91 Ergebnisse
Sortieren nach:
Relevanz
Relevanz
Erscheinungsjahr aufsteigend
Erscheinungsjahr absteigend
Titel A - Z
Titel Z - A
Bücher
Jahr:
[1948]
Gesammelte Werke ; Bd. 2
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/KSG_2/KSG_2_305_object_3825759.png
Seite 305 von 674
Autor: Schönherr, Karl / Karl Schönherr. Hrsg. von Vinzenz Chiavacci jun.
Ort: Wien
Verlag: Donau-Verl.
Umfang: 690 S. : 1 Portr.
Sprache: Deutsch
Anmerkungen: Enth.: Bühnenwerke
Signatur: 10.947/2 ; II 61.345/2
Intern-ID: 226118
DER ARZT (befühlt ihre Stirn) Ist dir jetzt schwer? DIE FRAU Ja, nein, aber ich bin so, (denkt angestrengt nach) so! DER ARZT Wie bist du? DIE FRAU Ich weiß nicht. Gar nicht bim ich! (Sinkt wieder zurück) Gar nicht! DER ARZT Du bist noch nicht wach! DIE FRAU (beginnt leise in sich hi neinzu weinen) Ach Gotti DER ARZT Warum weinst du? . DIE FRAU Weil mir so ist! DER ARZT Kannst du mir nicht sagen, wie? DIE FRAU So wie, (denkt nach) ich weiß nicht, ich spür mich nicht! (Sinkt hilflos

wieder zurück) Ich weiß nichts! DER ARZT Du bist noch benommen! DIE FRAU (setzt sich auf. Bittend) Du Paul, komm zu mir her, ja? DER ARZT (setzt sich neben sie hin) Da bin ich, Maria! DIE FRAU (legt den Arm auf seine Schalter) Gelt, von mir weißt du aber jetzt alles! DER ARZT Ja, ganz und gar alles ! DIE FRAU Ich kann dir nicht sagen, wie froh ich bin. Es ist ja so schrecklich gewesen! DER ARZT Was? DIE FRAU Wenn man es als Frau muß heimlich haben. Als wenn es eine Schande war! DER ARZT Warum denn heimlich

? Vor wem? DIE FRAU Aus Furcht vor dir! Aber du bist ja gut, nicht wahr, Paul? DER ARZT Ich weiß nicht, wie du das meinst! DIE FRAU (lächelnd) Gelt, Paul, jetzt weißt du auch, was ich gehäkelt habe! DER ARZT Spitzen, hast du gesagt, nicht? DIE FRAU (lächelnd) Ja und noch etwas, was auf ein ganz kleines Köpfchen paßt. Ein Häubchen, mit Spitzen dran!

1
Bücher
Jahr:
[1948]
Gesammelte Werke ; Bd. 2
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/KSG_2/KSG_2_304_object_3825757.png
Seite 304 von 674
Autor: Schönherr, Karl / Karl Schönherr. Hrsg. von Vinzenz Chiavacci jun.
Ort: Wien
Verlag: Donau-Verl.
Umfang: 690 S. : 1 Portr.
Sprache: Deutsch
Anmerkungen: Enth.: Bühnenwerke
Signatur: 10.947/2 ; II 61.345/2
Intern-ID: 226118
Sie kommen! (Gibt sich im Eifer einen Ruck, so daß sie in halbsitzende Stellung kommt) Hilfe i DER ARZT (unterfaßt sie, bevor sie wieder zurücksinken kamt, mit einem Arm und streichelt ihr mit der anderen Hand die Wange) Niemand kommt! DIE FRAU (starrt mit angstvoll aufgerissenen Äugen ins Leere) Da sind sie schon wieder! Da, da! DER ARZT Wer ist da? Niemand ist da! DIE FRAU Die beiden zahnlückigen Alten! (Weinerlich) So hart haben sie mir s angefaßt; mit ihren Klapperfingern

! (Will von der Ottomane auf) Hilfe! Sie kommen! DER ARZT (drückt sie auf das Lager nieder) Für cht dich nicht! DIE FRAU (zackt bei der Berührung heftig zusammen) Wo bin ich? DER ARZT Du bist bei mir! DIE FRAU (ganz wirr ihn anstarrend) Bist das du, der Paul? DER ARZT Ja, und du hast geschlafen! DIE FRAU (wirr) Sind sie jetzt fort? DER ARZT Wer war denn da? DIE FRAU (sich furchtsam umsehend) Die zwei Alten. Sie wollten mirs nehmen! Hast du sie verjagt? DER ARZT Wie ist dir jetzt? DIE FRAU (starrt ihn an) Mir? Gut

! DER ARZT Bist wieder ohnmächtig geworden! DIE FRAU (ungläubig lachend) Ich? Aber nein! DER ARZT ja, ja. Weißt du das nicht? DIE FRAU Nein! (Fühlt sich an die Stirn) Mir hat nur schwer geträumt, das weiß ich! DER ARZT So. Was hat dir geträumt? DIE FRAU Wie spät ists? DER ARZT (sieht auf die Uhr) Es geht auf fünf Uhr früh! DIE FRAU (froh) Gott sei Dank, dann wird es bald Tag. Dann wird mir 'leichter!

2
Bücher
Jahr:
[1948]
Gesammelte Werke ; Bd. 2
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/KSG_2/KSG_2_290_object_3825730.png
Seite 290 von 674
Autor: Schönherr, Karl / Karl Schönherr. Hrsg. von Vinzenz Chiavacci jun.
Ort: Wien
Verlag: Donau-Verl.
Umfang: 690 S. : 1 Portr.
Sprache: Deutsch
Anmerkungen: Enth.: Bühnenwerke
Signatur: 10.947/2 ; II 61.345/2
Intern-ID: 226118
DIE FRAU ja, ja, natürlich! DER ARZT Warum häkelst du nicht mehr? DIE FRAU Ich weiß nicht,: warum! DER ARZT Ich hab, das sehr gern, wenn ich bei der Arbeit bin und.du sitzest nicht weit.von mir mit einer Handarbeit! (1st währenddem zum Schreibtisch gegangen, hat die Schreibtischlampe •aufgedreht und die am Nebentisch ge löscht. Setzt sich.) i DIE FRAU (von ihrem Siiz auf. Aufweinend) Ich-hab nicht deine Kraft, daß ich jetzt häkeln kann! . DER ARZT .Was machst du denn Schönes? DIE FRAU

(einen 1 Augenblick verwirrt und verlegen.) Spitzen! (Verbirgt rasch ihre Handarbeit, die vorhin auf ihrem Schoß gelegen hotte.) DER ARZT (lèicht verwundert über ihr Gebaren) Na, na. ich nehm sie dir nicht! Hab keine Angst! DIE FRAU (will rasch durch die Tür ab) Ich hab ja keine! DER ARZT Jetzt weißt du auch, warum ich dich nicht mehr küssen ' darf ! Ja? ' . DIE FRAU Ja, das weiß ich jetzt; auch! DER ARZT Laß dann auch mein Bett umstellen, ins hinterste Zimmer! DIE FRAU Ja, ja, wird alles * geschehen

! (Will ab.) DER ARZT Maria, so wart doch! DIE FRAU (die Hand auf der Klinke) Ja, was ist? DER ARZT Du mußt näher kommen! DIE FRAU ( tritt bis zur Zimmer mitte vor) Ich bin ja gchon da! DER ARZT Noch näher. Ganz nahe, bis zum Schreibtisch her! Hast du denn Angst vor mir? DIE FRAU (zum Schreibtisch vor Wüßt nicht, warum! DER ARZT (faßt ihre Hand) Oft hab ich mir gedacht! DIE FRAU Was hast du dir gedacht? DER ARZT Immer nur unter Sterbenden, Kranken und

3
Bücher
Jahr:
[1948]
Gesammelte Werke ; Bd. 2
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/KSG_2/KSG_2_280_object_3825710.png
Seite 280 von 674
Autor: Schönherr, Karl / Karl Schönherr. Hrsg. von Vinzenz Chiavacci jun.
Ort: Wien
Verlag: Donau-Verl.
Umfang: 690 S. : 1 Portr.
Sprache: Deutsch
Anmerkungen: Enth.: Bühnenwerke
Signatur: 10.947/2 ; II 61.345/2
Intern-ID: 226118
mit der Häkelarbeit. Wart, ich mach dir Licht! (Will das Licht aufdrehen) Ich mag die Dämmerung nicht! DIE FRAU Nein, mir ists so gemütlicher. Ich seh noch genug! DER ARZT Bitte, ganz wie du willst! DIE FRAU Ist heute operiert worden auf der Abteilung, weil du wieder so lang aus warst? DER ARZT Ich sollte. Aber es kam nicht dazu! DIE FRAU Warum nicht? DER ARZT Der Vater wollte die Operation nicht vor nehmen lassen! DIE FRAU Ein Kind? DER ARZT ja. Immer dieselbe Geschichte: ein tuberkulöses

Erbkind. Knieschwamm. Das ganze Gelenk verwüstet. Lieber sterben lassen, hat der Vater gesagt! DIE FRAU Noch besser wars, so arme Kinder nicht in die Welt zu setzen! DER ARZT Wir zwei sind uns ja klar darüber. Du hast auch genug Jammer und Elend gesehen aus der Ecke her, wie du noch auf der Abteilung Pflegerin warst. Aber ver biet du den Leuten, Kinder zu zeugen ! DIE FRAU (nickt nachdenklich) Ja, Ja. Grad heut ist wieder ein Angriff in der Zeitung! DER ARZT Gegen meine Broschüre, natürlich! DIE FRAU

ja. Wart, ich hol dir das Blatt! DER ARZT Laß, Maria! Bin gar nicht neugierig! DIE FRAU Ich hab mich so geärgert darüber! DER ARZT Reg dich nicht auf. Ich bin das gewohnt! DIE FRAU Weil man wieder sieht, wie alles Große in den Schmutz gezogen wird! DER ARZT Ich geh unbeirrt meinen Weg. Außerdem habe ich bereits eine kleine Genugtuung! DIE FRAU So, was denn? DER ARZT Höhernorts wird auf meine Broschüre hin ein

4
Bücher
Jahr:
[1948]
Gesammelte Werke ; Bd. 2
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/KSG_2/KSG_2_283_object_3825716.png
Seite 283 von 674
Autor: Schönherr, Karl / Karl Schönherr. Hrsg. von Vinzenz Chiavacci jun.
Ort: Wien
Verlag: Donau-Verl.
Umfang: 690 S. : 1 Portr.
Sprache: Deutsch
Anmerkungen: Enth.: Bühnenwerke
Signatur: 10.947/2 ; II 61.345/2
Intern-ID: 226118
DER ARZT Sehr gut» ausgezeichnet! DIE FRAU Es ist auch ein neues, schönes Haus! DER ARZT So, das wär ja ganz famos ! DIE FRAU Der Hausherr bleibt uns drei Tage im Wort! Und er will uns auch mit dem Mietzins entgegenkommen, weil er gern einen Arzt im Haus haben möcht ! DER ARZT (zerstreut) Ja, das wär alles sehr schön! DIE FRAU (beinahe heftig) Warum sagst du immer, es wär? Es ist schön, mußt du sagen! DER ARZT Nein, das kann ich nicht! DIE FRAU (preßt scherzend seine Handgelenke immer starker

) Wirst du es sagen? Du, ich drück immer fester. Wirst dus gleich sagen? Ja? DER ARZT (zwingt sich zum Scherzen) O nein! Euch darf man nicht immer gleich nachgeben. Sonst ist man auf ja und nein ganz unten durch! DIE FRAU (seine Hände fester pressend) Wirst du gleich sagen: es ist schon? Ja oder nein? DER ARZT Nein! Jetzt erst recht nicht! DIE FRAU (Läßt ihn los. Stutzig geworden) Warum denn nicht? DER ARZT ( aus weichend ) Später vielleicht! Man wird ja sehen. Abwarten, sagen die Ärzte! DIE FRAU

Was wird man sehen? DER ARZT (nach einer Ausrede suchend) Na, ich mein nur die Wohnung. Nicht wahr? Die muß ich doch erst einmal sehen. Früher kann ich nichts sagen! DIE FRAU (wie von einem Druck befreit) Wegen der Woh nung! Und da machst du so ein Wesen! (Will ihn küssen.) DER ARZT (wehrt ihren Kuß sanft ab) Nicht, Maria! DIE FRAU (starrt ihn betroffen an. Wendet sich dann ernst lich verstimmt von ihm ab) Ich komm dir gewiß nicht mehr nahe, hab nur keine Angst! (Nimmt ihre Häkelarbeit vom Schreibtisch and geht

5
Bücher
Jahr:
[1948]
Gesammelte Werke ; Bd. 2
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/KSG_2/KSG_2_293_object_3825736.png
Seite 293 von 674
Autor: Schönherr, Karl / Karl Schönherr. Hrsg. von Vinzenz Chiavacci jun.
Ort: Wien
Verlag: Donau-Verl.
Umfang: 690 S. : 1 Portr.
Sprache: Deutsch
Anmerkungen: Enth.: Bühnenwerke
Signatur: 10.947/2 ; II 61.345/2
Intern-ID: 226118
DIE FRAU (beginnt Stöße von Manuskript zetteln, die auf dem Nebentischchen liegen, zu sichten und zu ordnen) Die Menge Zettel! DER ARZT Ich habe auch lang genug zusammengetragen ! DIE FRAU (arbeitend) Ein Körnchen Wahrheit ist aber doch dabei ! DER ARZT (sieht sie auf Ich versteh nicht, Maria! DIE FRAU Ich meine, was die Zeitungen schreiben! DER ARZT (starrt sie verständnislos als Ach so, du meinst die Angriffe gegen mich? DIE FRAU Ein bißchen hart ist es schon! DER ARZT Was ist hart? DIE FRAU

Das Ganze, was du den Menschen zumutest! DER ARZT (starrt sie ganz verwundert an) Merkwürdig! DIE FRAU Was soll merkwürdig sein, Paul? DER ARZT Wie Frauen von heut auf morgen ihre Meinung ändern können! DIE FRAU Wieso? DER ARZT Bisher warst du immer Feuer und Flamme für meine Idee! DIE FRAU Bitt dich, sei nur nicht gar so empfindlich. Ein ganz kleines Wörtchen wird man wohl noch sagen dürfen ? Ich versteh ja das Ganze nicht, so, ich meine nur so im allgemeinen! DER ARZT Was meinst du? DIE FRAU

Über die Vererbungsregeln weiß man noch nicht viel, das liegt noch ziemlich im Dunkeln ! DER ARZT (ärgerlich verwundert) Ausgerechnet mir sagst du das? Woher stammt jetzt plötzlich deine Kenntnis? DIE FRAU Gott, man spricht ja auch gelegentlich einmal mit jemand andern über die Sache! DER ARZT Zum Beispiel, mit wem ? DIE FRAU Gestern zum Beispiel, mit dem Herrn Sanitäts rat!

6
Bücher
Jahr:
[1948]
Gesammelte Werke ; Bd. 2
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/KSG_2/KSG_2_186_object_3825523.png
Seite 186 von 674
Autor: Schönherr, Karl / Karl Schönherr. Hrsg. von Vinzenz Chiavacci jun.
Ort: Wien
Verlag: Donau-Verl.
Umfang: 690 S. : 1 Portr.
Sprache: Deutsch
Anmerkungen: Enth.: Bühnenwerke
Signatur: 10.947/2 ; II 61.345/2
Intern-ID: 226118
ERSTER ÄRZT Man will doch auch dann und wann ein Theater oder Konzert anhören. (Qualvoll hervorzischend) Man ist doch auch ein gebildeter Mensch. PROF. HOFFER (da die von den Ärzten umringte Frau sich gegen die Einführung der Sonde zu wehren anfängt) Ruhig, Frau! Wir meinen es Ihnen ja nur gut. (Da die .Frau sich weiter wehren will, zum zweiten Arzt) Halten Sie ihr die Hände! (Zum ersten Arzt) Kopf fixieren! (Erster Arzt hält ihr mit beiden Händen den Kopf. Zum dritten Arzt, der die Sonde immer

tiefer einfährt) Nur vorsichtig! (Beobachtet scharf die Handgriffe'des jungen Arztes) So, gut. (In kurzen Z wischenräumen, immer sehr ruhig Mehr nach hinten zu halten! Epiglottis ausweichen! (Während die Sonde immer tiefer eindringt) Nur gleichmäßig fort ! — Nicht stoßen ! (Faßt prüfend einen Augenblick die Sonde an) Gut. Sind schon drin. (Zum dritten Arzt) Jetzt ruhig halten ! DRITTER ARZT (hält in der Folge die Sonde ruhig). PROF. HOFFER (kurz) Schlauch mit Trichter ! (Assistent und Dr. Blaustem

voltfähren die Befehle) Auf die Sonde auf setzen! (Geschieht) Kübel bereithalten! (Geschieht) Wasser zufließen lassen. (Geschieht) Schläuchende mit Trichter senken! Rasch! (Dr. Blaustein macht es. Dann befriedigt) So. (Sieht zu) Kommt schon. Riechen Sie den Phosphor, ja? DR. BLÄUSTEIN (der Schlauchende mit Trichter hält, nach dem Kübel hin schnuppernd) Und ob man ihn riecht, PROF. HOFFER (während die wieder vom Assistenten ge leitete Ausspülung vor sich geht, zu dem zweiten jungen Arzt, der der Kranken

die Hände hält, ihm auf die Schul ter klopfend) Folgen der Phosphorvergiftung? ZWEITER ARZT (der Kranken die Hände haltend) Rapide Verfettung aller lebenswichtigen Organe. Herz, Magen, Leber, Nieren. PROF. HOFFER Gegenmittel bei Phosphor? ZWEITER ARZT Milch in großen Mengen.

7
Bücher
Jahr:
[1948]
Gesammelte Werke ; Bd. 2
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/KSG_2/KSG_2_314_object_3825777.png
Seite 314 von 674
Autor: Schönherr, Karl / Karl Schönherr. Hrsg. von Vinzenz Chiavacci jun.
Ort: Wien
Verlag: Donau-Verl.
Umfang: 690 S. : 1 Portr.
Sprache: Deutsch
Anmerkungen: Enth.: Bühnenwerke
Signatur: 10.947/2 ; II 61.345/2
Intern-ID: 226118
wirklich? Du suchst dir schon die Halme zusammen für ein neues Nest? DIE FRAU Ich laß dich bei dem Glauben! DER ARZT (fährt sie an) Warum sprichst du nicht? Du bist ja frei! (Springt vom Stuhl auf und stellt sich vor sie hin) Maria, wer hat dich freigegeben? DIE FRAU Du, Paul! DER ARZT Also bitte, bau dich nur neu an! DIE FRAU Das kannst du leicht sagen. Du weißt es ganz gut, über dich komm ich nicht weg! DER ARZT Haha, das findet sich. Mir ist nicht bang um dich! (Tritt zum Fenster und sieht

hinaus. Sich nach ihr umwendend) Riecht s draußen schon nach Frühling? Setzen die Bäume schon Knospen an? DIE FRAU (hilflos verloren) Ich kann s nicht sagen, ich weiß es wirklich nicht! DER ARZT Aber du warst doch im Park? DIE FRAU Ich geh im Park und seh keine Bäume. Ich geh durch Gassen und kenn sie nicht! DER ARZT Ei, wie nett: sie sieht keine Bäume und kennt keine Gassen! (Setzt sich wieder zur Arbeit, Sieht sie lauernd, an) Draußen knospen die Bäume, sagst du? DIE FRAU Ich hab gesagt, ich weiß

es nicht. Du mußt heut Fieber haben! DER ARZT Meine Krankheit ist jedenfalls den Bäumen voraus: die blüht schon! DIE FRAU Das ist so,: bei der Krankheit. Im Frühjahr steigt sie an! DER ARZT (bitter lachend) Freundliches Frühjahr, wie? (Dann) Aber du sollst nicht gar so sachlich sprechen. Dir steht es nicht an, du-bist kein Arzt! DIE FRAU Nein, wahrhaftig nicht! DER ARZT Einen Fingerhut voll Wärme, den darfst du mir schon noch geben. Das ändert nichts zwischen mir

8
Bücher
Jahr:
[1948]
Gesammelte Werke ; Bd. 2
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/KSG_2/KSG_2_306_object_3825761.png
Seite 306 von 674
Autor: Schönherr, Karl / Karl Schönherr. Hrsg. von Vinzenz Chiavacci jun.
Ort: Wien
Verlag: Donau-Verl.
Umfang: 690 S. : 1 Portr.
Sprache: Deutsch
Anmerkungen: Enth.: Bühnenwerke
Signatur: 10.947/2 ; II 61.345/2
Intern-ID: 226118
DER ARZT ja, ja, schön. Aber halt dich jetzt ruhig! DIE FRAU (seufzt) Wenn ich mich nur wieder spüren möcht! DER ARZT Laß nur das Blut wieder ordentlich kreisen, dann kommt alles in Gang! DIE FRAU Blut, kreis und treib um, ich will wieder sein! DER ARZT Halt dich ruhig und sprich nicht so viel! DIE FRAU Und das Meine, sonnige Zimmerchen in der neuen Wohnung, weißt du? DER ARZT Ja, was ist mit dem? DIE FRAU (lächelnd) Das wird kein Studierzimmer. Das weißt

du jetzt auch, was es wird, nicht? DER ARZT (innerlich bewegt f auf) Ja, ja, das weiß ich jetzt auch! DIE FRAU (faßt plaudernd seine Hand) Aber wie das Lied heißt, weißt du nicht! . DER ARZT Welches Lied? DIE FRAU Das ich gesungen hab, wie du nach Haus ge kommen bist ! . DER ARZT Nein, das weiß ich nicht. W,ars nicht ein Kinder- lied? DIE FRAU Ja und nein! (Halb sprechend, halb summend vor sich hin) Draußen ist alles so prächtig, Und es blüht mir auch drin, Im Mai, im schönen Mai, Hab ich viel noch im Sinn. Ist das nicht schön? DER ARZT

Ja, sehr schön. Aber du sollst nicht so viel sprechen, hörst du? (Geht im Zimmer auf und ab.) DIE FRAU Paul, komm zu mir! DER ARZT (tritt an ihr Lager) Da bin ich schon! DIE FRAU (langt nach seiner Hand) Laß deine Schwermut. Es wird gesund aufwachsen! (Horcht in sich hinein) Meine Liebe wird es, (wird unsicher; beginnt zu stottern) und es

9
Bücher
Jahr:
[1948]
Gesammelte Werke ; Bd. 2
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/KSG_2/KSG_2_292_object_3825734.png
Seite 292 von 674
Autor: Schönherr, Karl / Karl Schönherr. Hrsg. von Vinzenz Chiavacci jun.
Ort: Wien
Verlag: Donau-Verl.
Umfang: 690 S. : 1 Portr.
Sprache: Deutsch
Anmerkungen: Enth.: Bühnenwerke
Signatur: 10.947/2 ; II 61.345/2
Intern-ID: 226118
DIE FRAU (lachend) Aber, ich bitt dich! DER ARZT (sieht sie forschend an) Woher das nur kommen mag? DIE FRAU (beinahe ungehalten) Daß du überhaupt n-och dran denken magst. Ich hab dir gleich gesagt, das kommt vom Magen ! DER ARZT Es wird ja nicht von Bedeutung sein, aber schonen mußt du dich, verstehst du? DIE FRAU So, wie du dich, nicht wahr? DER ARZT Das Handwerk leidet Schaden, Schuster laufen auch häufig mit zerrissenen Schuhen herum! DIE FRAU Wie ist dir jetzt? DER ARZT Bißchen Geriesel

über den Rücken, dann und wann. Aber ich fühle mich sonst ziemlich wohl. Und was das Wichtigste ist: zum Arbeiten aufgelegt! DIE FRAU Aber jetzt mußt du dann schon einmal für dich etwas tun. So geht das nicht weiter ! DER ARZT Das mit dem Lloyd mach ich. Der Brief ,ist ab gegangen, man wird ja sehen. Könnte die Gelegenheit herr lich benützen, zu neuen Forschungen in südlichen Ländern. Aber geh jetzt schlafen, Maria! Ja? DIE FRAU Ich kann nicht schlafen! DER ARZT Warum nicht? DIE FRAU (achselzackend

) Weil ich eben nicht schlafen kann ! DER ARZT (sieht sie an) Ist dir was, Maria? DIE FRAU (rasch) Nein, gar nichts! DER ARZT (auf das Nebeniischchen deutend) Dann hilf mir bißchen Tabellen ordnen, bis du schläfrig wirst! DIE FRAU Ja, gern! (Setzt sich an das Nebentischchen und dreht sich die Lampe auf) So schnell werd ich nicht schläfrig! DER ARZT Nur der Reihe nach legen, sie sind schon alle numeriert! Verwechsel sie nicht!

10
Bücher
Jahr:
[1948]
Gesammelte Werke ; Bd. 2
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/KSG_2/KSG_2_291_object_3825732.png
Seite 291 von 674
Autor: Schönherr, Karl / Karl Schönherr. Hrsg. von Vinzenz Chiavacci jun.
Ort: Wien
Verlag: Donau-Verl.
Umfang: 690 S. : 1 Portr.
Sprache: Deutsch
Anmerkungen: Enth.: Bühnenwerke
Signatur: 10.947/2 ; II 61.345/2
Intern-ID: 226118
Toten. Und da war es sehr schön, wenn man so abends nach Hause kommt! DIE FRAU Was wäre schön? DER ARZT Ach was, du verstehst mich schon! Viele haben wir ja nicht, wir Arzte, Freuden, mein ich.. Aber jetzt bin ich froh, daß wir kinderlos sind ! DIE FRAU (kleinlaut) Ja, ja, ; das hat - sich gut gemacht! (Verläßt nachdenklich das, Zimmer.) DER ARZT (während sie abgeht) Jetzt wär es mit der Freude gründlich vorbei! (Wendet sich der Arbeit zu.) ZWEITER AKT Das gleiche Zimmer. Es ist Ahend. DER ARZT

(sitzt beim beleuchteten Schreibtisch., ordnet Blätter } schreibt und schlägt in Büchern nach) Wo hab ich nur das hingetan? . , DIE FRAU (steckt den Kopf, zur Tür herein) Arbeitest noch . immer? , DER ARZT Ja, komm nur herein ! ; DIE FRAU (kommt im Nachtgewand ins Zimmer), Hör doch auf, es ist schon so spät! DER ARZT Bei Tag kommt man nicht dazu! DI E . FRAU Schlaf en wär dir gesünder ! DER ARZT (ohne von der Arbeit aufzusehen) Sicher! DIE FRAU Geraucht hast du - auch wieder! DER ARZT Ja! piE

• F^AU • Merkwürdig, die Ärzte, Und so häufig findet man das! DER .ARZT Warum gehst du nicht zu Bett? DIE FRAU Wie fühlst du dich? DER ARZT Das wollt ich eben dich fragen! ( Mast eri sie) Hast mich recht besorgt gemacht, gestern, mit deiner Ohn macht!

11
Bücher
Jahr:
[1948]
Gesammelte Werke ; Bd. 2
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/KSG_2/KSG_2_286_object_3825722.png
Seite 286 von 674
Autor: Schönherr, Karl / Karl Schönherr. Hrsg. von Vinzenz Chiavacci jun.
Ort: Wien
Verlag: Donau-Verl.
Umfang: 690 S. : 1 Portr.
Sprache: Deutsch
Anmerkungen: Enth.: Bühnenwerke
Signatur: 10.947/2 ; II 61.345/2
Intern-ID: 226118
setzt. Während sie ins Mikroskop sieht) Hast du gutes Licht? DIE FRAU (ins Mikroskop sehend) Vorderhand seh ich noch gar nichts ! DER ÄRZT Wart» ich dreh dir die Schraube! (Beugt sich neben ihr stehend zum Tischchen nieder und stellt ein) Siehst du schon was, Maria, ja? DIE FRAU Nein. Nur grau! DER ARZT Es wird schon Farbe hineinkommen ! Ich dreh langsam weiter. Sag, wenn du stehst! DIE FRAU (nach einer Pause) Halt. Jetzt! DER ARZT Ja? Was siehst du? DIE FRAU (angestrengt ins Mikroskop sehend

) Himmelblau! DER ARZT Ja, und weiter? DIE FRAU Und dazwischen schwimmen so ganz klein winzige Dingerchen herum,'so rote! DER ARZT (rasch einfallend) Ja. ja! Die kleinwinzigen Stäbchen, die rotgefärbten, die schau dir gut an! DIE FRAU (blickt vom Mikroskop auf) Was ist da so Beson deres dran? Ich kann da nichts finden! • DER ARZT Die sinds! DIE FRAU Was sind sie? DER ARZT Aber wir sprechen doch immer davon. Erst vor hin wieder! DIE FRAU Ich versteh nicht! DER ARZT Aber Maria. Das sind die Bazillen

, die schaffen die erbkranken Kinder! DIE FRAU (starrt ihn mit ungläubigem Staunen an) Aber nein! Wirklich? Diese kleinwinzigen Dingerchen? DER ARZT Ja! Die Erreger und Verbreiter der furcht barsten Volkskrankheit! DIE FRAU (sieht noch einmal ins Mikroskop) Nein, so was! DER ÄRZT Die jährlich viele hunderttausend Kinder hin rafft und ganze Familien zum Aussterben bringt!

12
Bücher
Jahr:
[1948]
Gesammelte Werke ; Bd. 2
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/KSG_2/KSG_2_302_object_3825753.png
Seite 302 von 674
Autor: Schönherr, Karl / Karl Schönherr. Hrsg. von Vinzenz Chiavacci jun.
Ort: Wien
Verlag: Donau-Verl.
Umfang: 690 S. : 1 Portr.
Sprache: Deutsch
Anmerkungen: Enth.: Bühnenwerke
Signatur: 10.947/2 ; II 61.345/2
Intern-ID: 226118
Tafel um den Hais mit der Anschrift: „Sein Vater war Arzt!' DIE FRAU (will, wie vor seiner Erregung flüchtend, durch die Tür üb) Ich geh, bis du dich beruhigt hast! DER ARZT (hält sie fest) Bleib, Maria! Ich werd nicht mehr ruhig! DIE FRAU (will sich losmachen) Laß mich fort! DER ARZT (hält sie fest) Bleib. Laß mich jetzt nicht allein! DIE FRAU (starrt ihm angstvoll ins Gesicht) Ich fürcht mich von dir! (Schreiend) Laß mich! (Reißt sich los) Ich hab Angst! (Will das Zimmer verlassen

) Ich hab 's© eine Angst! DER ARZT Ich noch mehr ! (Verriegelt die Tür.) DIE FRAU (beginnt za taumeln) Mir wird schwarz vor den Augen! (Sinkt ohnmächtig hin.) DER ARZT (fängt sie in den Armen auf und bringt sie t auf die Ottomane. Seine Blicke haften abwechselnd auf der ohnmächtig Liegenden und auf dem Instramenternchrank. Fühlt ihr den Puls. Heiser) Maria! Hörst du mich? Wie ist dir? : Ist dir schon besser? DIE FRAU (gibt einen leisen t stöhnenden Laut von sich, als wollte sie eben erwachen). ' . DER ARZT

(nach kurzem Zaudern, entschlossen) Jetzt oder nie! (Öffnet rasch' den Instrumentenschrank, entnimmt ihm Gesichtsmaske und Flasche. Legt ihr den Narkosekorb auf das Gesicht und gießt aus der Flasche Tropfen auf. Heiser) Maria -, zähl eins! Hörst du? Eins! DIE FRAU (gibt einen lallenden Laut von sich f der wie „eins u klingt). DER ARZT (wieder aufgießend) Weiter: zwei! (Keuchend) Hörst du? Zwei! DIE FRAU (lallend) Zwei! DER ARZT Weiter: dreiy hörst du? Drei, ja? DIE FRAU Drei!

13
Bücher
Jahr:
[1948]
Gesammelte Werke ; Bd. 2
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/KSG_2/KSG_2_284_object_3825718.png
Seite 284 von 674
Autor: Schönherr, Karl / Karl Schönherr. Hrsg. von Vinzenz Chiavacci jun.
Ort: Wien
Verlag: Donau-Verl.
Umfang: 690 S. : 1 Portr.
Sprache: Deutsch
Anmerkungen: Enth.: Bühnenwerke
Signatur: 10.947/2 ; II 61.345/2
Intern-ID: 226118
DER ARZT Aber Maria, sei nicht so kindisch. Das steht dir nicht gut an! DIE FRAU (spitzig) Wenn ich die Assistentin war, die Monde, im Laboratorium. Vielleicht stund s mir dann besser an, was? DER ARZT Jetzt hör aber auf. Mach mich nicht zornig! So was will ich nicht mehr hören! DIE FRAU Nein! Ich hör nicht auf! DER ARZT Wie kannst du nur so etwas denken? DIE FRAU Ich muß mir ja was denken, wenn du so bist. Oder vielleicht nicht? DER ARZT. Wenn Frauen viel denken,, geht es allemal schief. (Faßt

sie an den Händen) Wi:r zwei, Maria! Wie du zum erstenmal im Sanatorium aufgetaucht bist, mit der weißen Haube der Pflegerin. Ich war Assistent, und wie ich gehört hab, du tust es nur aus Liebe zu den Kranken, da hast du mich innerlich schon gleich ganz für dich gehabt! DIE FRAU Und du mich durch deinen Opfermut. Und deinen ruhigen, festen Willen! DER ARZT Na, siehst du! Und da kommst du mit der dummen Assistentin daher! (Tätschelt ihr die Wange.) Sei wieder gut! DIE FRAU (wieder ganz versöhnt, will ihn küssen

) Aber ich war nie bös! Hab mich nur so gestellt! DER ARZT (wehrt sie wieder sanft ab) Nicht, nicht! DIE FRAU (ganz verstört) Ich weiß nicht, was du hast! Ich kenn mich nicht mehr aus! (Es klingelt.) DER ARZT Aber jetzt! (Will zur Tär, um zu öffnen.) DIE FRAU (schiebt ihn zurück) Ich geh schon! (Durch die Tär ab.) DER ARZT Bitte, wie du willst! (Steht mit fest aufeinander gepreßten Lippen regungslos da und sieht gespannt mach der Tür) Sehen, was mir jetzt das Schicksal bringt!

14
Bücher
Jahr:
[1948]
Gesammelte Werke ; Bd. 2
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/KSG_2/KSG_2_308_object_3825765.png
Seite 308 von 674
Autor: Schönherr, Karl / Karl Schönherr. Hrsg. von Vinzenz Chiavacci jun.
Ort: Wien
Verlag: Donau-Verl.
Umfang: 690 S. : 1 Portr.
Sprache: Deutsch
Anmerkungen: Enth.: Bühnenwerke
Signatur: 10.947/2 ; II 61.345/2
Intern-ID: 226118
ich bin wie ausgeronnen» ich hab keine Seele mehr! Ich bin tot! Ich lieg im Grab! (Sinkt vernichtet in sick zusammen,) DER ARZT (faßt sie um die Mitte and richtet sie wieder auf) Du liegst nicht im Grab, ich halt dich im Arm! DIE FRAU (sieht ihn mit einem langen., durchdringenden Blick an. Macht sich langsam aus seinem Arm los) Paul, dein Arm zittert. Was ist mit mir geschehen, Paul? DER ARZT (nervös) Wie oft muß ich das noch sagen? Du bist wieder ohnmächtig geworden, hörst du? Und hast lang

geschlafen ! DIE FRAU (wie aus einem Traum furchtbar erwachend) Ja, ich besinn mich: und du hast mir etwas zum Riechen gegeben ! DER ARZT (gereizt) Das pfleg ich immer zu tun, wenn jemand ohnmächtig wird! DIE FRAU (wie in Erinnerung) Maria, zähl eins! Zähl zwei! Zähl drei ! DER ARZT (abschneidend) Schlaf! Du mußt noch schlafen, hörst du? Ich bring dich zu Bett! (Will sie anfassen.) DIE FRAU (weicht seiner Berührung mit einer heftig ab wehrenden Gebärde aas und schaut ihn unverwandt an) Ich bin weit

vom Schlaf! So weit vom Schlafen war ich noch nie! (Läßt kein Auge mehr von ihm) Warum schaust du mich nicht an? DER ARZT (heiser) Ich schau dich ja an! DIE FRAU Deine Stimme ist so heiser! DER ARZT Ein Erbstück meiner Mutter. (Wendet sich zum Fenster) Kennst sie ja, die roten Dingerchen! DIE FRAU (hebt sich, ohne die Augen von ihm zu lassen, langsam von der Ottomane, Wird immer größer und größer. In aufdämmernder Erkenntnis) Paul ! Paul! DER ARZT (wendet sich vom Fenster um. Sieht sie auf recht stehen

. Rasch auf sie zu. Kehrt den energischen Arzt heraus) Du sollst dich ruhig verhalten, hörst du? Ich weiß.

15
Bücher
Jahr:
[1948]
Gesammelte Werke ; Bd. 2
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/KSG_2/KSG_2_294_object_3825738.png
Seite 294 von 674
Autor: Schönherr, Karl / Karl Schönherr. Hrsg. von Vinzenz Chiavacci jun.
Ort: Wien
Verlag: Donau-Verl.
Umfang: 690 S. : 1 Portr.
Sprache: Deutsch
Anmerkungen: Enth.: Bühnenwerke
Signatur: 10.947/2 ; II 61.345/2
Intern-ID: 226118
DER ARZT Was sagt der Herr Sanitätsrat? DIE FRAU Der hat eben das gesagt! DER ARZT Wie bist du mit ihm darauf zu sprechen ge kommen? ' ' ■- DIE FRAU - Ganz einfach, ich hab ihn gefragt! DER ARZT Aus welchem Grund? DIE FR AO (verlegen.) Aus gar keinem. ( Dann) Komisch! DER ARZT Was ist komisch? DIE FRAU Daß du mich da so verhörst, wie ein Schu l - mädel! DER ARZT (sieht sie forschend an) Ich finde dich heute recht merkwürdig, das muß ich schon isageh! DIE FRAU Man wird wohl

noch mit einem andern Mensehen darüber sprechen dürfen? Oder nicht? DER ARZT (mit erzwungener Ruhe) Gewiß. Aber bisher hat dir meine Meinung immer vollauf genügt.-Du sitzest ja hier an der Quelle, verstehst mich? (Klopft mit der Hmd nach einander heftig auf die drei A4 anus kr i pistöße, mit deren Ordnung sie beschäftigt ist) Da liegt mein Material! Und da! Und da! (Da sie eben wieder ein Blatt durchsieht) Ja, lies nur die Tabellen durch, eine nach der andern! Die Vererbung der Krankheit durch drei Generationen ein wandfrei

nachgewiesen,- in mehr als dreihundert Fällen. Mühsam in Jahren zusammengetragen. Und da muß dann ein Sanitätsrat kommen, wie? Der in seinem Leben nichts tut, als den Titel spazieren führen. (Nahe cm sie heran) Maria! ' DIE FRAU (ohne aufzusehen) Ja? DER ARZT Dein Vertrauen in mich ist erschüttert! DIE FRAU (kämpft mit dem Weinen, dann) Ja, muß man denn immer hinter dir mit dem Weihrauchfaß gehn und die Schleppe nachtragen? DER ARZT Du bist ja ganz verstört! DIE FRAU (rasch) Nein» nein, es ist gar nichts. Ich bin nur

16
Bücher
Jahr:
[1948]
Gesammelte Werke ; Bd. 2
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/KSG_2/KSG_2_296_object_3825741.png
Seite 296 von 674
Autor: Schönherr, Karl / Karl Schönherr. Hrsg. von Vinzenz Chiavacci jun.
Ort: Wien
Verlag: Donau-Verl.
Umfang: 690 S. : 1 Portr.
Sprache: Deutsch
Anmerkungen: Enth.: Bühnenwerke
Signatur: 10.947/2 ; II 61.345/2
Intern-ID: 226118
DIE FRAU Ja, die haben immer so klagend herumgeschaut! DER ARZT Anklagend, mußt du sagen ! Als wollten sie fragen: warum bin ich da? Wer hat mich hineingesetzt in die Höllenqual? Besser, nicht geboren sein! DIE FRAU Nein, du, sag das nicht! DER ARZT (schaut sie verwundert an) Ich sprech nur deine eigenen Worte nach. Gewiß hundertmal hast du das damals gesagt. Grade die Leiden des buckligen Knaben haben dich meiner Idee so zugänglich gemacht! DIE FRAU Ach was! Es ist ja doch alles Leben

, so oder so. Und wenn s noch so weh tut, es ist immer noch tausend- mal besser, als das Garnichts! DER ARZT (achselzuckend) Auch ein Standpunkt, Nur hast du bisher ganz wo anders gehalten ! (Mustert sie arg wöhnisch) Weiß der Teufel, wie das jetzt so plötzlich kommt. Man kennt sich mit Frauen nicht aus! (Arbeitet.) DIE FRAU fnach einer Pause, nachdenklich) Seine Eltern waren krank. Darum ist es beim buckligen Knaben bös aus gegangen ! DER ARZT Beide Eltern waren nicht krank! DIE FRAU Richtig, ja, seine Mutter

nur! Er hat es von der Mutter geerbt! DER ARZT Nein! Beim Buckligen wars der Vater! DIE FRAU Nein, die Mutter wars! DER ARZT Geh schlafen, du bist nervös! DIE FRAU Ich bin gar nicht nervös! DER ARZT (nimmt das vorhin durchgesehene Manuskript blatt auf und weist es ihr vor) Hier sind die Daten, siehst du. Da steht es : Vater krank, gestorben am so und 30 vielten. Mutter lebt und ist gesund. Genügt dir das? DIE FRAU (hartnäckig) Kannst denn du dich nicht auch ein mal irren? Vielleicht hast du es falsch eingeschrieben

! DER ARZT (bezwingt sich mühsam) Da ist ihre Adresse. Kannst die Frau morgen besuchen, wenn du willst!

17
Bücher
Jahr:
[1948]
Gesammelte Werke ; Bd. 2
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/KSG_2/KSG_2_313_object_3825775.png
Seite 313 von 674
Autor: Schönherr, Karl / Karl Schönherr. Hrsg. von Vinzenz Chiavacci jun.
Ort: Wien
Verlag: Donau-Verl.
Umfang: 690 S. : 1 Portr.
Sprache: Deutsch
Anmerkungen: Enth.: Bühnenwerke
Signatur: 10.947/2 ; II 61.345/2
Intern-ID: 226118
DIE FRAU Du hast mich gerufen! DER ÄRZT Ich? Du weißt, ich ruf dich nicht mehr! (Dann) Der Wind heult im Kamin, und der hat dir das vorgetäuscht ! DIE FRAU Ja, das kann sein! (Will ab.) DER ARZT Maria! (Sie hält itine) Komm, nur näher, ich tu dir nichts! Brauchst dich nicht zu fürchten! . DIE FRAU (kommt an den Schreibtisch heran) Was willst du, Paul? Ich furcht mich nicht! DER ARZT (dreht die Lampe auf und richtet den Schirm so, daß der Lichtschein auf ihr Gesicht fällt. Mustert

sie mit begehrlichen Äugen) Heut hast du dich aber schön gemacht. Bist auffallend frisch, hast wieder Blut in den Wangen. (Will sie scherzend in die Wange kneifen) Wirklich, ganz rosig! DIE FRAU (weicht mit einer Wendung des Kopfes ms) Laß das! DER ARZT (gezwungen lachend) Ah, du machst dich fremd? Also hast dich endlich abgefunden? Geht in Ordnung! (Wendet sich wieder seiner Arbeit zu) Es war mein Wi'lle! DIE FRAU (einen Augenblick im Schmerz auffahrend) Geht in Ordnung, sagst du? DER ARZT (mustert sie) Du hast

den Hut in der Hand. Warst du aus oder gehst du ? DIE FRAU (achselzuckend, wie verloren) Ich war aus und geh, ich geh und komm! (Will ab.) DER ARZT (tappt nach ihrer Hand. In aufwallender Eifer sucht) Warst du, oder gehst du? Gib mir Antwort! DIE FRAU (macht sich los) Ich war im Park! DER ARZT (argwöhnisch) Im Park? DIE FRAU Ja! DER ARZT So, im Park! (Gezwungen scherzend) Vielleicht ein kleines Stelldichein? DIE FRAU (achselzuckend) Vielleicht! DER ARZT (eifersüchtig aufgestachelt) Also richtig

18
Bücher
Jahr:
[1948]
Gesammelte Werke ; Bd. 2
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/KSG_2/KSG_2_320_object_3825788.png
Seite 320 von 674
Autor: Schönherr, Karl / Karl Schönherr. Hrsg. von Vinzenz Chiavacci jun.
Ort: Wien
Verlag: Donau-Verl.
Umfang: 690 S. : 1 Portr.
Sprache: Deutsch
Anmerkungen: Enth.: Bühnenwerke
Signatur: 10.947/2 ; II 61.345/2
Intern-ID: 226118
DIE FRAU Ich hab es immer wieder verschoben, damit du nicht ganz allein bist. Man wollte doch in der Nähe sein, wenn dir in der Nacht nicht gut wird! DER ARZT Aber jetzt nicht mehr? ] etzt ! kann er umstehn, wie ? DIE FRAU Du nimmst ja nichts an von mir, nicht die kleinste Handreichung. Dir kann man nichts Liebes antun, du läßt einen ja gar nicht heran! DER ARZT (lacht zerfahren auf) ja, euer Streicheln und Liebeantun, wenn man krank ist: mit Speck fängt man Mäuse, haha! (Arbeitet,) DIE FRAU

Niemand will dich fangen! (Schaut ihn, bei der Türe stehend, ein Weilchen an. Dann kalt) Paul, erinnerst du dich noch? DER ARZT (ohne von der Arbeit aufzusehen) Woran? DIE FRAU An die alte Schwester Marthe, auf der Abteilung! DER ARZT (starrt sie befremdet an) Ja, sehr gut. Wie kommst du jetzt auf die? DIE FRAU (achselzuckend) Sie fällt mir eben ein! DER ARZT (nachdenklich vor sich hin) So oft es mit einem Kranken zu Ende ging, kam sie in den Saal geschlürft, mit dem schwarzen, spanischen Schirm

! DIE FRAU (kalt nickend) Ja, und rollte ihn um das Bett herum aus! DER ARZT (springt auf; wie von Schauem durchrüttelt) Willst du Schwester Marth e spielen? Bin ich schon tot? DIE FRAU (langsam an ihn heran. Bohrt ihre Augen in sein Gesicßit. Groß und drohend) Du lebst in deinem Werk, das Leben töten heißt: darum bist du tot und eingesargt! (Als winkte sie eine unsichtbare Gestalt herbei) Schwester Marthe, den schwarzen Schirm! Ja, da herum, um den großen Arzt herum. Requiem, requiem! DER ARZT (droht

20
Bücher
Jahr:
[1948]
Gesammelte Werke ; Bd. 2
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/KSG_2/KSG_2_316_object_3825781.png
Seite 316 von 674
Autor: Schönherr, Karl / Karl Schönherr. Hrsg. von Vinzenz Chiavacci jun.
Ort: Wien
Verlag: Donau-Verl.
Umfang: 690 S. : 1 Portr.
Sprache: Deutsch
Anmerkungen: Enth.: Bühnenwerke
Signatur: 10.947/2 ; II 61.345/2
Intern-ID: 226118
DER ARZT Nein, gar nichts! (Da sie gehen will) Ja, mir da eiti bißchen helfen kannst du, wenn du willst. Ich muß zu Ende kommen mit meinem Werk! DIE FRAIJ (setzt sich an das Nebentischchen, dreht die Lampe auf und beginnt die dort liegenden Zettelstöße zu sichten). DER ARZT Nur wenn du gern willst, müssen tust du nicht. (Durch ihr Schweigen aufgereizt) Vielleicht gehst doch lieber wieder ins Bett, zu deinen warmen Träumen! DIE FRAU (beginnt während der Arbeit leise in sich hinein- zuweinen

). DER ARZT Denkst du immer noch dran? (Kommt za ihr hin und klopft ihr tröstend auf die Schulter) Maria, sei nicht so Mein, wachs In die Höhe! DIE FRAU Mich kannst du nicht strecken, ich hab keinen Wuchs ! DER ARZT Die Welt wird s uns danken! DIE FRAU Meine Welt ist tot! DER ARZT Laß mich nur erst kalt sein, dann wird sie dir schon wieder lebendig! (Arbeitet, dann aufsehend) Ich hoffe, du hast dir keinen auf s Korn genommen, der neben dem Leben hergeht. Hoffentlich nur einen Derben, Gesunden, der mitten

drin im großen Zug lauft! Keinen Gelehrten, und ja keinen Arzt! Und wenn schon, dann nur einen ohne Funken Gewissen ! (Es treibt ihn ruhelos herum, vom Schreibtisch auf in ihre Nähe und wieder zurück. Zündet sich eine Zigarette an.) DIE FRAU Heut ist dir ganz gewiß nicht gut, und trotz dem rauchst du wieder! DER ARZT Trotzdem, ja. Eben darum! Mit deiner gütigen Erlaubnis tu ich, als war ich noch flott bei Leben, Leib und Liebe ! DIE FRAU Du redest heut so sonderbar! DER ARZT (lacht) Sonderbar

21