, nur mehr wenige Sommergäste anwesend sind. Am 2. September gegen Abend wurde bekannt, daß unsere tapfere Armee den Russen 160 Geschütze abgenommen ha be, und daß die russische Armee geschlagen sei. Nach halb 9 begann im großen Saale des Gast hofes Wenneberger eine großartige Siegesfeier, ohne daß jemand dazu eingeladen oder davon benachrichtigt worden wäre. Alles, was in un serem kleinen Ort Rang und Namen hat, war wie durch Zufall versammelt. Stehend und mit großer Begeisterung wurden das Kaiserlied
! Besonders mit Dir, mein liebes Weib. Dein innigstliebender, bis zum Tod ge treuer Mann I. R. Liede „Botenieser". In dieser schweren Zeit kann ich nicht anders, als euch möglichst oft einen Brief schreiben. Euch und uns ist gedient, wenn wir uns gegenseitig über das, was uns drückt oder erhebt, aussprechen und einander mit Rat und Tat beistehen. — Soviel ich höre, herrscht an vielen Orten eine gedrückte Stim mung, weil das Gerücht herum geht, unsere Armee habe eine Niederlage erlitten
. Ich kann euch nun bestimmt Mitteilen, daß diese Nachricht, welche in ausländischen Blättern stand, gänzlich erlogen ist. Der Rückzug unse rer Armee hinter Lemberg geschah keines wegs deshalb, weil sich dieselbe nicht mehr halten konnte, sondern aus der einzigen Ursache, um einen günstigen Kampfplatz zu gewinnen. Daß ein und der andere Heeres- teil ab und zu eine kleine Schlappe erleidet, ist leicht verständlich, das kommt auch in den siegreichsten Kriegen vor und ist auch den Deutschen passiert. Ganz sicher
ist aber, daß unserer Armee bis jetzt kein größerer Schlag zugefügt wurde, im Gegenteil, wir haben ein paar glänzende Siege errungen, die für den weiteren Gang starke Bedeutung haben. Männer von Einsicht erklären, daß die Lage unseres Heeres dermalen eine recht günstige sei und zu großen Hoffnungen berechtige. Mehr dürfen wir leider nicht schreiben. Also, Ihr braucht durchaus nicht verzagt zu fein. Beten müssen wir allerdings, so stark wir es ausbringen, aber wir können auch ver trauensvoll in die Zukunft blicken