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Meraner Zeitung
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Seite 2 von 8
Datum: 06.12.1889
Umfang: 8
ich denselben, das Weihnachts geschenk Carmela ihren Frauen zu leihen und sich sosort mit einen gleichfalls sehr interessanten Buche bei ihren Gattinnen einzustellen. „Gin kleiner Uoman' von Marie Freiin von Ebner- Eschenbach, so heißt das Bändchen, welches mit Carmela gar nichts gemein hat, und dennoch gleichzeitige Be sprechung verdient. Die geniale Dichterin zeigt uns, wie die Kunst der Behandlung den einfachsten Stoff zu formen vermag. „Ein Gouvernanten-Noman', höre ich den Leser ausrufen, welcher in dem Buche

oberflächlich blättert. — Ein Gouvernanten-Roman! — allerdings und doch etwas so ganz anderes als das, was unserem Geschmack in dieser Gestalt meist bis zum Ueberdruß geboten wird. Die Erzäh lung ist schlicht und einfach, ohne alle Rührseligkeit, sie schil dert Menschen, die als Leitstern ihres Lebens die Pflicht anerkennen und über einen Conflict mit dieser nicht hinaus kommen. Wenn Doczi in Carmela über die Idee der Fa- milieuliebe und Zusammengehörigkeit leicht hinwegschlüpft, so zeigt uns Ebner deren

und lebenswahr. Ebner verschmäht die mehr oder weniger ver< brauchten Kunstmittel einer plötzlichen Lebensrettnng, einer gefährlichen Krankheit u. s. w. „Das Kind haßte mich und ich konnte dasselbe nicht lieben.' Die Thatsache ist geschaffen, keine poetische Fiction kann sie aus dem Wege räumen. So ist in dem kleinen Romane der Freifrau ein Bild von seltener Schärfe und Wahrheit entrollt. Fast durchweht uns ein Hauch der Ueberzeugung, als erzähle Marie Ebner nicht blos eine Geschichte nach dem Leben — fast

möchten wir an eir wirkliches Erlebmß glauben, dessen Schilderung keine Schön särberei gestattet. Die Individualität der Verfasserin tritt uns in jeder Zeile des Buches entgegen — klare, schöne Ge danken, eine treffliche Form, eine überaus ansprechende, in> teressant geschürzte Composition. — Doczi und Ebner beweisen, daß man auf ganz verschie denen Wegen das gleiche Ziel erreichen, auf ganz verschiedene Art ein treffliches Buch schreiben kann, das den Leser anregt und fesselt; ob Mann oder Weib

die Feder führen, gilt gleich Zum Kuchenbacken gehören bekanntlich sieben Sachen, zum Gelingen eines Kunstwerkes eine einzige — „das Genie des Künstlers'. — Doczi und Ebner sind Dichter von Genius Gnaden, Gunsten des Frl. Falkner am morgigen Abend machen wir nochmals aufmerksam. Die reizende Operette „Augot', welche morgen zur Aufführung kommt, verdient schon an und für sich einen regen Besuch, uud dies um so mehr, als es morgen gilt, einem der beliebtesten Mitglieder unserer Curhaus- bühue

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