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Kategorie:
Belletristik 
Jahr:
[1925]
¬Die¬ schönsten Erzählungen.- (Langens Auswahbände ; 22)
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Seite 277 von 291
Autor: Steub, Ludwig / von Ludwig Steub
Ort: München
Verlag: Langen
Umfang: 280 S.. - 1. - 5. Tsd.
Sprache: Deutsch
Anmerkungen: In Fraktur
Signatur: II 61.715
Intern-ID: 93461
Die Antwort kam von der Gasse herauf als ein schallender Juhschrei, mit welchem der Florian seiner Mutter verkündete, daß die Rosi seine Braut sei. Sie gingen ans Fenster und grüßten mit beiden Hän den hinunter: „Hast den Doktor gehört?' fragte Frau Euphrosyne lachend die Wirtin von der Sewi, die in seligem Er staunen sich kaum mehr verwußte. Im nächsten Augenblicke aber waren sie um den Tisch im Erker vereinigt und da feierten der Florian und die Rosi bei fröhlichem Becherklang ihre Verlobung

, und die Eltern hatten die größte Freude darob, daß sie diesen Tag noch erlebt. Nur der alte Weitenmoser konnte leider nicht dabei sein, aber der junge Lorenz wurde gleich geholt und schloß mit dem Florian ewige Freundschaft. Und nachdem etliche Stunden in hoher Fröhlichkeit vergangen waren, stand der Florian auf und führte ihnen zu Gemute, daß morgen Maria Himmelfahrt, der große Frauentag sei, auf den sich alle Kräuter freuen, und die Blumen allzumal blühen da im schönsten Glanz. Also sollten

auch sie sich freuen, und die herzlieben Leute von der Sewi, Eltern und Kinder, sollten alle morgen in sein väterliches Haus nach Langkampfen kommen und sich dort zum festlichen Mahle setzen. Und am andern Tage, an Maria Himmelfahrt, saßen Vater Hechenplaickner und seine Frau und alle seine Kinder mit dem Florian und seiner Mutter beim fest lichen Mahle zu Langkampfen. Und als dies zu Ende ging, begann sich die Halle mit mancherlei Gönnern und Freunden zu füllen, die der Florian am vorigen Abend höflichst

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Belletristik 
Jahr:
[1925]
¬Die¬ schönsten Erzählungen.- (Langens Auswahbände ; 22)
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Seite 251 von 291
Autor: Steub, Ludwig / von Ludwig Steub
Ort: München
Verlag: Langen
Umfang: 280 S.. - 1. - 5. Tsd.
Sprache: Deutsch
Anmerkungen: In Fraktur
Signatur: II 61.715
Intern-ID: 93461
Als Florian den Brief und dessen Beilage gelesen hatte, sagte er ruhig: „Kommt Zeit, kommt Rat. — Jetzt weiß ich, wie es geht und was ich zu tun habe.' Und dann schenkte er sich den Becher bis zum Rande voll und ehe er ihn leerte, sprach er fröhlich: Auf deine Gesundheit, schöne Rosi! morgen gibt's einen guten Tag!' XIV. Ii dem Morgen desselben Tages, da die bleiche Rosi mit ihrem Vater nach Kufstein fuhr, wurde auch zu Langkampfen, in dem Dorf, ein Rößlein eingespannt, und Herr Florian

zu!' So fuhr denn der Florian in Langkampfen ab, un gefähr zur selben Zeit, wie der alte Hechenplaickner in der Gewi, denn die Entfernung ist zwar etwas kürzer, jedoch der Weg auch etwas schlechter. Als aber der Florian damals über die Kufsteiner Brücke fuhr, stand einer da, der auf ihn wartete: Dieser trat naher und fragte: „Wo kehrst denn ein, Florian? Ich stehe schon feit einer Stunde auf der Brücke, damit du mir ja nicht auskommst.' „Wie weißt denn du, daß ich heut um neun Uhr über die Brücke fahre

?' „Nu, heut ist ja die Verhandlung — das wissen wir in Walchsee so gut wie du — das weiß man ja über all. Ich denk' schon lang' an dich, Florian! ich war' so gern nach Langkampfen gegangen, aber du bist ja in Bayern draußen gewesen.'

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Belletristik 
Jahr:
[1925]
¬Die¬ schönsten Erzählungen.- (Langens Auswahbände ; 22)
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Seite 192 von 291
Autor: Steub, Ludwig / von Ludwig Steub
Ort: München
Verlag: Langen
Umfang: 280 S.. - 1. - 5. Tsd.
Sprache: Deutsch
Anmerkungen: In Fraktur
Signatur: II 61.715
Intern-ID: 93461
Wer diese Erscheinung mit ruhiger Überlegung be trachten will, der wird sie auch nicht auffallend finden. Die Rosi war wie der Florian in einem reichen, von alters her angesehenen Wirtshause geboren und so ge hörten beide der bäuerlichen Aristokratie an, welche auf Reinheit des Blutes nicht weniger bedacht ist als die ritterliche. Er galt für den saubersten Burschen, sie für das schönste Mädchen des Gaues, und darin lag für den ländlichen Verstand wieder eine Aufforderung, sie zusam

menzustellen und vereinigt zu denken. Ferner hatte die ästhetische Erziehung, die ihnen durch Lektüre, durch Pflege der Musik und Umgang mit Malern und andern gebildeten Leuten geworden, sie beide aus der Niederung des bäuerlichen Treibens zu einer geistigen Höhe empor gehoben, zu der ihre schlichte und und unentwickelte Um gebung nur schwindelnd hinaufschauen konnte. Wer daher seine Augen spähend in die Runde gehen ließ, der fand für den Florian keine andere Möglichkeit, als die Rosi und für die Rosi

keine andre als den Florian. Die beiden jungen Leute hörten nun allmählich auch davon, daß die ganze Umgegend, das ganze Landgericht mitsamt dem bayerischen Grenzsaum sie miteinander ver heiraten wolle und bereits zusammengesprochen habe, aber diese Kunde wirkte in Langkampfen ganz anders als in der Sewi. Der Florian nämlich ließ sich von solchen Reden gar nicht anfechten. Einmal glaubte er bei seinen Jahren den heiligen Ehestand nicht werktätig und ge flissentlich heranziehen, sondern warten zu sollen

, bis er sozusagen selber käme. Deswegen ließ er es auch un be folgt, wenn ihm etwa ein guter Freund geraten hatte, doch einmal auf die Brautschau zu gehen und sich das Mädchen zu besehen. Überdies war es ihm ärgerlich, daß einerseits die Bauern und die Bäuerinnen so unge fragt über seine Hand und sein Herz verfügen wollten und daß anderseits der alte Hechenplaickner, den er auf den Märkten öfter traf, ihm gar keine Ehre erwies und ihn niemals in die Sewi einlud, denn da der Florian, wie die meisten

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Belletristik 
Jahr:
[1925]
¬Die¬ schönsten Erzählungen.- (Langens Auswahbände ; 22)
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Seite 255 von 291
Autor: Steub, Ludwig / von Ludwig Steub
Ort: München
Verlag: Langen
Umfang: 280 S.. - 1. - 5. Tsd.
Sprache: Deutsch
Anmerkungen: In Fraktur
Signatur: II 61.715
Intern-ID: 93461
Der alte Hechenplaickner und seine bleiche Tochter traten also ein und wurden mit schweigsamer Würde empfangen. Der Tochter, die auch dem Landrichter sehr angegriffen schien, bot dieser einen Stuhl — eine Ehre, welche eigentlich nur die Honoratioren anzusprechen haben. Rosi setzte sich und sah traurig auf den Boden. Der Florian war noch nicht da, weil er noch mit dem Va lentin zu reden hatte. Doch klopfte es sehr bald und er trat mit bescheidenem Gruße in das Amtszimmer. Sein erster Blick siel

auf die junge Gegnerin, welche sich bei seinem Eintritt lang sam erhob; sie wußte wohl selbst nicht warum; aber Florian konnte es immerhin als eine ehrenvolle Begrüßung gelten lassen. Die eine Hand legte sie auf die Lehne des Stuhls, um sich zu stützen, aber ihn sah sie nicht an, sondern schlug die Augen nieder und schloß sie fast. Unser Florian hatte das Mädchen, wie wir wissen, zwar schon einmal gesehen, aber nur flüchtig und unter Umständen, die eine ruhige Betrachtung doch fast aus schlössen

. Jetzt dagegen war die Gelegenheit ungemein günstig — er schaute mit offenen Augen und sah vor sich die herrliche Gestalt, die tadellos war vom Scheitel bis zur Ferse. Auch trug sie ihre schönsten Feiertags- kleider, den Niedern, breitkrempigen Hut mit der goldnen Schnur und Duaste, den feinen weißen Spitzenkragen, die goldene Halskette mit dem goldenen Kreuze, das samtne Mieder, den schwarzseidenen Rock mit der grün seidenen Schürze und die feinen glänzenden Schuhe. Als nun der Florian in des Mädchens edles

Antlitz sah, das von der Pracht des Gewandes fast noch ge hoben wurde, als er ihre verweinten Augen, die tiefe Trauer und das tiefe Leid, das auf ihren Zügen lag, be trachtete, da wurde ihm weh ums Herz und er dachte: An all diesem Elend ist doch nur einer schuld, und der bin ich; Nun begann der Herr Landrichter mit ruhigem Ernst: „Heute, den siebenten August, ist Verhandlung in der Sache des Thomas Hechenplaickner von der Sewi als Vertreters sein er Tochter Rosa gegen den Florian Weiten- moser

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Belletristik 
Jahr:
[1925]
¬Die¬ schönsten Erzählungen.- (Langens Auswahbände ; 22)
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Seite 252 von 291
Autor: Steub, Ludwig / von Ludwig Steub
Ort: München
Verlag: Langen
Umfang: 280 S.. - 1. - 5. Tsd.
Sprache: Deutsch
Anmerkungen: In Fraktur
Signatur: II 61.715
Intern-ID: 93461
Florian bestellte ihn zum Auracher Bräu, und als dort ausgespannt, das Pferd versorgt und er die Treppe hin aufgeschritten war, kam ihm der Valentin Hinterbichler schon entgegen. „Ich Hab' dir nur sagen wollen —' „Daß du an allem schuld bist?' „Meinen möchte man's,' entgegnete der Valentin lächelnd, „aber du kannst noch alles rechtmachen! es wird noch alles gut!' Und damit begann derselbe die Ereignisse, die seit der Unterredung im Hirschengarten vorübergegangen, in den gehörigen Zusammenhang

zu bringen. Da wir aber diesen bereits kennen, so darf sich die Erzählung kürzer fassen und braucht nur zu erwähnen, daß der Valentin seinen Vortrag mit der Behauptung schloß: Von ihm, dem Florian, hänge jetzt alles ab; aber alle, die es gut mit ihnen meinten, sähen den einzigen Ausweg aus diesen Verwickelungen in einer fröhlichen Hochzeit. Damals erzählte der Valentin, wie sich von selbst ver steht, auch das ganze Zwiegespräch, das er mit der Rosi im Garten gepflogen, und wie fein, fein, fein

sie gewesen. Nicht ein schlimmes Wörtlein habe sie trotz ihrer Auf regung über den Florian herausgebracht, vielmehr immer durchblicken lassen, wie sehr er ihr am Herzen liege. Zu allerletzt nur habe sie im tiefsten Schmerze geklagt, wie abscheulich man in Langkampfen droben mit einem armen Mädel umgehe, und diese Worte könne er ihr auch nicht übel nehmen. Ihre Verteidigung habe sie vortrefflich geführt; er habe, wie der Florian ja wisse, schon vorher nichts auf das Geschwätz gehalten und jetzt glaube er wahrhaftig gar

nicht mehr daran. Von allen Seiten höre man nur Gutes über das schwer betroffene Mäd chen; sie sei noch immer der Liebling der ganzen Gegend. Alles nehme Teil an ihr und alles wünsche ihr Glück und Segen. Diese Mitteilungen, die allerdings uns nichts Neues bieten, kamen dem Florian doch sehr gelegen. Er lauschte voll inniger Freude, als ihm der Valentin die Unterredung, in der das Mädchen so „fein' gewesen, in so sympathischer Darstellung berichtete. In seinen

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Jahr:
[1925]
¬Die¬ schönsten Erzählungen.- (Langens Auswahbände ; 22)
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Seite 264 von 291
Autor: Steub, Ludwig / von Ludwig Steub
Ort: München
Verlag: Langen
Umfang: 280 S.. - 1. - 5. Tsd.
Sprache: Deutsch
Anmerkungen: In Fraktur
Signatur: II 61.715
Intern-ID: 93461
bei Gericht gegangen. „Ach,' sagte sie, „wie ich in das Haus getreten bin, ja wenn sich der Boden ausgetan hätte, ich wäre hineingesprungen! Ja, Mutter! so Hab' ich mir noch nicht geforchten auf dieser Welt. Ich Hab' gemeint, da steht alles voller Leut' und die lachen alle über mich, und der Florian kommt mit seinen Lang- kampfener Burschen — ich versteh' ja nichts von solchen Sachen — und alle reden wider mich recht übel und recht bös, und der Florian wird recht feindselig, und der Vater

wird recht tückisch, und zuletzt, habe ich mir denkt, tut der Florian mir ein Leid an.' „O du armes Kind!' seufzte die Mutter, „du phan tasierst ja noch!' „Es ist aber alles anders gegangen; der Florian ist recht freundlich gewesen und hat deutlich gesagt, er will nicht abbitten, aber es gäbe ja noch einen andern Weg; nur der Vater ist so zornig und so hartnäckig und will die Abbitte nicht herschenken. Und so ist aus der ganzen Verhandlung nichts geworden, und wir sind wieder be rufen, auf heut acht Tage

, und da soll ich allein kommen.' „Und fürchtest dir uimmer?' „O nein,' sagte sie lächelnd, „vielleicht geht alles gut. Ich mein', der Florian hat keinen Zorn auf mich. Ein mal hat er gesagt: die liebe Rosi —' „So,' rief die Mutter fröhlich, „das bedeutet was!' „Nein, das bedeutet nichts,' versetzte die Tochter. „So lang er so denkt, wie der Valentin sagt ' Sie ließ die Mutter dag übrige erraten, bat aber bald, sie die nächsten acht Tage noch in Frieden Zu lassen und auf die Sache nicht wieder zurückzukommen

7
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Kategorie:
Belletristik 
Jahr:
[1925]
¬Die¬ schönsten Erzählungen.- (Langens Auswahbände ; 22)
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Seite 199 von 291
Autor: Steub, Ludwig / von Ludwig Steub
Ort: München
Verlag: Langen
Umfang: 280 S.. - 1. - 5. Tsd.
Sprache: Deutsch
Anmerkungen: In Fraktur
Signatur: II 61.715
Intern-ID: 93461
Wein zu trinken. Sie waren allein an ihrem Tische, was beiden sehr angenehm schien, denn es drängte sie — den einen wie den andern — die Lage einmal osse» zu besprechen. Der Valentin begann: „Du, Florian, jetzt reden sie ja gar nichts anderes mehr, als von dir und von der Rosi.' „Was mir recht zuwider ist,' unterbrach der Florian. „Hab' mir's selber denkt, und letztenmal in der blauen Traube haben sie mich so falsch gemacht, daß ich in den Tisch hineingeschlagen Hab'. Der Florian

, Hab' ich ge sagt, hat die Rosi noch gar nie gesehn und sie nicht ihn.' „Hast recht gehabt, Valentin!' schaltete der Florian mit beifälligem Nicken ein; „ich hätt' auch nichts anders sagen können/' „Aber anschauen sollst sie doch einmal.' „Zieht mich nicht recht hinüber in die Sewi —' „Nu, sauber ist sie schon!' „Das sind andre auch.' „Und reich —' „Ah reich? 's sind sieben Kinder; was wird sie krie gen? Vielleicht so sechs-, vielleicht siebentausend Gulden. Ich bin nicht in der Not

.' „Und sonst war' sie auch ganz recht für dich, weil sie gerad so einen -— Streich hat.' „Nu,' sagte der Florian lachend, „ich Hab' an dem meimgen schon genug.' „Ein' andre wird dir doch nicht taugen —' „Ich hätt' eigentlich nichts gegen das Mädel, aber es gefällt mir halt nicht recht, wie's da drüben zugeht, in der Sewi. Die Maler —' „Ja, ja, da geht viel Gerede von den Malern. Wird auch so bös nicht sein.' „Da laßt sie sich zum Beispiel alle Jahre drei-, vier mal malen! Da muß sie ja ganz hofsärtig werden und ganz verrückt

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Belletristik 
Jahr:
[1925]
¬Die¬ schönsten Erzählungen.- (Langens Auswahbände ; 22)
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Seite 275 von 291
Autor: Steub, Ludwig / von Ludwig Steub
Ort: München
Verlag: Langen
Umfang: 280 S.. - 1. - 5. Tsd.
Sprache: Deutsch
Anmerkungen: In Fraktur
Signatur: II 61.715
Intern-ID: 93461
Landgericht, an dem er mißgünstig hinaufsah, als der Florian und die Rosi in der heitersten Laune heraus stürzten. „O der Vater?' riefen beide hoch erstaunt, aber doch in hellen Freuden, und der Florian fuhr gleich fort: „Lieber Vater, wir haben uns verglichen! wenn ich sie heirate, sagt die Rosi, so brauch ich ihr nicht abzubitten, und so den? ich wohl, du schenkst mir's auch.' „Daß dich? Daß dich!' rief lachend der alte Hechen- plaickner, der plötzlich sv heiter und lustig, wie er seit

einem Menschenalter nicht mehr gewesen, auch mit beiden Händen wonniglich auf seine Lederhofe klatschte -— „na, na, na! das hätt' dir aber schon lang einsallen können, Florian? Dir hätten wir sie alleweil vergunnt.' „Dank von Herzen, lieber Vater,' entgegnete der Florian, „aber es ist jetzt auch noch recht worden. Wenn alles so ginge, wie es gehen sollte, so gab es ja gar keine lustigen Geschichten und hätten die Leute nichts mehr zu lachen und nichts mehr zu erzählen.' Wir nehmen gerne Akt von diesen Worten

, welche schon vor vielen Jahren das dereinstige Erscheinen dieser Geschichte ahnen ließen und deren Mitteilung sozusagen auch autorisierten. „Jetzt gehen wir aber zum Auracher!' ries der Florian, „da wartet die Mutter. Die freut sich schon lang!' Sie wartete aber nicht allein, sondern mit ihr auch die Wirtin von der Sewi. Da nämlich der gute Freund, mit dem sie in die Stadt gefahren, beim Auracher Bräu eingestellt hatte, so ließ der alte Hechenplaickner seine Ehefrau einstweilen in die große Gaststube

9
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Jahr:
[1925]
¬Die¬ schönsten Erzählungen.- (Langens Auswahbände ; 22)
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Seite 270 von 291
Autor: Steub, Ludwig / von Ludwig Steub
Ort: München
Verlag: Langen
Umfang: 280 S.. - 1. - 5. Tsd.
Sprache: Deutsch
Anmerkungen: In Fraktur
Signatur: II 61.715
Intern-ID: 93461
Vater oder Mutter vorbeikam, etliche Vaterunser zu beten. Diese Übung wollte sie auch jetzt nicht unterlassen, denn es schien ihr, daß wohl noch manches Gute von oben kommen müßte, bis ihr das Leben wieder Glück und Freude brächte. Endlich sah sie der Florian zwischen den Ähren ein Herkommen in ihrer Jugend vollem Glanz. Er eilte ihr, als er sie gewahrt, mit rascherem Schritte entgegen; sie aber ging still und ruhig entlang, bis sie vor ihm stand und ihren Gang nicht mehr fortsetzen konnte

. Da mußte nun jedenfalls ein Gespräch eröffnet werden, und um zu zeigen, daß er etwas zu reden habe, sagte der Florian freundlich: ' „Rosi —' Darauf antwortete sie leise: „Florian —' Und nun fuhr dieser fort: „Wo gehst hin, Rosi?' „Zu Gericht.' „Streiten?' „Ja.' „Mit wem?' „Mit dir.' „Und gern?' „Ich muß.' „Und der Frieden?' „Steht bei dir!' Damit hatte das Mädchen den Stand der Sache so klar bezeichnet, daß der Florian von dieser Klarheit fast geblendet wurde und in einiger Befangenheit nicht recht

wußte, was er weiter sagen sollte. Aber die Abbitte, die allerdings der Friede war, konnte er nicht anbieten, und das Gespräch sollte doch auch nicht ausgehen. So sagte er denn etwas verlegen und unsicher: „Hättest nur Vertrauen zu mir!' „Hast diz's zu mir?' „Ja, Rosi, jetzt schon!' „Bist denn anders worden?' „Ja, ich bin anders worden, Rosi, ganz anders!' be teuerte der Florian mit allem Feuer seines heißen Her-

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Belletristik 
Jahr:
[1925]
¬Die¬ schönsten Erzählungen.- (Langens Auswahbände ; 22)
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Seite 250 von 291
Autor: Steub, Ludwig / von Ludwig Steub
Ort: München
Verlag: Langen
Umfang: 280 S.. - 1. - 5. Tsd.
Sprache: Deutsch
Anmerkungen: In Fraktur
Signatur: II 61.715
Intern-ID: 93461
—' „Und mir noch lieber!' „Möcht' nur wissen, warum sie alle so gern haben?' „Ich weiß 'g schon, seitdem ich sie gesehen Hab'!' „Und nach allem, was ich hör', sagen ihr die recht schaffenen Leut nicht das mindeste nach und darum sag' ich: Geh, Heirat' s, Florian, Heirat' s! Jetzt hat sie einmal den Schimpf; ein andrer stoßt sich dran; der, der's tan hat, braucht ihn nicht zu scheuen.' „Darfst mir nicht zureden, Mutter! Ich denk' an nichts andres.' „Und mit ihrem Schimpf vergeht auch der deinige. Jetzt ist die arme

Haut so tief Herunken, daß sie jede Mistdirn' auslacht, und du kannst sie wieder heben auf die höchste Höhe. Und das mußt du tun, Florian!' Da erhob sich die stattliche Frau, um zu gehen, und reichte ihm in mütterlicher Würde noch die Hand. Er druckte einen warmen Kuß darauf, was zwar unter Bauernleuten fönst nicht vorkommt, aber vielleicht für diesesmal durch seine „halbgebildete' Aufregung ent schuldigt werden kann. Als aber die Mutter schlafen gegangen, kam die Leni, die Kellnerin, herein

und über gab dem Florian einen „Brief' vom Landgericht, den der Gerichtsdiener schon vorige Woche gebracht habe. Der Brief war aber eine Vorladung zum k. k. Land gericht Kufftein auf den siebenten August um neun Uhr morgens in Sachen Rosa Hechenplaickner, vertreten durch ihren Vater Thomas Hechenplaickner, Wirt in der Sewi, gegen Florian Weitenmoser, Wirt zu Langkampfen, wegen Schmerzensgeld zu dreihundert Gulden, wegen Ehren- kränkung und Abbitte. Die Klageschrift, die damals in der Sewi verfaßt worden

11
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Jahr:
[1925]
¬Die¬ schönsten Erzählungen.- (Langens Auswahbände ; 22)
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Seite 247 von 291
Autor: Steub, Ludwig / von Ludwig Steub
Ort: München
Verlag: Langen
Umfang: 280 S.. - 1. - 5. Tsd.
Sprache: Deutsch
Anmerkungen: In Fraktur
Signatur: II 61.715
Intern-ID: 93461
und Fisch gegessen — ganz gut und gar nicht teuer. Und am andern Tag find wir aufs Schloß und haben den Turm angeschaut, wo der Kanzler — ja die Namen kann ich mir nicht merken —' „Der Kanzler Breuer,' ergänzte der Florian. „Ja, wo der Kanzler Biener hat sein Leben lassen müssen. Soll's recht gut gemeint haben, der Biener — tröst' ihn der liebe Gott! Und nachher sind wir zur heiligen Notburg auf Eben — haben 's Fuhrwerk in Jenbach gelassen — schöne Wallfahrt, aber sonst nicht viel — und nachher

nach Absam zu der Mutter Gottes in der Fensterscheiben. Hat schon viel Heiraten gestiftet, dieselbige, und weil es jetzt doch so drumrum geht, so habe ich betet, daß du eine schöne, brave Frau — nein, Florian — ich sag's aufrichtig — ich Hab' betet, daß du die Rosi kriegst.' „Und ich bet' auch schon vierzehn Tage drum,' sagte Florian lächelnd. „Da muß's was werden.' „Da sind wir beim Bogner im Garten gesessen und haben in die Stubeier Ferner hineingeschaut, ausgezeich nete Ferner, ganz schneeweiß

, und eine Maren d' bestellt. Aber die Frau Bognerm, die kann auftragen! Haben doch nicht viel zahlen müssen. Ist der Kaplan Ruf dahergekommen, vom Narrenhaus, ein lustiger Herr, haben lang gescherzt miteinander.' „Ja derselbige,' schaltete Florian ein, „das ist ein Pfiffikus, den kennt man schon? Der hat's mit der Philo sophie und liest lauter verbotene Bücher, ist aber recht unterhaltlich!' „Und am Abend sind wir nach Hall hinein und beim Bären find wir über Nacht geblieben. Ganz fein! Hat fich's Peppele

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Jahr:
[1925]
¬Die¬ schönsten Erzählungen.- (Langens Auswahbände ; 22)
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Seite 246 von 291
Autor: Steub, Ludwig / von Ludwig Steub
Ort: München
Verlag: Langen
Umfang: 280 S.. - 1. - 5. Tsd.
Sprache: Deutsch
Anmerkungen: In Fraktur
Signatur: II 61.715
Intern-ID: 93461
D H nd nachdem seme Zeit verlaufen, verließ der I I Florian wieder sein liebes München, fuhr mit H dem Postwagen bis Kufstein und ging dann zu Fuße nach Langkampfen, wo er vor seinem Hause am Dienstag den sechsten August eben ankam, als nach eingebrochener Dämmerung auch seine Mutter in einem Einspänner vorfuhr. Es versieht sich von selbst, daß die Begrüßung äußerst herzlich war. Zwar fand es Florian etwas überraschend, daß auch die Mutter fast vierzehn Tage in der Welt herumgefahren

, aber er war nur um so neugieriger, zu Hören, welche Straßen sie gezogen, welche Orte sie ge sehen und wie sie überall durchgekommen sei. Die vollen Gläser, der kalte Braten, der Schinken und der Schweizerkäse waren auch kaum zum Abendessen aufgestellt, als sie von selbst ganz fröhlich begann: „Aa, lieber Florian! mir ist es gerade gegangen, wie dir — ich Hab' die Tratscherei nur drei Tage ausgehalten; dann bin ich auf und davon. Hütt' ich alleweil wissen sollen, wer die Sewner Rosi 'bissen hak! Und viele andere Sachen

auch noch! Deinen schlauen Bries Hab' ich dreimal gelesen, steht aber nichts drin. Und alleweil inehr wären gekommen, aus der Stadt und bis vom Bayerland 'rein. Na, Hab' ich da zum Hansel gesagt, da könnt' eines närrisch werden mit dem ewigen Fragen — jetzt spann' ein, jetzt gehen wir auf Reisen! Die Wirtin von Langkampfen wird's wohl auch einmal pro bieren dürfen.' „Das ist luftig,' sagte Florian lachend, „die Frau Mutter auf Reisen! Nu, 's Geld hast kennt?' „O mein,' erwiderte sie, „hast mich genug gekostet

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Kategorie:
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Jahr:
[1925]
¬Die¬ schönsten Erzählungen.- (Langens Auswahbände ; 22)
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Seite 272 von 291
Autor: Steub, Ludwig / von Ludwig Steub
Ort: München
Verlag: Langen
Umfang: 280 S.. - 1. - 5. Tsd.
Sprache: Deutsch
Anmerkungen: In Fraktur
Signatur: II 61.715
Intern-ID: 93461
„Ja gern, ja gern — von dir!' „Heut bist so lieb, du Feine, und so gut aufgelegt. Könntest wohl noch etwas annehmen —' „Ja, was denn?' „Einen braven Burschen, der dich unendlich gern hat!' „Und wer ist denn der?' fragte die Rosi schalkhast, denn nunmehr klopfte ihr das Herz vor Freude und sie wußte schon ebenso genau wie wir, was jetzt noch kom men würde. „Wer anders, als der Florian — der Florian mit Leib und Seel', mit Haus und Hof! O nimm ihn' doch, du Schöne!' „Ja gern, ja gern, du Schöner

das anmutige Paar unter spru delnden Gesprächen der Stadt und dem k. k. Landge richt zu. Die Rosi erinnerte sich jetzt zuerst, in welch verzwei felnder Stimmung sie vor acht Tagen diesen Weg ge kommen war und sagte es auch dem Florian, wogegen ihr dieser allerdings erwidern konnte, daß er schon da mals voll der schönsten Hoffnungen gewesen, daß ihm seine Mutter, die sich so sehr auf sie freue, schon da mals gedroht, er dürfe nur als Hochzeiter heimkommen, und daß sie, wenn der Vater nicht so zornig

geworden, gewiß schon damals als Verlobte aus dem Landgericht gegangen wären. Bei dem Stiegel aber, dessen schon oben gedacht ist, erwies der Florian seiner Braut den ersten Ritterdienst, indem er mit beiden Händen ihre schlanke Büste umfaßte und das Mädchen mit jugendlicher Kraft emporhob, so

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Jahr:
[1925]
¬Die¬ schönsten Erzählungen.- (Langens Auswahbände ; 22)
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Seite 248 von 291
Autor: Steub, Ludwig / von Ludwig Steub
Ort: München
Verlag: Langen
Umfang: 280 S.. - 1. - 5. Tsd.
Sprache: Deutsch
Anmerkungen: In Fraktur
Signatur: II 61.715
Intern-ID: 93461
fessor gewesen ist, der hat gelacht und hat gefragt, ob du dahier keine Stunden m der griechischen Sprach' gibst.' „Au weh,' schrie der Florian, der nun ebenfalls lachte und sich hinter den Ohren kratzte, „das ist ein böser Hieb!' „Er läßt dich aber recht schön grüßen. — Und nach her sind wir nach Innsbruck und haben beim Gamper eingekehrt, ganz oben am Triumphbogen. Haben uns recht schön ausgewartet, allerhand gute Sachen und guten Wein — hat der Hansel wieder einen Assen gehabt — alles recht

freundlich und sehr billig. Bin dreißig Jahre lang nicht mehr hinausgekommen — schöne Stadt, dies Innsbruck — weißt nicht, wo du hinschauen sollst vor lauter Schönheit.' „Am liebsten Hab' ich die schönen Mädeln angeschaut.' „Ja, du schon! Und nachher sind wir hinauf zum heiligen Wasser; prächtiges Wasser, aber 's ist gar so weit hinauf und da Hab' ich den Wein doch lieber ge trunken.' „Ganz einverstanden, Frau Wirtin!' sagte Florian. „Und da sind wir noch zwei oder drei Tage in Inns bruck geblieben, stnd

nach Amras und aus die Martins- wand und nachher herunter ins Zillertal nach Fügen. Haben die Rainer singen hören zu der Zither; ja, da meinst schon, die Engel stngen und die heilige Cäcilie spielt's Klavier dazu.' „Ja, wenn sie eins hat!' sagte Florian. „Hak der Hansel den dritten Affen gehabt. Und so sind wir wieder heimgekommen und ist die Zeit vorbei gewesen wie ein Augenblick und alles sehr schön, recht fein und ganz nobel!' „Prächtig!' rief Florian und klatschte Beifall spen dend in die Hände

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Jahr:
[1925]
¬Die¬ schönsten Erzählungen.- (Langens Auswahbände ; 22)
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Seite 217 von 291
Autor: Steub, Ludwig / von Ludwig Steub
Ort: München
Verlag: Langen
Umfang: 280 S.. - 1. - 5. Tsd.
Sprache: Deutsch
Anmerkungen: In Fraktur
Signatur: II 61.715
Intern-ID: 93461
in ihrer vollen Schönheit und ihrer vollen Pracht vor unserm Florian stand. Der Eindruck war überwältigend. Jene milde Trauer, die auf dem Antlitz lag, die edlen Züge, die herrliche Gestalt — die Maler, die Germania, die Strümpfe und alles war vergessen. Es ging ihm wie ein wonnevoller Blitz durch Leib und Seele — sie war die rechte, die einzige' Und so fuhr er denn auch sogleich in die Höhe und rief wie bezaubert: „Gott sei Dank, daß ich dich auch einmal sehe, du schöne Rosi

— ich bin der Florian von Langkampfen!' Diese Worte waren aber kaum verhallt, als sich das holde Antlitz der lieblichen Maid bereits verfinstert hatte'; ihre Stirne runzelte sich, ihre Augen leuchteten tödlich und sie sprach laut und hörbar: „Also du bist der, der ein ehrliches Mädel so zugrund richtet?' „Ist das dein schönster Gruß, du wilde Dirn?' ver setzte der Florian betroffen. „Und hätt'st mir so gut gefallen?' Das Mädchen gab aber keine Antwort, sondern ließ sich auf seinen Stuhl nieder und schlug den Blick

die Unruhe nur dadurch etwas be schwichtigt, daß vorne auf der Bühne der Schutzgeist im Flügelkleide austrat und seinen Gesang begann, welchen das Bauernorchester mit allerlei Tonwerkzeugen kunstreich begleitete. Aber obgleich die Vorstellung als Eröffnungsfeier gelten sollte, so waren die Hauptpersonen des Spiels vorderhand doch nicht der Heiland, Jesus Christus von Nazareth, und die Jungfrau Maria, sondern der Florian 216

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Bücher
Kategorie:
Belletristik 
Jahr:
[1925]
¬Die¬ schönsten Erzählungen.- (Langens Auswahbände ; 22)
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Seite 258 von 291
Autor: Steub, Ludwig / von Ludwig Steub
Ort: München
Verlag: Langen
Umfang: 280 S.. - 1. - 5. Tsd.
Sprache: Deutsch
Anmerkungen: In Fraktur
Signatur: II 61.715
Intern-ID: 93461
die Blähe fällt auf uns und ist ein schrecklicher Schrecken — aber,' sagte sie da, indem sie erschöpft aus den Stuhl sank, „ich kann — nicht — mehr — weiter.' Unser Florian suhlte ein inniges Mitleid, da er die arme Rosi so zusammensinken sah. Als der Landrichter von der gesetzlichen Vorschrift gesprochen, glaubte er nicht mehr dreinreden zu dürfen, aber als er die Angst des mi n ni glichen Mädchens gewahrte, nahm er sich doch ein Herz und fragte- „Ist denn die Geschichtserzählung so notwendig

? Kann man nicht darauf verzichten?' „Freilich kann man verzichten,' antwortete der Land richter, „wenn man den Vorgang zugesteht.' „Den Vorgang gesteh' ich ja zu. Die Geschichtser- zählung schenk' ich dir, Rosi!' Die bleiche Rosi schlug in schmerzlicher Freude die Hände zusammen. „Er ist halt doch ein braver Mensch!' rief sie. „Und nun, Florian, schenke ich dir auch die —' „Die Abbitte,' wollte sie sagen, aber der Vater siel noch im rechten Momente drein und fuhr sie zornig an: „Du hast nichts zu verschenken

! Auf die Abbitte ver zichte ich nicht!' „Aber zu was brauchst sie denn?' fragte da der Florian. „Das will ich dir gleich erklären,' brummte der alte Hechenplaickner, „wenn du's nicht selber verstehst. Du hast meiner Tochter — ist so ein braves Mädel — einen Schimpf angetan, und der muß über dich kommen. Der Lorenz hat dich auf dem Markte erstechen wollen, aber das ginge ans Zuchthaus und wäre nichts für meine weißen Haare. Die, die's verstehen, behaupten, man kann dir nicht weiter zu, als bis zur Abbitte

. Ist ein rechter Bettel! Aber herschenken können wir sie nicht!' „Ja, ja, Hechenplaickner,' sagte da der Florian, so bieder und gemütlich, wie er's nur aufbringen konnte, „hast wohl recht — ist ein rechter Bettel! Aber für dich ist's zu wenig und für mich ist's zu viel. Ich bin's nicht schuldig und tu's auch nicht. Aber es gibt ja noch einen anderen Weg —' Strub, AuSw. Bd. II 17

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Bücher
Kategorie:
Belletristik 
Jahr:
[1925]
¬Die¬ schönsten Erzählungen.- (Langens Auswahbände ; 22)
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Seite 177 von 291
Autor: Steub, Ludwig / von Ludwig Steub
Ort: München
Verlag: Langen
Umfang: 280 S.. - 1. - 5. Tsd.
Sprache: Deutsch
Anmerkungen: In Fraktur
Signatur: II 61.715
Intern-ID: 93461
Als der Florian damals in die Stadt gefahren und zuerst bei einigen Handwerkern herumgegangen war, um die Auftrage seines Vaters zu bestellen, kehrte er zuletzt bei den drei Königen, oder, kürzer gesagt, beim Dreikönig ein und setzte sich in die warme Stube, um sich durch ein Seidel jenes kräftigen Weines, durch ein Paar jener saftigen Würstchen, wie sie der Dreikönig von alters her zu spenden pflegt, für den kalten Heimweg vorzubereiten. Dort fand er auch schon eine kleine aber angenehme

Ge sellschaft. Es war nämlich die Zeit der ersten Dämme rung, und um diese Zeit gingen damals die reputierlicheu Bürger zum ersten Trunk, um abzuwarten, bis zu Hause die Lichter angezündet worden, so daß auch diese kurze Weile nicht ungenützt verstrich. Der Florian kannte da mals die Herren noch nicht so genau, aber wahrscheinlich war der Herr Bürgermeister, der Herr Seifensieder, der Herr Bürstenbinder, vielleicht auch der Herr Nagelschmied unter ihnen, da diese den Dreikönig ebenso hoch zu schätzen wußten

als dieser sie. Jedenfalls scheint damals viel Vernünftiges gesprochen worden zu sein, denn der Florian hatte, als er heimfuhr, von Kufstein bis Langkampfe», darüber nachzudenken, wie er denn auch seinen Vater, der ihn unter der Haustüre in Empfang nahm, sogleich mit folgenden Worten ansprach: „Vater, jetzt gibt's was Neues! Jetzt Hab' ich mich wieder besonnen und bin der Meinung, daß ich noch weiter studieren muß, aber nicht bei den Franziskanern, sondern — Ja, du hättest heut nur beim Dreikönig sein sollen

, bei den Kufsteiner Bürgern, wie die gesprochen haben, von einer landwirtschaftlichen Lehranstalt da draußen in Bayern, drei Stunden unterhalb München, Schleis- heim heißt sie, was man da alles lernen kann, alles, was der Landwirt braucht und vielleicht noch mehr. Da laß mich hingehen, Vater! Da wirst schauen, was aus mir wird!' Florian setzte dann seinem Vater und der Mutter, die auch herbeigekommen, sehr verständlich auseinander, war um ihm das Leben am heimischen Herde noch nicht s^ recht behage

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Bücher
Kategorie:
Belletristik 
Jahr:
[1925]
¬Die¬ schönsten Erzählungen.- (Langens Auswahbände ; 22)
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Seite 183 von 291
Autor: Steub, Ludwig / von Ludwig Steub
Ort: München
Verlag: Langen
Umfang: 280 S.. - 1. - 5. Tsd.
Sprache: Deutsch
Anmerkungen: In Fraktur
Signatur: II 61.715
Intern-ID: 93461
wird, noch jene schwer verschmerzten, internationalen Kampfspiele abgehalten, in denen die bayerischen und die tirolischen Jünglinge jeden Sommersonntag gegen einander standen, um zu erproben, aus welcher Seite der Mut und die Kraft und mit ihnen der Sieg und der Ruhm. Da wurde unser Florian am Feste der Apostel fürsten Peter und Paul (29. Juni) des Abends blutend und halbtot aus dem Wirtshause getragen und lag mehrere Tage in Lebensgefahr beim Landarzt, ein Aben teuer, das den urteilsfähigen

Langkampfenern um so rühmlicher schien, als er vorher einen der bayerischen Ephebcn mit dem steinernen Maßkrug derart auf den Kopf gehauen, daß dieser ebenfalls bewußtlos zum Land arzt gebracht werden mußte. Der Florian ließ zwar damals den Schullehrer des Ortes gleich nach Haufe schreiben und diktierte ihm, daß er nur unfreiwillig ins Gefecht verwickelt worden und nicht ganz gut wegge kommen sei, jedoch in wenigen Tagen wieder seine Ge nesung feiern und die Gelegenheit benützen werde, um eine Erholungsreise

nach München zu unternehmen, nach deren glücklicher Vollendung er wieder ganz wohlbehalten in der Heimat einzutreffen hoffe; aber diesen Brief hatte er eigentlich nur so schreiben lassen, damit ihn die Mutter nicht selbst in Bayerisch Zell aufsuche und über seinen Zustand Angst und Kümmernis empfinde. In dessen war st e doch in der äußersten Unruhe, wartete zwar einige Tage, wollte aber dann, als sie gar nichts mehr hörte, gleichwohl stch aufmachen und nach jenem Orte begeben, als der, Florian plötzlich

in der Türe stand und ihr fast wie ein Geist erschien, weil er zwar seine ganzen Glieder hatte, aber totenbleich und schwach war. „Jetzt hast so viel gelernt,' sagte da die Mutter, „und machst solche Dummheiten! Wäre mir schon lieber, wenn du wieder etliche Ochsen malen möchtest!' „Mutter,' versetzte aber der Florian, „jetzt leg' ich mich drei Tage ins Bett und erhole mich; dann Hab' ich ausgetobt. Es war eine moralische Notwendigkeit.' Und so legte er stch denn ungesäumt zu Bette und stand nach drei

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Kategorie:
Belletristik 
Jahr:
[1925]
¬Die¬ schönsten Erzählungen.- (Langens Auswahbände ; 22)
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Seite 225 von 291
Autor: Steub, Ludwig / von Ludwig Steub
Ort: München
Verlag: Langen
Umfang: 280 S.. - 1. - 5. Tsd.
Sprache: Deutsch
Anmerkungen: In Fraktur
Signatur: II 61.715
Intern-ID: 93461
stand. Er saß noch nicht lange da, als zwei Mariner vorübergingen, die eben aus dem Wirtshause kamen, zwei ehrbare Familienhäupter, welche früh nach Hause trach teten. Florian kannte sie zwar nicht, aber der eine war der Dominikus Weinzierl, der biedre Wirt im Mühl graben, und der andre der Peter Schindelholzer von Niederndorf, ein Vetter des wackeren Pfarrers Schindel holzer von Kundl, der ein sehr gebildeter Mann war, im Jahre 1667, um einmal die Welt zu sehen, zur Pariser Ausstellung reifte

und vor zwei Jahren, allge mein betrauert, starb. Sie gingen langsam ihres Weges und besprachen mit lauter Stimme das große Ereignis. Den Florian, der unter dem Birnbäume saß, bemerkten sie nicht; dieser aber hörte eine Zeitlang alles, was sie redeten. „Ja, ja,' sagte der Peter Schindelholzer, „dies Spek takel! von dem wird man noch lang reden!' „Und daß die Rosi bissen worden ist, das ist doch noch nie vorgekommen.' „Ja, der Vater hat gleich einspannen lassen und ist mit ihr davon.' „Wer sie etwa bissen

hat?' „Sie weiß 's nicht, oder sie sagt's nicht. Es wird schon einer sein.' „Vielleicht der Webersranzel? der ist nicht weit ge sessen davon.' „Na, der Weberfranzel, sagen sie, beißt nicht.' „Nu, wenn's der nicht ist, wird's schon ein anderer sein.' „Vielleicht der Florian von Langkampfen; sind auch viele dafür.' „Haben ja alleweil gesagt, der will sie heiraten.' „Nu, jetzt hat er sie halt einmal bissen — heiraten kann er sie alleweil noch!' sagte der Schindelholzer mit Hellem Lachen. Da verklangen

die Stimmen, vielmehr die Worte, denn das fröhliche Gelächter der Männer schallte noch länger durch die stille Nacht. Nachdem der Florian dies Gespräch vernommen und gewürdigt hatte, glaubte er ganz sicher voraus zu sehen, 22H

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