Heinrich Zillich: Der Sarg Der Kutscher Andreas Kaufmes, der in Tartlau bei einer Fabrik bedienstet war, hatte einen Sohn von acht Jahren und kratzte sich den Kopf, als der Bengel erkrankte und schleunigst ins Spital nach Kronstadt geschasst wurde. Seine Frau be gleitete den Jungen. Zu Hause führte der Vater weiter Sand und Steine, rechnete manchmal die Kosten zusammen, die ihm der Rudi in Kronstadt bei Arzt und Apotheker anhäufte, und schlug der alten Stute Pelenka unwirsch über das Fell
. Am dritten Tage rief ihn der Verwalter zu sich, reichte ihm die Hand und sagte, Peter Tittes sei in der Stadt gewesen und habe erfahren, daß Rudi tot sei. . Der Kutscher Andreas meinte: „Hat der Tittes Peter auch richtig verstanden?" denn Tittes war ein schwerhöriger Mann. Da wurde auch dieser herangerufen, legte die Hand hinter das Ohr und antwortete, ja, er habe schon gut gehört. Im Spital, wo er Eier verkauft habe, sei davon gesprochen worden. Der Donner möge ihn treffen, wenn er nicht die Wahrheit
sage, und im übrigen solle man ihn in Frieden lassen, er sei gar nicht schwerhörig. ,Zch danke für die Teilnahme!" sagte darauf der Kutscher Andreas zum Verwalter und erbat sich zwei Tage frei, wandte sich um und ging zum Tischler Kretschmer. „Ich habe es mir überlegt", begann er, nachdem sie sich die ände geschüttelt hatten, „ich fahre erst morgen nach Kronstadt, wei Tage in der Stadt kosten zu viel. Mach mir den Sarg bis Abend fertig, dann trage ich ihn morgen früh selbst nach Kronstadt
und nach dem Mittagessen begraben wir ihn. Abends sind wir wieder hier." „Wer ist denn gestorben?" fragte der Tischler. „Ra — der Rudi —" meinte der Kutscher Andreas und zog eine Schnur aus der Hosentasche. „Dies ist das Längenmaß. Als man ihn wegführte, dachte ich mir: Spital ist Spital und Spital wie das Grab. Und nahm ihm das Maß. Mach ihm den Sarg, er wird ja billiger fein als in der Stadt. Nimm Tannen holz, außen glatt und schwarz. Drinnen muß es nicht gehobelt fein. Was kostet das?" Der Tischler nannte den Preis
und ließ etwas nach, als der Kutscher Andreas nicht einverstanden war. Am nächsten Tag zog sich dieser ein reines Hemd an und den Sonntagsrock, spannte die Pelenka ein, lud den Sarg, den er schon bezahlt hatte, auf den Wagen und fuhr nach Kronstadt. Vor dem Spital hielt er und hob den Sarg unter den Arm. Der Pförtner wies ihm den Weg und so trat er, immer den Sarg unter dem Arm, in die Stube, wo zwanzig Kranke lagen. Seine Frau sprang vom Lager des Kindes auf, als sie ihn er blickte, war stumm