sein, heisst ja nlchti «schön sein», sondern einfach jenen antizeitlichen Sinh haben, und den hat auch die Via del Tritone, mit ihren Stil- und Geschmacksvergehen, mit ihrer Ohren- und Nasenmarter, .mit ihren teuren und hässlichen Läden und ihren von den Geschäften und vom Hetz geist der Strasse angetriebenen, hasten den Menschen, deren überstürzte Schrit te so unerfreulich sind — zum mindesten aber noch immer erfreulicher als die putzsüchtige Via Veneto ln fremden leeren, mageren Sommern. Corso Umberto
— Piazza Venezia Gibt es eine herrlichere, adeligere Strasse als den Corso? Diesen schmalen, stellen Schacht, dessen stete Schatten die Palastfassaden wie In selbstbewusster Unnahbarkeit nie in ihrer weiten Pracht erscheinen lassen, dessen wimmelnde, dunkle Enge erstickt und dessen bei al ler Enge und bei aller Steilheit gross artige Horizontallinie begeistert? - In seiner Menschenbewegtheit, mit seinen funkelnden Schauläden, in seiner ununterbrochenen Befahrenheit ist der Corso doch eine abweisende
Strasse. Das heisst, er stellt , von all dem Leben, das in seinem Bett dahinströmt, nur das Prunkhafte und Grosszügige zur Sicht, alles Kleinliche und Bescheidene ver schluckt er verächtlich in seinen Schat ten. Das sparsame Auto-«Mäuschen» stört hier nicht, gerade so wenig wie sein amerikanischer Vetter, dem irgendein schreiender Lack die Soldatenherkunft überpinselt hat: man übersieht sie von vornherein, der Corso lässt sie über sehen. Man bemerkt hier nur die stolze Frau; das dürftige Mädchen
. Das Ist Gewiss kein Zufall. Denn es muss ja auf Gleich mut und Nervenhärte deuten, sich in einer solchen Steinschlucht zum Genuss entspannen zu können, auf eine trocke ne Grossartigkeit und auf eine ebenso grossartige Dürftigkeit der Seele — auf das eigentlich Römische, muss es ja hin deuten, auf das uralte, harte und schick salsträchtige Erbe der wölfischen Säug mutter. Der Corso ist die Strasse der Fürsten und Kardinäle, einfach der grossen römischen Herren, deren welt liches oder geistliches Amt eben
immer ein Dienst an der Macht ist, und mit seiner braunroten, stolzen Steingebärde weist er alle Aermlichkelt weit von sich, ohne christliches Bedenken. Dann, im engsten Ausschnitt, hinter dem Balkonprofll des Palastes der Läti- zia Bonaparte, das strahlendste, llcht- erfüllteste Marmorweiss. All die violetten Dämmerungsschattierungen des Corso gegen diese überhelle Abschlusswand: eine der ganz grossen Möglichkeiten, die der römische Baublick erfasst — beinahe theatralisch für Augen anderer Her