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Lienzer Zeitung
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Seite 35 von 40
Datum: 22.12.1906
Umfang: 40
„O, wie unangenehm!' versetzte hierauf die zarte Stimme, und, Ernst hörte aus jenem Ruse des Bedauerns leise Wehmut Heransklingen, „gerade heute abend, zur Be scherungszeit, wollte ich die neue Komposition so gerne zur Hand haben.' „Vielleicht können wir diesen Wunsch doch noch befrie digen, meine Dame,' tröstete der Ladenjüngling, „Wir haben nämlich den Herrn Komponisten ' Noch ehe er es ausreden konnte, stand Ernst, der beim Klange jener wohlbekannten Stimme in höchste Erregung geraten

, als ich Ihre Stimme und Ihren Wunsch vernahm. Da hielt es mich nicht mehr länger hinter diesem Vorhang — —' „Ich verstehe, ich danke Ihnen,' unterbrach ihn Suschen, die, über und über mit dem duftigen Purpur froher Ver legenheit übergössen, ein gar liebliches Bild bot. „Ich nehme Ihr gütiges Anerbieten an.' Ter Strahl, der bei diesen Worten aus ihren Augen anf Ernst fiel, drang diesem bis ins innerste Herz und ließ ihn vor Glück erbeben; sie liebt ihn noch, sie mutzte ihn noch lieben, — das sagte ihm jener Blick

ganz unzweideutig. Er rang nach Worten — suschen kam ihm zu Hilfe: „Dürfte ich Sie gleich noch um die Erfüllung eines zweiten Wunsches bittetn, Herr Komponist?' meinte sie schelmisch. Ernst nickte. „Dann bringen Sie mir und meinen Eltern heute abend doch selher Ihr Werk in uuser Haus.' „In Ihr Haus, — Ihren Eltern?' würgte der Künstler heraus. „Ja, ja,' lächelte sie. „Aber „Elf , Fräulein Rebhoru,' fast hätte er sich versprochen. Sie reichte ihm froh lächelnd die elegant behandschuhte Hand

hin: „Kommen sie nur ohne Scheu; meine Eltern werden sich geehrt fühlen, einen so berühmten Künstler zu empfangen.' Und zu denr Kommis gewandt: „Ihre Güte brauche ich nun nicht mehr in Anspruch zu nehmen, da mir der Herr selbst ein Exemplar des erbetenen Musikwerkes besorgen wird. Adieu, meine Herren!' Eine flüchtige Verbeugung vor dem Kommis — ein leuchtender Blick auf Ernst, und die elfenschlanke Gestalt der KvmmerzienratStochter verschwand.,— — Nachdem Ernst Krellwitz dem Inhaber der Musikalien handlung

nicht mehr vorrätig.' Ernst stammelte etwas von Entschuldigung, daß er so unversehens in die Weihnachtsfreuden der Familie herein schneie, wickelte mit nervöser Hast seine Komposition aus der knisternden Hülle uud überreichte sie mit tiefer Verbeug ung der Tochter des Hauses. „Tank, vielen Tank im Namen unseres Kindes,' nahm nnn der Kommerzienrat das Wort, '— „und dann, lieber Herr Krellwitz, wir wollen nns gleich alles vom Herzen Plau dern, was nns da etwa bedrücken sollte.' „Sehen Sie,' — er ließ

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Lienzer Zeitung
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Seite 34 von 40
Datum: 22.12.1906
Umfang: 40
>1^' » Wcihnachtsirizzc aus d 1. >^5'lfchen' hatte er sie genannt auf dem ersten Harmonie- ball, auf dem sich die großstädtische „Gesellschaft' das erste Stelldichein gab für den Winter 1995, und wo Suschen Rebhorn von ihren Eltern, den reichen Kommerzienrats, zum erstenmale in die Welt ein geführt worden war. Ja. Suschen Rebhorn hatte etwas Elfenartiges in ihrem ganzen Wesen, — darin hatte der Erfinder dieses Namens, der Klavier- und Violinvirtuose Ernst Krellwitz, ganz reckt. Zartschlank

zu ihr hingezogen, und besonders die jungen Herren der Gesellschaft umflatterten sie, wie Schmetterlinge eine farbenleuchtende, süß dustende Blume. Kein Wunder also, daß auch das leicht entflammbare Künstlerherz Ernst Krellwitz' dem liebreizenden Mädchen im Sturme zuflog, als dieses ihm auf jenem Balle in zarter, jungfräulicher Frische und Anmut zum erstenmale zu Ge sichte kam. Er hatte auf allgemeines Bitten in einer Tanzpause eine Sonatine von Mozart vorgetragen nnd suschen als be geisterte ZuHörerin gehabt

, daß jenes Herzensfeuer auch genügende Nahrung erhielt. So oft in dem reichen und gastfreien Hause ihres Vaters eine Abendgesellschaft oder sonstige Festlichkeit gegeben wurde, wußte sie die Einladung des „berühmten und überall so gerne gehörten'Geigerkönigs' — so nannte sie Ernst vor ihren Eltern — zu veranlassen und durchzusetzen. So verstoß die erste Zeit der Saison für beide in eitel Wonne und Glückseligkeit, bis mit einemmale eine trübe Wolke den Himmel ihres Seelenglückes verdunkelte. Suschens Mutter

vor ihm log, dünkte es ihm leichter ums Herz, — fein Schmerz läuterte sich zu stiller Wehmut. Diese Wirkung, die das Musikstück aus die eigene Seele ausübte, gab ihm den Mut, es einem Verleger zur Veröffent lichung anzubieten. Und wirklich! Ein bedeutender Musikalien-Verlag nahm das Manuskript zum Verlage und Vertrieb an — und in einigen Wochen lag „Elfchen' — so hatte Ernst das Musik stück genannt — in elegantem Abdrucke, das Titelbild mit einer reizenden Elfengestalt geziert, in den musikalischen

einliefen. Ob der Verfasser nicht etwa einige von den Freieremplaren, die ja jedem Autor von den Ver- laashandlungen zugingen, leihweise an das Geschäft ab lassen wolle? In den ersten Tagen nach dem Feste sollten ihm dieselben zurückerstattet werden. Denn bis dahin seien die schleunigst bestellten Exemplare von Leipzig angelangt. Gerade erklärte Ernst seine Bereitwilligkeit hierzu — die Besprechung fand in einem Nachbarraume des Ladens statt, und beide Räume waren nur durch einen Türvorhang von einander

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