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Illustriertes Sonntags-Blatt
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Seite 1 von 4
Datum: 11.11.1916
Umfang: 4
, querfeldein, durch das stehende Korn huschen die drei Feld grauen. Bis sie der Festung auf etwa sechshun dert Meter nahe sind. Daläßt Hans Dietrich die beiden Musketiere ~~ natürlich sind es wieder Peters und Mortensen — Zurückbleiben. , Und nun geht's allein weiter. Immer noch stehendes Korn. Dann nn Kartoffelacker. Den muß er noch überqueren. Auf dem Bauch Ichiebt er sich vor, dicht gegen die Erde gepreßt. Kriechend, stoßend, in jeder Furche Deckung nehmend. Vorsichtig gleitet jedesmal die tastende Hand

voraus, das Erdreich nach Wolfsgruben abklopfend. Dann erst Ichnellt der Körper nach. In Strömen rinnt Hans Dietrich der Schweiß vorn Gesicht. Er Iseht die Hellen Tropfen auf die harte graue Erde fallen, die sie durstig unsaugt. „Das ist arrderer Schweiß als der der brotschaffenden Arbeit, dm du sonst kennst, friedliche Scholle," schießt es ibrn durch derr Sinn. „Und vielleicht in wellige» Stunden schon trinkst du rroch edleres Naß." Der erste der gewaltigen Stacheldrahtverhaue ist erreicht. Flach

auf den Boden gestreckt, beginnt Hans Dietrich zu zeichnen. ->e bunten Krokicrstifte fliegerr über das weiße Blatt. Plötzlich erhebt sich Harrö Dietrich fern im Rücken ein dumpf ansetzen- dcs, grollend lauter werdendes Dröhnen: die Artillerie beginnt ihr Tagewerk. Über Hans Dietrich weg zieht das Geschoß. Ein Einundzwanzig zentimeterprojektil ist es, das sich jenseits der Verbaue vor dem grünen Wall der Festung mit dumpfem Gepolter einbohrt. HanS Dietrich fühlt den Boden erschüttern. Und wieder grollt

der Donner auf, und wieder zieht der dunkle Vogel hoch vorüber. Er trifft den grünen Erdwall. Hoch spritzen die Schollen. Die Erde ächzt unter der Explosion. Die nächsten zwei Geschosse sind Volltreffer. Sie sind geradezu in das Fort niedergeplatzt. Noch zittert die Erde, da läßt ein seltsames Geräusch Hans Dietrich den Kopf heben. Dumpf läutendes Surren ist es, an das Sausen gewaltiger Propel ler erinnernd — ein Schauer schießt durch Hans Dietrich hin. Das riesige Geschoß von stumpf zugcspitz- ter

werden diese Schollen, die mit der Wucht großer Geschosse vorübersausen — und nun hat Dans Dietrich erkannt, was geschieht: er befindet sich im Streukegel der Explosion. Diese Erd schollen und Steinblöcke, die uue zum Höllentanz gepeitscht ihn uin- pfeifen, sind ein Jug geisternder Todesvögel, mit plumpen Schwingen nach Beute haschend. Husarenpatrouille an der Westfront. Phot. A. Grohs, Berlin.

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Illustriertes Sonntags-Blatt
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Seite 1 von 4
Datum: 25.11.1916
Umfang: 4
Sterben als ein tapfrer Held. Eine Kriegsnovelle von F. C. Oberg. «Fortsetzung.) Am Ofthimmel steht über einer Wolkenwand ein fahler Schein, der sich langsam rötet, tiefer und tiefer, gleich heraufquellendem Blut. „Leutnant v. Hasselt hat die Spitze! Sie gebt bis zum Südausgang vor!" /Hink! — Ein neuer Silbertropfen der Zeit war es, der klingend durch das Dunkel rann. Hans Dietrich besann sich: halb drei mußte es sein. Und wieder, wie bei dem letzten Schlagen der Uhr, brach die sein ganzes

Wesen erfüllende Erwartung übermächtig in ihm hoch. Heute — heute würde es sein! Da plötzlich Schritte draußen. Trommelnde Finger wirbeln gegen die Stubentür. „Bataillon steht um halb vier Uhr marsch- und gefechtsbereit!" Grobknecht, jäh aus tiefem Schlaf wach geworden, ist schon auf den Beinen. „Ihr Engländerhalunken — nun wollen wir's euch aber be sorgen !" Hans Dietrich kann nicht sprechen. Die Erregung in ihm ist zu groß, um sich in Worten ent spannen zu können. Endlich! End- Dunkel liegt

die Dorfstraße. Aus al len Häusern gleiten Gestalten hervor. An einer Stra ßenkreuzung hält die Feldküche. Im Vorübergehen wer den die Trinknäpfe gefüllt. Ganz me chanisch geht alles, nicht anders als sonst. Mitunter zuckt ein grimmes Scherz wort auf, aus dem grell die namenlose Wut gegen den Feind flammt, die in ihnen allen brennt. Hans Dietrich fühlt plötzlich eine Hand aut seinem Arm. Grobknecht ist neben ihn getreten, in der Linken den dampfenden Becher. Es ist nicht hell genug, die Züge des jungen

Offiziers zu erkennen, nur ahnen läßt sich der Ernst, mit dem seine Augen schauen. „Hans Dietrich, wenn ich falle — du weißt, ich bin Soldat mit Leib und Seele — das sagt alles! Gestern abend, als die Post kam, da — da Hab' ich ein großes, großes Glück erlebt. Du kennst Hedwig Rupert, Hans Dietrich?" „Professor Ruperts Tochter, Fritz? Gewiß!" „Ich Hab' sie nicht sehen können, ehe wir auszogen, denn Ruperts waren noch im Schwarzwald. Da Hab' ich ihr geschrieben — und gestern «m die Antwort

. Wenn ich falle, du aber vielleicht später einmal üeimkommft, dann wirst du ja zu meinem Vater gehen. Geh dann auch )u ihr, Hans Dietrich! Sag ihr, daß sie mich grenzenlos glücklich gemacht bat und stolz." Fest umschließt Hans Dietrichs Rechte die Hand des Freundes und lost sich schnell. .Dann hebt sich sein Kopf. Klar und frei ist seine Stimme: „Still- Manden! Das Gewehr — über! Ohne Tritt marsch!" Zerschossene betonierte deutsche Unterstände an der Somme, die beim ersten Anprall verloren

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Illustriertes Sonntags-Blatt
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Seite 2 von 4
Datum: 25.11.1916
Umfang: 4
Feierlich streicht noch immer das Glockengeläut durch die Stille. Da knattert der Motorradfahrer, der Verbindung hält mit den Patrouillen, zurück. „Das Bataillon greift an!" Herrn v. Prahls Stimme hat noch nie so hell geklungen. Heraus kommen die Schützenlinien, zu jeder Seite der Straße eine Kompanie, und die beiden anderen in Reserve gestaffelt binter dem linken Flügel. Hans Dietrich, zwei Entsernungsschätzer und Leute mit Draht scheren neben sich, ist weit voraus. Durch eine Häuserreihe

niederzuschmettern. Aus dem Boden liegt Hans Dietrich, das Fernglas an den Augen. Noch ist alles ruhig jenseits des fern blitzenden Kanals. Geradeaus an dessen anderem User ein mächtiges Fabrikgebäude, aus dem die Genfer Flagge weht. Links davon ein Block spitzgiebeliger Fabrikbauten, aus deren Glasdächern die Sonne glitzert. Davor, unten am Kanaluser, ein Eisenbahndamm. Hinter Hans Dietrich erreicht die Schützenlinie die Höhe. Sssu—iit ssu—iit phh—t sss—t! ssu—iit! Singend und sausend sind die ersten

Feindeskugeln herübergestrichen. Stöhnen — ein Aufschrei, dieser eine, gräßliche Laut, der den Kopf schuß kennzeichnet. Hans Dietrich ist aufgesprungen: „Stellung marschmarsch!" Schon sind sie heran, die braven Burschen. Und das Singen, Surren, Zischen, Pfeifen in der Lust! „Halblinks! Visier achthundert — Schützenseuer!" „Herr Leutnant," ruft der Musketier links von Hans Dietrich, „ich schieße aus den dritten Schützen von links an der Telegraphen stange !" „Ich beobachte!" Gleichzeitig mit Hans Dietrichs

Antwort schon das Krachen. „Zwei Zielhöhen zu kurz!" „Herr Leutnant, nu schall he aowers sitten!" Und ruhig legt der Musketier wieder an. Der saß! In Hans Dietrich quillt eine heiße Freude hoch, ein tiefer, erschütterter Stolz. So ist's im Frieden geübt — und ganz genau so wird's im Felde gemacht! Und aus der ganzen Länge der Reihen ist es losgeprasselt, krachend und knatternd die Feuerantwort hinüberschickend. Pfeifend umsaust sie das Kugelsingen. Die ganze Luft ist erfüllt von diesen kleinen

, gleichsam giftig aussprühenden Zischlauten. Und das alles eingehüllt von dem Knattern der Gewehre. Das erst taktmäßige Feuern der Schützenlinien wird hetzend — sie sind eingeschossen. Zu einem Höllentaumel steigt das Knattern an — grell kläffend, ein belfernd höhnendes Gelächter von Lärm. Plötzlich Worte. Trotz des Lärms hört Hans Dietrich sie doch. „Leutnant Grobknecht gefallen!" Hans Dietrich erlebt das Furchtbare: für einen tiefsten Schmerz nicht Zeit haben ihn zu fühlen und zu denken

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Illustriertes Sonntags-Blatt
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Seite 2 von 4
Datum: 14.10.1916
Umfang: 4
in der Kaserne gemacht. „Und beut abend geht's los! Das ganze Bataillon mit Extrazug! Zu schad, daß wir nicht dabei sein können! Aber wir sollten ihm sein schönes Saatkamp grüßen, hat er gesagt. Er sei gestern dort gewesen, und das Korn stehe großartig." In Eva Marie war berztiefes Er schrecken emporgezuckt. Heut abend! Seit Tagen hatte sie unablässig der Gedanke gepeinigt, sie könne eine Mög lichkeit — vielleicht die einzige, letzte — Hans Dietrich noch zu sehen, verfehlen, und so hatte sie darauf bestanden

, Heim reisen zu dürfen. Und nun war es doch zu spät! Gestern war Hans Dietrich auf Saatkamp gewesen, und heute, in wenig Stunden, zog er aus — in den Krieg! Eine wilde Verzweiflung war über sie gekommen. So mußte sie ihn also ziehen lasten, ohne ihn noch einmal ge sehen zu baden! Keine Möglichkeit gab cs, ihn noch zu erreichen. Kein Zug ging mehr zur Stadt zurück, kein Wa gen würde aufzutreiben sein. Sie hätte aus dem Zuge springen mögen, der sie mit jeder Umdrehung seiner Räder weiter forttrug

ihn aus der Stadt abholen werde. Und dann war ibr erst eigentlich ein Besinnen über ibr Handeln gekommen, als sie schon in dem schnell dabingleiten den Wagen saß. Doch kein Zweifel, keine schwächliche Reug, kamen auf in ibr. Sic liebte Hans Dietrich — das war das einzige, das Gültigkeit baben durfte in dieser Stunde. - War es nicht ihrem Herzen eine teure, erabnte Gewißheit, daß Hans Dietrich bei seinem gestrigen Besuch auf Saatkamp ibr seine Liebe batte aussprcchen wollen? Verpflichtete

alles andere aus, und es gab nur eines noch, das ibr ganzes Wesen tief und erschütternd erfüllte: Sie liebte Hans Dietrich! „Bitte, Eva Marie!" Rochus v. Haffelt-Helshof hatte seinen Arm in den Eva Maries geschoben, sie aus ihrem Sinnen weckend. „Du mußt mir schon erlauben, daß ich dafür sorge, dich nicht zu verlieren!" Und wieder lief ein schneller Blick aus den dunklen Männeraugen über Eva Marie hin — ein Blick des Triumphes. Bei einem Besuch auf Saatkamp am Vormittag dieses Tages war Rochus von dem alten Freiherrn

über dessen gestrige Handlungsweise Hans Dietrich^gegenüber aufgeklärt worden, und nun Der war es Rochus als eine fast -lächerliche Gunst des Zufalls erschienen, das sieb Eva Marie in ihrem Wunsch, Hans Dietrich noch einmal zu sebcn, gerade ibm batte anvertrauen müssen. Er würde schon Sorge trage», daß dieser Abschied so verlief, wie es dem schon Geschebenen entsprach. „Wir suchen uns eine Straßenkreuzung, denn da entstehen immer Stockungen, und du sollst sehen, daß wir noch ganz in Rübe ein paar Worte mit Hans

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Illustriertes Sonntags-Blatt
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Seite 1 von 4
Datum: 04.11.1916
Umfang: 4
Sterben als ein tapfrer Held. Eine Kriegsnovelle von F. C. Oberg. (Fortsetzung.) va Marie sah auf, als sie sich plötzlich vor der Birkengruppe fand. So versunken war sie gewesen, daß sie nicht gewahr geworden war, wie sie tiefer und tiefer den schon abenddunklen Park durch streifte und nun bis zum Hünengrab gekommen war. Wie oft hatte sie hier mit Hans Dietrich gestanden! Sie liebten beide den Blick auf die See, den man hier hatte. HanS Dietrich — heiß brannte alle Bitternis wieder auf in ibr

! Müde gemartert war sie von dem einen, ewigen Gleichlauf ihrer Ge danken. Um Hans Dietrich noch einmal zu sehen, hatte sie ihr Gefühl verraten und — batte als Antwort die Gewißheit erhalten, daß dieses Gefühl nicht erwidert wurde! Ein lachendes, gleichgültiges Abschieds wort, eine Aufmerksamkeit für eine Fremde, die ihm eine Rose zu geworfen — das hatte sie belehren müssen, daß alles, was sie so namen los glücklich gemacht, nichts als ein Irrtum gewesen! Für Hans Dietrich der Zeitvertreib

können) nicht inehr heben — Da — ein Mann will umsinken. Der Leutnant tritt neben ihn. Mit einem festen Griff hat Hans Dietrich v. Haffelt den Musketier gepackt. „Nur langsam, metn Junge. Es wird schon noch gehen!" Das Gewehr nimmt er ihm ab und tragt es, bis Gelegenheit fein wird, es wciterzugeben, damit es auf einem Wagen der Kompanie gefahren werden kann. Der Musketier, dessen verquollenes Gesicht keines Ausdruckswechsels mehr fähig ist, bat den befreiten Arm fallen lasten wie ein lebloses Stück Fleisch

. Aber er schleppt sich weiter. Und bergauf, bergauf und bergauf! Die ganze Welt ist ein undurchdringliches Gespinst von Staub und Sonnenglut. Da sinkt ein Musketier um und bleibt regungslos liegen. Da — ein zweiter, ein dritter. Hans Dietrich kanr^ sie nicht alle hochrütteln, und er weiß auch: es nützt nichts mxhr/-, Sie urüffen mit der notwendigsten Hilfe versorgt werden und warten/ bis die Wagen sie aufsammeln. Nun ist die Stunde für Christiansen da. Wie hat Hans Dietrich diesen dicken, blondhaarigen Mann

mit Achsel zucken gemustert, als er ihn in der Sanitätskolonne der Kompanie zuerst bemerkt hat! „Der macht zuerst von allen schlapp," hat er gedacht. Und nun? Hans Dietrich bittet ihm ab. Er hat noch nie etwas so Rührendes, etwas so beinahe Un begreifliches gesehen wie diesen dicken, blon den Sanitäter. Chri stiansen hat, als seine eigene persönliche Aus rüstung, ein Fahrrad milgebracht, dessen Außeres aus geheim nisvollen Ursachen dem seines Meisters sonderbar ähnlich ist: kurz und niedrig

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Illustriertes Sonntags-Blatt
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Seite 1 von 4
Datum: 07.10.1916
Umfang: 4
Sterben als ein tapfrer Held. Eine Kriegsnovelle von F. C. Oberg. (Fortsetzung.' er alte Freiherr nickte eifrig. „Stimmt! Besinne mich. Na, denn also man flink 'rüber zu Vollerts, Hinricb, und das Pastorat angeklingelt: Baron Hans Dietrich ist bier und möchte Baroneffe noch sprechen!" „Und bestelle," fiel Hans Dietrich ein In längstens drei Viertelstunden muß ich wieder fort. Morgen geht's in den . Krieg!" „Na, alter Junge, wir beide!" Die zitterige Hand des alten Herrn hob das Glas. 'Leise

Dietrichs Finger. Nun sah es wirklich aus wie Blut. Aber schnell schüttelte der junge Offi zier den Gedanken von sich ab. „Auf Deutschlands Ruhm und Sieg, Onkel Rochus!" Dann erzählte Hans Dietrich von dem Erlebnis des Vormittags, dem Be such des Prinzen beim Bataillon. Man kam auf die Weltlage, und der alte Herr — wie so viele sehr alte Leute erst ge sprächig bei seinen eigenen persönlichen Angelegenheiten — begann, über die durch die Mobilmachung entstandenen Ernteschwierigkeiten zu jammern. „Ja, kaum

hat man mal ein gutes Jahr und denkt, man kann die ver fahrene Karre noch wieder flott krie gen, da holen sie einem die Leute und Pferde vom Feld. Morgen kommt so genannte ,Hilfe^ aus der Stadt, irgend ein Student oder so was mit zwanzig oder dreißig Bengeln —‘ „Oho, Onkel Rochus!" Hans Dietrich lachte. „Unterschätze die nicht! Das sind meine Jungens! Du weißt ja, daß ich wahrend meiner Refe rendarzeit in der Jungdeutschlandsache gearbeitet habe. Nun haben die Bengel, die ich führte, nicht geruht

, bis sie zur Erntehilfe richtig nach Saatkamp kommen, weil sie wissen, es ist das Gut meiner Verwandten." Dann aber verschwand der fröhliche Ausdruck. Gequält und unruhig suchte sein Blick, wie oft zuvor, das Zifferblatt seiner an einem Riemen um das Handgelenk geschnallten Uhr. Wie unbarmherzig der Zeiger weiterglitt! Und Eva Marie kam nicht, kam noch immer nicht! „Wo nur das Mädel bleibt!" Der alte Herr klopfte nervös mit dem Finger auf den Tisch. Hans Dietrich war aufgesprungen. Sein braunes Gesicht färbte tiefer

. „Wenn du gestattest, Onkel Rochus — ich könnte vielleicht Eva Marie entgegengehen?" Das Eintreten Hinrichs ließ die Frage, deren gewollt ruhiger Ton nicht das beiße Drangen hatte verschleiern können, zunächst unbeant wortet. ' a „$um Kuckuck — ,wo bleibt meine Enkelin?!" herrschte der Freiherr den Diener an. „Verzeihung, Herr Baron: ich habe sofort bei Vollerts antelephoniert — Baroneß waren selbst am Telephon- Baroneß lassen sagen, Baroneß freuten sich sehr, Herrn Baron Hans Dietrich noch zu sehen, und ließen

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Unterinntaler Bote
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Seite 15 von 18
Datum: 17.06.1911
Umfang: 18
Hof gebrauchen." Sie wußte es, die Oberhofbäuerin, die Lisbeth war nicht allein hübsch, sondern auch tüchtig in Haus und Hof, und chr Vater keinen gesehen . . . Lisbeths Vater hatte gepoltert und gewettert, wobei ihn seine Frau eifrigst unterstützte. Wie sie meinten, hatten sie aber auch Grund dazu. Daß der Dietrich Felder, der Sohn einer armen Witwe, die Lisbeth gern sah, war ja weiter nicht schlimm, aber daß das Mädchen ihn auch gern hatte, war das Unerhörte bei der Sache. Ganz freimütig

hatte sie es den Eltern gesagt, als diese sie über das im Dorf umgehende Gerücht, daß zwischen dem Dietrich und der Müllers Lisbeth ein Einvernehmen bestehe, befragt. Noch hatte zwar Dietrich nicht mit ihr gesprochen, aber sie wußte, daß er sie liebte, und sie liebte ihn auch. Daß Dietrich arm wäre, meinte sie, könne doch nicht in Betracht kommen; er wäre brav und fleißig, das iväre doch die Hauptsache. Der Auto-Korso bei der Rückkehr vom Rennen in Paris, ausgenommen von der Höhe des „Arc de Triomphe ^tte ein schönes

Geschwistern Mlte sie aufs anmutigste. Da war sie mit einem Male ganz ver wert. Die frischen roten Lippen umspielte ein stilles, sinniges schein und in den blauen Augen- -leuchtete es wie eitel Glück. ^ dann war ein Tag gekommen, wie der Mühlengrundhof noch Brav und fleißig war der Dietrich, das wußten alle, aber diese Eigenschaften genügten Lisbeths Eltern nicht. Sie schämten sich, daß man den Namen der Lisbeth mit dem des armen Dietrich zusammen nannte, und sie hielten Rat, wie sie der Lisbeth

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Tiroler Wastl
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Seite 8 von 12
Datum: 16.04.1911
Umfang: 12
öffentliche FriJhnleichnahmsprozession abzuhalten. An dere katholische Herausforderungen der Bevölkerung folgten. Im Jahre 1592 würbe bereits eine Nieder lassung der Jesuiten in Paderborn gegründet. Mit dem Frieden der Stadt war es nun vorbei. Im Jahre 1596 begann Bischof Dietrich mit seinen Jesuiten den offenen Krieg gegen die fest an ihrem evangelischen Glauben haltende Bürgerschaft und die Stadtvertre tung. Man lud im selben Jahre die evangelischen Landlpastoren zu einer Besprechung

in die bischöfliche Residenz und verlangte von ihnen Abschwörung ihres Glaubens, widrigenfalls sie abgesetzt würden. Als sich diese entrüstet weigerten, wurden sie sestgenommen und eingekerkert. Ein Teil fügte sich, der andere wurde außer Landes gejagt. Das Paderborner Gebiet war in die Gewalt des Bischofs Dietrich von Fürstenberg und der Jesuiten geraten. Nur Paderborns trotzige Bürgerschaft und deren eisenfester Bürgermeister Libo rius Wichart widersetzten sich mannhaft den An schlägen der Römischen. Im Jahre

1604 hatte Wichart es schon dahin gebracht, daß Paderborn der evange lischen Lehre erhalten zu bleiben schien. Nun ging Bichos Dietrich zur Anwendung von brutaler Gewalt über. Unter Rudolf II. und M a t h i a s durfte man dies wagen. Ein heimlich unter Graf R i e t b e r g s Führung zusammengebrachtes Heer sollte Paderborn stürmen. Der Ueberfall fand am 23. April 1604 statt, wurde aber von dem tapferen Wichart blutig abgeschlagen. Bischof Dietrich nahm jetzt zu Verrat und Hinterhalt seine Zuflucht

, und dies gelang. Dietrich hatte im Stadtrate Paderborn einige Ver räter durch falsche Versprechungen gewonnen. Am 26. April schon fiel Paderborn durch schmählichen Verrat in Dietrichs Hände. Wichart wurde eingekerkert. Er hatte früher seine Feinde stets milde und hochherzig behandelt, so lange er Herr der Stadt war. Nun sollte er k a t h o l i s ch e F e i n d e s l i e b e kennen ler nen. Erst wurde er au den Pranger gestellt, wo er Tag und Nacht ohne auch nur Wasser zur Löschung des Durstes zu erhalten

r ein Stü ck aus gehängt. 18 Jahre ließ Dietrich diese Leichenreste seines Feindes hängen. Er hatte persönlich der Hin richtung Wicharts beigewohnt. Letzterer hatte ihm kurz vor seiner Abschlachtung zugerufen: „Nun komm, Bi s cho s Dietrich,, und trink Dich satt an dem 33Xut, nachdem Du so lange gedürstet hast!" — § 493 5t.-Pi.-0.: Der Staatsanwalt kann Paderborn war katholisch gemacht. Im Jahre 1611 wurden die protestantischen Schulen aufgehoben. Niemand durste getraut werden, der nicht früher k.lho

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Lienzer Nachrichten
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Seite 1 von 4
Datum: 17.06.1919
Umfang: 4
, »ge« che» mnv and pang i ;U* rain* tbcii ijtdjc ent* ruht t. ^ fcitetti Aerzehn Tage später wanderte der Dietrich mit feem selbst gewebten Stück Tuche rüstig und doch »ii köpfendem Herzen nach dem Poppelhofe. Als »vom Hause wegging, hatte er noch ein fröhliches Sieb gepfiffen, allmählich ward er stiller. Als er «j dem Hofe ankam, stand die Margreth gerade »der Tür und fütterte eine ganze Schar Hühner, He in unruhigem Äetue um sie herslatterten. Der fesherr, eine kräftige, gedrungene Gestalt im Millich

-Wams, die Mütze auf dem Ohre, kam eben As den Viehställen mit seiner Ehehälfte, der ber- Wguten Agnes, deren Gutheit sich auch aus allen hrm Mienen und Bewegungen herauslesen ließ. ist der Händler!" ries plötzlich Margreth, als ü den Dietrich erblickte, warf schnell allen Vorrat Aer die Hühner, setzte die Schüssel bei Seite, und fett ihm wohlgemut entgegen. Der Händler leichte ihr freudig erschrocken die Hand, während fe Auge die Seele Margrethens suchte. Flüchtig Hieb ihr Blick auf ihm ruhen

, doch hatte der Diet- »lh genug gesehen. „Seht mich nur nicht so scharf V bemerkte Margreth, „sonst kommt Ihr wieder ^ dem Handels-Konzept." Dabei lachte sie so Hdeutsam. Ueber das kam der Gutsherr herbei, ^ Mutter Agnes auch, reichten dem Händler die feb und dankten schön für die Dienste bei dem ^ande. Nun gingen alle ins Haus, und für den Sudler wurde sofort der Tisch gedeckt. Margreth IG bediente ihn. Erst spät kramte Dietrich seine Me aus. Das war ein Tuch, so schönes hatte Hi Poppelhos noch nicht gesehen

, und zwar in größeren Grup pen. Die Eltern werden rechtzeitig bezüglich des Tages der Untersuchung verständigt werden. Aus schlaggebend für die Ausnahme der Kinder ist de- — zum Verwundern. Nun gings ans Erzählen. Woher der Dietrich komme, wie es mit seiner Fa milie stehe, wie der Handel sich mache, und andere Neuigkeiten. — Alles wollte der Bauer wissen. Der Dietrich war nicht gerade in einer angenehmen Lage; so gern er auch sein heimatliches Haus mit dem Poppelhose verglichen hätte, seine Mutter mit der Frau

Agnes, und den Klaus in den Himmel gehoben, so dachte er doch, daß gerade Ehrlichkeit der sicherste Weg zum Respekt sei, und erzählte das Notwendige mit treuherziger Offenheit. Die Mar greth hat dabei gestanden und ist ein paarmal etwas rot geworden über der Erzählung, hat sich aber gar nicht gestehen wollen, warum. Den Diet rich aber hat sie mit ein paar gutherzigen, offenen Augen angeschaut, daß es diesem in der Seele wohl tat. Das war um so nützlicher, als der Dietrich nicht ohne einige Furcht

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Lienzer Nachrichten
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Seite 4 von 4
Datum: 17.06.1919
Umfang: 4
weiter. Dietrich bot <0000 Taler. „Ihn sitzen lassen auf dem Gebote!" Msterte einer der Kaufleute dem anderen zu; er kanns doch nicht bezahlen!" „Also 9000 Taler ein- Mall Niemand besser als 9000 Taler?" Der No- chrr rückte die Brille zurecht, lehnte sich in seinen Stuhl und besah sich den Dietrich mit einigem Be fremden. Der zitterte am ganzen Leibe vor inne rer Aufregung und der Schweiß stand ihm tropfen weise aus der Stirn. „9000 Taler einmal! 9000 Taler zweimal! Niemand besser als 9000 Taler?" Der Ausrufer

blickte um, ob niemand weiter biete. Den Dietrich überlies es kalt und warm, der Ma gister Kander trippelte aus einer Ecke in die an dere, Klaus stand leichenblaß in der Ecke, selbst die Bauern standen unruhig umher; nur die Kauf leute weideten sich schadenfroh an der Aufregung Dietrichs. „Also 9000 Taler einmal! 9000 Taler zweimal! Niemand besser als 9000 Taler!" — Eine bange Dause entstand, daß man das Herzklopfen Dietrichs hören konnte. — „9000 Taler dreimal!" Der Aus rufer schlug mit dem hölzernen

Hammer gewaltig auf den Tisch; der Notar blies das Licht aus, — der Kauf war geschehen. Dietrich atmete auf, eine Feuerglut goß sich ihm über das Gesicht, er drehte sich um zum Magister Kander, der ihn hertffckst be glückwünschte. Klaus war zu sehr aus dem Häus chen, als daß er sich hätte fassen können. „Nun, wie haltet Jhrs mit den Bedingungen?"" einem weit kleineren Interessentenkreis schon längst die Tore schließen. Daß man keine „kostspieligen Experi» mnte" macht, dafür haben eben gewissenhafte

Pllr den liquidierenden Nationalrat das Bezirkes Lienz: Ssiske. Für die d.-ö. Matertelvefwertungssft Innsbruck, Zweigstelle Lienz: Komm. Besdischek. geh tat „Habt Ihr auch fragte halb verblüfft der Notar, einen tauglichen Bürgen?" „Den besten!" rief Dietrich ftohlockend aus; „wenn die Herren einen Augenblick warten wollen, sollen sie ihn sehen!" „Und der wäre?" fragte mit einigem Grimme Herr Strik, den es bitter, ärgerte, daß der Weber sie sollte übertölpelt haben. — „Lieber Magister! nehmt

hier meinen Weber Franz mit und beeilt euch!" bat der Dietrich. Der Magister war mit dem Weber schon unter der Tür. „So, Herr Notar! nun setzen Sie den Kaufakt nur gleich aus; der Bürge wird sogleich da sein, und ich denke, Zeugen für seine Gültigkeit sind hinrei chend anwesend." Dümmer haben die vornehmen Herren nie dreingeschaut, als be so getaner Rede des Dietrich. Die Weber und Bauern aber hatten ein unmenschliches Vergnügen an dem Dietrich und drückten ihm die Hand ein über das anderemal. Bald darauf

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Unterinntaler Bote
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Seite 16 von 18
Datum: 17.06.1911
Umfang: 18
. „Wenn du den Dietrich fortschicktest, wäre das nicht weit besser? Er würde dann die Gegend verlassen müssen; denn auf den Höfen ringsum nähme ihn keiner." „Nee, Hanne, das geht aus zwei Gründen nicht: Erstens kann ich den Dietrich nicht missen; seit der Bernhard fort ist, habe ich keinen so fleißigen, ordentlichen Menschen gehabt wie den Dietrich, und zweitens wäre es eine Sünde, ihn brotlos zu machen, seine Mutter hat nur ihn allein, der für sie sorgt. Nein, laß es so, wie wir besprochen; wenn Lisbeth ein paar

nicht gewöhnt. So führten die beiden ein ganz behagliches Leben, und wenn der Dietrich nicht gewesen wäre, hatte es immer so bleiben können, wie es war. Ganz im Geheimen beobachtete der Onkel seine Nichte, und er kam zu der Ueberzeugung, daß es dem Mädchen mit seiner Liebe ernst sei. Es war Winter und wieder Frühling geworden. Mit dem Erwachen der Natur kam in Lisbeths Herz ein ge waltiges Sehnen nach Feld und Flur, nach der Weide, auf der die Kühe grasten, die sie alle so gut kannten und ihr wie treue

Hunde folgten. Was war dagegen das bißchen Grün, das man in den Stadtanlagen sah! Aber ungerufen durste sie nicht heim, und man rief sie nicht. Ihre Heiterkeit wich; ihre Augen wurden trübe. Noch öfter als bisher suchte sie in ihrem Herzeleid- Trost vor dem Bilde derjenigen, die ihren Kindern hilft, wenn es zu ihrer Seligkeit nützlich ist. Der Dietrich war, das wußte Lisbeth, auch ein eistiger Verehrer Ma riens; er würde sie auch um Hilfe bitten, und dem vereinten Flehen würde sicher Erhörung

einen Meter tiefer als der Fußpfad lagen. Und an dieser Stelle kam von der entgegengesetzten Seite ein Mann dem Müller mit schnellem Schritt entgegen. Und dieser Mann war Dietrich. Den Müller beschlich ein unangenehmes Gefühl; es war ihm peinlich, mit dem Dietrich gerade hier zusammenzutreffen. Er mochte nicht die Böschung herunterspringen, um 'dem Burschen auszuweichen, das kam diesem zu. Der Dietrich schien das aber nicht zu wollen. Einige Schritte vor ihm blieb er stehen und redete ihn an. „Gut

; Lisbeth hatte Heimweh; sie würde krank werden, vielleicht gar sterben. Er hatte schon gehört, daß man vor Heimweh sterben könne. Sein Herz zog sich zusammen; er sah Lisbeth, wie er sie zuletzt gesehen, vor sich, tief, tief traurig. Ja, da half nichts, da mußte sie nach Hause, und er mußte sehen, wie er ohne den Burschen fertig wurde. Aber wie, wenn die beiden mit einander einverstanden waren, woher wußte Dietrich von dem Heinrweh Lisbeths? Diese Frage beantwortete der Bursche, ohne zu zögern

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Illustriertes Sonntags-Blatt
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Seite 2 von 4
Datum: 04.11.1916
Umfang: 4
178 Es fährt in den Straßengraben hinein und fahrt wieder heraus. Es grenzt ans Rätselhafte, was dieses Rad und dieser Mann leisten. Mit welcher flinken Unfehlbarkeit sitzt jeder Griff von Christiansens kurzen und doch so flitzend geschickten Fingern! Wie unbegreiflich appetitlich seine Hände sind, trotz Staub und Schweiß! Wie lind, wie richtig, wie jeden Griff förmlich mit einer Art von Eleganz ausführend diese dicken, guten Hände ibr Werk tun! Hans Dietrich besiaunt ihn, segnet ihn, dankt

dem Himmel für ihn. Christiansen hat das Glas an die Augen gerissen und scharf zu einer jenseits der Äcker sich hinziehenden Landstraße hinübergeschaut. Da drüben wälzt es sich dunkel fort. Jedesmal, tvenn dem Blick eine Landstraße in der Ferne sich auf tut, findet er immer das gleiche: eine riesige, dunkle, sich im Staub fort wälzende Schlange. Wie oft in diesen Marschlagen hat Hans Dietrich dies Bild nun schon gesehen und sich gepackt gefühlt von diesem stummen Geschehen. Christiansen ist vom Rad

gesprungen. „Gestatten Herr Leutnant — da drüben marschiert eine Sanitätskolonne. Ich möchte meinen Vor rat ergänzen. Hab' keine Borsalbe und nicht genug Mullbinden mehr!" Hans Dietrich sieht ihn mit einem warmen Lächeln an. „Za, Christian sen, ^geben die Ihnen denn was?" Über das breite, gutmütige Gesicht des blonden Sanitäters fliegt ein verschmitztes Schmunzeln. „Ja, Herr Leutnant, ich geh' natürlich nicht zum Herrn Oberstabsarzt, zu meinen Kollegen geh' ich. Wir helfen uns gegenseitig immer aus! Darf

ich also 'rüber, Herr Leutnant?" Und kaum bat Hans Dietrich genickt, da sitzt Christiansen schon wieder drauf auf dem Rad. In den Straßengraben hinein und heraus und über den sonnenbegluteten Acker, als wäre das Brachland die glatteste Rennbahn. * * * Der Lichtkegel der Blendlaterne schneidet lange Dreiecke von Sicht barem aus dem Dunkel heraus. Scharf tasten die Blicke der drei Männer über die Dinge hin. Zuweilen trifft der Lichtstrom der Laterne gegen die hohe Schloß mauer und wird jäh gleichsam

Feldgelände erkennen. „Gut! Für eintretenden Fall ausreichender Rückzugswcg!" Sie gleiten am Innern der Mauer wieder herab, und ohne Hilfe der Blendlaterne finden sie den Weg zum Schlosse zurück. Es sind immer Peters und Mortensen, diese beiden sonderbaren Freunde — der eine ist Doktor der Philosophie und dient seit dem April einjährig, der andere ist ein einfacher Schuster, aber voller Witz und Humor —, die zu Extradiensten auch nach den schwersten Märschen sich melden. Nun steht Hans Dietrich allein

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Illustriertes Sonntags-Blatt
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Seite 1 von 4
Datum: 02.12.1916
Umfang: 4
Sterben als ein tapfrer Held. Eine Kriegsnovelle von F. C. Oberg. <Fortsetzung.> schmettert Hornistensignal. Hans Dietrich ist aufgesprungen. ^II^Mit ihm seine Leute. Donnernd erschallen die Hurra. V ^Hans Dietrich bat ein paar Sätze nacb rechts gemacht _ und sich gebeugt über eine verkrampft liegende Gestalt. Nur eines Herz schlags Zeit darf er sich nehmen, dem tief nach rückwärts gekrümmten Haupt in das Antlitz zu schauen, in ein erstarrt und fremd gewordenes Antlitz. Dann tasten Blick

das furchtbare Kugelprasseln von der Ecke her über die Straße. Hans Dietrich ist aufgesprungen aus dem Graben und wirft sich in tollen Sätzen hinein in den zischenden Wirbel von Blei. Sehen, wissen muß er, woher dies mörderische Feuer kommt. Wie von Zauber umschützt, durch den tausendfach pfeifenden Tod hindurch, bat er die Mauerccke erreicht. Da stößt cs ihn nieder. Rücklings ist er gestürzt. Aber er tastet noch — Halbleibs richtet er sich auf. Zwei Brave, die ihm gefolgt sind und den Gefallenen

zurückziehen wollen in die Deckungslinie, braucht er nicht abzuschütteln: sie liegen schon neben ihm, leblos der eine, und der andere, aufschreiend unter / tödlichem Lungen schuß, laut nach Wasser jammernd. Hans Dietrich kann ihm noch die Feldflasche an die zuckenden Lippen setzen. „Mein guter Peters!" Hat der es ge- bört? Seine Lippen sind schon erstarrt. Tot liegt er neben dem toten Morten sen, seinen: unglei chen Gesellen letzte Kameradschaft hal tend. Wankend hat Hans Dietrich sich vollends emporge

bracht. Aufrecht steht er. Ein blutender Klumpen, hängt ihm die Rechte nieder. Die Linke hat das Glas hochgerissen. Dann läßt er es sinken. Sein Kopf wendet sich zurück. Laut ruft sein Mund: „Rechts ausschwär men !" auf einem galizischen Bahnhof. Als die Meldung ausgenommen wird hinter ihm, ist Hans Dietrich v. Hasselt zum zweiten Male nieder gestürzt/ Er Hort nicht mehr, wie em entsetzliches Aufkrachen unmittelbar hinter ihm die Erde durchschüttert. Die Artillerie ist mit einem Geschütz aufgefahren

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Illustriertes Sonntags-Blatt
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Seite 1 von 4
Datum: 09.12.1916
Umfang: 4
). Schwerfällig, das verletzte Bein mühsam nachziehend, war Hans Dietrich v. Hagelt aus seinem Stuhl aufgestanden. „Lezen Sie, Herr v. Hastelt," bat der Kommerzienrat. „Mein Sohn gab es mir am letzten Abend — für Sie." Mit der Linken — die Rechte lag in der Binde — hatte Hans Dietrich den Uinschlag erbrochen. Langsarn wich die Farbe auö seinem Gesicht, während seine Augen über die wenigen Zeilen in des Toten vertrauter Schrift hinglitten. „Mein lieber Freunds Was ich Dir jetzt schreibe, wird Dir für den Fall

meines Todes eingehändigt werden. Als ein Gestorbener spreche ich also jetzt zu Dir, und das wird mich sichern vor einem Versuch von Dir, mir mit Ablehnung zu antworten. Hans Dietrich, Du bist, mit meinem Vater und Hedwig Rupert, mein nächster. Mensch. Unseren Nächsten und Teuersten aber »vollen »vir auch über unseren Tod hinaus verbunden bleiben, und das ein zige greifbare Mittel dazu ist, daß sie uns die Ehre und die Liebe er»veisen, in unseren irdischen Be sitz einzutreten. Hanö Dietrich, »nein lieber

Freund, gib diese Ehre und Liebe mir und nimm daö Vermächtnis des PrivatvcrmögenS, das ich von meiner teuren Mutter habe, von »nir an. Ich danke Dir, mein lieber Freund, für Deine Liebe. Dein Fritz Grob knecht." In »vortloser Er schütterung stand Ha»»s Dietrich, als er die Hand mit dem Briefblatt sin ken licß. Klar und warm traf ihn der Blick aus den Augen des Kommerzienrats. „Mein Sohn hat »nich von dem In halt des Schreibens in Kenntnis gesetzt, Herr v. Hastelt, und auch ich danke

und an seinen Schreibtisch getreten. Er entnahm einem der ; aller Hans Dietrich, sich schwerfällig auf einen Stock stützend, langsam Fächer einen versiegelten Briefumfchlag und trat damit auf seine»» dem Ausgang zuschritt. Gast zu. „ ! Ein milder Sonnenglanz legte eine sch»vermütige Schöne über alles. A. g. XIII.

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Lienzer Nachrichten
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Seite 4 von 8
Datum: 20.06.1919
Umfang: 8
. Der hatte noch kurz vorher seine brave Tochter mit der Moosburg in Wollheim gequält und ihr es dick auss Brot geschmiert, daß er nichts Sonderliches von dem Dietrich halte, weil er sich gar so wenig rühre. Auch hatte er wieder neue Freier ins Haus geschleppt, und die Margreth hat hin und wieder nachts die Kissen naß geweint. Da zog das Gerücht wie Heerrauch übers Land, was der Händler Dietrich für ein unmenschlich rei cher Kerl sei. und wie er die große Fabrik des Herrn Flaus gekauft und bar bezahlt

habe, und wie er jetzt auf großem Fuße lebe, nächstens Kutsche und Pferde halten und alle Fabrikanten von Woll- heim kaput machen werde. Dieses Gerücht fand seinen Weg auch nach dem Poppelhofe, mn so leichter, als man von der Liebe des Dietrich zu Margreth auch schon manches erzählt hatte. Der V.auer aus dem Poppelhose schaute gewaltig auf, wollte, was er hörte,, anfänglich nicht glauben mußte aber endlich, denn alle Welt bestätigte es. Aber warum kam denn der Dietrich nun nicht nack? dem Vovpelhose? Das wurmte

ihn und er hätte fast Lust gehabt, sich zum ersten Male in seinem Le hen selbst wegen begangener Torheiten die Leviten zu lesen. Die Margreth hatte Ruhe, aber die gute Margreth blieb auch selber ruhig und machte ^em Vater nicht den leisesten Vorwurf, auch als der Dietrich richtig über sechs Wochen ausblieb und während dessen kein Sterbenswörtchen von sich hören ließ. Der Bauer war mittlerweile selbst nach Wollheim gereist und hatte sich mit eigenen Augen überzeugt, und hatte nur Gutes vom Dietrich ver- nomnren

. mußte aber die Erfahrung machen, daß dieser nichts weniger im Schilde führe, als ihm nachzulausen. Auch als der Dietrich erfuhr, Mar- grethens Vater sei in Wollheim, suchte er ihn nicht auf. „Der Dietrich hat seinen Kopf", sagte der Bauer zu sich selbst, „und du Haft den deinen ge habt!^ Damit reiste er wieder nach dem Poppel hose. um vieles klüger, als er gekommen war. Um sein Kind, das Jahre lang in treuer Liebe dem Dietrich angehangen, tat es ihm sehr leid: denn daß der Poppelhof sich eigentlich

doch nicht recht zu dem kleinen Palaste in Wollheim schicke, der Dietrich nun wohl noch ein reicheres Mädchen haben könne, schien ihm ganz klar. „Du hattest den Händler nicht so vor den Kopf stoßen sollet warf die besorgte Mutter ein. Der Bauer B | die Schultern und ging mißmutig ins Feld. Nicht lange ist er fort, da kommt ein junger sÄ licher Mann rüstig hinter den Gartenhecken ha« schritten, auf den Poppelhof zu. Der bog links n den Torweg, sah sich nach allen Gegenden urnM sprang

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Illustriertes Sonntags-Blatt
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Seite 1 von 4
Datum: 16.12.1916
Umfang: 4
Sterben als ein tapfrer Held. Eine Kriegsnovelle von F. C. Oberg. < Fortsetzung und Schluß.) err v. Hasselt — da iss eilt Mißverständnis — ich weiß nicht —" T^Jn Meises Worten zitterte das Abnen, das sie plötzlich über- Vg fommen batte. „Sprechen Sie mit Eva Marie selbst, das ist das einzige! Sie ist hier. Wir machen Besorgungen. In der Rohrbekschen Konditorei ist es ganz still um diese Stunde — ich schicke Jbnen Eva Marie." Ganz atemlos batte Meise gesprochen. Hans Dietrich batte schon

eine Autodroschke herbeigewinkt. „Kommen Sie, Fräulein Meise!" Es war eine Stimme, wie Meise sie noch nie gehört batte. Tonlos fast — und doch voller Jubel. Gerade als das Bü- fettftäulein seinen Kopf in den Speisenaufzug hineinsteckte, um die Bestellung des einzigen Gastes hinabzurufen, tat sich die Eingangstür der Konditorei auf, und eine große, in tiefe Trauer gekleidete Dame trat ein. So schnell es mit sei nem verletzten Bein mög lich war, sprang Hans Dietrich auf. Sie standen sich ge genüber. Zwei Augen

paare fanden sich in einem Blick, der jedes Wort überflüssig machte. Ein Laut, wie ein Weinen und wie ein Jubeln, war aus Eva Maries Mund erklungen. Dann fühlte sie HanS Dietrichs Lippen heiß auf den ihren. Als Hans Dietrich den Weg zum Hünen grab einschlug, sah Eva Marie ihn besorgt an. »Es wird zuviel. Lieb ster !" Er schüttelte den Kopf. „Es geht herrlich! Nur mußt du micb ein wenig stützen!" Sie sah das Lächeln in seinen Augen und schmiegte ihre Schulter willig unter seinen ge sunden Arm

Mutter einge troffen sein würde, wollte sich das junge Paar in aller Stille zusammen geben lassen, und wenn dann Hans Dietrich wie der garnisondienstfähig sein würde, wollte Eva Marie mit ibm gehen, sich Pflichten im Dienst der Nächstenliebe suchend. Dies waren die Pläne für die nächste Zukunft — an die Zeit zu denken, in der Hans Dietrich sich unter des trcubewährten Vollertö Leitung in seine neuen Aufgaben als Herr von Saatkamp hinein arbeiten würde, schien jetzt, nun der Krieg

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Sterne und Blumen
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Seite 5 von 16
Datum: 15.02.1914
Umfang: 16
Ziel unter den auf den Zinnen erscheinenden Verteidigern, und auch den Geschossen der Feldschlangen erlag mancher Krieger. Als aber erst die „faule Grete" in Tätigkeit gefetzt wurde und unter dumpfem Donner ihre erste Kugel gegen Friesacks Mauern schleuderte, in die eine tiefe Lücke ge rissen wurde, da verließ den bis jetzt so vertrauensvollen Dietrich von Qnitzow seine Ruhe. -Tobend und fluchend trieb er seine-Mannewimmer wieder zum Kampfe an. „Putzt doch die Kana niere weg!" rief

>. und . Friedrich würde schon einen Sturm wagen können. -— . Dumpf ■ vor sich - brütend, saß. Dietrich. von Qnitzow in / seinem s, Gemach und dachte darüber, nach, w er sich Wohl- ani besten aus dieser bedrängten. Lage ret ten könne. Da wurde plötz lich dw Tür anfgerinen und herein stürzte mit schreckensbleichem Gesicht seine Gemahlin Elisabeth. • • ■ - : „Ö Dietrich," ries sie aus, „ergib dich dem Hohenzollern, so lange es noch Zeit ist! Besser ist es 'doch, gefangen zu Vas Sühnekreuz auf clem alten Frledbof

, seine stolze Freiheit und Unabhängigkeit zu wah ren, blieb ihm noch immer — die. Flucht! . - Die nächste Nacht schon, schien seinem Vorhaben gün stig. Dichte Wolken bedeck ten den Himmel, sodatz auch' nicht' ein Sternkein zu er-, blicken war. Inn Lager der! Feinde herrschte- die tiefste: Ruhe. Nur hin und wieder ertönten die Rufe der sich_■ gegenseitig ermunternden Wachtposten. Bewaffnet und nur von einigen Getreuen begleitet, ritt Dietrich aus einem Seitenpförtchen und den Burgberg hinab'. Leise

' auf dem gefrorenen Boden vorwärts. - schleichend -- und , hinter jedem Strauch und. Busch Deckung suchend, waren sie so bereits bis-mit ten ins feindliche Lager' gelangt. - ..Da, als sie'eben in eines breite Zeltgasse.. einbögen, kam um dieselbe Ecke eins erblicken und einen lauten' ..Posten. Die fremden Reiter l Warnungsruf ansstoßen, war das Werk einer SeknndT - Dietrich sah, daß ihn jetzt nur noch die -Schnelligkeit seines i Rosses retten könnte. Mit dem Nus: ..Vorwärts^ Leute, 3 «* Gefamtuöerncüt

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Unterinntaler Bote
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Seite 17 von 18
Datum: 17.06.1911
Umfang: 18
hatte sie ihre Sachen zusammengelegt; nur ein einziger Gedanke beherrschte sie: nach Hause sollte sie, nach ihrem lieben Mühlengrund, wo jetzt die Vögel um die Wette sangen, die Rosen blühten und der Mühlbach rauschte. War das nicht zu viel auf emmak? Am Abend dieses Tages legte noch ein anderer seine Sachen zusammen und bereitete sich auf eine Reise vor. Aber dieser machte ein gar trübseliges Gesicht. Dem Dietrich fiel der Abschied unge heuer schwer. Alles, was ihm von Kind auf bekannt und lieb war, mußte

stärker; es erhellte sekunden lang alles mit blendendem Licht. An Schlaf dachte Dietrich jetzt nicht, und als er nun Donnerrollen hörte, erhob er sich hastig. Und nun brach es plötzlich los. Fast in ununterbrochener Reihen folge zuckte Blitz auf Blitz; das Rollen des Donners schien kein Ende nehmen zu wollen. „Das gibt ein schweres Gewitter, Jesus, Maria, Joseph, be wahre uns!" Fast unbewußt hatten des Burschen Lippen es ge murmelt. Nun ging ein Brausen und Fauchen durch die Luft; der Birnbaum

vor dem Wöhnhause, das sah Metrich deutlich, neigte sich fast zur Erde, ein Rasseln und Prasseln folgte, und aus den Wolken ergoß sich eine Wasserflut, als wären die Schleusen des Himmels geöffnet worden. Rasch kleidete Dietrich sich an; man konnte nicht wissen, was mm folgte. Wenn das Mühlenwehr brach, wenn der Bach über feine Ufer trat, war der Hof mit allen, die darin waren, in Gefahr. Eine Überschwemmung hatte ja schon mal vor langer Zeit den Hof heimgesucht. Er trat wieder ans Fenster. „Gott stehe

oder von dem Bach. Aber es kommt mir schon bis an die Knöchel und es scheint fortwährend zu steigen. Sollen wir das Vieh ins Dorf treiben?" „Natürlich, man kann nicht wissen, wie das endet." „Erst die Kühe, dann die Pferde!" rief Dietrich den beiden - andern Knechten zu, während er zum Stalle hineilte. Schnell hatte Dietrich die Tiere von den Pfosten gelöst und trieb sie in langem Zuge über hm Hof. Das war kein leichtes Spiel; denn die Tiere weigerten sich, durch die Flut zu gehen, die mit jeder Sekunde stieg

die Lehmfachwand des Hauses durchbrochen und nun strömte es durch die Luken. Wie lange die Holzpfähle dem Anprall des Wassers trotzten, wer konnte das wissen? Dietrich hatte den großen Leiterwagen aus dem Karrenschuppen geholt und ihn vors Haus gezogen. Der Bursche schien mit über menschlichen Kräften zu arbeiten. Jetzt stand er auf einer Leiter und ließ sich Decken und Kleidungsstücke reichen, die er alle in den Wagen warf. ! „So, Müllerin, nun die Kinder und Sie, dann die Mädchen." Unten an der Leiter stand

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Illustriertes Sonntags-Blatt
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Seite 3 von 4
Datum: 04.11.1916
Umfang: 4
(c. 180). Plummer, teilen Wunderbegabung an jenem Abend zum zweiten Male bervorgetreten und nun schon längst eine bekannte und gebührend ge schätzte Tatsache war, batte Hühner gebraten — die Beute eines Iagd- zugö, den Oberleutnant Hermannsen, Grobknecht und Hans Dietrich unternommen. Das einzige, was ihnen vor den Schuß gekommen, waren die friedliehen Haushübner gewesen, durch diese Begegnung ihr Geschick als „Kochgeschirraspiranten" besiegelnd. Zwar hatten sie sich, aller Plümmerschen Kunst

spottend, als trostlos alte Jahrgänge erwiesen, über ihre mörderliehe Zähigkeit war dennoch eine bessere Labe gewesen uls „der blaue Heinrich", dieser dürrnmilchige Reisbrei, den die Feld küche für die Musketiere bereitet hatte. Die Kochfeuer hatten weithin geleuchtet, und vor dem Koffer, auf dem Major v. Prahl saß, hatte der Adjutant bäuchlings auf dem Erdboden gelegen, Befehle aufschreibend. Mit einem flücbtigen Lächeln ist Hans Dietrich weitergeschritten. Wie doch der Schalten des kleinen Wagens

bat. Hans Dietrich bat den Jnnenhof, den rückwärts das langgestreckte Herrenhaus und seitlich die niederen Wirtschaftsbaulichkeiten flankieren, überquert und das hohe Tor der Schloßmauer erreicht, das — wie er bei dem Einrücken der Kompanie im letzten Tagesschein gesehen — aus schöner, gußeiserner Arbeit besteht. Ihm war aufgefallen, daß jeder der beiden Torflügel in der Mitte verschlungene Initialen trug, und nun er das Tor wieder durchschreitet mit dem Wissen, zu welch grenzenloser Verlassenheit

heilen — vielleicht schon in dieser Nacbt! Hans Dietrich reckt sich auf. Fast bastig eilt er weiter, an dem Unter offizierposten draußen vor dem Schloßtor vorbei, hindurch durch das in abgründiger Stummbeit dunkel und tot daliegende Dorf und links die Weggabelung hinauf. „Herr Leutnant! Im Fort Bewegung. Auch spielt der Scheinwerfer über die Stellung der Feldwache!" Hans Dietrich liegt schon am Boden, daö Ohr auf die Erde gepreßt. Hört er wirklich etwas? Oder ist es der Takt seines eigenen Blutes

, der ihm im Ohr pulst? Aber nein — ganz schwach, ganz dumpf taktiert cs in der Erde. Es wird stärker — jetzt ist eö ganz deutlich. Es ist der Marschschritt ferner Kolonnen. Hanö Dietrich ist aufgesprungen. Knapp, halblaut kommt der Befehl. Die Radfahrer des Postens gleiten davon, ins Dunkel hinein. Und dann kommt es heran, rings ist das Dunkel durchhuscht von gleitenden Schatten. Straff, unbeweglich aber steht einer, daö Glas am Auge, die ferne Straßenbiegung unablässig im Blick, in gespannter Aufmerksamkeit

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Lienzer Nachrichten
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Seite 1 von 4
Datum: 03.06.1919
Umfang: 4
die assoziierten Staaten später unter-. Mander vornehmen. ' Fortsetzung.) Handel und Wandel. Von Adolf Kolping. ^ Dietrich ließ die Hand seines Bruders los, stand ] ä “f und schaute wieder zum Fenster hinaus. All B Fried und Frohmut war hin. Ja, das war He eine Seite seines Kummers, — die Mutter und Hr Bruder und die beiden so liebgewordene Ein- i Emsigkeit ihres Daseins, die sich immer fester j Endete auf einer soliden, materiellen Grundlage. | er hatte auch rwch ein anderes Leid. Das . ^tte er seinem Bruder

alles anvertraut, aber der gerade nicht in der Stimmung, derlei so auf- Mehmen, wie der Diettich es wünschte. Zwar !^te der Klaus wieder einzulenken, aber Dietrich für den Abend nicht mehr aufzuschließen. Achtmal maß er mit langen Schritten die Webe- griff dann nach dem Weihbrnnnen an der ^and, bezeichnet sich mit dem heiligen Kreuzzei- ^n, als ob er wolle schlafen gehen, ging dann ^er durch die Hintertür zum Garten hinein, in lc laue, sternenhelle Sommernacht. Der Klaus von Schmerz und Sorge ganz verwirrt

nicht sagen darf, läßt es durch- Diettich habe Unrecht. Daß es noch etwas in der Wett gab, was noch mehr Recht haben könne, als er mit seiner Mutter, fiel ihm weder im Wachen noch im Traume ein. Aergerlich trat er eine Weile herum, griff dann nach der Geldkatze, warf sie in der Schlafkammer uneröffnet in die Truhe und suchte Ruhe. Die war in der Nacht sein Erbteil nicht. Erst spät legte sich der Diettich auch zu Bette. Am anderen Tage war trübes Wetter zwischen den Brüdern. Dietrich wollte seinen Bruder

nicht noch mehr quälen, der Bruder wollte dem Dietrich nicht wehe tun. Die Mutter blieb völlig neuttal, weil sie von allem nichts wußte und noch nichts wissen sollte. Am Nachmittage nach dem Gottes dienste schlich sich der Dietrich zum Magister Kan- der, seinem freundlichen Lehrer. Der alte Mann hatte bereits schneeweißes Haar, aber jugendlich wollte er noch immer sein, und heilere Leute liebte er bis zum Tode. „Wie ists, Diettich! wollt Ihr den Unterricht wieder fortsetzen?" fragte der Alte und erbot

sich, Wenns sein müsse, wolle er ihm alle möglichen Kaufmannswissenschasten Mitteilen. Ein wenig eitel war Magister Kander schon. Dem Dietrich war es diesmal nicht ums Lesen, Schrei ben, Rechnen, ganze und gebrochene Zahlen zu tun, sondern um ganz andere Dinge. Der alte Magi blicken. Belgien schließt sich natürlich dem ra dikalen französischen Standpunkt an. Ame rika scheint Verhandlungen für nötig zu hal ten. Italien hat nur ein mittelbares Interesse, das sich auf die Rückwirkung bezieht

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Lienzer Nachrichten
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Seite 3 von 4
Datum: 17.06.1919
Umfang: 4
MikNZeitungsgewerbe seine Folgen haben. So Ende.' | ttmert, l recht ü ihm aber drau- ttb sab !tt ihm daW tft vei< iander» schaut« ölte er th aub ht an ckte de den« ganze« minie« ls m« cg $0« th Pak ich iM ade meiue ll. ni^ seilst ganß^ Mgeik Der Dietrich ist schon am anderen Tage wieder ms den Handel gegangen, und was er trieb, sagte a keinem Menschen, selbst dem Klaus nicht. Fin der und mürrisch ist er nicht geworden, denn jeden Argen ging er herzhaft in die Kirche, doch ernst «md gesetzt. Hatte sein Humor

auch Schaden gelit ten, seine fromme Rechtschaffenheit nicht im gering en. Ans Todschießen, ans Aufhängen — oder 3M eine andere zu nehmen, hat er nicht gedacht, «ber wohl, wie er es ehrlich anstelle, die Margreth W Hausfrau zu erwerben. Es dauerte eine gute Alle, und der Klaus hat währenddessen richtig A Schwägerin vergessen. V. Ar weiß. w-s er will — ist schon halb am Ziel. »Wie stehts mit der Flaus'schen Geschichte?" Agt^der Dietrich eines Abends seinen Bruder Aaus, als er eben sein Abendbrot genossen

und t»ie nachdenklich in der Weberei herumtrat. „Nun", nivrderte Klaus, „die Familie will die ganze Fa brik verkaufen, damit sie die Schulden bezahlen mn. Es hat dem Herrn Flaus noch eben ausgö- mten; aber wo er tot ist, sitzt die Familie tief in Dulden. Hätte der Hitzkopf besser an seinen ar- ^n Webern gehandelt, so dürfte die Sache besser sichen." „Lassen wir Gott im Himmel richten!" ^hnte Dietrich und ging schweigend auf und nie- Dem Klaus kamen allerlei Gedanken. „Du ^rst doch die Fabrik des Herrn Flaus

nicht kaufen Men?" warf er scherzend seinem Bruder U: den '% „Und wenn ich sie kaufte?" versetzte ernst m Dietrich, „wirst du dann aus diesem Häns- sM stehen?" „Nein!" sagte lachend der Klaus, »hier bleibe ich wohnen." Er meinte wirklich, sein hat einmal ein Kasehändler erfahren, daß' das Wort „Drama" auf Deutsch Handlung heißt. Er gmg dann hin und offerierte in einem Winkelblätt chen sein „Milch-, Käse- und Butter-Drama"! Eines Tages kam eine Krämerstochter vom Lande in die Stadt und trat dort in ein Kauf

Humor die Zügel schießen. Ihm reiht sich Felix Janoske mit einer ebenfalls humvorvollen Erzählung „Jogel im Lazarett" an, ferner Hans Bauer mit einer lustigen Betrachtung: „Sage mir, wie du aussteigst..." Der Herausgeber Paul Kel ler bietet eine politisch-satirische Fabel „Die Mai käfer". Der prächtige Wiener Roman von Anna Hilaria v. Eckhel: „Nanni Gschaftlhuber" nimmt Bruder halte ihn nur zum besten. „Wir können aber allen Bestellungen nicht mehr genügen," fuhr der Dietrich fort. „Was meinst

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