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Schlern
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Seite 11 von 64
Datum: 01.11.1984
Umfang: 64
anerkannt. Langobardisch sind gewiß auch in ihrem Kern, d. h. in ihren Anfängen, jene historischen Dietrichepen, in denen die Kämpfe der gotischen Eroberung Italiens ihren Niederschlag gefunden haben: die „Rabenschlacht“ und „Dietrichs Flucht“. Und ich glaube, daß hier, bei den Langobarden, auch die konkrete Gestalt des „Dietrich von Bern“ ihren Anfang genommen hat. Denn warum heißt er eigentlich „Dietrich von Bern“? Theoderich hat zwar um Verona/ Bern gekämpft, er hat sich hier auch aufgehalten

. Hier ist vor allem das schon erwähnte Grab Theoderichs. Also warum nicht „Dietrich von Raben“, sondern eben „Dietrich von Bern"? Die Erklärung hierfür ist wiederum bei den Langobarden zu suchen. Die Langobarden übernehmen nicht nur die im Umlauf befindlichen Erzählungen von Theoderich für sich, sondern sie siedeln sie ganz klar in ihrem Herrschaftsbereich an. Ich habe die Namen der zahlreichen Orte bereits genannt, die in diesen historischen Dietrichepen Handlungsplätze sind: Padua, Mantua, Mailand, Bolo gna, Pavia

deswegen die „Romagna“). Das Idol der von den Langobarden gepflegten Helden sage, der unbezwungene Held in allen Kämpfen, Theoderich/Dietrich, kann ein fach nicht in dem Ort zu Hause sein, den man selbst nicht zu erobern vermag. So kommt dieser Dietrich nach Bern, wird er zum „Dietrich von Bern“, was ja nicht unkorrekt ist, und zudem: Verona/Bern ist (u. a.) langobardische Residenz. 4 “) 44 ) Die Langobarden sind im Jahre 568 unter ihrem König Alboin durch Venetien in die Poebene vorgestoßen

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Schlern
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Seite 9 von 64
Datum: 01.11.1984
Umfang: 64
, unbeschadet des Umstandes, daß dessen tatsächliche Herrschaft von Glück und Erfolg begleitet war. Wann dieses Theoderich-Bild der Heldensage „fertig“ war, ist nicht zu sagen. Wir greifen es erstmals im Hildebrandlied, und es ist von großer, über Jahrhunderte unveränder ter Geschlossenheit. Alle spätere Heldenepik zeigt Dietrich in dieser Weise: voll Edelmut und großer Tapferkeit, ein Mann, an den man sich um Rat und Hilfe wendet, als Held wie kein anderer geachtet und im Kampf gefürchtet — aber fremd

, einsam und glücklos. So in den Werken der sogenannten historischen Dietrichepik, d. h. vor allem in „Dietrichs Flucht“ und in der „Rabenschlacht“: Von seinem heimtückischen Onkel Ermrich mit Krieg überzogen, muß Dietrich, obwohl er bei Mailand gesiegt hat, außer Landes gehen, weil er anders seine besten Gefährten nicht aus ihrer Gefangenschaft lösen kann; er kehrt mehrmals mit hunnischer Hilfe zurück, ist jedesmal siegreich und verliert doch stets wieder, was er gewonnen hat. Zuletzt eben

in der großen Schlacht um Raben (= Ravenna), in der sein junger Bruder und die gleichfals unter seiner Obhut stehenden beiden unerwachsenen Söhne Etzels umkommen.“) Im „Nibelungenlied" lebt er als landfremder Recke am Hofe Etzels, und hier wird er in den Strudel des Burgundenuntergangs gerissen: Bis auf den alten Hildebrand fällt seine ganze Mannschaft im Kampf, und Dietrich ruft verzweifelt: „So hat mich denn Gott verlassen! Ich armer Dietrich! Ich war einmal ein gewaltiger und mächtiger König

!" Alle seine Freude ist für immer dahin, und das Leid ist unsäglich groß. „Wer soll mir nun helfen, wieder ins Land der Amelunge (zurückjzukommen?"“) Dietrich bleibt für alle Zeiten im Bewußtsein der Menschen ein unglücklicher Mann, und noch das bronzene Standbild Theoderichs, das mit dem der anderen „Ahnen" in der Innsbrucker Hofkirche das Grabmal Kaiser Maximilians umsteht, ist die Darstellung eines — in Haltung und Blick — elegischen Königs. Die Heldensage zeigt Dietrich in Aktion, zeigt ihn als den großen

— aufgeben, kann hier nicht eingegangen werden; letzter Über blick über die Forschungssituation von HUGO KUHN, „Dietrichs Flucht" und „Rabenschlacht", in: Die deutsche Litera tur des Mittelalters, Verfasserlexikon 2 (1980), 116—127; Ausgabe von ERNST MARTIN. Deutsches Heldenbuch, Bd. 2. Berlin 1866 (unveränd. Nachdruck 1967), S. 55—326. M ) 2319 Wand' er leit sö grözes zer werlde nie gewan. er sprach: „und sint erstorben alle mine man. sö hat min got vergezzen, ich armer Dietrich, ich was ein künec here

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Seite 3 von 64
Datum: 01.11.1984
Umfang: 64
Achim Masser Von Theoderich dem Großen zu Dietrich von Bern — Die Wandlung der historischen Person zum Sagenhelden*) Möchte jemand wissen, wer wohl derjenige sei zwischen Po und Donau, zwi schen nördlichem und südlichem Alpenvorland, dessen Name von allen, die jemals hier gewohnt und gelebt haben, am weitesten in die Lande gedrungen ist, der muß ganz an den Anfang der nachantiken Entwicklung des alpenländischen Raumes gehen, um zu dem Mann zu gelangen, der einst buchstäblich in aller Munde

war und der in seiner Gestalt über Jahrhunderte hinweg diesen Raum zwischen Venetien und der Lombardei auf der einen und dem bayerisch-österreichischen Donaugebiet auf der anderen Seite verbunden hat: zu Dietrich von Bern. Bern — das ist der uralte, erst in nachmittelalterlicher Zeit außer Gebrauch gekommene deutsche Name für Verona 1 ), wo noch heute in der Portalzone der Kirche von San Zeno zwei verwitterte Reliefplatten aus der Zeit um 1138 die Erinnerung an diesen Dietrich von Bern wachhalten.’) In Südtirol finden

wir Dietrich von Bern unter den spätmittelalterlichen Fresken von Schloß Runkel stein 1 ) bei Bozen: Auf der triadengeschmückten Söllerwand des sogenannten „Sommerhauses“ 4 ) präsentiert er sich mit seinem berühmten und kampferprobten Schwerte Sachs neben den Helden Siegfried (mit dem Schwert Bahnung) und Dietleib (mit Weisung); in den anschließenden Triaden ) treffen wir auf weitere Gestalten aus seinem Umkreis, auf Riesen und Zwerge, die in Dichtungen Vorkom men, die teils im mittelalterlichen Tirol

entstanden sind, die hier jedenfalls bekannt und beliebt waren.“) Und auch nördlich der Alpen treffen wir auf Dietrich von Bern *) Vortrag, gehalten auf der 3. Historikerta gung der Arge Alp am 8. Dezember 1983 in München ') Wie lange die deutsche Namensform Bern in Geltung gewesen ist, vermag ich nicht zu sagen. In der 1. Hälfte des 15. Jahrhun derts wird sie noch ganz selbstverständ lich als deutsche Entsprechung von ital. Verona gebucht: Versona - pern OSKAR RAUSCH, Das älteste italienisch-deut sche

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Seite 5 von 64
Datum: 01.11.1984
Umfang: 64
Also: „Doch wie Herr Dietrich von Bern und sein Meister Hildebrand zahlreiches Gewürm und Drachen erschlagen haben; wie er mit dem Riesen Ecke gestritten hat und mit den Zwergen im Rosengarten — von all dem schreibt kein Gelehrter auf Latein, und deswegen halte ich es für Erfindung.“ Wir sehen hier also eine ebenso deutliche wie interessante Zweiteilung: Der Autor beruft sich für das, was er als wirklich „geschehen“ mitteilt, also für die historischen Ereignisse, auf „bewährte Bücher

ihm zugekommen ist und was er von daher für richtig ansehen kann; und er lehnt ab, was er sonst noch gehört hat (immerhin: er hat noch anderes gehört!). 11 ) Der Unterschied zwischen richtig und falsch wird hier als Gegensatz von Geschichte und Erfindung gefaßt, oder literarisch gesehen, als Gegensatz von Historiographie und Sage. Das ist die Spannung zwischen „Theoderich“ und „Dietrich von Bern“. Der Historiker wird „Geschichte“ und „Sage“ von vornherein anders betrachten und akzentuieren als etwa

der Volkskundler. Und der Literarhistoriker hat wieder eine andere Sehweise. Nach literarhistorischem Verständnis gehören die Sagen über Dietrich von Bern in den Bereich der Heldensage. Es geht also um das Verhältnis von Geschichte und Heldensage, wobei die Frage, wie Heldensage als solche zu definieren sei und wie sie sich konstituiere, im Laufe der Forschungsge schichte sehr verschieden beantwortet worden ist und zu völlig verschiedenen Grundpositionen geführt hat. Während zu Beginn unseres Jahrhunderts

, dem wir die mehrbändige große, bis heute grundlegende Darstellung der „Germanischen Heldensage“ verdanken, hat 1928 Heuslers Überzeugungen in apodiktischer Zuspit zung so formuliert: „Die Heldensage lebte nur im Lied", und umgedreht: „Helden sage wird erst im Lied und durch das Lied.“ „Heldensage und Heldendichtung sind damit gleichgesetzt.“ Und auf Dietrich von Bern bezogen: „Der erste, der ein Dietrichlied schuf, schuf die Dietrichsage.“ 17 ) Heldensage ist also gemäß diesem Verständnis die individuelle Schöpfung

über die durch die Jahrhunder te gehenden Erwähnungen Dietrichs von Bern in Dichtungen, Chroniken. Ge schichtswerken usw. gibt noch immer WILHELM GRIMM, Die deutsche Hel densage (3. Aufl. von R. STEIG, Gütersloh 1889), 4. Aull. (= unveränd. Nachdruck) unter Hinzufügung der Nachträge von KARL MÜLLENHOF und OSKAR JÄ- NICKE aus der Zeitschrift für Deutsches Altertum, Darmstadt 1957. Im übrigen vgl. besonders HEINRICH JOACHIM ZIM MERMANN. Theoderich der Große — Dietrich von Bern. Die geschichtlichen und sagenhaften Quellen

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Seite 12 von 64
Datum: 01.11.1984
Umfang: 64
Nimmt die historische Dietrichepik somit in ihrem Kern vom langobardischen Norditalien ihren Ausgang, über die Alpen in den Norden, so sind die (genetisch jüngeren) sogenannten märchenhaften oder aventiurehaften Dietrich-Dichtungen hiervon zu trennen. Es sind Werke, für die man die Bezeichnung „Heldenepik“ besser beiseite lassen sollte * 5 “): Dietrich reitet von Bern aus gen Norden, in die Berge, und er erlebt hier allein oder mit seinen Gefährten alle möglichen Abenteuer, besteht Kämpfe

f. — die gleiche Frage aufgeworfen und auch in nahezu gleicher Weise beantwortet: Die Langobarden „sa ßen in Norditalien über und neben den Resten der Goten... Sie saßen in Verona, aber niemals in Ravenna, das ihr gefähr lichster Feind war" (S. 203). 5 “) Folgende Werke gehören hierher (vgl. un ter Anm. 52): „Eckenlied". „König Lau rin“, „Goldemar", „Sigenot“, „Virginal", „Wunderer". 51 ) Wobei immerhin und trotz allem auffällig bleibt, daß sich Dietrich auf seinen Aben teuern in den Bergen zwischen Bern

und Bozen im Grenzbereich der alten lango bardischen Machtsphäre bewegt. H ) JOACHIM HEINZLE. „Eckcnlied“. in: Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon 2 (1980) 323—327; ders., „Laurin", ebda 5 (1984) 625—630: allge mein auch zum folgenden: WERNER HOFFMANN. Deutsche Heldenepik in Ti rol. Ergebnisse und Probleme ihrer Erfor schung. in: Deutsche Heldenepik in Tirol. König Laurin und Dietrich von Bern in der Dichtung des Mittelalters. Beiträge der Neustifter Tagung 1977 des Südtiroler

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Seite 4 von 64
Datum: 01.11.1984
Umfang: 64
mit seinen Getreuen: donauabwärts hinter Wien, am Hofe des großen Hunnenkö nigs Etzel. ) Bologna, Mantua, Padua, Pavia und Mailand sind die Orte, die als Schauplätze des Geschehens in diesen Werken genannt werden; ferner Bern (Verona) und Garda, Trient und die Etsch, Nonsberg, Jochgrimm und der Rosengar ten, der Berg des Laurin, und allgemein die „tiroleschen lande“, Tirol also.") Die Dichtungen um Dietrich von Bern sind durch den deutschen Raum gedrungen bis hoch in den skandinavischen Norden

, wo um 1260 in Bergen (Norwegen) ein begabter Mann am Hofe des norwegischen Königs Haakon alles sammelte, was er nach eigenen Worten „von deutschen Kaufleuten“ gehört hatte und was er mit Sagen und Geschichten anderer Provenienz zusammen verarbeitete zu einem großen Sammelwerk, der Geschichte von Thidrek af Bern ") Hinter diesem Dietrich von Bern steht — und das war den Leuten auch zu allen Zeiten bewußt — die historische Person des großen Königs der Ostgoten, steht Theoderich, der — vom Balkan kommend

" wissen? Um 1400 schreibt Jakob Twinger von Königshofen in seiner Straßburger Chro nik, ') dieser ..Dietrich von Berne, von dem die geburen singent und sagent", sei ein König der Goten gewesen, und er wolle von ihm berichten, was „in bewährten Büchern“ über ihn aufgezeichnet sei. Und dann erzählt er, was er über Abstam mung, Jugend des Königs, über die Eroberung Italiens, über die Kämpfe, seine Regierung und sein Lebensende gelesen hat. Ob das alles in unserem Sinne historisch zutreffend

ist, soll uns hier jetzt nicht kümmern; es kommt mir auf etwas anderes an: Am Ende seines Berichtes nennt er die lateinische Chronik, aus der er sein Wissen geschöpft hat, um dann fortzufahren: .Aber wie her Dietrich von Berne und sin meister Hiltebrant vil wurme und drachen erslfigent und wie er mit Ecken dem rysen streit und mit den querhen und in dem rosegarten, do schribet kein meister in latyne von. davon habe ich es für lügene'"') ; ) Das Nibelungenlied. Nach der Ausgabe von KARL BARTSCH hrsg. von HEL MUT DE BOOR. 20. Aull

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Seite 6 von 64
Datum: 01.11.1984
Umfang: 64
und Personen letztendlich in den Erlebnissen und Geschehnissen der großen Wanderzeit. Die historische Dietrich-Epik reflektiert die verlustreichen Kämpfe bei der Eroberung Italiens durch die Ostgoten Theoderichs, oder— um einen anderen Kreis zu nennen — das Nibelungenlied reflektiert die vernichtende Niederlage, die hunnische Heer scharen den Burgunden im Jahre 437 in einer großen Schlacht zufügten, in der der burgundische König Günther mit der ganzen Königssippe und dem größten Teil seines Volkes den Tod

der Überlieferung zusammen und treten unter Umständen in Beziehungen zueinander, die „nachweis bar" nicht stimmen können. Der Hunnenherrscher Attila/Etzel etwa starb zur gleichen Zeit, als Theoderich/Dietrich geboren wurde — doch in der Heldensage sehen wir Dietrich am Hofe eben dieses Etzel. 211 ) Es gibt mehrere solcher Fälle, die zuweilen schon von kritischen mittelalterlichen Historiographen mißbilligend ver merkt worden sind. 1 ' 1 ) Die Folgerung jedoch, die Heldensage springe eben unbe kümmert

der mittelalterlichen deutschen Literatur zu bleiben — in der 1. Hälfte des 12. Jahrhun derts der unbekannte Verfasser der mhd. ..Kaiserchronik“ auf Mitteilungen, daß Dietrich den König Etzel persönlich ge kannt habe, und sagt, man brauche doch nur ..daz buoch" (V. 14178) herzunehmen: Als König Etzel .ze Ovene" (V. 14179) starb, dauerte es noch 43 Jahre, bis Diel rieh geboren wurde usw.; Kaiserchronik eines Regensburger Geistlichen, hrsg. von EDWARD SCHRÖDER (MGH. Deutsche Chroniken und andere Geschichtsbücher

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Seite 8 von 64
Datum: 01.11.1984
Umfang: 64
. Noch im hohen und späten Mittelalter wird die Historizität der in den Werken der Heldenepik berichteten Dinge im allgemeinen nicht bezweifelt. Wo Kritik aufkommt, stammt sie von gelehrten Chronisten, die sich aber für gewöhnlich nur an bestimmten Details stoßen. Kehren wir zurück zu Dietrich von Bern. Die Überlieferung von seinen „Taten" erfolgt seit dem 6. Jahrhundert auf zwei Wegen: einmal auf dem „modernen" historiographischen, auf dem durch die Jahrhunderte weitergereicht wird, was in den Tagen

und streben grundsätzlich nicht nach schriftlicher Fixierung.™) So ist auch ihre historische Entwicklung nur punktuell faßbar, nämlich dann und da, wo sie doch einmal aufgezeichnet werden. Wir können deutsche Heldendichtung erstmals knapp 300 Jahre nach Theoderichs Tod greifen, und zwar in Gestalt des ahd. Hildebrandlie des*'), in dem die Sage um Dietrich von Bern bekanntlich den Hintergrund abgibt, vor dem ein tragischer Vater-Sohn-Konflikt ausgetragen wird. Aber was wird uns hier berichtet? Hildebrand

kommt zurück in die Heimat, hinter ihm liegen 30 Jahre des Exils. Nicht freiwillig hatte er einst Weib und Kind in der Heimat zurückgelas sen, sondern er hatte zu den Getreuen Dietrichs von Bern gehört, der vor dem Haß des Odoakar zu den Hunnen geflohen war. ' 1 ) Dietrich der Verfolgte, der Vertriebene, der Heimatlose, der an fremden Höfen lebt und auf die Möglichkeit der Heimkehr wartet — was soll das? Als Theoderich im Jahre 526 starb, nannten ihn die Zeitgenossen bereits den „Großen“. Sein Leben

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