Heinrich von Kleist: Lin verfluchter Daß der deutsche Soldat in heißesten Minuten weder den Kopf noch den Humor verliert, kommt in der nach folgenden unvergänglichen Anekdote Heinrich von Kleists plastisch zum Ausdruck. So sehr diese kleine Erzählung an Zeit, Ort und Umstände gebunden ist, so sehr spricht sie uns doch in einem Augenblick an, da wieder Tapfer keit vor dem Feind und unerschrockene Haltung auf die Waagschale gelegt werden. In einem bei Jena liegenden Dorf erzählte
mir auf einer Reise nach Frankfurt der Gastwirt, daß sich mehrere Stunden nach der Schlacht, um die Zeit, da das Dorf schon ganz von der Armee des Prinzen Hohenlohe verlassen und von den Franzosen, die es für besetzt gehalten, umringt gewesen wäre, ein einzelner preußischer Reiter darin gezeigt hatte, und ver sicherte mir, daß, wenn alle Soldaten, die an diesem Tage mit- gefachten, so tapfer gewesen wären wie dieser, die Franzosen hätten geschlagen werden müssen, wären sie auch dreimal stär ker
gewesen, als sie in der Tat waren. Dieser Kerl, sprach der Wirt, sprengte, ganz von Staub be deckt, vor meinen Gasthof und rief: „Herr Wirt!" und da ich frage: „Was gibts?" „Ein Glas Branntewein!" antwortet er, indem er fein Schwert in die Scheide wirft: „Mich dürstet!" „Gott im Himmel!" sage ich, „will Er machen, Freund, daß Er wegkömmt? Die Franzosen sind ja dicht vor dem Dorf!" „Ei, was!" spricht er, indem er dem Pferde den Zügel über den Hals legt. „Ich habe den ganzen Tag nichts genossen!" — „Nun, Er ist, glaube
er und setzt sich den Hut auf: „Was bin ich schuldig?" „Nichts! Nichts!" ver setz ich. „Pack Er sich in Teufelsnamen; die Franzosen ziehen augenblicklich ins Dorf!" „Na!" sagt er, indem er in seinen Stiefel greift: „So soll's ihm Gott lohnen." Und holt aus dem Stiefel einen Pfeifenstummel hervor und spricht, nachdem er den Kopf ausgeblasen: „Schaff Er mir Feuer!" „Feuer?" sag ich: „plagt ihn —?" „Feuer, ja!" spricht er: „Denn ich will mir eine Pfeife Tabak anmachen." Ei, den Kerl reiten Legionen
Er nicht? Halten ja schon vor dem Tor!" „Ei was!" spricht er, indem er ausspuckt; und faßt die drei Kerls blitzend ins Auge. „Wenn es ihrer zehn wären, ich fürcht mich nicht!" Und in dem Augenblick reiten auch die drei Fran zosen schon ins Dorf. „Basta Manelka!" ruft der Kerl und gibt seinem Pferde die Sporen und sprengt auf sie ein; sprengt, so wahr Gott lebt, auf sie ein, und greift sie, als ob er das ganze Hohenlohische Korps hinter sich hätte, an; dergestalt, daß, da die Chausseurs, ungewiß