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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 16 von 16
Datum: 25.10.1913
Umfang: 16
Seite 2 Unterhaltungsbeilage nannte dabei Christian, den bergkundigen Tiroler, weil er warnte, hochnäsig einen Hasenfuß, dem er, der Ostpreuße, erst Mut und Kletterei lehren werde. Und dazu tat der Ostpreutze, um zu zeigen, daß es mit der von ihm gerühmten preußischen Art viel besser gehe, genau das Gegenteil von dem, was der Bergführer geraten hatte. Christian ärgerte dies all mählich so, daß er nach erfolglosem freundlichen Mahnen sogar drohte, umzukehren, wenn die zwei von ihm Geführten

ihre „dummen Spergamenten" auf solch gefährlichen Bergstellen nicht gleich auf gäben. Und als der Ostpreuße an einer abschüssig n Stelle, wo oft schon der leiseste Laut eine Lawine ver ursachen konnte, die dann alles Erreichbare und da mit auch die drei Menschen in einen vierhundert Me ter tiefen Abgrund hinabreißen mußte, gar zu jodeln begann, da wurde der vorausschreitende Christian grob. „Jatzt wird's mir aber wahrhaftig z'dumm," sagte er dein Ostpreußen und ging dabei wie drohend ein paar Schritte

gegen den Jodelnden zu. „Wenn S' nit glei' Ihr Gosch'n halt'n, steck' i Ihnen — meiner Seel — an Schippl Heu ins Maul!" Der Ostpreutze fuhr beleidigt auf. Er drohte gleich, sich über das grobe Benehmen Christians bei dem Al penverein, von dem Christian als Bergführer emp fohlen worden war, zu beschweren. Als aver Chri stian, der sich im Recht fühlte und deshalb die Fol gen einer Beschwerde nicht fürchtete, noch gröber zu tverden drohte, da schwieg der Ostpreuße vor dem groben Tiroler. Er schwieg aber voll Zorn

ihn den Ruepp — war aus Konkurrenzneid ein Feind Christians. Ruepp, ein weitum bekannter Stänkerer, bekrittelte deshalb bald und unaufaefor- dert alle Wanderpläne, die Christian in der Schutz- Hütte zum Ehepaar für den folgenden Tag äußerte. Insbesondere bekrittelte Ruepp Christians wieder holte Mahnungen zur Vorsicht beim Bergsteigen. Speziell das letzterwähnte Tun Ruepps tvar Wasser auf die Mühle des Ostpreußen, dessen Eitelkeit von Christians Zurechtweisung schwer gekränkt worden war. Deshalb begann

der Ostpreuße, um Christian zu verletzen, den gleich höhnenden Ruepp als den richtigen Mann zu loben. Und da Christian auf diese Bosheit beharrlich schwieg, kündigte der Ostpreuße Christian, um ihn noch mehr zu beleidigen, sogar an diesem Abend noch den Bergführerdienst und nahm für den nächsten Tag Ruepp als Bergführer. Dies ärgerte Christian sehr; er schwieg aber auch dazu und beschloß, gleich am nächsten Tage allein ins Dorf Zurückzukehren. Am nächsten Morgen war es windig, es wehte der sogenannte Föhn

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 16 von 16
Datum: 31.10.1913
Umfang: 16
Seite 2 Nr. 44 Unterhaltungsbeilage der „Bolks-Zeitung" hatte, in die Tiefe. Christian aber fühlte sich jetzt/ obfchon er der Gefahr entronnen, so erschrocken, daß er kreidebleich ward und schwer keuchte. Dann überlegte er, wie er am schnellsten helfen könne. Die zwei Männer waren unter dein Schnee be graben. Sollte er für sie um fremde Hilfe laufen? Fast achtzehn Wegstunden weit? „Na," dachte er, „wenn die zwoa unterm Schnee no' leb'n, nacha derstick'n sie, bis i Hilf g'holt Hab. Iatzt

a Maus ?m der Fall. Und wer woaß, ob der Preuß nacha nit wieder alles besser verständ' und mi auslachet, wenn i zu ihm obikäm und ihm 's Leb'n z' rett'n suachet? Und ob mi der Ruepp nit wieder aus- spött'ln tät?" „Soll'n unt'n bleib'n," dachte Christian jetzt grol lend. „Soll'n froh sein, wenn i ihnen a Hilf vom Dorf auferhol." „Aber wer'n sie nit im Schnee derstick'n und der- jfrier'n?" fragte jetzt der bessere Mensch in Christian, „wer'n sie nit derstick'n und derfrier'n, _ wenn sie wart'n müass'n

." „Aber was soll i a tuan?" sprach jetzt der ^schlech tere Mensch in Christian wieder. „Was sollt i den a Wesser's tuan, als wia Hilf vom Dorf auferhol'n? I kann iatzt do' nit zu den Leut'n in die Höll'n kanz'l steig'n und ihr Of'n sein. Wenn i in der Höll'nkanz'l bin und nimmer auskimm, derfrier i ja selber. Nacha kann i andre nimmer anwärmen." „Aber du könntest die Leut vielleicht frottier'n, damit sie in der Nacht nit derfrier'n," mahnte der bessere Mensch in Christian wieder. „Und du selber kannst in der Nacht

kimmt, hin bin," antwortete sich Christian traurig. „Und wer woaß, ob mi die Leut so schnell rett'n kemmen, wia s mei Weib will und wia i's hoff? Die Leut woll n wahrscheinlich nit so gern von ihrer Feldarbeit weg. Sie hab'n desweg'n allerhand Ausred n. „Hm, wer'n sie zu mein' Weib sag'n, wenn es ste bitt n kimmt, mi zu suach'n, „hm, vielleicht ist der Christi, weil er nit z'ruck kimmt, mit semer Herrschaft no af an' andern Berg g'stieg'n. Wer woaß, was den Tourist'n, die er füahrt, eing'fall

n ist? Er wird schon wieder z'ruckkemmen. Wart'n wir no zwoa oder drei Tag'. Und wenn er nacha no mt kimmt, nacha können wir schau'n geh'n, wo er ist. Und i, dachte Christian mit Grausen, „i könnt nacha der weil da derfrier'n und mit den andern bockg fror n wer'n. Desweg'n ist's alleweil besser, i hol iatzt die Hilf vom Dorf glei selber her." Derweil aber derfriert die Frau und derstick n die" zwoa Mander unterm Schnee," sagte der gute Mensch in Christian abermals., .... Ja die Frau derbarmt mir," dachte Christian

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Kitzbüheler Bezirks-Bote
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Seite 12 von 16
Datum: 26.02.1905
Umfang: 16
ziehung beklagte Christian manchmal, in den Stand der heiligen Ehe getreten zu sein, deshalb nämlich, weil mit der Ehe seine Stammtischsreuden ein jähes Ende gefunden hatten. Er war nämlich durchaus kein Verächter des edlen Gerstensaftes und vor allen Dingen ein Freund des gemütlichen Spielchens. In der ersten Zeit hatte Frau Henriette ihren Mann hie und da seinen alten Freundeskreis aufsuchen lassen; als er aber eines Tages lange nach Mitternacht erst heimkehrte, erklärte

sie mit Entschiedenheit: „Christian, es schickt sich nicht für einen ehr baren Mann, so lange in der Schenke zu sitzen! Wenn du ein Glas trinken willst, so kannst du das auch hier in Gesellschaft deines Weibes tun. Dann sparst du Geld und bleibst hübsch mäßig." „Aber, liebes Kind," hatte Christian Gottlieb schüchtern er widert, „mein liebgewonnener Tapp! Daran hängt mein Herz mehr als an einem Glas Wein oder Bier. Den wirst du mir doch nicht nehmen wollen?" gespielt und dazu einen Krug Apfelwein getrunken; allmählich

ausgelehnt und so heftige Drohungen ausgestoßen, daß Christian Gottlieb gerne von weiteren Ver suchen abstand. Um so nachdrücklicher genoß er aber in all jenen Fällen die ihm vergönnten Stunden verschwundener Freiheit, in denen sein Geschäft ihn in die Welt hinausfllhrte. Dann war Christian Gottlieb für einige Stunden wieder ganz der alte, und mit einer ver neue Vom in Berlin. „Schämen sollst du dich," hatte seine bessere Hälfte erregt entgegnet, „daß dir etwas lieber sein kann als deine Frau. Bisher

habe ich geglaubt, du habest mich aus Liebe geheiratet; es scheint aber daß ich mich täuschte." Dabei wischte sie mit der Schürze über ihre Aeugelein, als ob sie eine Träne be seitigen wollte. „Jettchen," schmeichelte Christian, dessen Herz durch Tränen alsbald wie Apfelmus gerührt war, „weine nicht' Du bist mir das Liebste auf der Wett und wenn du es wünschest, gehe ich nicht mehr a» den Stammtisch." „Mein Christian!" schnippte Frau Henriette und legte ihren Kops auf die Schulter des Mannes; „ich wußte

ja, daß ich dir lieber als Bier und Spiel bin, und ich hoffe, daß es so bleibt. Sieh'," fuhr sie mit ernster Miene fort, „das Kartenspiel ist eine Leidenschaft, die schon manchen ins Verderben gebracht hat! Ich mache abends mit dir ein Spielchen, und dann wirst du deine Freunde nicht vermissen." Seit Frau Henriette also zu ihrem Gatten gesprochen hatte, waren ungefähr fünf Jahre verflossen. Christian Gottlieb hatte anfänglich mit seiner befferen Hälfte allabendlich Sechsundsechzig unsagbaren Wonne sog

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Der Arbeiter
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Seite 6 von 10
Datum: 24.04.1929
Umfang: 10
aus dem Klarenbrunn zu probieren. Sollte es Euch dann nicht gefallen, so ist Euer Bündel bald wieder geschnürt." Christian Nocker war schon mit sich einig. „Ich danke Euch, Herr Wirt, ich gebe zum Klarenbrunn!" Da ries dieser lebhaft: „Et, oas freut mich. Zuerst wollen wir aber noch ein Glas Wein mitsammen trin ken. dann geht mit Gott. Möge es Euch und den Klarenbrunnern zum Guten sich wenden!" — So stieg denn Christian Nocker eine halbe Stunde später auf der linken Talseite bergwärts. Der Weg war schmal, steil

und steinig. Fehlgehen konnte er nicht, denn der Postwirt hatte ihm den Weg genau beschrie ben. So wußte er, als er nach einer Stunde zu einem einzelnen Hofe kam, datz hier die beiden Wolfnerbuben. zwei alte Junggesellen, ganz allein hausten; es waren die nächsten Nachbarn vom Klarenbrunn, wohin es frei lich noch mehr als eine Stunde war. Nun führte der Weg von hier lange Zeit durch Hochwald, dann hatte Christian schon eine bedeutende Höhe ereicht. Jetzt kam eine Biegung, der Wald begann sich zu lichten

, da rauschte ein Wasser. Aus einer aus dem Berge kom menden Holzröhre schoß ein armdicker Strahl kristall klaren Bergwassers in einen aus einem Baumstamme gehöhlten Trog. Der Klarenbrunn! Zehn Minuten spä ter hatte Christian das Ende des Waldes erreicht. Eine kleine Hochebene breitete sich vor ihm aus, auf der im Schutze einer riesigen, wohl jahrhundertealten Eiche der Klarenbrunnerhof stand. Ein niedriges, lang gestrecktes Gebäude mit weitausladendem Schindel dachs und einer kleinen Laube vor dem Hause

, aber von einer Vegetation war noch keine Spur. Noch lag die Natur im Winterschlafe. Gleich hinter der letzten Wiese, die sich schon etwas in die Höhe zog. stiegen die Berge wieder an. An den steilen Hängen sah Christian abwechselnd Wald und Fels, dazwischen kleine Grasplätze, die im Sommer wohl mit dem saftigsten Grase bewachsen waren, die zu besteigen aber mit Todesgefahr verbunden war. Auf einem dieser Plätze war wohl der Sohn des vor ihm liegenden Hofes verunglückt. Christian stand auf einem etwas erhöhten Punkte

. Er übersah das winzige Stückchen Lund, das aber trotzdenl einer Menschensiedlung Raum und Nahrung gab, sein Blick ging hinaus in ein enges, fernes Tal, das hohe, schneebedeckte Berge zu beiden Seiten säumten. Es war ein überwältigendes Bild einer stillen, ernsten Hochalpenlandschast. Langsam schritt dann Christian Nocker zum Hause hinüber. Aus der Schwelle lag ein braungrauer Wolfs hund, der den Fremdling schon seit seinem Auflauchen mit wachsamen Blicken beobachtet hatte. Nun erhob er sich und stieß

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Der Arbeiter
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Seite 6 von 10
Datum: 12.06.1929
Umfang: 10
Seite 94. „Der Bergfried' Nr. 24. Bitte für das Grad Sorge getragen, es war sehr ge pflegt und mit schönen Blumen bepflanzt. Unweit da von war die Schirnbacherifche Familiengrabstätte, wo auch Lena ruhte. Nachdem Christian ein stilles Gebet am Grabe der Eltern verrichtet hatte, verletz er den Ort der Toten wieder, ging die Dorfstraße hinunter und betrat bald darauf den Boden des Nockerhofes. Ein untersetzter grauhaariger Mann kam ihm ent gegen. „Was wünschen Cie?" fragte er höflich

, i „Mein Name ist Christian Nocker." Da nahm der andere die Kappe ab, streckte dem An kömmling die Hand entgegen und sprach: „Der neue oder eigentlich der alte und rechtmäßige Besitzer des Nockerhofes. Darf ich Ihnen den Hof zeigen? Ich bin der Verwalter Kruckenberger." Er führte Christian durch Halis und Hof, Scheunen und Ställe, erklärte hier und erläuterte dort. . Christian lachte das Herz im Leibe. Er hatte den Hof vom Vater in gutem Zustande übernommen, ihn auch so übergeben, aber Jakob Wendlinger

hatte im mer noch verbessert, vergrößert und viel Geld hinein-, gesteckt, bis ein wirklicher Musterhof entstanden war. Christian sparte nicht mit Lob. Seine scharfen Augen drangen in alle Winkel, sie fanden nichts Tadelnswer tes. lieberall herrschte peinliche Sauberkeit und Ord nung. Der Verwalter mußte ein tuchtiger Landwirt sein. Aus dem Hofe selbst sah Christian lauter fremde Ge sichter, keine der alten Dienstboten mehr. Zum Schluffe führte der Verwalter seinen neuen Herrn in die Stube

, in der noch die alten Nockerschen Möbel stan den, auch der Sekretär war darunter, Und zeigte ihm die Bücher und Abschlüsse der letzten Jahre. Der Nockerhof konnte sich sehen lassen, er warf ein hübsches Erträgnis ab. „Herr Kruckenberger," sprach endlich Christian hoch- befriedigt, „ich bin Fachmann und sehe, daß der Nocker hof einem tüchtigen Manne anvertraut war. Verwalter brauche ich keinen, wenn Sie aber mit denselben Be zügen bei mir im Dienste bleiben wollen, wird es mich freuen." „Ich danke Ihnen, Herr Nocker

einzurichten; aber es ist alles in Ordnung und ich denke, in vier Wochen wird unsere Uebersiedlung möglich sein. Zuerst will ich noch meinen Hof dort im Wippachtale verkaufen." Die beiden beredeten noch dies und das, dann ging Christian, nachdem er dem Verwalter versprochen hatte, am Nachmittag mit ihm einen Gang über die Felder zu machen, in den „Goldenen Adler", um dort das Mittagessen einzunehmen. Auch hier wurde er sofort erkannt, Wirt Und Wirtin kamen herbei und begrüßten ihn aufs herzlichste. Beide

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Der Arbeiter
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Seite 6 von 8
Datum: 20.03.1929
Umfang: 8
„T ec Qergf(((t* Nr. 12. 2 Christian Rockers Fahrt ins Dunkle. Erzählung von Wolfgang K e m t e r. Christian Nocker eilte in den Saal zurück, suchte die Kellnerin, zahlte seine Zeche, trat dann noch schnell zum Tisch, an dem die Lena mit ihrer Mutter sah, und sprach: „Lena, ich muß heim, der Sepp hat mich geholt, der Vater ist krank geworden." ..Jetzt heim," rief enttäuscht das Mädchen, „wo es am schönsten und lustigsten wird?" „Vielleicht ist es nicht so schlimm, dann bin ich bald

mehr von sich gegeben. Ich habe den Robert ünd den Hans geweckt, dann haben wir den Vater wieder ins Bett gebracht. Der Robert ist um den Doktor, den Hans zum Herrn Pfarrer gegangen, ich Hab dich geholt." „Ist der Vater ohnmächtig geworden?" Der alte Sepp schüttelte bedenklich den Kopf und meinte: „Christian, ich glaub, es ist ein Schlagansall gewesen “ Auf einmal blieb Christian Rocker stehen und rief: „Dr. Renger ist ja auch im „Adler". Gehen wir schnell zurück!" Sie waren aber nur wenige

Schritte gegangen, da kamen ihnen schon der Arzt und der Jungknecht ent gegen. Als sie den Nockerhos betraten, war der Pfarrer so eben auch angelangt. — Nach kurzer Untersuchung wendete sich der Arzt an die Umstehenden mit den Wor ten: „Das Herz schlägt nicht mehr, der Tod ist also schon eingetreten." Dr. Renger drückte Christian teilnehmend die Hand und ging wieder, der Pfarrer aber sprach am Toten bette die ersten Gebete. Rein mechanisch murmelten Christian Rockers Lippen die Gebete mit, sonst stand

trachzuweinen vermochte. — Im „Goldenen Adler" nahm der Ball seinen unge störten Fortgang. Rur die Schirnbacher Lena sah öf ters und ungeduldig zur Cualtür hinüber. Christian zeigte sich nicht mehr, dafür verbreitete sich plötzlich, offenbar von dem zurückgekehrten Arzte ausgehend, das Gerücht, der alte Rocker sei vor einer Stunde an einem Herzschlage gestorben. Man erzählte sich diese Neuigkeit kurz von Tisch zu Tisch, ohne sich aber im frohen Faschingstreiben ftöreti zu lassen; der allgemei nen

Fröhlichkeit tat diese Todesnachricht keinen Ab bruch, Hansjörg Rocker war ohne Freund gestorben. In den Augen der Schirnbacher Lena aber hatte es bei dieser Botschaft freudig und triumphierend aufge- leuchtet. Endlich! Als der Schmied kurz nachher wieder um einen Tanz bat, sprach das Mädchen: „Michel, für heut Hab ich genug. Ich bin zum Umfallen müde und möcht nach Hause. Nichts für ungut!" Wenig später verließ sie mit ihrer Mutter den Ball. „Jetzt wird der Christian dann wohl ernst machen," meinte

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Der Arbeiter
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Seite 6 von 8
Datum: 05.06.1929
Umfang: 8
ehrliche Trauer um den Verstorbenen. Und war auch sein Name mit Chri stians trübsten Ta^en aufs engste verbunden, er hatte seinem Vater und ihm nur Gutes getan und tun wol len. Fast täglich sprachen Klara und Christian von dem so schnell Dahingeschiedenen und Christian erzählte da von, wie hier der Tod ein an Arbeit, aber auch an Er folgen reiches Leben geendet habe. Jakob Wendlinger war ein ganzer Mann gewesen, treu und ehrlich in Handel und Wandel, ein stiller Wohltäter, der viele Tränen trocknete

und viel Elend milderte. Wo er hel fen konnte, hals er, und selbst schnöder Undank, den er oft erntete, konnte sein gütiges Herz nicht irre machen. Auch Klara mutzte den Kindern, die oft nach dem fremden Vetter fragten, der ihnen zu Weihnachten so schöne Sachen sandte, von ihm erzählen, den der liebe Gott zu sich berufen hatte. Es war wenige Tage spater an einem milden April tage. Christian war eben mit Peter vom Klarenbrunn gekommen, wohin sie Dünger geführt hatten. Nun satz er vor dem Hause und Klara

brachte ihrem Manne die Jause heraus. Und wieder galt die Rede dem Schwanenwirte, der einmal mehr im Scherze die Aeutzerung getan hatte, auf dem Klarenbrunn möchte er sich ein Sommerhaus erbauen. Da kam der Postbote von St. Peter heraus und brachte für Christian einen eingeschriebenen Brief. Während Christian den Empfang bestätigte, schenkte Klara dem Manne ein Gläschen Enzianer ein. Man wechselte noch ein paar Worte, dann zog der Postbote wieder dankend seines Weges. Christian aber las mit Staunen

den Namen des Ab senders auf dem Briefumschläge: Dr. Friedrich Martin, Notar in Tierstein. Nun öffnete Christian das Schreiben und las. Hatte Christian Nocker einst sein Vätererbe ohne seine Schuld in dem Augenblicke verloren, als er es antreten wollte, so datz der Erbe des Großbauern über Nacht ein Bettler war, nun machte das Schicksal die sen Schlag wett und mehr als wett. Als auch die zweite Heimat, die er fand, in Flammen aufgegangen war und die Not wieder drohend über ihm und den Seinen stand

, hatte er das Glück, eine dritte Heimat zu finden. Alles hatte ihm einst das Schicksal genommen, in launenhaftem Spiele warf es ihm nun mehr in den Schotz, als er verlor Denn wieder kam nach all den Schicksalsschlägen und Glücksfällen eine neue Freudenbotschaft, so grotz und unerwartet, datz Christians Herz schneller schlug und er vor Erregung ganz blaß wurde. Klara sah es, angstvoll fragte sie: „Christian, was ist?" Da sah er sie mit Augen an, in denen ein solche' Leuchten war, datz Klara säh erschauerte. Schon

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Der Arbeiter
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Seite 6 von 10
Datum: 08.05.1929
Umfang: 10
Seite 74. »Der Verschrieb' 3lx. 19. tcn aber auch die Tiere die beiden Menschen gesehen,; es folgte alksogleich ein scharfer, gellender Pfiff, wor auf die Hanze Gesellschaft im Nu verschwand. "Es find überaus scheue Tierchen," erklärte Klara, ^ ,,do6) war uns der Wind sehr günstig, sonst hätten wir! sie überhaupt nicht zu sehen bekommen." In der Tat hörten sie öfters noch den schrillen War nungspfiff der kleinen Bergbewohner, ohne aber noch einmal die Tiere selbst zu sehen. Christian dankte

, tief unter grünen Almen, dunkle Wälder und noch viel tiefer schmale Vergräler. Zu Füßen lag winzig klein St. Peter wie j iin aus der Spieljchachtel ausgestelltes Dorf. Gegen Norden jedoch waren die Berge niedriger und flachten ^lch allmählich ab, sie alle überragte der Hohenstein, wo grng der Blick ungehindert über Kämme und SpiL- * gen weit, weit hinaus und ganz in der Ferne am Hori zonte zeigte sich wie ein blaues Auge das Stück eines lieblichen Sees. Christian Nockers Augen weiteten

sich in jähem' Staunen, dort sah er seine alle Heimat vor sich. Aner wartet und unvermutet, denn daß sich hier ein solcher Weitblick bot, hatte er nicht ahnen können. Jenes' Land, dem er entflohen war. Nun wirkte aber der un erwartete Anblick so auf ihn, daß er lange Zeit stumm 1 nur dort hinausblickte und alles um sich her vergaß. ! ^ Klaras Stimme riß ihn aus feiner Versunkenheit. Das Mädchen hatte seine Bewegung wohl bemerkt und fragte nun: „Nicht wahr, es ist schön da heroben?" Da wies Christian

, einer inneren Eingebung folgend, nach Norden und sprach: „Von dort weit draußen bin ich gekommen." „Hat es Euch im Lande nicht mehr gefallen, daß Ihr so tief m die Berge gegangen seid?" fragte Klaras ruhige Stimme. Die beiden hatten sich nun im Grase niedergelassen und während ihre Blicke die herrliche Gottesnatur be trachteten. erzählte Christian seiner Begleiterin die 5 Geichcchle vom Noclrerhof und die seiner ersten Liebe. schlichten Worten, nichts übertreibend, aber auch nicyts verhehlend

in mir geworden. I2S5 ©ebanben lo^clöst von Vergangenheit und - Gegenwart, wenden fick jetzt nft .Kver schönen Zukunft zu. Klara, ich habe Euch aus Mwmsm Leben erzählt, was darin Erwähnenswertes nfl bs gab ein Mädchen, das ich gern hatte, das aber nicht mlch, sondern meinen Besitz wollte; glaubt Ihr, daß ich einmal eine finden werde, die den Christian Nocker ohne Nockerhof mag?" Ganz unvermittelt kam diese Frage. In Klara Hu- bers Gesicht strömte das Blut in dunkeln Fluten, aber sie hlelt Christian Nockers

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Tiroler Grenzbote
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Seite 9 von 10
Datum: 23.01.1932
Umfang: 10
, BriefhGllen, Zahlkarten, Paketkarten, Einladungs-, Geschäfts- und Besuchskarten, Auf- klebe-Adressen, Reklame- und Werbe drucksachen, Kataloge, [Broschüren, Verlobungs-, Vermählungs- u. Trauer- Anzeigen, Durchschreibebücher aller Art, Plakate • Saubere, einwandfreie Ausführung, preiswerte Berechnung Buchdruckerei u. Verlag Ed. Lippott Kufstein Gleich'darauf traten Christian und Klara vor den .alten Mann. „Vater", sprach Christian, „ich habe eine große Bitte. Klara und ich sind beute einig geworden

saßen, waren völlig einig. Dem Entschlüsse sollte rasch die Tat folgen, denn eme lange Brautzeit hatte keinen Sinn: sie würde überdies, da Christian im Hause wohnte, die strengen Sittenbegriffe der Bergbewohner verletzen. Also sollte so bald als möglich Hochzeit sein. Dazu brauchte Christian in erster Linie verschiedene Papiere. Er schrieb noch am selben Abend an den Vor steher und an das Pfarramt seiner Heimatgemeinde darum. Nun würde sein Aufenthalt wohl bekannt wer den. Aber was kümmerte

ihn das noch? Das lag weit hinter ihm. Vierzehn Tage später schon verkündete der Pfarrer von St. Peter vor dem Hauptgottesdienst am Sonntag von der Kanzel herab: „Zur Ehe haben sich entschlossen der ehrsame Jüngling Christian Nocker von Oberweiler und die ehrsame Jungfrau Klara Huber. Bauerntochter vom Klarenbrunn." — LarsaHliH sprach man in Oberweiler ln diesen Tagen wieder kurz von Chr-stian Nocker. Der Vorsteher erzählte nämlich im „Goldenen Adler", der Christian Nocker sei, wie es scheine, in St. Peter

'M Wippachtale. wo er sich zu verheiraten gedenke, er habe um den Tauf- und Hei- matschein geschrieben. Die Leute halten aufgehorcht und einer meinte: „Viel- leicht ist dem Christian dort drinnen wohler wie auf einem großen und verschuldeten Besthe. Die Zeiten sind schleckt für uns Bauern, die Steuern und Abgaben sind zu hoch der Preis unserer Produkte zu gering. Wer weiß, ob es uns nicht auch einmal so geht wie dem Christian Nocker. Freilich, wenn einer Geld genug hat wie der neue Nocker- hofer

. Das war Christian Nockers und Klara Hubers Hochzeitstag. Als es dämmerte, da stand Christian schon wieder im Stalle am Klarenbrunn, fütterte, tränkte und molk das Vieh, während Klara in der Küche das Nacht mahl kochte. Christian Nocker. der am Brunnen Wasser holte, blieb einen Augenblick dort stehen. Sinnend ging sein Blick in die Runde. Die Sonne war hinter den Bergen im We sten versunken, hohe Bergspitzen in der Ferne glühten purpurrot, und am Himmel trieben im unendlichen Blau einzelne rosig überhauchte

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Tiroler Grenzbote
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Seite 14 von 18
Datum: 24.12.1931
Umfang: 18
„Gerade schön iü das ocn der Lena nicht", sprach cne Ochsenwirtin wegwerfend, „und der Michel hat sie wirklich gern." „Ich weiß überhaupt nicht", riet die Vorsteherin fast heftig, „was die Burschen an diesem Mädel finoen; es gibt ooch noch lungere und schönere ini Torfe!" „Ta hast du schon recht", gab die Ochsenwirtin bereit willigst zu, denn ihre Tochter sah den Christian Nocker auch nicht ungern, „aber die Männer haben oft einen solch unverständlichen Geschinack. Und vielleicht versteht

dann aus. Die Ge meinde kaufte den Hof. es ist unser heutiges Armenhaus." Während der Greis dies erzählte, kam draußen im Flur ein grauhaariger Mann..wie ein Bauernknecht ge kleidet. die Stiege herausgehastet. Ein paar Burschen, die dort zusammenstanden. um sich abzukühlen, riefen jhin lachend entgegen: „Hallo. Sepp, kommst auch noch zuin Tanze-" Ter Alte ging aber auf den Scherz nicht ein. sondern rief erregt: „Wo ist der Christian? Er soll helmkominen, der Vater ist plötzlich krank geworden." Ta trat

einer der Burschen unter die Saaltür und rief laut: „Christian Nocker. sollst herauskommen!" Christian Nocker batte eben wieder mit der Schiru- bacher Lena einen Tanz beendet und das Mädel auf seinen Platz geführt. To hörte er den Ruf und folgte ihm. Als er draußen den alten Knecht sah. fragte er erstaunt: „Sepp, was ist, willst du mich?" „Ja! Mußt heimkommen, dem Vater ist nicht gut." „Dem Vater?" „Ich glaub', es steht schlecht", meinte der Knecht. „Wart'. >ch komrue gleich!" Christian Nocker eilte in den Saal

ist um den Doktor, der Hans zum Pfarrer gegangen, ich Hab' dich SchÄtz." . . - „Ist der Vater ohnmächtig geworden?" Ter alte Sepp schüttelte bedenklich den Kopf und meinte: „Christian, ich glaube, es ist ein Schlagaiifall gen>esen." Auf einmal blieb Christian Nocker stehen und rief: „Tr. Renger -st ja auch im „Adler". Gehen wir schnell zurück!" Sie waren aber nur wenige Schritte gegangen, da ka men ihnen schon der Arzt und der Iungknechr entgegen. Als sie den Nockerbof betraten, war der Pfarrer soeben

auch angelangt. — N--ch kurzer Untersuchung weiidete sich der Arzt an die Umstehenden mit den Worten: „Tas Herz schlägt nicht mehr, der Tod ist also schon eingetreten." Tr. Reiiger drückte Christian teilnehmend die Hand und ging wieder, der Pfarrer aber sprach am Totenbette die ersten Gebete. Rein mechanisch murmelten Christian Nockers Lippen die Gebete mit. sonst stand er mit unbeweglicher Miene por dein toten Vater und seine Augen blieben trocken. Er konnte feine Trauer empfinden, er konnte nicht lügen

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Der Arbeiter
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Seite 6 von 10
Datum: 17.04.1929
Umfang: 10
©elfe 83. ,Set » e r g f r • e #" Nr. 16. die Alte den Christian stehen und verschwand in der Waschküche. Die Giäubigerversammlung im Konkurse über den Hansjörg Nockerschen Nachlaß beschloß aus Antrag des Schwanenwirtes von Trachberg, alle Liegenschasren in kürzester Zeit zur freiwilligen Versteigerung zu brin gen. Vorher sollte der Verkauf in allen größeren Ta geszeitungen der Umgebung bekanntgemacht werden. Das geschah, und die Versteigerung wurde aus den zweiten April, neun Uhr vormittags

, im Gasthaus zum ..Goldenen Adler" in Oberweiler festgesetzt. Am sel ben Tage nachmittags sollte dann auf dem Hofe die Feilbietung der beweglichen Sachen des lebenden und toten Inventars beginnen, soweit es nicht zum Hofe selbst gehörte. — Christian Rocker hatte der Konkurs- Verwaltung mit Ausnahrye der eigenen Kleider und Wäsche und einiger Andenken an die Mutter, die für keinen anderen Menschen Wert hatten, alles zur Ver fügung gestellt, auch Gegenstände, die man ihn; hatte überlassen wollen. Er wünschte

, daß ein möglichst hoher Er ös erzielt werde, damit der Verlust der Gläubiger nicht gar zu groß sei. Die Tage bis zum zweiten April vergingen Christian elendig langsam. Es war zwar jeder Tag mit Arbeit ausgefüllt, und es wurde immer wieder Nacht, aber er hatte kem Interesse mehr und nur den einen Wunsch, daß die Qual dieser Stunden bcud zu Ende sei. Das Gesinde wurde vom Verwalter bezahlt, auch er bekam für feine Arbeit einen Tage lohn,' er war heute also nur mehr Knecht auf seinem Besitze. Er ging kaum

noch aus und mied die Men schen. ruü er einmal von einem notwendigen Gange zum Vorsteher zurückkehrte, geschah es, daß er doch noch einmal mit der Schirnbacher Lena zusammentraf. Das Mädchen wäre gern ausgewichen, aber es ging nicht mehr, sie hatte Christian zu spät gesehen. So standen sie sich plötzlich gegenüber. — In Lenas Gesicht sckoß das Blut in dunkeln Strömen, und sie wußte nicht, was sie sagen sollte. Christian Rocker aber sprach schein bar ganz ruhig: „Dir muß man ja gratulieren!" - Das Mädchen hörte

!" — Der Hieb saß. Lena war tief erblaßt. — Christian aber ging, ohne sie eines weiteren Blickes zu würdigen, seines Weges. — Der Schmied Michel aber hätte in diesem Augenblick Lenas Gesicht nicht sehen dürfen. Mit wutverzerrten Zügen, die förm lich häßlich und abstoßend wirkten, starrte sie dem Bur schen nach, der ihr seine Verachtung mit solchen Worten entgegenschleuderte. Ein böser Blick folgte Christian und ein häßliches Wort entfloh den Lippen, die ihm so oft herzliche Liebe vorgetäuscht

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Kitzbüheler Bezirks-Bote
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Seite 11 von 16
Datum: 05.03.1905
Umfang: 16
nicht aus. Als Dickhut sich eine Stunde später zum Auf bruch anschickte, wollten seine Beine partout nicht mehr so wie er, und es blieb Herrn Schmitz nichts anderes übrig, als seinen Braunen anspannen und seinen Gast nach seinem Wohltort fahren zu lassen. Das war Wasser auf Christian Gottliebs Mühle. „Wilhelm," befahl er dem Kutscher unterwegs, „fahren Sie mich in N. in den Löwen! Hören Sie? Sollte ich schlafen, wenn wir dort ankommen, so wecken Sie mich! Sie bekommen auch eine Mark Trinkgeld." „Sehr wohl

. Ein kräftiges Schnarchen ant wortete ihm. Von neuem versuchte der Kut scher sein Heil, aber mit demselben Erfolg. Das Rufen vor dem Gasthause hatte die Bewohner und Gäste auf merksam gemacht, und bald um standen inehrere späte Zecher den friedlich schlummernden Herrn Bött chermeister. „Herr Gott! Das ist ja der Christian," jubelte jetzt eine kleine, joviale Gestalt, welche sich eben aus der Türe drängte. „Nun ja, er ist mal wieder seiner Alten aus drei bis vier Stunden entwischt und hat sich bemüht

, die goldene Freiheit nach Kräften zu genießen. Woher kommen Sie?" wandte er sich an den Kutscher. „Bon W." „War er bei Schmitz?" „Allerdings, denn dies ist Herrn Schmitz' G spann." „Weshalb halten Sie denn gier?" „Ich kaufe dir deinen Bart ab, Christian," scherzte der kleine Dicke. „Was willst du dafür haben? Ich gebe dir zwanzig Mark dafür, abtzr du inußt den Bart jetzt auf der Stelle ab schneiden." „Und ich zahle dreißig Mark. dafür," fiel Schwarz ein. „Damit kannst du dann lustig weiter tappen. Gilt's

?" 4 Herr D.ickhut strich sinnend über Gesicht und Bart, er war offenbar noch unentschlossen) aber das Wörtchen „tappen" prickelte ihn schon gewaltig. „Hast du Angst, Christian?" lachte Schwarz. „Sei doch kein Frosch! Der Bart wachst ja wieder." „Topp!" schrie nun Christian Gottlieb Dickhut und hielt die Rechte hin: „es gilt, aber sofort zahlen!" . H/ » f> „Frau Wirtin, eine gute Schere!" Kaspar Schwarz zählte drei Zehnmarkstücke auf den Tisch, dann nahm er unter allgemeiner Heiterkeit die inzwischen

Schwarz zahlte drei Zehnmarkstücke auf den Tisch, darin nahm er unter allgemeiner Heiterkeit die inzwischen herbeigeholte Schere zur Hand .. . „Herr Dickhut hat es so angeordnet." „Na, dann wollen wir uns unfern alten Freund Christian nicht entgehen lassen. Kinder faßt an! Wir heben ihn vom Wagen und tragen ihn in die Gaststube. Dort wird er schon wieder lebendig werden." „Hurra!" lachten die Umstehenden, „das tun wir." Fünf Minuten später saß Christian Gottlieb Dickhut am Stammtisch im Kreise

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Tiroler Grenzbote
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Seite 5 von 8
Datum: 24.07.1942
Umfang: 8
klappten nach innen zusammen. Rauch puffte aus ihrem aufgerissenen Rumpf. Sprenggranaten gingen in die Luft. Es blitzte auf, wie bei einem Fotografen. Es war unglaublich, wie sich diese Falle halten konnte. Löcher, groß wie Scheunentore, klafften in ihrer Bord wand. Das harte Krachen zerreißenden Eisens schlug in das Auföröhnen der hochgeflogenen Munition. Ein Strahlenregen dunkler Brocken fiel auf das Wasser. Christian sah seinem Freunde Hellmuth ernst in die Augen. „Du hast mit deinem Gefühl recht

gehabt. Man soll nicht übermütig werden." Plötzlich zuckte er zusammen. Eine Granate der bren nenden U-Bootsalle traf das Vorschiff des U-Bootes. Es war ein Prankenschlag, der das U-Boot in allen seinen Verbänden erzittern ließ. Das Vorschiff des Unterseebootes bog sich wie aus geglühtes Eisen, bäumte sich auf, sank zurück. Die See um das Boot kochte. Christian sah durch sein Glas oben auf der U-Vootfalle das Gesicht eines Mannes, das ihm irgendwie bekannt vorkam. „Wassereinbruch im vorderen Schott

!" meldete aus der Zentrale eine Stimme. Jetzt ttberkam Christian das Erkennen des tödlichen Ernstes der Lage, in die sein Boot gekommen. „Wir müssen tauchen!" rief Christian. „Die Falle hat nehrere fünfzehn Zentimeter-Geschütze. Eines scheint noch unbeschädigt zu sein." Mit wenigen Sprüngen war alles vom Turm im Jn- auf den Sträuchern, Blumen und Gräsern am Wege. In mahlendem Sand versinken die Pferde und die Räder. Durch knietiefen Sand wühlen sich die Kübel, die Krädler und die Panzer vorwärts

es hier nicht über 300 Meter. Ueber so eine Höhe lacht natürlich jeder, dem daheim die Dreitausender in das Stubenfenster schauen. neren. U266 ging auf fünfzehn Meter Tiefe. Dann be gann es schräg nach abwärts zu gleiten. „Vierzig Grad Vorlastigkeit", meldete der Ingenieur. Bis an den Gangspill stand das eingedrungene Wasser. „Schlagen die Pumpen an?" rief Christian nach unten. „Pumpen schlagen an, können das Wasser nicht be wältigen." „Tauchtanks ausblasen, wir müssen nochmals hinauf", befahl Christian

leckten am Schaltbrett. „Wir müssen trachten, möglichst viel Leute aus dem Boot zu bringen!" rief Christian. „Schwimmwesten anlegenl" befahl Hellmuth und packte die Geheimbücher und Anweisungen in einen blei- beschlagenen Sack, um ihn oben sofort ins Wasser zu werfen. „Sprengbomben anlegenl" war das nächste Kommando. Das Schiff durfte nicht in die Hand des Feindes fallen. „Zulaßventile öffnen!" Der letzte Rest der Preßluft strömte in die Tauchtanks. Qualvoll verging die Zeit, kaum rückte der Zeiger

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Tiroler Grenzbote
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Seite 3 von 4
Datum: 26.08.1942
Umfang: 4
VON THA1TE8 URHEBER-RECHTSSCHUTZ OURCH VERLA6 OSKAR HEISTER,WEROAU/SA (Schluß.) . Nun hälft wieder Finsternis Christian ein. Gefecytspause für die Zerstörer und Torpedoboote. Ein F.D.-Gast reicht Christian die Funkmeldungen, die der Funker aufgefangen hat. Englische Funksprüche. Christian tritt für einen Augenblick in den Lichtkreis des Kartenhauses. „Haben uns nach Westen zurückgezogen . . „Bin schwer beschädigt..." „Dringend Hilfe, Torpedotreffer im Vorschiff." „Treffenweise Wendung zwei Strich

vom Feind. Acht zehn Treffer..." „Bin im Sinken." „Admiral will viernndzwanzig Knoten laufen . . „Kann nicht mehr weiter, nur zehn Knoten . .." „Kann nicht mehr die Linie halten . . ." ,„Jnvincible', melden Sie sich ..." ,„Lion', melden Sie sich, melden Sie sich .. „Wo ist ,Lion', wo ist ,Lion'?" „Zerstörer sammeln ..." Christian legt den Zettel beiseite und geht wieder auf die Brücke. Sein linker Fuß schleppt nach. .Die ,Grand Fleet' dreht ab. Sie kann nur noch ver lieren. Mehr als — sie verloren

hat. Alles verlieren! Scheers Manöver ist gelungen, die Hochseeflotte hat kehrt gemacht. ,Seydlitz' ist zusammengebrochen, dampft langsam nach, aber sonst laufen alle Panzerkreuzer be reits auf Gegenkurs. fl Die ,Grand Fleet' flieht nach Süden. Auf, SW.-Kurs stoßen die Torpedoboote zwischen dem englischen Gros und der Nachhut durch. Christian sieht vor sich im Dunkel einen schwarzen Schatten. Erkennungssignal wird nicht beantwortet. Feuer! Wie Motten flattern die englischen Boote in das Licht, zerreißen

. Der Pulverdampf'sieht in den Strahlen der ^einwerfer wie dampfendes Blut aus. Drei englische Zerstörer brennen. ,Black Prince' brennt. Fackeln zucken auf und verlöschen. Auch die ,Wiesbaden' brennt, ihr letztes Geschütz feuert noch, solange es über Wasser steht. Da trifft Christians Boot ein Prankenschlag. Es bäumt sich auf. Hartes Krachen zerreißenden Eisens, eine feurige Lohe! Noch ein Prankenschlag! Christian hört in seiner Phantasie die Trommeln wirbeln. Zwei seiner Offiziere sind auf die Brücke gekrochen

. Das Heck liegt schon unter Wasser. Noch ein Einschlag. Das Ende! „Jungens, es geht zu Ende mit uns ..." keucht Chri stian. „Wir haben kein Boot mehr ... alles zerschossen. Niemand von den unseren sieht uns, niemand hört uns ... keine Funkanlage mehr ... Sie haben auf uns ver traut ... laßt uns an das Vaterland denken ..." Das Boot sinkt. Ohne daß einer angefangen hätte, setzen sie alle ein. „Deutschland, Deutschland über alles." Sie singen noch, als schon das eisige Wasser ihre Knie umspült. Christian

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Tiroler Grenzbote
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Seite 3 von 4
Datum: 03.08.1942
Umfang: 4
. Es ist dies wieder eine Warnung, die Berge nicht mit ungenügender Ausrüstung zu besteigen. Wann wir- verdunkelt? Am 3. August von 22.14 Uhr bis 4. August 4.26 Uhr. Am 4. August von 22.12 Uhr bis 5. August 4.27 Uhr. (30. Fortsetzung.) „Christian!" Maria streckte beschwörend ihre Hände nach ihm aus. „Wie kannst du so fragen? Ich bin immer treu geblieben. Meinem Deuschtum und meiner Liebe zu bir. Ich habe dich nicht vergessen, Christian." Christians Hände legten sich wie Eisenklammern um den Arm Marias. „Ist dies wahr, Maria

? Ich bin ja so glücklich, so un endlich glücklich!" Langsam senkte sich ihr Kopf an seine Wange. Erfühlte bas Schlagen ihres Herzens. Maria schlang ihre Arme um seinen Hals und legte ihren Mund an den seinen. Aus tränenüberströmten Augen blickte sie Christran „Du mutzt heute nacht noch weg, Christran. Fred .Hal ston wird aus Herford Castle erwartet. Er kennt dich. Was soll aus mir werden, Christian? Hilf mir doch! Ich bin so allein ... so hilflos in diesem Land, es ist so leer um mich, so hoffnungslos

dies alles." Christian sah Maria in die Augen. So hatte erste in der Erinnerung gehabt! So war Maria, seine Maria, durchglüht von heißer Liebe, heißer Treue und starkem Sehnen nach dem fernen Deutschland. „Nimm mich mit nach Deutschland ..." Christian dachte nach. Es durfte nicht sein. Man hätte Maria gesucht, ihr nachgeforscht. Die Nichte eines Mar- queß von St. Mahon? Unmöglich, mit ihr die Grenzen des britischen Reiches zu verlassen. „Es geht nicht, Maria!" Sie lehnte sich in den Stuhl zurück

, auf den sie sich mit jäher Bewegung niedergelassen hatte. Ihre widerspen stigen Locken hatten jetzt im Dunkel den goldenen Schimmer verloren, ihr Gesicht sah geheimnisvoll und verschlossen aus. t „Ich habe sechzig Pfund in meiner Tischlade. Nimm sie zu dir, Christian." r . . „ _ „Ich nehme sie", sagte Christian. „Ich muß mrr falsche Papiere verschaffen. Ich werde ve^uchen, auf einem nor wegischen Dampfer als Kohlenzieher Heuer zu nehmen, um nach den Norölandstaaten zu kommen. Maria, du liebe, gute!" Christian strich

. An den Berghängen leuchtete noch das Grün , der Tannen. Bon einer Anhöhe führte der Weg durch bie Tulpenbeete zum Schloß. Verblühter Fingerhut zwischen einzelnen Sträuchern. Ein paar Herbstzeitlosen verstreut in der Wiese. Christian hörte, wie die Zweige im Herbstwind rauschten. Ich muß wieder den Sturm in den Masten hören, dachte Christian. Ich mutz noch einmal gegen England fahren, auf einer glücklicheren Fahrt. „Danken wir Gott für diese Stunde", sagte er. „Dan ken wir ihm, daß wir noch einmal einander

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Tiroler Grenzbote
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Seite 13 von 18
Datum: 24.12.1931
Umfang: 18
Tinhundertsechsu nkzwa nz'lg'käu send Mark ruhten aus dem Nockerhofe und seinen Gründen. Neunzigtausend, im besten Falle hunderttausend mar der Nockerhos samt allein Drum und Dran, mir lebendem und totem Inventar, wert. Christian Rocker saß regungslos eine lange Weile. Es war ihm, als plage ihn ein wilder, wüster Traum, aber die Zahlen blieben trotzig und grausam. Unerbitt- lich sagten sie dem Manne, daß ihm der väterliche Besitz in dem Augenblicke verloren sei, in dem er ihn antreten hätte

sollen. Dann sprang er auf. „Um Gottes Willen, was hat Vater mit dem vielen Gelde getan?" In diesen Worten machte sich die wahnsinnige Erre gung Luft. Die beiden Hauptgläubiger waren die Sparkasse in Tierstein, der nächsten Stadt, und Jakob Wendlinger, der reiche ^wanenwirt und Brauer aus Tachberg, einem Nachbardorfe. Ihm schuldete Vater ein großes Kapital und auch schon ein kleines Vermögen an Zinsen. Mit nervöser Hast begann Christian Nocker die Laden und Abteilungen des Sekretärs zu durchsuchen

. In einer ledernen Geldtasche fand er ganze vierhundert Mark als einziges Bargeld, in eine andere war eine ganze Meiige von Mahnbriefen, in denen teils die Sparkasse, teils Rechtsanwälte fällige Zinsen und andere Schulden ein mahnten, hineingestopft, dazu kamen Gerichtsurteile uiid Pfanderwirkungsbeschlüsse und dergleichen Urkunden, eine Reihe unbezahlter Rechnungen, auch ein Wirtschaftsbuch, m das seit Jahren keine Eintragungen mehr gemachi waren, kurz, ein Bild trostloser Zerrüttung. Christian Nocker fand

aber nichts, was ihm darüber Aufschluß ge- gegeben hätte, wozu Vater das Geld gebraucht hatte. Der Nockerhof war gut imstande, er mußte ein ganz nettes Erträgnis abwerfen, trotzdem war jeder Ziegel auf dem Dache, jeder Halm im Felde und jeder Stamm im Walde über und über verschuldet. Wie war dies möglich? Es war drei Uhr morgens, als Christian halbbetäubt von der Wucht dieser Entdeckung zu einem knappen, un ruhigen Schlummer se'n Lager aufsuchte. Als aber die Knechte um fünf Uhr in den Stall gingen, da war er auch schon

wieder auf. Gegen neun Uhr kam mit seinen beiden Apfelschim meln der Schwanenwirt von Tachberg angefahren. Etwas schwerfällig stieg der dicke Mann von seinem Wagen, rief einen Knecht, übergab ihm die Pferde und trat dann in den Nockerhof ein. Christian saß in der Stube und rechnete. Eine dunkle Röte glitt über sein Gesicht, als er den Besucher erkannte. „Grüß Gott, Nockerhofer!" rief Jakob Wendlinger mit seiner dröhnenden Stimme. „Hast ein bißchen Zeit? Schön!" Er ließ sich in einen Stuhl fallen. „Christian

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Tiroler Wastl
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Seite 6 von 8
Datum: 27.02.1929
Umfang: 8
nnd knorrig wie eine Eiche, der schöne Midi, ein Handels angestellter, dagegen zierlich und geschmeidig wie eine Birke. Ter Feindschaft entsprossen Blüten von gar üblem Ge rüche. So behauptete! der schöne Flidi öffentlich!, Christian wäre dümmer als es polizeilich erlaubt sei, und die Folge davon war, daß Christian Salzschmecker in einer groß angelegten Rede sich folgendermaßen über fernen Geg ner äußerte: „Wann i den Flidi charakterisieren 'soll, muaßs i zu Fremdwörter greif

it, weil i in unserer Sprach? seine Vorzüge nöt schildern kann. Meine Herren, ohne zu schmeicheln, der Flidr is arrogant wia a Pfau, affektiert wia a Aff' und impertinent wia a. . . . wia a. . ." Dem Christian fiel das Tier nicht ein, das mit den Unge zogenheiten Flidis einen Vergleich ausgehalten hätte. Ter schöne Flidi ähnelte stark einem jener Herren, die man mitunter auf den Schildern von Friseuren ab- konterfeit sieht; er hatte langes, zurückgestrichenes Haar, ein glattes Gesicht mit rosig angehauchten Wangen

zwischen ihm und Christian entstan den, da dieser nämlich selbst die ehrbarsten Absichten auf die genannte Jungfrau hatte. Hanni wäre bei einer Schönheitskonkurrenz Niemals Preisträgerin geworden; aber stattlich war sie, und einen Mehlsack zu trägen, machte ihr nur Spaß. Der Flidi sah diesmal auch gar nichk auf Hübschheit, ihn verlangte vielmehr nach der reichlichen Mitgift der Hanni, mittels der er seine Schnittwarenhandlung in die Welt setzen wollte. Tie Obmannstochter fühlte sich geschmeichelt, als sie wahrnahm

, daß der schöne Flidi seine Fühler nach ihr ausstreckte. Sie fand ihn begehrenswerter als den Christian, den sie bloß wegen seiner Stärke bewunderte. Sie war einmal Zeugin gewesen, wie er mit drei ortsl- bekannten Raufbolden, die ihn mit vereinten Kräften an- griffen, fertig geworden. Ten ersten hatte Christian über einen Gartenzaun geworfen, die beiden anderen aber mit den Köpfen solange gegeneinander gestoßen, bis sie um Gnade winselten. Hanni, die sozusagen ein weiblicher Athlet war, wußte Kraft und Mut

zu schätzen und nahm in der Folgezeit die etwas ungelenken Liebeswerbungen Christians huldvoll entgegen. Sie hatte sich aber gewandelt, seit der schöne! Flidi um ihre Gunst warb, und war gegen Christian kühl und gleichgültig geworden. Es war an einem Sonntag Vormittag, da . saß Christian im Bereinsheim und beschäftigte sich mit einem umfangreichen Gabelfrühstück. Am Nebentisch machte sich der schöne Flidi breit und sprach in feiertägiger Aufge blasenheit Worte, die Christian ins Herz schnitten

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Kitzbüheler Bezirks-Bote
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Seite 10 von 16
Datum: 06.10.1901
Umfang: 16
er theilnahmsvoll des Freundes Hand, welcher dann Henrik einlud, Platz zu nehmen. „Ach, Henrik," sagte Christian darauf, sich dem Kameraden gegenüber an den Tisch setzend, „ich glaube nicht, daß ich um meinen leiblichen Baker so trauern würde, wie um diesen edlen Mann, der sich meiner mit so grm er Liebe angenommen, der für mich bis in sein hohes Alter hinein so schwer gearbeitet hat, trotzdem er wußte, daß er die Zeit, wo ich ihm seine Mühe danken könnte, nicht er leben

, einmal ein großer Mann zu werden, da faßte mein Vater trotz seiner Dürftigkeit den Entschluß, mich studiren zu lassen. Ich kam hierauf auf die Lateinschule, sah einer schönen Zukunft entgegen und träumte nur von Freude und Glück. Jetzt bin ich plötzlich aus meinen eitlen Träumen auf geweckt. Jetzt tritt der Ernst des Lebens an mich heran. Der gute, treue Vater will Abschied von mir nehmen." Christian schwieg, und eine bange Stille herrschte in dem kleinen Zimmer. „Aber komm," brach Henrik, der den Worten

mit Ver wunderung gefolgt war, endlich das Schweigen, „ich be gleite Dich zum Rektor. Du mußt ihn noch heute um Urlaub bitten, damit Du morgen mit dem Frühzuge reisen kannst!" Mechanisch folgte Christian dem Freunde zum Hause des Rektors, zeigte demselben den Brief und erhielt den erbetenen Urlaub. In -aller Frühe des nächsten Tages reiste er fort, über beschneite, öde Felder dahin der Heimath zu. Hoch oben an der jütischen Ostküste lag das kleine, zu den V esttziumen eines Obersten von Friesenborg

Landesfarben roth und weiß ge strichenen Häusern da. Eine alte Frau in großen Holzschnhen stand in der niedrigen Thür uub schaute die Landstraße, auf der Christian vermuthlich heule kommen würde, hinauf. Jetzt wurde der Postwagen sichtbar, und der Postillon in seiner krebsrothen Uniform blies auf seinem Horn, ein Zeichen, daß er einen Passagier, der hier aussteigen wollte, mit sich führie. Der Wagen hielt, Christian stieg aus und fiel der alten Frau, die er als sein gutes Mütterchen begrüßte, um den Hals

. Roch ehe er eine Frage nach dem Ergehen des Vaters gethan, wußte er schon, daß keine Besserung eingetreten war. Das vergrämte Gesicht der allen Frau sprach deutlich genug. In einer niedrigen Kammer, durch deren kleines Fensterlein die Abendröche eben ihren letzten Gruß sandte, lag in sauberem Bette der todkranke Greis. Die ab gemagerten Hände hielt er gefaltet über der Brust, und die bleichen Lippen öffneten sich mühsam zu einem Will kommengruße, als Christian laut schluchzend hereintrat

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Lienzer Nachrichten
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Seite 8 von 8
Datum: 08.02.1918
Umfang: 8
Verwünschungen vor sich hinmurmclnd, als Christian eintrat. „Guten Tag, Herr von Wäldern." .Mas willst Du?" herrschte ihn Wäldern an. „Ich wollte nur hören, ob Sie sich die Sache mit der Lohnerhöhung überlegt haben, Herr," antwortete Christian frech. Wäldern wurde von heftigstem Zorne gepackt. „Da braucht es keine Ueberlegung!" rief er. „Du kannst Dich zum Teufel scheren!" Der Bursche lächelte impertinent. ,Lassen Sie sich noch eins sagen Herr, ehe es zu spät ist. Ich will zur Stadt, habe aber kein Geld

der Gutsbesitzer, und die Zornadern schwollen ihm auf der Stirne an. „Ich werde der Polizei nur einen Wink geben, wo der Mörder der Haushälterin zu suchen ist!" anttvortete Christian. „Du wagst es,.mir das ins Gesicht zu sagen <— Du?" keuchte Wäldern. „Dü kennst den Täter?" „Jawohl. Daß es die Gouvernante nicht ist, das wissen Sie selbst ja ganz genau!" Ehe sich Christian in Sicherheit bringen konnte, sah er den wie toll sich geberdenden Mann auf sich zustürzen, hörte einen pfeifenden Ton durch die Luft

, und die Reitgerte bearbeitete ihn unbarmherzig. Christian schrie laut auf: da schleppte ihn die Faust des Gutsherrn nach der Tür und warf ihn in den Korridor hinaus. Schmetternd fiel hinter ihm die Tür ins Schloß. Eine wilde Drohung schickte Christian dem Dienstherrn nach, dann erhob er sich und stürzte auf den Hof. „Die Gendarmen schicke ich Euch! Ins Zucht haus müßt Ihr alle!" schrie er überlaut. Dann rannte er zum Tor hinaus. Wäldern hatte die letzten Drohworte Chri stians deutlich gehört. Jetzt entsank

er die Pferde mächtig ausgreifen, und der Wagen flog über Stock und Stein. Herr von Wäldern kam zu spät. Er holte Christian nicht mehr ein und wollte nur noch sehen, ob sich der Bursche wirklich in das Stadthaus begab. Um genau beobachten zu können, benutzte der Gutsherr von Nicderbronn ein Gasthaus als Quartier das dem Stadthaus und dessen Haupt eingang gerade gegenüber lag, aus dem plötzlich Christian trat j Wäldern öffnete das Jenfter und wollte rufen. Doch Christian hatte ihn schon bemerkt. Der Bursche

schlug ein höhnisches Gelachter auf, deutete mit dein Daumen hinter sich nach den oberen Fenstern des Stadthauses und ver schwand in einer der Seitengassen. „Jetzt ist alles verloren!" murmelte Wäldern, ließ sich seine Pferde wieder anschirren und fuhr nach Hauke. Wäre der Christian ihm in den Weg gelaufen, er würde ihn erschlagen haben. Aber er bekam ihn nicht zu Gesicht an diesem Tage. In der Nahe des Baron Wengerskhschen Gutes angelaugt, schien Wäldern mit ein-un schweren Entschlüsse zu kämpfen

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Lienzer Nachrichten
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Seite 7 von 8
Datum: 08.02.1918
Umfang: 8
von G. Schätzler-Perasini. „Wird schon sein. Aber das zahle ich ihm Arm!" drohte Christian. „Er meint wohl, ich wäre wie die anderen fürchtete mich vor ihm. Er soll sich wundern!" i. : Grosser winkte ihn heran. „Setzt Euch eine Minute und schwenkt Euch , den Aerger mit einem kräftigen Schluck hin- 1 unter." Christian ließ sich' nicht lange nötigen. Er befand sich übrigens in höchst gereizter Stim mung. „Was würdet Ihr tun," fragte er Grosser, "wenn Euch der Gutsherr die HunÄepeitsjhN ins Gesicht schlüge

, anstatt den Lohn zu er höhen?" ^ „Je nachdem: ich würde suchen, ihm dpn Streich heimzuzahlen und dazu eine passend^ Gelegenheit abwarien." „Heimzahlen! Das ist das Richtige," schrie Christian „und die Gelegenheit habe ich schon." „Ihr wollt nach der Stadt?" „Jawohl, sogar aus die Polizei." „Verdammt auch! Was habt Ihr dort zu tun!" E'Don, der Poli n ma» ich nichts wissen! Er heimzahlen werde ich es dem seinen Herrn döiederbronn — und einem andren dazu. Mehr sage ich. ni<U. Prosit Kamerad

!" %, Jetzt erhob sich Christian. „Ich darf mich nicht länger aufhaltett. So lange ich die Sache auf mir sitzen habe, finde ich keine Ruhe. Vielleicht treffen wir uns später -irgendwo in der Gegend." . Soll mir recht sein." Er reichte dem .Burschen die Hand, und dieser entfernte sich. Grosser sah ihm lange nach. Er will etwas verraten, was dem Gutsbesitzer Schaden bringt. Wenn ich wüßte? Nein, ich bleibe, oder vielmehr, W gehe nach- Niederbronn! Gre ü'tzte seinen Weg fort. e Stunde mochte vergangen

sein, er hatte bereits passiert, als er dem wie toll dahersahrenden Gutsbesitzer von Niederbeonn be gegnete, der allem Anscheine nach Christian zu verfolgeu schien. Als Wäldern den Arbiter bemerkte, riß er die Züge! zurück. „Heda!" schrie er Grosser au. „Habt Ihr keinen Burschen gesehen, der zur Stadt ging, rötlich gelbe Haare, eine Narbe über die Nase und z' mlich groß?" „Jawohl, Herr," nickte Grosser; „stimmt 'chon! Der sagte, er wolle nach der Stadt und aus die Polizei!" Der Gutsherr fluchte

. „Wo war dies und wann?" ries er dann. „Wohl eine Stunde von da, weit hinter Ostra," antwortete Grosser. „Jetzt muß er das Stadthaus längst erreicht haben." „Wenn er sich nicht in einer Schenke am Wege festgesetzt hat!" stieß Wäldern hervor, und liest die lange Peitschenschnur über die Pserderücken sausen. In wilder Eile ging es weiter der Stadt zu. „Zu spät wahrscheinlich!" murmelte Grosser.- Der Polizeiagent hatte recht, Christian betrat um diese Zeit bereits das Stadthaus und stieg die breite Treppe hinauf

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Der Arbeiter
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Seite 6 von 10
Datum: 29.05.1929
Umfang: 10
, der ihn am Atorgen dein, Frühstück traf. Ohne das Be wußtsein noch einmal zu erlangen, tat er in ferner Kammer oben seinen letzten Atemzug, gerade als unten ein Kräftiges Geschrei die Ankunft des neuen Erden bürgers verkündete. Geburt und Tod. Anfang und Ende des menschlichen Wallens auf dieser Erde. . . Erst acht Tage nach der Beerdigung des alten Franz Karl fand auf dem Wolfnerhofe die Taufe statt. Dieses Mal war der Postwirt von St. Peter Pate. Christian Rockers zweiter Sohn erhielt den Namen des eben

Heimgegangenen. Beim Notar draußen in der Stadt z war Franz Karl Wvlfners letzter Wille hinterlegt. Er j bestimmte in kurzen Worten: „Ich vermache meinen ! gesamten Besitz, den Wolfnerhof mit totem und leben dem Inventar, mit allen Wiesen und Wäldern und mein beim Sparverein St. Peter liegendes Barver mögen den Eheleuten Christian und Klara Rocker ins unbeschränkte gemeinsame Eigentum." Wie auch in früheren Zeiten, saßen Christian und Klara abends nach dem Nachtessen und nach des Tages Mühen allein

in der Stube beisammen. Kinder und Dienstboten - eine Magd war nun auch auf-den Hof gekommen — schliefen dann schon. Klara nähte oder besserte Wäsche aus, Christian rauchte feine Pfeife und las in seiner Zeitung oder in den Dorfkalendern, die er hielt und die für den Bauern manches Wissenswerte für Statt und Feld brachten. Oder er plauderte mit seiner Frau über die Tagesarbeit und rvas am näch sten Tage zu tun fei, besprach sich mit ihr über Holz- und Biehverkauf und dergleichen Dinge, über die zu sprechen

sie untertags keine Zeit fanden. Oft aber sprachen sie auch von der Zukunft, die sie ihren Kin dern bereiten wollten und schmiedeten dabei mancher lei Pläne. „Wie ich es nur ausgedacht habe," sprach eines Abends Christian. „Der Hans bekommt den Wolfner hof, die Gretl wird fowiefo einmal fortgehen von uns und dem Franz Karl bauen, wir den Klarenbrunn wie der auf" Da rief Klara voll Freude: „Christian, das ist ein guter Gedanke. Und wenn wir einmal ganz alte Leut chen sind, werden wir bald

auf denn Wolfnerhofe, bald auf de'.n Klarenbrunn bei den Kindern fein." So machten sie sich ihre Pläne. Müßiges Reden und Sinnen des schwachen Menschen. Eine unsichtbare Hand lenkt uns meist ganz andere Wege, als wie wir sie mit unserem endlichen Geiste zu sehen vermeinen. Auch Christian Rockers Fahrt war noch nicht zu Ende, die Berge und einsamen Höhen des Wippachtoles waren nicht feine letzte Station . . Es war wieder einmal Mai geworden, da brachte die Post Christian einen Brief von Tachberg. Jakob Wend- imger

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