*■ 213 ^ denen er hierher gekoinmen war. — „Ich verstehe so gut," fuhr die alte Frau fort, „daß es einem jungen Manne komisch Vorkommen muß, eine blinde, alte Frau zu malen; aber für meinen Mann ist es nicht komisch. Er wünscht es so sehr, er ist der beste Mann, den es auf der Welt gibt, er denkt immer nur an mich. Und wenn solch ein junger Mann wie Sie es auch nicht versteht, wird es doch ein Trost für ihn sein, ein Bild von mir zu haben. Ich dachte gleich, daß Sie es komisch fin
den werden, und darum bin ich rasch vor ihm herge kommen, da mit Sie nicht etwas zu ihm sagen, was ihn kränken könnte — daß es lä cherlich ist oder so etwas. Er hält soviel von Ihnen und ist so froh. Sie hier zu haben, daß ich traurig wäre, wenn es eine Enttäusch ung für ihn werden sollte." „Aber es ist ja die natür lichste Sache von der Welt, daß er gerne ein Bild von Ihnen besitzen möchte", warf Ebing ein. „Ja, doch junge Men schen sehen das vielleicht nicht ein", antwor tete sie. „Die glauben im mer, sie wissen
alles, aber sie wissen doch nicht, wie es ist, wenn Men schen zusam men gelitten haben. Ich -wußte auch erst, was mein Mann mir war, als ich mein einziges Kind verlor. Wenn ich in ■ der Nacht auf wachte und ver geblich das kleine Bett ne ben mir suchte, dann war er es, der mich tröstete. Sehen Sie Erichs Bild dort unter dem Blumenkranz?" — „Ein hübscher Knabe", sagte Ebing. „Ja. Er ist ertrunken. Er hat mit andern am Fluß unten gespielt, und einer fiel ins Wasser, da sprang mein Junge nach, aber sie ertranken beide
. Er war ein gutes Kind und immer der erste in der Klasse. Das haben Vater und ich alles zusammen durchgemacht. Dann wurde ich blind, und nun war es, als wolle er mir meinen Jungen und meine Augen ersetzen und alles für mich sein. Und das ist er auch geworden. Sehen Sie, ich bin alt und häßlich und blind und verkrümmt, aber das sieht er alles nicht. Verstehen Sie das nun?" „Ja, ich verstehe", sagte Ebing leise. „Und ich danke Ihnen, daß Sie offen mit mir gesprochen haben, denn nun erst werde ich ein gutes Bild
von Ihnen malen. Und nun möchte ich gern zwei Bilder von Ihnen machen, ein Brust bild und eins im^Gartenstuhl draußen." „Ja, aber," sägte sie verlegen, „das wird so teuer wer den, und wozu auch." „Ich möchte es ss gerne, es soll nichts kosten. Drei hundert Kronen sind genug — ich wünschte, ich könnte es Gelegenheit macht Diebe. Nach dem Gemälde von L. 3. Arnold. Photographie-Verlag von Franz Hanfstängl in München.