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Dolomiten
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Seite 21 von 24
Datum: 01.08.1994
Umfang: 24
eine Einheit und ist deshalb einmalig und nicht übersetzbar. Ich kann das Wort Mühlen (Mehrzahl von Mühle ) übersetzen, nicht hingegen den Namen Mühlen. Die einstige Wortbedeutung des Namens in teressiert den Sprecher nicht. V Auch die deutschen Siedler, die seit dem späten 6. Jahrhundert in unseren Tälern heimisch wurden, fragten nicht nach der Bedeutung der Namen vordeut schen Ursprungs, die von der alpenromanischen Bevölke rung verwendet wurden, son dern übernahmen einfach diese fremden Lautgebilde

schaft geschaffen, mit der das Namengut unlösbar verbunden ist. Weil die Namen nicht be deuten, sondern bezeichnen, wurden die Namen vordeut schen Ursprungs von den mit telalterlichen deutschen Kanz leien einfach so übernommen, wie sie das Volk aussprach. Das kann als zweite Eigenheit an den angeführten Beispielen Natz/Schabs/Staben beobach tet werden. Die Namensformen entwickelten sich nach mund artlichen Lautgesetzen. Dazu noch ein Beispiel: Außer im ale mannischen Gebiet (Schweiz, Elsaß, Baden

, Vorarlberg) wur den im oberdeutschen Raum vom 11. bis ins frühe 13. Jahr hundert die langen i, u und ü zu ei, au und äu verzwielautet. Im Gemeindegebiet von Kastel ruth, in dem die deutsche Spra che erst im späten 14. Jahr hundert allmählich vorherr schend wurde, konnte sich die ser deutsche Lautwandel nicht durchsetzen. Namen bedeuten nicht, sie bezeichnen Die deutschen Schreiber der Gegend sagten im 13. Jahrhun dert sicher nicht mehr min nü- wes hüs, sondern bereits mein neues Haus, aber keiner hätte

vordeutschen Ur sprungs im deutschen Munde entwickelten, erkennt man das Alter der deutschen Sprache in den Tälern unserer Heimat. Da der aus einem vorrömischen pierà .Sumpf 1 entstandene Na me Pflersch die Auswirkungen der althochdeutschen Lautver schiebung (p zu pf) erkennen läßt, muß die deutsche Sprache um 800 im Raume von Gos- sensaß vorherrschend gewesen sein. Dasselbe gilt für das aus voiTömisch Indica entstandene Intichen (d zu t, c zu ch), aus dem im Spätmittelalter der Na me Innichen wurde

. Der Name Säben (mundartlich Seebm) zeigt die Auswirkungen von zwei althochdeutschen Lautge setzen. Durch die Erstsilben betonung wurde aus dem vor deutschen Sabiöna ein Zwei silber - wegen der starken Be tonung der ersten Silbe schrumpfte der übrige Wort körper zu einer Silbe zusam men -, und gleichzeitig wurde das a durch das i der Folgesilbe zu einem geschlossenen langen e gewandelt, das mundartlich esprochen wird (die Schrei- ung mit -ä- ist etymologisch nicht berechtigt und führt zii einer falschen

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Schlern
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Seite 5 von 114
Datum: 01.08.1994
Umfang: 114
ausgegebenen Parolen; aber die deutschen Reaktionen auf die Wende in Italien sind vergessen oder verdrängt worden. 4 ) Dabei hatten die faschistischen Politiker um Dino Grandi, welche mit Zustim mung König Viktor Emanuels III. den Duce stürzten, ebenso vernünftig wie pa triotisch gehandelt, weil sie ihrem Land die Katastrophe ersparen wollten, in die Hitlers Krieg, schon damals erkennbar, führen mußte. 5 ) Auch waren Italiens Kö nig und Regierung zur Kapitulation berechtigt und zum Frontwechsel

(Mitte Ok tober 1943) genötigt; zumindest für erstere fanden sie in ihrem Volk, welches längst Frieden wollte, breite Zustimmung. 6 ) Wo die alliierten Truppen einrück ten, wurden sie als Befreier begrüßt. Aber das alles wird von vielen Deutschen eben heute noch ebenso verkannt wie im Herbst 1943, als mindestens 6000 italie nische Offiziere und Soldaten erschossen worden sind, weil sie ihrer rechtmäßi gen Regierung gehorchten und die Kapitulation vor der deutschen Wehrmacht verweigerten. 7 ) Statt

. 9 ) Aber der nun haßerfüllte Hit ler und seine ebenso unmenschliche Umgebung wollten „die Italiener“ bestrafen und, nach des Führers eigenen Worten, noch schlimmer behandeln als die Polen; vom Ärgsten ließen sie sich nur abhalten, nachdem Mussolini am 12. September 1943 von einem deutschen Kommandounternehmen „befreit“ worden war 10 ) und nach einigem Zögern wieder an Deutschlands Seite trat. Nicht nur im September 1943 setzten sich die Deutschen über das Selbstbestimmungsrecht der Italiener und über das Völkerrecht

I. L’Italia in guerra 1940-1943, tom. 2: Crisi e agonia del re- gime. Torino 1990. S. a. die ebenfalls um Unparteilichkeit bemühte, zusammen fassende Darstellung von Domenico Bartoli, L’Italia si arrende, Milano 1983. 7 ) Präzise Angaben über die von der Wehr macht an Italienern verübten Kriegs verbrechen enthält das Buch von Ger hard Schreiber, Die italienischen Mi litärinternierten im deutschen Machtbe reich 1943-1945 ..., München 1990. ") Josef Schröder, Italiens Kriegsaustritt 1943. Die deutschen

Gegenmaßnahmen im italienischen Raum: Fall „Alarich“ und „Achse“, Göttingen 1969 (auf brei tester, vom Verf. sorgfältig aufbereite ten Quellenbasis). - Aufgrund eigener Erfahrungen hat über das Ende der Achse unparteilich berichtet und geur teilt Friedrich-Karl v. Plehwe, Schick salsstunden in Rom. Ende eines Bünd nisses. Mit einem Nachwort von Gustav R. Hocke, Berlin 1967. Vgl. auch Enno v. Rintelen, Mussolini als Bundesgenosse, Erinnerungen eines deutschen Mi litärattaches in Rom 1936-1943, 1965

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Seite 8 von 114
Datum: 01.08.1994
Umfang: 114
faßtheit der italienischen und der deutschen Gesellschaft im Kriege erweist. Die Kirche war die einzige Institution, die auf allen Ebenen im Interesse der Bevöl kerung und besonders der Verfolgten zwischen Deutschen, Faschisten und Parti sanen vermitteln konnte und vielen Übergriffen entgegengetreten ist. Pius XII., der diese Hilfen initiiert und koordiniert hat, ist darüber auch zu einer nationalen Integrationsfigur geworden. Krieg, Partisanenkrieg und Bürgerkrieg, Verhaftungen, Deportationen

und Erschießungen (an die in den meisten nord- und mittelitalienischen Städten Ge denktafeln erinnern) mußten lange Schatten werfen und tiefe Ressentiments hin terlassen; so manche skeptische italienische Reaktion auf die Vereinigung der beiden deutschen Staaten im Jahre 1990 beruhte auf Erinnerungen an den Machtmißbrauch NS-Deutschlands. Zwar war auch im besetzten Italien zwi schen Deutschen und Nationalsozialisten unterschieden worden, vor allem weil es auch deutsche Diplomaten 211 ), Offiziere und Soldaten

gab, welche Härten des Krieges zu mildern und der Bevölkerung zu helfen suchten. * 21 ) Aber der Konfor mismus der meisten Deutschen und die Unterordnung der Wehrmacht unter Hit lers rassischen Totalitarismus hatten diese Unterschiede verwischt; nicht selten stellte die Propaganda der Resistenza die Deutschen insgesamt als Barbaren hin, welche seit tausend Jahren immer wieder Italien überfallen hätten. Solche Ressentiments sind vor allem in der linken Nachkriegskultur Italiens tradiert worden

„partitocrazia“ begonnen habe. 23 ) Die Mehrheit der Deutschen hatte in den fünfziger und sechziger Jahren wohl die politische Hegemonie der Democrazia Cristiana und die infolge der Politik Konrad Adenauers und Alcide De Gasperis wiederhergestellten offiziellen guten Beziehungen zwischen der Bundesrepublik und Italien erlebt 24 ); daß aber in Itali en die aus der Resistenza-Tradition schöpfende Linke kulturell dominierte, wur de kaum zur Kenntnis genommen. Auch weil diese die Kriegserinnerungen pole

: Zer störung Italiens. Hubert Jedin, Lebens bericht, hrsg. von Konrad Repgen, Mainz 1984, Kap. 10: Ein Jahr „Cittä aperta“ (1943-1944). Zu erinnern ist hier auch an die deutschen Offiziere, die mit dem Schutz von Kunstwerken be traut waren und dafür viel geleistet ha ben. Von Ludwig H. Heydenreich (da mals in Florenz) berichtet in diesem Zu sammenhang I. Origo, die ansonsten lei der nur wenig Gutes über die Deut schen in der Toskana mitzuteilen hat; Wolfgang Hagemann (damals v. a. in Verona tätig

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Seite 60 von 114
Datum: 01.08.1994
Umfang: 114
Der Reichsaußenminister war mit Rudolph Rahn als deutschem Botschafter bei der italienischen Regierung der Repubblica Sociale Italiana von Salb (RSI) vertreten, der zugleich auch Bevollmächtigter des Reichsaußenministers beim Oberbefehlshaber Südwest war. 1 ) Soweit die deutschen Befehlshaber in Italien, die für eine Zustimmung zur Kapitulation in Italien gewonnen werden mußten, um eine solche geltend zu ma chen. Erste Kontaktversuche zwischen den Alliierten und den Vertretern der deutschen

Wehrmacht bzw. der SS in Italien waren bereits 1944 erfolgt. Der Be vollmächtigte des Deutschen Reiches in der RSI, Rudolf Rahn, hatte zu jenem Zeitpunkt bereits zweimal einen Mittelsmann in die neutrale Schweiz gesandt, um mit den Alliierten Gespräche über eine Kapitulation der deutschen Streit kräfte in Italien aufzunehmen. Allen Welsh Dulles, der Chef des US-Geheimdien- stes „Strategie Service“ in Europa und persönliche Vertraute des amerikanischen Präsidenten Roosevelt

. 1 ) Diese drei stellten nicht nur die Kontakte zwischen den kriegführenden Par teien her, sondern leisteten in erster Linie die überaus schwierige Vorarbeit. Es galt nämlich, die deutschen Befehlshaber davon zu überzeugen, ihren Eid auf den Führer zu brechen und ihrem Gewissen zu folgen, nachdem das Schicksal von 800.000 Soldaten und Millionen von Zivilbevölkerung in ihren Händen lag. Es mußte ihnen zudem begreiflich gemacht werden, daß ihre Ausgangsposition den Alliierten gegenüber bereits so schlecht

war, daß sie keine Bedingungen mehr stellen konnten. Die Deutschen glaubten nämlich zunächst noch zum einen, aus einer gewissen, noch vorhandenen Position der Stärke heraus günstige und eh renhafte Bedingungen bei einer Kapitulation erhalten zu können, zum anderen, den Kampf gegen die Sowjetunion bzw. gegen den Kommunismus an westalliier ter Seite fortsetzen zu können. Tatsächlich fürchteten auch die hohen Militärs ei nen blutigen sowjetischen Rachefeldzug gegen die Deutschen. Die Angst vor der Roten Armee

sollte bei den Entscheidungen in den folgen den Kapitulationsverhandlungen eine wichtige Rolle spielen. Die Deutschen hat ten eine sich teilweise zu Endzeit-Stimmung steigernde Angst davor, der Roten Armee ausgeliefert zu werden. Vor allem die nicht-kommunistischen Kräfte in Italien (darunter vor allem die Kirche) hatten kein Interesse an einer Machtüber nahme der immer stärker werdenden kommunistischen Partisanenverbände. Es ’) Vgl. Waibel, Max: 1945. Kapitulation in Norditalien. Originalbericht des Ver mittlers

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Seite 32 von 114
Datum: 01.08.1994
Umfang: 114
Valentin Feurstein den Auftrag, Vorkehrungen für die Sicherung des Brenner-Übergangs zu treffen. Gauleiter Franz Hofer konnte es kaum erwar ten, daß die deutschen Truppen in Südtirol einmarschierten. Am 29. Juli drängte er Rommel, die Grenze endlich zu überschreiten. „Heute können Sie noch einen Spaziergang über den Brenner nach Italien machen, morgen werden Sie sich den Übergang erkämpfen müssen.“-”) Rommel machte ihm aber klar, daß er ohne Be fehl das Üntemehmen nicht anlaufen lassen könne. Doch zwei

Tages lief unter dem Stichwort Rosenmontag das Unter nehmen Achse an. Den Deutschen gelang es, die Italiener innerhalb weniger Stunden zu entwaffnen. Widerstände kamen nur vereinzelt vor. Franz Hofer be schwor nun Hitler in einem Telegramm, Südtirol sofort dem Deutschen Reich einzuverleiben. Reichsleiter Martin Bormann gab ihm aber zu bedenken, daß Deutschland nicht „ein gebrochenes Versprechen mit einem anderen gebrochenen Versprechen vergelten“ könne.- 4 ) Bormann folgte hier freilich

nicht den Geboten der Moral, sondern den Schlüssen einer eiskalten Staatsräson. Berlin befaßte sich bereits mit dem Gedanken, in Italien eine neue faschistische Regierung zu instal lieren. In Deutschland hielten sich damals die Faschisten Renato Ricci, Vittorio Mussolini, Alessandro Pavolini und Giovanni Preziosi auf. Diese Männer mach ten eine politische und militärische Zusammenarbeit mit dem Deutschen Reich von der Zusage abhängig, daß die „nationale Einheit und Souveränität Italiens“ wiederhergestellt

zustande. Wo sollte nun diese neue faschistische Regierung ihren Sitz haben? Die Deut schen faßten zunächst Belluno ins Auge. Aber Mussolini wollte von Belluno nichts wissen. Er hätte sich gerne in Bozen oder in Meran niedergelassen. Doch die Deutschen meinten, daß ein Regierungssitz „im deutschen Sprachgebiet mit Sicherheit Anlaß zu unerwünschter Diskussion Südtirol-Problem geben wür- 2 ") Akten zur deutschen Auswärtigen Poli tik, Serie E, VI, 298; Dolomiten Nr. 30 v. 29. 7. 1943. ’■) Hitlers

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Seite 59 von 114
Datum: 01.08.1994
Umfang: 114
Margareth Lun Der Zusammenbruch 1945 Das Vorspiel zum Ende in Italien Das Vorspiel zur Kapitulation der deutschen Streitkräfte in Italien besteht aus einem äußerst komplexen Nebeneinander von zum Teil nicht koordinierten Ver handlungen zwischen den Alliierten und den deutschen Befehlshabern in Italien einerseits und zwischen dem Italienischen Befreiungskomitee CLNAI (Comitato di Liberazione Alta Italia) und den deutschen Befehlshabern andererseits. Die Kapitulation der 800.000 Soldaten

betroffen sein. Zum besseren Verständnis scheint es notwendig, sich den Stand des Frontver laufs zu Beginn des Jahres 1945 zu vergegenwärtigen, als erste Kontakte mit den Alliierten geknüpft wurden. Die militärische Lage des Deutschen Reiches hatte sich seit 1943 zunehmend verschlechtert. Bei Aachen standen die Alliierten be reits auf deutschem Boden. An der Ostfront war Ostpreußen bereits überrollt, und die Rote Armee drang nach Schlesien, Pommern, Ungarn und in die Slowa kei vor. In Jugoslawien

waren Titos Partisanenverbände erfolgreich. In Italien verlief die Front bereits südlich von Bologna. In dieser Situation entwickelte sich im Oberkommando der deutschen Streit kräfte in Italien die Bereitschaft zu direkten Verhandlungen mit den Alliierten. Daß Teilstreitkräfte in einem Krieg Separatverhandlungen ohne Wissen und ohne Zustimmung der militärischen und politischen Führung beginnen, stellt für die Akteure bereits ein äußerst schwieriges Unterfangen dar. Im konkreten Fall bedurfte

es dazu aber erst einmal des Konsenses aller deutschen Befehlshaber auf der italienischen Halbinsel - eine sehr komplizierte und riskante Angelegenheit. Denn gerade hier wurde das im nationalsozialistischen Machtbereich geltende Divide-et-impera-Prinzip, mit durchwegs verschwommenen Kompetenzabgren zungen und aufgesplitterten und zum Teil sich überlappenden Machtbereichen, wirksam. An der Spitze der Deutschen in Italien stehen fünf Personen, die zum Teil Hit ler direkt, zum Teil Himmler untergeordnet

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Seite 76 von 114
Datum: 01.08.1994
Umfang: 114
Aufgefallen dürfte er vor allem durch seine Artikel, die seit dem 25. Juli im „II Brennero“ veröffentlicht wurden, sein. 20 ) Bertolini wurde mit großer Zustimmung durch die Anwesenden zum Präfekten bestellt. Bevor dieser aber akzeptierte, verlangte er von Hofer die Versicherung, daß jedwede Gewalt von den deutschen Truppen gegenüber der Bevölkerung unterbleibe und die Rechtsstaatlichkeit strikt eingehalten werde. 21 ) Die Ansprache Hofers hatte vollen Erfolg, dabei stimmen die Trentiner

setzte Hofer Bertolini, in Anwesenheit der Funktionäre und Angestellten der Präfektur, der Provinzverwaltung, der Quästur und der wirtschaftlichen Verwaltung, im Saal der Landesregierung offiziell als kommissarischen Präfekten der Provinz Trient ein. Zugleich bestellte er den Beam ten Kurt Heinricher als deutschen Berater des Trentiner Präfekten. 24 ) Dr. Heinricher war der starke Mann des Trentino. Er wurde 1911 als Sohn eines k. u. k. Beamten in Trient geboren. Nach dem Kriegsausbruch mit Italien

zog die gesamte Familie nach Galizien, wo sein Vater den Wehrdienst leistete. Erst 1919 zog die Familie wieder zurück nach Südtirol. Nach dem Studium der Rechtswissenschaft war er als Akti vist beim „Völkischen Kampfring Südtirol“ politisch tätig. 1940 wurde er an die russische Front geschickt und kehrte 1941 schwer verwundet wieder nach Südtirol zurück. Aufgrund seiner hervorragenden Italienischkenntnisse sandte ihn Gauleiter Hofer 1943 als deutschen Berater nach Trient. 25 ) Am Nachmittag

desselben Tages erschien die neue Tageszeitung „II Trentino“ mit dem ersten Aufruf des neuen Präfekten de Bertolini an die Trentiner. Bertolini erklärt darin die Errichtung der Operationszone allein durch die mi litärische Situation bedingt und ruft die Bevölkerung auf, mit den Deutschen zu sammenzuarbeiten. Er selbst sieht seine Stellung als Vermittler zwischen Trentiner Bevölkerung und den deutschen Machthabern. Er spricht von einer Übergangssitua tion „bis zum Endsieg der deutschen Waffen“. Der Aufruf

. In einem Brief an Bertolini weist er auf die Tradition des „Irredentismo“ hin und auch auf die Gefahr, die eine Zusammenar- 2 “) In: „II Popolo Trentino“, 10. Jänner 1948. 21 ) Vadagnini, 1978. S. 114. 22 ) Anna Maria Lona: Alpenvorland - am- ministrazione, societä e resistenza nel Trentino. In: Venetica - Rivista di storia delle Venezie. Abano Terme, 1984. S. 137-57. Bertolini wurde wegen Kolla boration mit den Deutschen angeklagt. Er wurde übrigens freigesprochen. 23 ) Aussage Frau Heinrichers gegenüber

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Seite 82 von 114
Datum: 01.08.1994
Umfang: 114
Vordringen und diese Information den deutschen Stellen weiterleiten. Der Tag, an dem die deutschen Machthaber zuschlugen, sollte bald kommen: Es war der 28. Juni 1944. 28.Juni 1944 Am Abend des 27. Juni beginnt am Sitz der SS Trient unter dem Kommando des SS-Oberleutnants Sigfried Hölzl eine großangelegte Aktion gegen den Trentiner Wi derstand. Die gesamte Aktion wurde schon vorher in Bozen geplant, und 50 Mann, zum guten Teil Offiziere und Unteroffiziere und zahlreiche Südtiroler (vom SOD

und bei den Verhören schwer gefoltert. Man wollte von ihm, dem Chef des CLN Trient, alles über die Organisation des Widerstandes und seine Verbindungen zum Ausland wissen. So vergingen einige Tage schwerster Folterungen. Als er am 7. Juli neuerlich verhört wurde, stieß er den Wächter beiseite und sprang aus dem Fen ster des dritten Stockes. 51 ) Der blutige Vorfall vom 28. Juni belastete die Zusammenarbeit zwischen den deutschen Behörden und Trentinern sehr, besonders die Beziehung zwischen Berto- lini

und Heinricher. Ereignisse im Fleimstal Ende April kapituliert die deutsche Wehrmacht in Italien (tritt am 2. Mai in Kraft). Der Krieg ist demnach schon zu Ende, als es noch am 2., 3. und 4. Mai im Fleimstal zu blutigen Zusammenstößen zwischen Partisanen und sich nach Südtirol zurückziehenden deutschen Truppen kommt. Diese Ereignisse zählen zu den blutig sten des ganzen Krieges. Hier kurz der Ablauf der Ereignisse nach Agostini und Radice: 3. Mai: Gegen 13.30 Uhr treffen in der Nähe der Ortschaft Miravalle

di Capriana ein VW des Roten Kreuzes, besetzt mit drei bewaffneten Deutschen, und zwei Parti sanen auf einem Motorrad aufeinander. Die Deutschen eröffnen das Feuer und tö ten einen Partisanen (einen gewissen Franz Kolmann, vermutlich deutscher Deser teur). Der zweite verschanzt sich und erwidert das Feuer. Vom Cembratal treffen weitere deutsche Laster ein. Diese werden von der Partisanenbrigade „Battisti“ attackiert. Die deutsche Abteilung wird aufgerieben, 50 Soldaten werden von den Partisanen

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Seite 61 von 114
Datum: 01.08.1994
Umfang: 114
lag in ihrem ausgesprochenen Interesse, die Kampfhandlungen so schnell wie möglich zu verkürzen. Eine Hinauszögerung des Kampfendes spielte nur den ita lienischen sowie den jugoslawischen Kommunisten in die Hände. Die konkreten Verhandlungen zwischen den Alliierten und den Deutschen be gannen im Frühjahr 1945. Am 8. März 1945 fand in Luzern ein erstes Treffen zwi schen Gero v. Gaevernitz, dem ersten Sekretär von Allen W. Dulles, und Karl Wolff statt. Um seine ernsten Absichten zu bezeugen

, forderten die Alliierten von Wolff die Freilassung des Partisanenführers Ferruccio Parri, der in Verona in Ge stapohaft war, sowie des Widerstandskämpfers Antonio Usmiani. 4 ) Parri wurde 1945 italienischer Ministerpräsident. Mit Appellen, Drohungen und Versprechungen versuchten die Alliierten, die deutschen Oberbefehlshaber in Italien aus dem nationalsozialistischen System herauszulösen und zur Kapitulation zu bewegen. Bis zum April 1945 spitzte sich die Lage des Deutschen Reiches dramatisch zu. Hitler

hatte befohlen, alle Verkehrs-, Nachrichten-, Industrie- und Versorgungs anlagen zu zerstören, um sie nicht den Alliierten überlassen zu müssen. Die So wjets starteten von der Oder-Neiße-Linie aus einen Großangriff. Königsberg und Wien wurden von der Roten Armee erobert. Der Endkampf um Berlin hatte be reits begonnen. Im Westen standen die Amerikaner bereits bei Mainz. Zu „Führers Geburtstag“ am 20. April bombardierten amerikanische Kampf flugzeuge das Hauptquartier der deutschen Heeresgruppe

C im venezianischen Recoaro in unmittelbarer Nähe zur Grenze der Operationszone Alpenvorland. 5 * ) Zugleich hatten die Alliierten an der italienischen Front einen Durchbruch er zielt. Die 14. deutsche Armee mußte beim Rückzug über den Po große Verluste hinnehmen. Die Front war in einzelne Kampfgruppen zerstückelt. Gleichzeitig wurden die deutschen Sicherungskräfte im Hinterland in ständige Kämpfe ge gen Partisaneneinheiten verwickelt. Bei den an deutscher Seite kämpfenden ita lienischen Verbänden setzte

ein Auflösungsprozeß ein. 8 ) Durch ihr eigenmächtiges Handeln setzten sich die deutschen Befehlshaber großer Gefahr aus. Vor allem mußten sie ständig die Entdeckung durch das Spit zelnetz Ernst Kaltenbrunners, des Höchsten Chefs der Gestapo und des SD, fürchten. Tatsächlich sammelte Kaltenbrunners Dienststelle belastendes Materi al gegen Wolff. 7 ) Aufgrund Kaltenbrunners Informationen forderte Himmler Wolff mehrfach auf, zur Berichterstattung nach Berlin zu kommen. Wolff erklär te sich aber für unabkömmlich

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Seite 74 von 114
Datum: 01.08.1994
Umfang: 114
zwischen zwei und drei Uhr werden die Kasernen von deutschen Einheiten attackiert. Überall ergibt sich die gleiche Vorgangsweise: Die Kasernen werden um stellt, der Befehl, sich zu ergeben, erteilt und bei Nichtbeachtung das Feuer eröff net. Der Widerstand ist gering, zu unvorbereitet steht man den Angriffen gegenüber. Außerdem stehen nur wenige Waffen zur Verfügung: Nach einem Bombenangriff am 2. September wurde ein Teil des Gerätes weggeschafft. Wenn es Widerstand gibt

Sicherheitsmaßnahmen ergriffen hat, und man betont: „Die Deutschen sind keine Feinde des italienischen Volkes.“ Gezeigt werden soll folgendes: Wer die Anweisungen der deutschen Auto rität befolgt, braucht keine Angst zu haben. Die Befehle sind folgende: Streikverbot, Warnung vor Revolte und Verschwörung und Verbreitung falscher Meldungen. Bei Nichtbeachtung droht die Todesstrafe. Die geflohenen italienischen Soldaten haben sich bis zum 10. September um 10 Uhr bei den deutschen Stellen einzufinden

. Wenn sie dieses Datum verstreichen lassen, haben sie keine Gnade zu erwarten. 10 * 12 ) So ist die Ausgangslage im Trentino Verunsicherung und Chaos: Zuerst die Fa schisten vom König entmachtet, dann 45 Tage lang falsche Ruhe und schließlich die vormals verbündeten Deutschen als Besatzer im Land. 2. Die Errichtung der Operationszone Alpenvorland Mit Befehl vom 10. September 1943 ordnete Hitler die Errichtung zweier Opera tionszonen im nun von deutschen Truppen besetzten Italien an. So errichtete

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Seite 33 von 114
Datum: 01.08.1994
Umfang: 114
. 3 ") Den Duce und seine Regierung in Salö umgab er mit Ratgebern, die bei Entschei dungen ein gewichtiges Wort mitzureden hatten, ja oft eigenmächtig bestimmten, was zu geschehen hatte. 31 ) Diese Verfügungen nahm der Londoner Sender zum Anlaß, um die Nachricht zu verbreiten, daß die Provinzen Bozen, Trient und Bel luno an das Deutsche Reich angeschlossen worden seien. Mussolini verlangte von der deutschen Reichsregierung, daß sie diese Meldung dementiere. 32 ) Das tat sie auch, aber nur mit dürren Worten

und wenig überzeugend. 33 ) Es scheint ziemlich sicher, daß Hitler daran dachte, Südtirol nach dem Krieg dem Deutschen Reich einzuverleiben, ja sogar die Grenze bis Venetien vorzuschieben. 34 ) Aber eben erst nach dem Krieg. Vorerst mußte er Rücksicht nehmen auf das Prestige und auf die Empfindlichkeiten des neufaschistischen Italien. Daher gab er Gauleiter Hofer Abb. 2: Generalfeldmarschall Erwin Rommel am 11. September 1943 in Kaltem Verein für Kultur und Heimatpflege Kaltem 2 “) Telegramm

Nr. 9 v. 15. 10. 1943 des Ge sandten Rahn an das Außenamt, zit. nach Stuhlpfarrer, Operationszonen, 76. 2 ") Text der Verordnung bei Stuhlpfarrer, Operationszonen, 272-274 u. bei Agosti- ni, Trentino, provincia del Reich, 183 bis 185 sowie in den Akten zur deutschen Auswärtigen Politik, Serie E VI, Doku ment Nr. 311, 533-535. 30 ) Ebda, 533. ”) Collotti, L’amministrazione tedesca dell’Italia occupata, 100; Akten zur deutschen Auswärtigen Politik, Serie E, VII, Dokument Nr. 39, 71-73. 32 ) Akten zur deutschen

Auswärtigen Poli tik, Serie E, VII, Dokument Nr. 24, 49; Anfuso, Da Palazzo Venezia al Lago di Garda, 378. 33 ) Ebda,; Latour, Südtirol und die Achse Berlin-Rom, 118; Toscano, La contro- versia tra Salö e Berlino per l’occupa- zione nazista, 8; De Felice, Die Südti rolfrage in den italienisch-deutschen Beziehungen 1938-1945, in: Innsbruck- Venedig, 380. 34 ) Toscano, La controversia tra Salö e Ber lino per l’occupazione nazista, 7-13: Mo- ellhausen, La carta perdente, 390.

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Seite 4 von 114
Datum: 01.08.1994
Umfang: 114
Rudolf Lill NS-Deutschland als Besatzungsmacht in Italien Die Jahre 1943-1945 markierten den absoluten Tiefpunkt der deutsch-italie nischen Beziehungen. Nicht nur wurden Verbündete zu Gegnern, die Deutschen zu Okkupanten. 1943 manifestierten sich darüber hinaus die Unterschiedlichkeit von Faschismus und Nationalsozialismus sowie deren Hintergrund: die Unter schiedlichkeit des politischen Denkens und Handelns von Italienern und Deut schen. Der Faschismus brach aus seinem Inneren zusammen

, als die militärische Niederlage sich abzeichnete und die Italiener ihm den schon seit 1938/40 ge schwächten Konsens vollends entzogen: Abgesehen von einer radikalen Minder heit, die sich nun eng an die Deutschen anschloß und diese an Brutalität manch mal noch zu übertreffen suchte, resignierten die faschistischen Führer, offenbar auch Mussolini selbst. Ganz anders Hitler und seine Paladine: Der Nationalsozia lismus setzte nun erst recht auf Krieg und Terror, dazu auf die immer noch vor handene Bereitschaft

der meisten Deutschen zur Befolgung staatlicher Weisun gen. Die meisten Italiener erwiesen sich als realistisch, auch als human; sie rette ten, was noch zu retten war, sowohl die Kontinuität ihres Staates wie das Leben der meisten, nun erst direkt bedrohten Juden in ihrem Land, denn deren Depor tation begann erst nun, nachdem NS-Deutschland die Macht über Mittel- und Norditalien ergriffen hatte: Am 16. Oktober 1943 wurden über tausend römische Juden verhaftet und in den folgenden Tagen nach Auschwitz

deportiert. 1 ) Die Deutschen kämpften weiter bis zur totalen Niederlage; die meisten von ih nen haben nie verstanden, daß sich in und für Italien aufgrund der von den Italie nern selbst heraufgeführten Wende schon in den Jahren 1943-1946 neue, zumin dest teilweise zur Demokratie hinführende politische Konstellationen sowie zunächst eine günstigere Position gegenüber den Siegermächten ergeben hatten. Aber diese Tiefendimension der damaligen Entzweiung ist in der deutschen Historiographie und Publizistik

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Seite 7 von 114
Datum: 01.08.1994
Umfang: 114
war. Dazwischen hatte sich bekanntlich am 20. Juli 1944 das Attentat der Offi ziere gegen Hitler ereignet: Nach seinem Scheitern wußte jeder urteilsfähige Be obachter, daß ein Sturz des Führers aus eigener deutscher Kraft nicht mehr zu er warten war. 17 ) In Italien zogen sich die deutschen Truppen auf die von Viareggio über den Apennin bis Rimini verlaufende „Goten-Linie“ zurück, die sie im wesentlichen bis zum April 1945 gehalten haben. Mussolinis Republik war infolgedessen seit dem Sommer

1944 auf die Gebiete nördlich dieser Linie beschränkt. Daß sie sich nur infolge der drückenden deutschen Besetzung noch halten konnte, mußte bei den Antifaschisten und den Gegnern der Allianz mit Deutschland, aber auch bei vielen eigentlich unpolitischen Italienern zusätzliche Abneigung gegen Deutsch land bewirken. Aber Italien wurde eben seit dem Herbst 1943 nicht nur, wie so oft in seiner früheren Geschichte, zum Schlachtfeld fremder Armeen. Auf die Ge waltmaßnahmen der Deutschen

und Städten Nord- und Mittelitaliens bereits antifaschistische Präfekten und Bürger meister! Die Deutschen reagierten, solange sie konnten, mit Repressalien, auch gegen die Zivilbevölkerung, von denen nicht nur die beiden schlimmsten unvergessen sind: im März 1994 die Erschießung von 335 Geiseln in den Fosse Ardeatine bei Rom als Vergeltung für ein freilich ebenso unmenschliches kommunistisches At tentat auf eine deutsche Polizeikolonne, bei dem im Zentrum der Hauptstadt dreiunddreißig Männer getötet

Kontinuität; auch dies ein Faktum, welches die unterschiedliche Ver- ”) Vgl. Rudolf Lill/Heinrich Oberreuter (Hrsg.) 20. Juli. Porträts des Wider stands. Düsseldorf/Wien 1994. '") Über die Auswirkungen von Krieg, Par tisanenkrieg und deutschen Repressa lien und über die Reaktionen der toska nischen Landbevölkerung hat zuletzt eindrucksvoll berichtet Iris Origo, Tos kanisches Tagebuch 1943/44, Kriegsjah re im Val D’Orcia. Aus dem Englischen übersetzt von Uta-Elisabeth Trott, München 1991 (zuvor engl

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Seite 36 von 114
Datum: 01.08.1994
Umfang: 114
gen bei allen Behörden schriftlich und mündlich in seiner Muttersprache Vor bringen. 5 ”) Konsequenterweise war auch das Verordnungsblatt des Obersten Kommissars der Operationszone Alpenvorland zweisprachig. Mit Verordnung vom 17. September 1943 ermächtigte Hofer die Gemeinden der Provinz Bozen, „neben den derzeitigen italienischen Ortsbezeichnungen auch die vor deren Ein führung gebräuchlichen deutschen Ortsbezeichnungen zu führen“. Die Umbenen nung von Straßen und Plätzen war sogar

ausdi'ücklich verboten, es sei denn, die Bezeichnung diente der „Ehrung jener Personen oder Familienangehörigen, die für den Verrat des italienischen Königshauses und der Regierung Badoglio die Verantwortung“ trugen. * 51 * * * ) Die italienischen Schulkinder konnten weiterhin itali enische Schulen besuchen. Für die deutschen Kinder wurden im Herbst 1943 deutsche Schulen eingerichtet, die den Kindern der Deutschlandoptanten wie je nen der Italienoptanten und Nichtoptanten offenstanden. ~) Keine Kompromisse

, die vom Reich in die Operationszone fah- M ) Verordnung Nr. 2 v. 19. 9. 1943, in: Ver ordnungsblatt Nr. 1 v. 27. 9. 1943. 51 ) Verordnung Nr. 9 v. 27. 9. 1943, in: Ver ordnungsblatt Nr. 1 v. 27. 9. 1943. ;,s ) Bozner Tagblatt Nr. 11 v. 24. 9. 1943; Sailer, Schule im Krieg, 128-135. M ) Gatterer, Im Kampf gegen Rom, 774; Agostini, Trentino, provincia del Reich, 55; Verordnung Nr. 11 v. 30. 9. 1943, in: Verordnungsblatt Nr. 2 v. 4. 10. 1943. M ) De Felice, Die Südtirolfrage in den ita lienisch-deutschen

Beziehungen 1938 bis 1945, in: Innsbruck-Venedig, 391. 5ä ) De Gara, L’occupazione tedesca della „Zona di Operazione delle Prealpi“, 30; De Felice. Die Südtirolfrage in den ita lienisch-deutschen Beziehungen 1938 bis 1945, in: Innsbruck-Venedig, 376. Anm. 99. * 6 ) Rahn an das Auswärtige Amt am 19. 10. 1943, in: Akten zur deutschen Auswärti gen Politik, Serie E, VII, Dokument Nr. 50, 86 f., Stuhlpfarrer, Operationszonen, 104. K ) Verordnung Nr. 13 v. 3. 10. 1943, in: Verordnungsblatt Nr. 2 v. 4. 10. 1943

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Seite 6 von 114
Datum: 01.08.1994
Umfang: 114
zwei weitere Kriegsjahre aufgezwungen 18 ), die schon als solche schlimm genug waren. Denn die Deutschen kämpften tapfer und mach ten die alliierten Hoffnungen auf schnelle Eroberung der Halbinsel zunichte. Nach dem Fall Neapels (1. Oktober 1943) war auf Hitlers Befehl eine ca. 80-100 km nördlich davon verlaufende Verteidigungslinie errichtet worden. Englische Truppen konnten bis Jahresende an der adriatischen Küste bis Ortona vorrücken: Aber davon abgesehen, erzielten die Alliierten

auch in der ersten großen Schlacht um Monte Cassino (November 1943-Ende März 1944) nur gerin ge Landgewinne. Sie waren daher im Januar 1944 in der Bucht von Anzio-Nettu- no gelandet und hatten im Rücken der Deutschen einen Brückenkopf gebildet, der in den folgenden vier Monaten ebenso hart umkämpft worden ist wie Cassino, wo die Alliierten, die inzwischen ihre Kräfte noch verstärkt und zudem den Zu zug französischer, marokkanischer und polnischer Verbände erhalten hatten, dann in einer zweiten Schlacht im Mai

1944 den Durchbruch erzwungen haben. Am 4. Juni rückten die Alliierten ins unzerstörte Rom ein, welches noch im sel ben Monat wieder Sitz der königlichen Regierung wurde. In den beiden folgen den Monaten haben die Anglo-Amerikaner die Deutschen, welche weiterhin hef tigen Widerstand leisteten, bis zur nördlichen Toskana abgedrängt; am 11. Au gust fiel ganz Florenz, wo die Deutschen sich verteidigt und vor dem Abzug mit Ausnahme des ponte vecchio alle Arno-Brücken gesprengt hatten, in ihre Hände

; auch anderswo wurde der Rückzug von sinnlosen Zerstörungen der Deutschen begleitet, nachdem er oft durch Luftangriffe der Alliierten vorbereitet worden sehe Kulturabkommen vom 28. Novem ber 1938, in: Karl Dietrich Bracher/Leo Valiani (Hrsg.), Faschismus und Natio nalsozialismus (Sehr, des Ital.-Dt. Hist. Inst.s in Trient, Bd. 1), Berlin 1991, S. 243-282; zuvor in: VfZG 36 (1988), S. 41-77. l:i ) Edgar R. Rosen, Königreich des Südens, Italien 1943/44 (Forschungsberichte der Braunschweigischen Wiss. Ges

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Seite 63 von 114
Datum: 01.08.1994
Umfang: 114
, weiter hin Kontakt mit den Deutschen zu unterhalten. 12 ) In dieselbe Zeit fällt zudem, daß die Sowjets - sie wurden als Alliierte ja ständig über die Geheimverhandlun gen informiert - diese zu blockieren versuchten. Sie wollten damit Zeit gewinnen, um den Truppen Titos den Vormarsch Richtung Triest zu ermöglichen. Zu diesem Zeitpunkt wurden die gegensätzlichen Interessen für die Gestaltung der Nach kriegsordnung deutlich. Bei den Verhandlungen über eine Kapitulation der deutschen Streitkräfte in Italien

war Südtirol wiederum nur eine Randerscheinung, wie es das bei der deutschen Besetzung Italiens im September 1943 gewesen war. Woher der Ober ste Kommissar der Operationszone Alpenvorland Franz Hofer Bescheid erhalten hatte, daß Verhandlungen mit den Alliierten im Gange waren, ist nicht geklärt. In das Unternehmen eingeweiht wurde er erst von Rahn, als sich die Führungs spitze des OB. Südwest sowie Wolff und Rahn in Recoaro zu einer Unterredung zusammenfanden, zu der auch Hofer geladen worden

, dem sogenannten „Gauleiterbunker“, verbunden war. In der Nacht vor dem großen Umzug hatten sich die deutschen Befehlshaber in Italien und Franz Hofer noch gegenseitig das Versprechen gegeben, in Italien keine Befehle Himmlers mehr anzunehmen." 1 ) Mussolini wurde, wie es Parilli und Waibel glaubwürdig darstellen, nie über die Kapitulationsabsichten der deutschen Befehlshaber in Italien informiert, we der von Wolff noch von Vietinghoff oder Rahn. 17 ) ") Vgl. Lanfranchi, Resa, S. 517ff. 12 ) Vgl. Waibel, 1945

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Seite 44 von 114
Datum: 01.08.1994
Umfang: 114
handelte er sich die Zusage ein, daß sie außerhalb ihrer Zo nen „von dem Recht eigener Verwaltungsmaßnahmen keinen Gebrauch“ mach ten. !lli ) Im August 1944 wurde der Ausbau der Riegelstellung in Angriff genom men. 97 ) Die Arbeiten an diesem Stellungssystem lösten einen Effekt aus, den die Deutschen nicht erwartet hatten. Amerikanische diplomatische und geheim dienstliche Stellen vermuteten, daß die Deutschen dabei seien, die Alpen zu einer einzigen Festung auszubauen, ähnlich dem Reduit

, das die Schweiz 1940 errichtet hatte. Eine Annahme, die sich mehr und mehr zu einer Gewißheit verdichtete und schließlich die Form einer Psychose annahm. Die Amerikaner rechneten nämlich, daß die deutschen Fronten Mitte 1945 zusammenbrechen würden. Gelang es aber den Deutschen, ihr Verteidigungssystem im Süden durch eine ähnliche Anlage am nördlichen Rand der Alpen zu ergänzen, so konnte der Krieg ein gutes halbes Jahr länger dauern. Denn ein Bollwerk mit unterirdischen Fabrikanlagen, raffi niert getarnten

und mit zahlreichen Volksvertretern besprochen habe. Dabei habe er mit Freuden und Erstaunen fest gestellt, daß das Volk bereit sei, den Abwehrkampf bis zum äußersten zu führen. Wie in früheren Zeiten so werde auch diesmal Tirol die Festung des Deutschen Reiches sein. Sobald die Russen und die Amerikaner zusammenträfen, käme es zwischen ihnen sicher zu einem Streit, weil sich Kapitalismus und Bolschewis mus auf die Dauer nicht vertrügen; seit Monaten arbeite er mit 70.000 Mann an der Südgrenze am Ausbau

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Seite 67 von 114
Datum: 01.08.1994
Umfang: 114
Später sprachen italienische Behörden davon, daß die Häftlinge durch italie nische Partisanen - ohne Beteiligung von Südtirolern - befreit worden wären. 30 ) Eine italienische Partisanengruppe war tatsächlich nach Prags vorgedrungen und hatte von der deutschen Wehrmacht die Übergabe der ehemaligen Häftlinge un ter ihren „Schutz“ gefordert. Die deutschen Heeresdienststellen lehnten aber ab und übergaben die Persönlichkeiten am 4. Mai den in Südtirol einrückenden amerikanischen Truppen

Kriegstagen und versuchte am 26. April mit dem deutschen Major Ing. Friedrich Schwendt, dem Leiter des detachierten politi schen Kommandos, das auf Schloß Labers in Meran seinen Sitz hatte, ins Ge spräch zu kommen. De Angelis wußte nämlich, daß Schwendt über den Verlauf der Waffenstillstandsverhandlungen informiert war. 32 ) Major Schwendt, der für Kaltenbrunner gearbeitet hatte, sollte De Angelis zu den deutschen Befehlshabern in Italien führen. De Angelis bestand dabei, so sei ne eigene Darstellung

die Polizeistellen paritätisch den Südtirolern und den Italienern zugewiesen werden sollten. De Angelis, und dies ist der dritte und für die letztliche Entscheidung der deutschen Befehlshaber wohl entscheidende Punkt, erklärte, daß von seinen Leu ten ein bewaffneter Aufstand vorbereitet worden wäre. Dieser könne nur durch die Übergabe der Verwaltung Südtirols an die Vertreter der italienischen Regie rung (CLN) verhindert werden. Um seiner Forderung Nachdruck zu verleihen, drohte De Angelis Schwendt

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Seite 77 von 114
Datum: 01.08.1994
Umfang: 114
beit von Trentinern mit den deutschen Besatzern für die „Italianität“ des Trentino bedeuten würde. Besonders der von Bertolini beschworene Sieg der deutschen Waf fen kann, so Manci, nicht im Sinne des Trentino sein. Manci wird hier wohl schon an Expansionsgelüste von deutscher Seite gedacht haben, unter diesem Aspekt hät te ein Sieg der deutschen Waffen eine Abtrennung des Trentino vom italienischen Staat bedeuten können. * 27 28 ) Hofer hat bewußt auf Bertolini für die Verfolgung seiner Ziele

, und da mit die Verhinderung von Bürgerkrieg, war für Bertolini der Vertrauensbeweis für diese Politik Hofers. Die Betonung des Antifaschismus bei Hofer und Bertolini im Trentino wird erst dadurch verständlich, daß man wie in Südtirol auch im Trentino Italien teilweise mit dem Faschismus gleichsetzte. Die Kompetenzen Bertolinis wa ren freilich eingeschränkt. Ohne die Zustimmung der deutschen Behörden, also Heinrichers und Gauleiter Hofers, konnte nichts entschieden werden. Die Frage, ob die Tätigkeit Bertolinis

, also die Zusammenarbeit eines Trentiners mit den deutschen Besatzern, den Trentinern geschadet oder genützt hat, ist bis heu te Streitpunkt und muß unbeantwortet bleiben. Am 27. September erscheint die erste Nummer des „Verordnungsblattes des Obersten Kommissars für die Operationszone Alpenvorland“. 27 ) Darin verfügt Gau leiter Hofer die sofortige Schließung der Tageszeitung „II Brennero“ und gibt die Ernennung der kommissarischen Präfekten für die Provinzen Trient, Bozen und Bel- luno bekannt. Für die Provinz Bozen

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Seite 14 von 114
Datum: 01.08.1994
Umfang: 114
wirksam) erklärt werden - sich nicht auf dem gesamten von den Deutschen be setzten Gebiet entfalten konnte, sondern nur auf jenem, das ihr diese überlassen hatten. Auf dem Gebiet der Operationszonen Alpenvorland und Adriatisches Kü stenland (Provinzen Udine, Görz, Triest, Pola, Laibach, Fiume und Quarnero) üb ten die Deutschen uneingeschränkt ihre Verwaltungshoheit aus, sodaß sich nicht einmal eine faktische Souveränität der RSI entfalten konnte. Von einer echten Souveränität kann bei der RSI sowieso

Provinzen Bozen, Trient und Belluno hatte der Oberste Kommis sar von der deutschen Reichsregierung die Ermächtigung zum Erlaß von Rechts verordnungen, zur Regelung der Rechtsprechung und zur Ausübung der Exekuti ve, gleich wie es auch in den anderen besetzten Gebieten wie Belgien, Luxem burg, Nordfrankreich und der Operationszone Adriatisches Küstenland geschah. So wurde vom Obersten Kommissar Adriatisches Küstenland am 15. Oktober 1943 verordnet, daß 1. die zivilen Befugnisse ausschließlich

fremde Staatsgebiet. Während die Rechte des Deutschen Reiches als Besatzungsmacht in Belgien kraft allgemei nen Auftrags des Führers und Obersten Befehlshabers der Wehrmacht, Adolf Hit ler, der Oberbefehlshaber des Heeres ausübte, der seinerseits die Ausübung der vollziehenden Gewalt auf General Alexander von Falkenhausen durch OKH-Er- laß delegiert hatte, der sie als Repräsentant des Deutschen Reiches wahrnahm, war es bei den Operationszonen Älpenvorland und Adriatisches Küstenland ein direkter

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Seite 100 von 114
Datum: 01.08.1994
Umfang: 114
wurden zum Großteil in Sammellagern erfaßt und ihre Angehörigen ins Großdeutsche Reich verschoben.' 1 ) Nur ein relativ geringer Teil der Soldaten entging der völkerrechtswidrigen Internierung und der oft un menschlich harten Zwangsarbeit in deutschen Rüstungsbetrieben, darunter die Italiener, die im Notlazarett im Vinzentinum lagen und daher nicht transport fähig waren. Nicht wenige von ihnen hatten offenbar erst in letzter Minute dort Asyl gefunden und sich unmittelbar nach der deutschen Besetzung

, die ähnlich wirksam waren wie nackte Repressalien. So wurden die Autos ange sehener Italiener offenbar gezielt beschlagnahmt und den Eigentümern nach Wo chen in stark beschädigtem Zustand retourniert. Bereits im August wurde das dem italienischen Senator Conte Carlo Dudan gehörige Schloß Pallaus bei Brixen von deutschen Einheiten besetzt, die Einrichtung in den folgenden Wochen syste matisch demoliert und entfernt. 54 ) Die Revanche militanter AdO-Aktivisten richtete sich vorwiegend gegen her ausragende

. 1144). ) Hierzu grundlegend: Gerhard Schreiber. Die italienischen Militärinternierten im deutschen Machtbereich 1943 bis 1945. Verraten - Verachtet - Vergessen. Mün chen 1990. “) So mehrere Angaben in den „Elenchi di militari dimessi ed inviati in famiglia in seguito ad ordine del Comando Militare Germanico“, Liste des Standortarztes Dr. Netsch, 29. September 1943, StAB, Gemeindeakten 1943, Cat. 8.5.3. ') Die Angaben wurden aus den Personal akten der Gemeinde erhoben, aus Grün

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