpel, warum ist mir das ' nicht gleich eingefallen

? Wo hatte ich denn meine Gedanken? ! Und ist nicht derselbe Meier heute früh aus einem Marken- geschäst in der Uhlandstraße gekommen? Ms Florian für Flix zwei Blumenstöcke besorgen mußte und aus Zwecb- maßrgkertsgründen eine grüne Sonnenbrille trug. Wenn -hier Zusammenhänge bestünden, wie?! Zwar ein Staats anwalt —; inds, warum soll nicht auch ein Staatsanwalt mal eine Lumperei machen? Es ist ja nicht sicher, aber im merhin verdächtig. Florian beschließt, sich Gewißheit zu ver schaffen, geht zu Flix und bittet um Stadturlaub

Florian mit großer Gemütsruhe. „Was soll's denn sein?" Florian zückt einen Zettel und liest diverse Exemplare ab. Das blonde Fräulein nickt jedesmal: „J8 da, soviel ich weiß. Weiter." Ganz am Schluß nennt Florian den grünen Fehldruck der badischen 9-Kreuzer-Marke. „Herr Chauffeur, Sie haben Glück. Heute früh hat der Chef so'n Ding gekauft. Aber is Ihr Herr denn so reich?" „Der Baron? Nicht zu knapp. Hat eine Engländerin zur Frau, und die haben doch alle Geld. Mir selber ist es zwar schleierhaft

, wie man so viel Geld in diese lumpi gen Papierdinger stecken kann. Aber es ist halt Sport, nicht wahr? Was kostet so ein Fehldruck?" „Sie meinen die „Baden, 9 Kreuzer"? Genau weiß ich's auch nicht, aber ich kalkuliere so an die 30.000 Mark." „Nun machen Sie 'nen Punkt, Fräulein Brigitte!" staunt Florian. „Lotte heH' ich," verbessert die Blonde und wirst dem späten Kunden einen aufregenden Mick zu. Florian nimmt den Blick kaum zur Kenntnis und sagt: „War wohl ’w Amerikaner, der die Marke heute früh ver kauft

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 4 von 8
Datum: 25.05.1934
Umfang: 8
Fristversäumnis abgewiesen worden sind oder abgewiesen werden mußten. In den Fällen des Absatzes 3 ist ein neuerliches Eiw schreiten nicht erforderlich. Somit gelangen obige, bisher unerledigt gebliebenen Wiedereinsetzungsansuchen zur Auf arbeitung und damit zirka 300 Kameraden rückwirkend ab 1931 — vorausgesetzt, daß nicht pro 1931 und 1932 der Gebührenanspruch wegen Paragraph 7 (Einkommensgrenze) Florian schleicht auf den Gang hinaus, fängt die Schwester ab, die eben aus des Geheimrats Zimmer kommt, drückt

ihr Papier und Schlüssel in die Hand und keucht: „Sofort wieder rein, gleich abgeben, eilt ungeheuer!" Dann saust er die Treppe runter und hört nichts mehr. Vor dem Portal hält ein Auto, Richtung gegen das Sendlingertor, der Wagen des Geheimrates. Florian springt auf die nächste Trambahn, die gegen das Stadtinnere zufährt, und drückt sich in eine Ecke. Er löst eine Fahrkarte, gibt fünf Pfennig Trinkgeld und fährt geradeaus. Irgendwo wird der Wagen schon endgültig halten. Wahrend er einen Herrn

mit einer ungeheuren Glatze anstarrt, legt er sich die Frage vor, warum er eigentlich Pofessor Salzmann bemüht hat? Ist doch zu spät. Halt, jetzt weiß er es. Salzmann und Regines Vater sind Korpsbrüder. Salzmann ist wahrscheinlich der einzige Mensch auf Gottes Erdboden, der wenigstens die Schande von der toten Regine sernhalten kann. „Können Sie mir kein Feuer geben?" sagt der mit der Glatze und suzelt an einer ausgegangenen Zigarre herum. » „Bedaure", murmelt Florian, hat ein graues Gesicht und denkt: Mensch

, einen Mörder bittet man nicht um Feuer. 8 . „Endstation, alles aussteigen!" Die Trambahn hält irgendwo vor der Stadt, in einer Gegend, die Florian nicht kennt. Außer ihm ist nur noch eine alte Frau im Wagen, die einen großen Kranz schleppt. „Dem teuren DeMiche- nen", steht aus der roten Schleife. Florian verläßt ungern und wie ein Betrunkener den Wagen, der ihm so lange AM war. Dann tappt er, vor sich hinmurmelnd, an lang welligen Mietskasernen vorüber, die viele .Küchenbalkom- haben. Mit dem letzten Haus

hört die Beziehung zu der Stadt, gle.iHsam aus, und er sieht sich einer Chaussee aus geliefert, die schnurgerade, stupide und verläßlich in eine unbekannte Ferne führt. Rechts und links sind Wiesen, Aeckcr und Heimgärten hingeschüttet. Zwischen hohen Sonnenblumen steht eine Vogelscheuche, ein flatternder Rock mit einer Polizistenmütze, die den jäh aufschauenden Florian tödlich erschreckt. Stud. med. Sünderlein stolpert mit verschwitztem Kragen sinn- und ziellos dahin, einzig und allein dem unklaren

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 4 von 8
Datum: 29.05.1934
Umfang: 8
andere verwundet wurden. Qeucftissaal Sollte da nicht die Unternehmerin eingespent werden? Wien. 26. Mai. (-) Karl Sch war dreieinhalb Jahre hindurch aushilfsweise als Buchhalter in einem Cafö aus der Wieden beschäftigt. Er bezog einen Wochenlohn von sich vor. Der eine Gendarm hat einen Stern aus dem Achselstück und einen Furunkel über dem Kragen, vielleicht macht ihn letzteres so bärbeißig. Florian hat das nieder trächtige Gefühl, als wate er durch einen Backofen. Soll er den Gatterer zugeben oder nicht? Weiß

sein, der, sonst gingen nicht gleich zwei Gendarmen mit, tuscheln sie. Florian wird in ein puritanisches Zimmer geführt und durchsucht. Man gibt ihm die paar Kleinigkeiten zurück, und der mit dem Stern murrt: „Am besten ist. Sie gestehen alles. Ich meine den Einbruch in Neunkirchen." „Bin nicht eingebrochen." ! „Sie sind ein ganz Hartgesottener. Mit Ihnen ärgere ich mich nicht lange rum. Schluß, ab! Geh. Käsbohrer, führ den Kerl nach hinten. Mit den Personalien und den Finger abdrücken warten wir, bis der Kommissar

zurück ist. Mor gen früh wird der Bursche ins Amtsgericht eingeliefert. Ich gehe jetzt nach Tiesdorf und vernehme den Billinger. Servus." Florian kommt in die Arrestantenzelle, die hinter dem Gendarmeriegebäude in einem ehemaligen Heustadel im provisiert ist. ..Sie sind auch hu Fahndungsblatt aus» geschrieben", sagt? der ohne Stern zum Abschied. Dann schiebt er hinter Florian drei Riegel vor. Florian, wie eine Maus gefangen, steht sich mutlos fünf Schilling und stahl in der letzten Zeit wöchentlich

auf Aufnahme in den Heimatsvcrband abgelehnt wurde, als rechtskräftiger Bescheid anzusehen sei. däß daher Berufungen gegen einen solchen Beschluß inner halb der ordentlichen Rechtsmittel'srist eingebracht werden müssen. um. Betonboden, eine blechbeschlagene Tür, ein vergitter tes Fenster. Fahr' ab, Hoffnung! Eine Pritsche, ein Krug mit Wasser und ein Stück Roggenbrot. Schluß. Jetzt ist Dreck Trumpf, denk Florian und kaut an seinen Nägeln herum. Jetzt kommt alles an den Tag: daß ich nicht der Gatterer

. Es ist. als ob alle Helligkeit des freudlosen Raumes durch das vergitterte Viereck des hochgelegenen Fensters hinauszöge. Florian er hebt sich mit steifem Rücken und tappt dem abziehenden Licht nach. Wenn er sich streckt, kann er seine Stirn gerade noch an das kühle und feindselige Eisen legen. Nun begibt sich etwas Seltsames. Einer der groben Stäbe iveicht vor der andrückenden Stirn ein wenig zurück, nur ein wenig, die Spur einer Winzigkeit. Warum? Florian, aus seiner dahindänmrernden Verstörtheit aufgejagt, unter sucht

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 4 von 14
Datum: 02.06.1934
Umfang: 14
ist, das Haus in die Lust sprengen. Der Verteidiger des Haid legte markanten Knochenvorsprung bei unserem neuen Modell lehr gut. Drehen Sie sich mal etwas herum, junger Mann " Florian gehorcht. Er steht da, wie ihn Gott geschaffen hat. Seine Zähne wollen klappern, aber er Mt sie ganz anständig fest. Nur nichts anmevken lasten. Seine Blicke bohren sich irgendwohin in die Luft, um die vielen star renden Gesichter des Hörsaals nicht sehen zu müsten. Auch junge Mädchen sind darunter, das ist sehr Peinlich. Bon

' Zeit zu Zeit läuft eine heiße Welle über seinen schmalen ; Knabenkörper. Dieser Körper ist weiß, sehr zart gebaut, die Rippen zeichnen sich ab, und Sehnen schimmern durch die Haut. Das Gesicht, der Hals und ein dreieckiges Stück der Brust sind braun von der Sonne. Eine blonde Studentin in der ersten Bankreihe sagt etwas zu ihrer Nachbarin. Florian schaut hochmütig über sie hinweg, er will nicht bemitleidet sein. Er denkt: wenn ich diese Stunde aushalte, halte ich alles aus, was noch kommen

kann. Manchmal tippt der Professor erklärend an Florians Körper herum, das gibt dann jedesmal einen roten Kreide fleck. Später wird Florian nicht mehr gebraucht, und eine Handbewegung des Gelehrten scheucht ihn hinter die große Tafel zurück, wo er sich anziehen darf. Dann kastiert er der Honigvogel die drei Mark und erhält die Weisung, morgen wiederzukommen. Florian verläßt das Anatomische Institut und preßt das Drel-Mark-Stück in seinen Fingern, das warmes l en und ein Obdach verspricht. Zuerst die Bude

, um ihn in Hötttng zur Explosion zu bringen, damit „dort endlich auch einmal etwas los sei". Er habe den Böller dann an Waste weiter der Schlafbursche gesucht. Ditto. Einfaches Mansaren- zimmer zu vermieten, per sofort; Näheres bei Karoline Florian, 4. Stock. Uff! Wieso heißt die Florian? FlorianFlorian . . . merkwürdiger Zufall. Der Name kratzt ihn ein bißchen im Hals, erschreckt ihn. Ist natürlich Blödsinn. Rauf, ihr Faulen, kommandiert er feine Beine, in den vierten Stock. Eine alte Frau

, mit einem gelblichen Eckzahn, öffnet. Das Zimmer ist lieblos, aber billig. Es wird genommen. „Meine Koffer sind noch auf der Bahn. Bin in der Anatomie angestellt. Ist was anzuzahlen?" Die Anatomie scheint Frau Florian zu beruhigen. Ordentlicher junger Mann, kein so Schwiemel, wie sie jetzt rumlaufen — ~ “ Florian erhält die Schlüssel und wird allein gelassen. Wunderbares Gefühl, so ein Zimmer zu haben! Wahr scheinlich gibt es Wanzen. Einerlei. Man hat schon Aergeres mitgemacht. Florian streicht zärtlich

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 4 von 8
Datum: 23.11.1933
Umfang: 8
auf den Bo den und schreit: Wie die ist keine — gar keine auf der Welt! Die heilige Notburg muß man freilich voraus lassen, grad weil sie eine Heilige ist, aber nachher kommt gschwind die Rosi, ganz gschwirvd, und mir war' sie grad so lieb wir die andere —" „Und mir noch lieber!" „Möcht' nur wissen, warum sie alle so gern haben?" „Ich weißes schon, seitdem ich sie gesehen Hab'!" „Und nach allem, was ich hör', sagen ihr die recht schaffenen Leut' nicht das mindeste nach und darum sag' ich: Geh, Heirat' s', Florian

, Heirat' s'! Jetzt hat sie ein mal den Schimpf; ein anderer stoßt sich dran; der, der'? tan hat, braucht ihn nicht zu scheuen." „Darfst mir nicht Zureden. Mutter! Ich denk' an nichts anderes." „Und mit ihrem Schimpf vergeht auch der deinige. Jetzt ist die arme Haut so tief herunten, daß sie jede Mist dirn auAacht, mW du kannst sie wieder heben auf die höchste Höhe. Und das mußt du tun, Florian!" Da erhob sich die stattliche Frau, um zu gehen, und reichte ihm in mütterlicher Würde noch die Hand

durch ihren Baker ^W^-Kechenplaickner, Wirt in der Sewi, gegen Florian führt. Wie die „Volks-Zeitung" seinerzeit berichtete, hat Sogt einen Sack mit sechsundvierzig in Gärberbach von Na tionalsozialisten heimlich hergesteliten Handgranatenhülsen (laut Anklage des Staatsanwaltes Dr. Grünewald) in seiner Garage in Innsbruck versteckt. Sogls Pflicht wäre es natürlich gewesen, die Behörden sogleich von der „Hand granatenfabrik" zu unterrichten, denn es handelte sich doch um eine die ganze Umgebung gefährdende

, wegen Schmerzens geld zu dreihundert Gulden, wegen Ehrenkränkung und Abbitte. Die Klageschrift, die damals in der Sewi versrßt worden, lag auch dabei. Als Florian den Brief und besten Beilage gelesen hatte, sagte er ruhig: „Kommt Zeit, kommt Rat! Jetzt weiß ich, wie es geht und was ich zu tun habe." Und dann schenkte er sich den Becher bis zum Rande voll, und ehe er ihn leerte, sprach er fröhlich: „Auf deine Gesundheit, schöne Rosi! Morgen gibt's einen guten Tag!" 14. Am Morgen desselben Tages

, da die bleiche Rosi mit ihrem Vater nach Kusstein fuhr, wurde auch zu Lang kampfen ein Rößlein eingespannt, und Herr Florian Wei tenmoser stieg, feiertäglich ausgeputzt, in das Wägelchen, um gleichfalls in die Stadt zu fahren. Die Mutter, welche er beim Frühstück von dem neuen Stand der Sache unter richtet hatte, war mit der letzten Wendung sehr zufrieden. Sie meinte in Uebereinstimmung mit ihrem Sohne, jetzt müsse die traurige Geschichte doch bald jenes glückliche Ende nehmen, auf das sie sich so freue

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 3 von 8
Datum: 29.05.1934
Umfang: 8
werden, das auf denselben Grundsätzen wie die „Arbeitsbataillone" beruhen wird. Der arme Sünder Florian Ein Roman des Lebens. Von Walter Kloepffer Copyright by Wilhelm Golbmarm, Verlag Leipzig, durch Dr. Präger. Pressedienst. Wien 10 Plötzlich, in qualvolle Gedanken hinein, spürt er etwas Kaltfeuchtes, Schnupperndes an seiner herunterhängenden schlaffen Hand. Ein panischer Schrecken reißt ihn herum. Ach, es ist nur der häßliche, gelbe Hund, der ihm nach gelaufen ist. 10 . Florian schlügt einen kurzen Dauerlauf au. Trapp, trapp

machen seine Sohlen aus der geteerten Straße. Es ist von Vorteil, möglichst viel Weg zwischen sich und die Affäre dahinten zu legen. Vielleicht hat er den Kerl ernst lich verletzt. Er, der Knabe David — diesen Prügelmenschen. Nu, wenn schon, es geht jetzt in einem Aufwaschen hin. In einer Wiese steht ein Bretterhäuschen für land wirtschaftliche Zwecke, vielleicht wird Heu darin verwahrt .oder Geräte. Florian beguckt sich das Ding, geht hinüber, beschnüffelt es und denkt: hier kann man den Morgen ab- warten

. Er tritt ins Innere, läßt ein Streichholz auf slammen und konstatiert eine primitive Bank, eine leere Konservenbüchse und sehr viel Dreck. Er sagt zu dem Hund: „Komm herein" und zündet ein Kerzenstümpchen an. das er aus irgendeiner Tasche wurstelt. Die Bank ist vollgekritzelt mit pfeildurchbohrten Herzen und saftigen An spielungen. Florian betrachtet sein Geschwür, das allmäh lich eine besorgniserregende Farbe annimmt, geht vor die Bank und versucht zu schlafen. Plötzlich drückt ihn etwas! Ach

so, die Brieftasche! Mal Nachsehen. Hm. da ist manches, was am besten vernichtet gehört: die Photos von Hansi zum Beispiel. Hat sich von dem Zeug bloß nicht trennen können bisher, war wie eine Brücke zu der Vergangenheit hinüber — weg mit aller Sentimentalität! Zerreißen, in ganz kleine Stückchen, und dann verbrennen. Man darf es den Grünen, diesen Blut hunden, nicht zu leicht machen. Florian trinkt das Bild seines Mädchens ganz ties in sich hinein, die Augen, die Linien um Mund und Nase, jede winzige Pore

in der Theatergasse. Die beigefügten Socken habe ich etwas enger gemacht, damit sie nicht wieder so Falten werfen. Vergiß nicht, mir rechtzeitig Deine alte Wäsche zu schicken, am besten Dienstags. Mach Dir keine Sorgen wegen mir, es ist schon wieder besser " Florian läßt entmutigt den Kopf sinken. Er glaubt nicht recht an diese Besserung. Das schreibt die Mutter nur, um ihn zu beruhigen — Er hält den Brief über die kleine Flamme und verbrennt ihn. Fast feierlich. Dabei muß er die Zähne aufeinandernageln

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 3 von 14
Datum: 02.06.1934
Umfang: 14
in die Sache verwickelt zu sein. Von dort .gingen die Autos mit Propagandamaterial in die Tiroler Täler ab." Diese Behauptungen sind unrichtig. Die Spe ditionsfirma Unterberger steht mit dem entdeckten national sozialistischen Propagandalager und mit einer weitver zweigten Organisation der braunen Werbezentrale in keiner ^wie immer gearteten Verbindung. Auch sind von der Firma Unterberger aus niemals , Autos mit Propagaada- wraterial in die Tiroler Täler abgegangen. Der arme Sünder Florian Ein Roman

des Lebens. Von WalterKloePffer Copyright by Wilhelm Goldmann. Verlag Leipzig, durch Dr. Präger, Pressedienst, Wien 12 „Mieze, da liegt einer. Mensch, der muß einen richtigen Wurf haben." „Vielleicht is er bloß krank. Hat fo'n stilles, blasses Ge sicht. Wollen mal hören. He, Sie " „Mir ist nicht ganz gut", murmelt Florian und kommt aus Ohnmachtsbezirken langsam in die Höhe. „Wo wohnen Se denn?" „Ich Hab' noch keine Bleibe, Fräulein." „Na, denn kommen Se mal mit. Hör, Cilliken. ich mach Schluß für heute

. Det is 'armes Aas, den kann man doch nich so lassen." Sie verschafft Florian ein Nachtlager, aller dings nur auf einem krummen Diwan, sie verschafft Florian Pfefferminztee und am Morgen eine Tasse heiße Milch, alles mit dem knappen und ein wenig spöttischen Ton ihrer Ber liner Schnauze. Aber überall sickert das Herz durch und eine polternde Weichheit. So'n hübscher Bengel, wie der wohl in den Schlamassel kommt? Florian schläft wie eine Ratte in den Tag hinein, schläft sich Kraft an für neue

, bloß ich schlurche so herum, denkt Florian. Arbeit müßte man haben, dann wäre alles gut. Viel leicht bekomme ich Arbeit. Sieh mal, da stellen sie einen Bau hin und was für einen! Florian betrachtet, in einem Anfall von Arbeitswütigkeit, verliebt die lärmenden Ram men, die quietschenden Krane, die rostigen Karren aus ihren Zwerggeleisen. Er geht zu einem Mann hin, der sei nem Bauch nach einer der Poliere sein kann, und fragt. Hohngelächter. „Mensch, auf dir haben wir eben gewartet." „Ich habe seit

drei Tagen nichts gegessen." „Dann red' mit dem Bauführer, die Baracke da drüben. Biste organisiert? Haste Papiere?" Florian schleicht entmutigt davon. Papiere — das ist es. In Deutschland muß man Papiere haben, sonst ist man verkauft, verratzt, erledigt. Ohne Papiere wird man nicht mal begraben. So streng sind die. Das bißchen Hoff nung. das Florian vorhin hatte, ist wieder ausgepustet. Gr fragt sich nach der Akademie durch. Findet sie auch. In der Bundesregierung Anmeldung von Pflegeplätzen

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 4 von 8
Datum: 01.06.1934
Umfang: 8
. Dann rollt er seine alten Sachen zu einem Bündel zusammen, nimmt sie unter den Arm und tritt auf den Gaug hinaus. »Wo darf ich das hintun?" „Ach, wickeln Sie es nur in dieses Papier. . Hat es ge schmeckt?" „Sehr vielen Dank. Der Herr Pfarrer ist nicht zu Hause?" „Er ist über Land." ■ „Würden Sie mir ein Blatt Papier geben? Ich möchte 'ein paar Zeilen zurücklassen." „Papier liegt auf dem Schreibpult, Sie können davon nehmen." Florian geht zurück. In seinem neuen Anzug ist etwas ^ Hartes, er greift

in die Tasche. Ein dünnes Büchlein, in Lei- nen gebunden, mit Rotschnitt, kommt zum Vorschein. „Weg- - weiser für verirrte Seelen." Florian blättert flüchtig die .Seiten durch. Eine Banknote fällt heraus und ein Zettelchen: „Viel Glück für die Weiterreise." Mit dem Geld komme ich mindestens bis Berlin, ist Florians nächster Gedanke. Aber was tue ich mit Prinz? Ich ' kann doch den Hund nicht mitnehmen. Florian stellt sich an , das Pult und schreibt: „Vielen Dank für Ihre Herzensgüte. %ü) scheide

mit einer großer Bitte von hier: Erbarmen Sie ! sich auch meines Hundes und gewähren Sie ihm ein Plätz- -chen im Hause. Er heißt Prinz und ist ein sehr treues Tier. ^Nochmals herzlichen Dank für alles, auch für die Serviette und den Blumenstrauß. F. S." j Dann holt Florian den Hund, streichelt ihm das häßliche ^Fell und flüstert: „Warst mein bravetz Handel. Schau, wir können nicht immer zusammenbleiben, das Leben ist halt so. Du kriegst es' jetzt gut. vielleicht besser als ick." gegen das Urteil und brachte

Bescheid." „Ja, aber —" „Es ist alles in Ordnung, keine Sorge, Fräulein, und nochmals besten Dank. Ich muß jetzt gehen", erklärt Florian rasch und eilt davon. 12 . Florian, eingekeilt zwischen laute und beziehungslose Menschen, schiebt sich durch die Bahnhofshalle. Seine Hand umklammert die Fahrkarte. Er hat noch zwei Mark als letz ten Rest jener pfarrherrlichen Munifrzenz. Askanischer Platz! Wie laut, wie fremd und unverständlich dieses Berlin ist! Sieh mal, Bäume haben sie auch, und jeder Baum

hat ein ulkiges kleines Gitter um sich. Florian fühlt sich irgendwie gesichert und beschützt in diesem Trubel. Florian fühlt außer dem. daß jetzt ein neues Leben losgeht. Hier gibt es keine brotverschenkenden Bäuerinnen, keine Scheunen, keine mitlei digen Milchfuhrwerke, die einen Wegmüden aufsitzen lassen. Hier ist alles hart, sachlich schneidig. Autos, Vorschriften, Aktenmappen, keine Zeit, keine Zeit. Läden, Litfaßsäulen, Plakattafeln: Haben Sie schon Koka Dallmann versucht? Ge sundes Haar durch Pixavon

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 3 von 8
Datum: 27.06.1934
Umfang: 8
euren Uebertritt zum Gewerkschaftsbund an; am 30. Juni endet die Anmeldefrist! Vergeht nicht den 30. Juni: Uebertritt zum Gewerkschaftsbund! Der arme Sünder Florian Ein Roman des Lebens. Von Walter Kloevffer Copyright by Wilhelm Doldumnn. Verlag Leipzig, durch > Dr. Präger. Pressedienst. Wien 34 Tief in Gedanken eingesponnen wandert Florian bie Altstadt entlang, bis er vor dem Landgericht steht. Oben in der Wohnung der Eltern brennt ein verschüchlerreS kleines Licht. Florian betrachtet dieses Licht lange

und mir heiher Zärtlichkeit. Natürlich ist die Mutter wieder zu fleißig und verdirbt sich die Augen, durchfährt es ihn. Dann raftt er sich zusammen wie ein Mensch, der eine unaufschiebbare Sache endlich anpacken will, und setzt die Klingel in Bewegung. Droben wird ein Fenster geöffnet, ein Kopf biegt sich heraus — „Was gibt^s denn?" Florian kennt weder Gesicht noch Stimme der Fragen den. einer fremden älteren Frau, und seine Glieder sind se kundenlang von einem schmerzlick)en Erstaunen gelähmt

. Was soll dieser unbekannte Kopf in der elterlichen Woh nung? „Verzeihen Sie die Störung, ich möchte zu Herrn Sün derlein. Zu Herrn Justizoffiziant Sünderlein." „Der wohnt nicht mehr hier, ist nach München ver zogen." „So?" murmelt Florian verstört. „Können Sre mir vielleicht die neue Adresse sagen?" „Wer sind Sie denn?" „Ein Verwandter." „Warten Sie, ich komme mal runter." Florian stellt erschöpft sein Köfferchen zu Boden, es ist ihm plötzlich viel zu schwer. Auch seine Knie zittern ein biß chen

in Ingolstadt." „Kennen Sic die Leute näher?" fragt Florian in der leisen Hoffnung. Näheres von fe>nen Eltern zu hören. Ihm ist io entsetzlich bang zu Sinne, er hat die Ahnung irgend einer ungekannten. dunklen Gefahr. „Näher? Nein, gar nicht. Ich habe nur munkeln hören, die Frau soll nicht ganz gesund sein." Florian empfiehlt sich mit einem hastig gemurmelten Dank, packt seine Handtasche und wendet sich stadteinwärts. Er ill mit einer Vehemenz hierher gefahren, gute Vorsätze, die Aussprache mit den Ettern

und so weiter, und nun? Das Schicksal ist für Umwege, der Büßfertigkeit werden un geahnte Schwierigkeiten bereitet. Das Schicksal — oder wie man diese für viele Menschen unklare Sache nennen soll — will nicht, daß Florian sofort mit seiner Sühneaktion be ginnt. Es will ihn erst noch ein bißchen zwiebeln. Na schön, denkt Florian, wie vor den Kopf gehauen, und mietet sich im nahen Sebaldbräu ein Zimmer für die Nacht. In das Fremdenbuch schreibt er: Willi Haas aus Würzburg, Vertreter. Dann läßt er sich eine Flasche Wein aufs Zim mer

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 4 von 8
Datum: 21.06.1934
Umfang: 8
trägt ein billiges Kleidchen, macht ernste Augen und ist schweigsam, wie das ihre Gewohnheit ist. In der Mecklenburgischen Straße steigt etwas Leckeres, Mondes in den Wagen, mustert die Mitfahrenden und er kennt schließlich Florian als den Chauffeur des sagenhaften Barons von Trettenbach. „Morjen. Kennen'se mich noch? Bei Stockheimern. Uh- land? Sie sin mir ein Schöner! Der Name von Ihrem Ba ron steht ja gar nicht im Adreßbuch. Vielleicht sin se ooch gar nicht Schofför?" „Der Baron wohnt

in Untermiete", sagte Florian leise und schämt sich unsäglich vor der Suwarin. Die Russin muß ihn ja für einen regelrechten Schwindler und Lügner halten. „So? Denken'se mal an, der Herr aus Bayern hat den Fehldruck am nächsten Tag wieder zurückgekauft. Hat aber 5000 bluten müsien. In dem Punkt is Stockheimern nämlich eins a." „So." „Reden'se immer so wenig wie heute?" meint das blonde Fräulein verschnupft. „Hab Zahnweh", versetzt Florian kurz. Zum Glück steigt die Blonde an der nächsten Haltestelle

aus. Desgleichen die Suwarin. Nun ist Florian allein und setzt aus Vorsicht seine 'grüne Brille auf. Mit diesem Ding auf der Nase fühlt er sich tük getarnt. Er will nach dem Alex und Nachsehen, ob sein Steckbrief noch hängt. Aber sie haben den inzwischen ab genommen und durch einen aktuellen Einbruch in der Keith- straße ersetzt. dann am Sonntag, den 6. Mai. in einem Gemischtwaren geschäft und bei einem Optiter ein — und nun „arbeiteten" die zwei als arbeitsscheu bezeichneten Einbrecher schon besser

, das vom Militär energisch erwidert wurde. Bei diesem Feuerüberfall wurde ein Alpenjäger getötet und einer schwer verletzt. Als man den Verletzten bergen wollte, wurde auch die Rettungs- nlannschast von Schutzbündlern heftig beschossen. Während des Feuergesechtes versuchte der Anführer der Schutzbünd ler, der Dreher Karl Bliemetzrieder. mit einem Maschinen gewehr einzugreisen, kam aber nicht zum Schießen. Die Schutzbündler mußten sich schließlich nach Diemlach zurück Am Abend muß Florian der Suwarin das Essen

aufs Zimmer bringen, weil das Serviermädchen krank geworden ist. Die Russin, im Begriffe, ihr billiges Hütchen abzuneh men, dreht sich weg. als Florian die Platte hinstellt. Tränen — wie?, denkt Florian betroffen. Warum weint die denn? „Kann ich Ihnen irgend etwas helfen, Fräulein Su warin?" „Danke, Florian." „Sie können auf mich zählen, Fräulein Suwarin. Seit damals. Sie wissen schon." „Ich glaube nicht, daß Sie mir Helsen können, Florian. Ich habe Ihnen doch von meinem Kind erzählt, von Musch

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 3 von 16
Datum: 30.06.1934
Umfang: 16
geblieben. Beim Goribauern wurde durch den Luftdruck der Explosion eine Türe eingedrückt und 26 Fenster zertrümmert. Der arme Sünder Florian Ein Roman des Lebens. Von WalterKloePffer Copyright by Wilhelm Goldmann. Verlag Leipzig, durch Dr. Präger. Pressedienst, Söten 36 „Nein", ruft Florian, steil auffahrend. „Ich habe das Lügen satt. Ich habe genug gelogen, monatelang. Wäh rend ihr es euch habt gut gehen lassen, bin ich oft halb krepiert vor Hunger und habe mich durchschwindeln müs sen als Vagabund

. Sonst nichts. Ich will Frieden ha ben und sei es in einer Gefängniszelle. Ich will nichts wie Frieden und — wieder ein anständiger Mensch wer den", schnauft Florian erbittert aus sich heraus. „Ich verstehe dich nicht", erwidert Reßl mit einer ganz geduckten Stimme. „Ist doch alles glatt. Was redest du von Gefängnis? Es will dir ja niemand deinen Frieden nehmen. Sag' meinetwegen, du hast eine größere Reise gemacht, sag, du warst im Ausland, sag, was du willst. Ich habe doch nur gemeint. Guck mal her

! Bist du ver rückt? Willst du uns alle unglücklich machen? Deinen Vater, deine Mutter, Fräulein Witt, Regine, von mir gar nicht zu sprechen? Wo hast du denn deinen Verstand? Ist alles in bester Ordnung, und der kommt mit solchem Blödsinn. Hat man so was schon gehört?" Reßl ist ganz atemlos vor Gegengründen. Florian sieht ein, daß seine Vorsätze nun nicht mehr durchführbar sind. Regine lebt, gut. Sie alle sind mit einem blauen Auge davongekommen. Und das, was noch übrig bleibt von Schuld, ist abgebüßt. Reßl

kann das Nest nicht mehr riechen. Uebrigens habe ich ihn schon ewig lange nicht mehr ge troffen." „Wie geht es meiner Mutter?" „Man hat sie letzthin wieder operiert oder bestrahlt, ich weiß das nicht so genau." „Operiert ?" wiederholt Florian, und bittere Angst schnürt ihm die Kehle zu. Die Zimmerwände schwanken plötzlich aus ihn zu. „Sie liegt in der chirurgischen Klinik, Zimmer 88. , Ich habe ihr letzthin ein paar Blumen geschickt. Es soll' ihr schon wieder besser gehen", setzt Reßl tröstend hinzu

. Florian sitzt mit zusammengepreßten Lippen da, und sein Gesicht ist von Traurigkeit überschattet. Plötzlich greift! Reßl nach seiner Hand, die auf der Armstütze des Sessels liegt: „Florian, wir haben eine große Dummheit gemacht damals: alle drei." „Ja, Reßl. Wir sprechen uns noch. Ich muß jetzt gehen. Adieu." 29. Florian überquert den Platz vor dem Nationaltheater und strebt dem Telephonamt zu. Es ist durchaus unsicher, ob Haust jetzt Dienst hat, aber Florian will auf gut Glück ansragen

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 3 von 8
Datum: 22.05.1934
Umfang: 8
und daß man sich in kritischen Zeiten auf den Stock der männ lichen Jugend verlassen können muß. Der arme Sünder Florian Ein Roman des Lebens. Von Walter Kloepffer Copyright by Wilhelm Goldmann, Verlag Leipzig, durch Dr. Prager, Pressedienst, Wien 4 Indes erfordert die Gerechtigkeit, daß wir auch die Vor züge dieser Studentenbude erwähnen. Erstens ist sie billig. Zweitens ist sie sonnig und hat Aussicht aus einen kleinen, gepflegten Nachbarhof, in dem wie durch ein Wunder zwei Akazien und eine Handvoll Ray-Gras gedeihen

. Drittens hat Florian Blumen vor dem Fenster, zu denen er eine tiefe Zuneigung gefaßt hat; denn er liebt die blauroten Glöckchen der Fuchsien und das Gewuschel flammender Pechnelken über alles. Viertens ist da noch ein der Klingelmann gehöriger Kater namens Petermann, der regelmäßig Visite macht und sich faul auf dem Sofa zusammenrollt. Florian rechnet wie ein moderner Finanzminister, aber das Budget will nie stimmen. Immer sind da Aus gaben, Notwendigkeiten, die nicht vorauszusehen

waren und die jede Bilanz umwerfen. Cs ist nun nicht gerade an dem, daß Florian hungern muß, aber Sprünge machen kann er auch nicht. Sein Leben ist ein ewiges Verzichten, ein zermür bendes Hinpendeln zwischen Mögen und Können, und seine Existenz ist angestaut mit unerfüllbaren Wünschen nach den Annehmlichkeiten dieser Welt. Zuweilen, s e.hr zuweilen, kommt Florian in ein Konzert, in ein Theater, in ein Cafe, und das ist dann immer kleines und aufregendes Fest. Manchmal, wenn das Glück ihm wohlwill, gibt er Stunden

unter den Birken wird nicht mehr Erwähnung getan, Florian nimmt sich zusammen,.aber.:er kann nicht verhindern, daß ihn nächtens aufregende Bilder überfallen, die süß und verboten zugleich sind. Florians Tage sind mit Lernen ausgesüllt. Was so ein angehender Mediziner alles wissen muß. ist nicht zu glauben. Er zeichnet Hefte mit phantastischen Tapeten voll, die ver größerte Gewebe darstellen, er muß sich klar sein über die verschlungenen Bahnen der Gesäße, derNerven, derMuskeln. er wandert durch die Hörsäle

, die angefüllt sind mit dem vielgestaltigen Elend einer großen Stadt, er macht schüch terne Versuche, selbst zu säbeln und zu schneiden, und er muß hinter die Schliche der tüchtigen innersekretorischen Drüsen kommen, die geheimnisvolle Säfte in unser Blut spritzen. Florian ist nicht dumm, aber er ist weich, ängstlich und manchmal ungeschickt. Es ist eine Frage, ob er, so beschaffen, ein rasch zupäckender, guter Arzt werden wird, der oft im Bruchteil einer Sekunde das Für und Wider einer Handlung

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 3 von 8
Datum: 24.05.1934
Umfang: 8
durch die Decke des obersten Stock werkes und durchschlug dann eine Zimmerdecke nach der an deren bis zum Erdgeschoß. Drei Tote und 20 Verletzte wur den, geborgen. Man befürchtet aber, daß die Verluste noch größer sind. Der arme Sünder Florian Ein Roman des Lebens. Von Walter Kloepffer Copyright by Wilhelm Goldmann. Verlag Leipzig, durch Dr. Präger, Pressedienst, Wien 6 „Florian, bitte, bitte, verlaß uns nicht", bettelt Reßl, und alle Forschheit hat ihn verlassen. Seine Durchzieher, diese Fanale feudaler

, die große Stücke auf dich hält. Wenn du uns im Stiche läßt, gibt es eine Katastrophe. Irgend etwas Unausdenkbares, nicht wieder Gutzumachendes. Hab' doch Erbarmen, Sünderlein ... es kann dir auch mal was passieren, wo du mich brauchst . . . was ist denn Schlimmes dabei . . ? So'n kleines Ding, so was Unfer tiges ist doch nicht wert, daß zwei Menschen seinetwegen krepieren." „Ich bin auch nicht eingerichtet für - so was", sagt Florian heiser und schon halb bezwungen. Er ist ganz matt von dem vielen

Widerstand. „Das ist das wenigste. Geld spielt keine Rolle. In strumente lassen sich kaufen. Ach, Florian, du bist doch ein guter Kerl", sagt Reßl, vollgepumpt mit neuer Hoffnung, und zieht den andern gegen die Sonnenstraße zu. In einer geräumigen Auslage liegen Gummidinge und funkelnde Nickelsachen. Auch ein Skelett ist da und grinst Florian höh nisch an. „Komm rein, such raus. Sag, was du brauchst", flü stert Reßl, von einer tollen und wirbeligen Zuversicht er laßt. Alles geht gut, alles wird schön

; ein Goldkerl ist dieser Sünderlein. „Der Herr Doktor will sich wphl demnächst nieder lassen?" lächelte die Verkäuferin, als Florian seine Wünsche stottert. „Jawohl, ja", erwidert Reßl und zündet sich aufgeregt eine Zigarette an. Dann drückt er Florian verstohlen einen großen Geldschein in die Hand. „Abrechnen können wir ge legentlich." Sünderlein, halb in Trance, in einer tiefen und ün* gewußten Hörigkeit, nennt Namen, wählt und zahlt schließ lich mit Reßls großem Geldschein an der Registrierkasse

. Dann hat er ein längliches, braunes Paket unterm Arm und stolpert aus die Straße. „Du hast doch alles, wie? Nichts vergessen? Vielleicht hätte man mehr Watte nehmen sollen?" meint Reßl be sorgt. „Den Rest des Geldes behältst du einstweilen, viel leicht fällt dir noch etwas ein. Nun ist die Frage: Wann? Etwa morgen? Paßt es morgen?" „Morgen habe ich mich mit Hansi verabredet", mur melt Florian, aber dieses Morgen macht ihm plötzlich keine Freude mehr. „Das mit Hansi mußt du rückgängig machen, Sünder lein

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 3 von 8
Datum: 13.06.1934
Umfang: 8
wird diesen Beweis des Willens zur inneren Befriedung, der in Tirol von den Behörden ge geben wird, mit Genugtuung vermerken. Generalstreik in Malaga M a d r id, 12. Juni. (Reuter.) In Malaga wurde zum Zeichen der Sympathie mit den streikenden landwirtschaft lichen Arbeitern der Generalstreik verkündet. Der arme Sünder Florian Ein Roman des Lebens. Bon WalterKloepffer Copyright by Wilhelm Golbmann, Verlag Leipzig, durch Dr. Präger, Presiebienst. Wien 22 Warum ich mich so vor Ihnen bloßstelle? Damit Sie * sehen

, daß ich aus eigener und bitterer Erfahrung spreche. : Vielleicht haben meine Worte jetzt ein anderes Gewicht, vielleicht habe ich Sie aufgerüttelt und Ihnen zu Klarheit verholfen. Vielleicht habe ich Ihnen auch gezeigt, daß jeder einmal fällt und daran zu schleppen hat. Ich glaube, das ist alles, was ich Ihnen zu sagen habe, Florian. Und nun Adieu. Sie müssen jetzt an Ihre Ar beit." 22 An den Park stößt ein großer Weiher, fast schon ein ■ kleiner See, der zum Sanatorium gehört und auf dem die Patienten manchmal

rudern. Florian steht ausrecht in einem Kahn und bemüht sich, mitels einer Stoßstange an das üppig wuchernde Schilf heranzukommen. Der Geheim rat hat besohlen, daß dieses Unkraut abgemäht wird. Florian, barhäuptig, nur mit Gürtelhose und Hemd be kleidet, läßt sich Zeit, und seine Gedanken sind bei der Su- warin. Hat sie ein Kind, sieh mal an! An dem andern, was sie gesagt hat, ist allerhand Bedenkenswertes, mag ihr Standpunkt auch schroff und doktrinär sein. Aber geschehen ist geschehen, und von all

dem Spintisieren wird die tote Regine nicht mehr lebendig. Die Sonne steht schräg über Florian wie eine weißglühende Metallscheibe. Florian tut mit der Sense einen wilden Schwung, einen symbolischen Schwung, ritsch-ratsch, als wolle er einen gordischen Knoten von Bedrängnissen endgültig zerhauen. Schilsstengel und Kalmusblätter fallen mit einem singenden Ton zur Seite und verneigen sich noch im Tode. Eben noch grün, werden sie nun welken und irgendwo verfaulen. Florian knackt die Zähne zusammen. Wird Tage

dauern, bis er über die Un terredung mit der Suwarin hinweggekommen ist. Er hat die Hemdärmel hochgekrempelt, und seine Muskeln sprin gen als feste, braune Wülste hervor. Er hat sich heraus gemacht in dieser letzten Zeit, ist männlicher geworden und handhabt die Sense wie ein alter Bauer. Plötzlich schreit jemand am Ufer seinen Namen. Es ist Wunderlich. Er bittet einsteigen zu dürfen. Florian dirigiert den Kahn zurück und stellt fest, daß dieser Professor Wunderlich heute in irgendeiner Weise ver

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